So wie vor vier Jahren hatten die Innenarchitekten des Berliner Reichstagsgebäudes auch nach der Bundestagswahl 2013 alle Hände voll zu tun, um die Konsequenzen des Ergebnisses zu bewältigen. In den Fraktionssaal der FDP ist die gut halb so große Fraktion der Linken eingezogen, und im Plenarsaal nehmen die Unionsparteien zum ersten Mal seit 1949 rechts Platz. Waren seit 1990 stets fünf Parteien
Das Scheitern beider Parteien an der Fünfprozenthürde führt dazu, dass ein hoher Anteil von Stimmen im Parlament nicht repräsentiert ist (15,7 im Vergleich zu 6 Prozent bei der Bundestagswahl 2009). Die Parteiensysteme auf der parlamentarischen und elektoralen Ebene klaffen dadurch auseinander. Auf der parlamentarischen Ebene halten die drei linken Parteien eine knappe Mehrheit (von umgerechnet 50,7 Prozent der Sitze gegenüber 49,3 für die Union). Diese hatten sie 2009 zum ersten Mal seit 1998 eingebüßt. Auf der elektoralen Ebene konnte sich dagegen der Trend von 2009 fortsetzen, indem die Achse des Parteiensystems weiter in die rechte Mitte verschoben wurde. Lag der Stimmenanteil von Union und FDP bei der Wahl 2009 bei 48,4 Prozent, so kamen die Vertreter des Mitte-Rechts-Lagers (unter Einschluss der AfD) diesmal auf satte 51 Prozent. Der Anteil der linken Parteien (zu denen auch die Piraten zu zählen sind
Ein etwas anderes Bild ergibt sich bei der Berechnung der Fragmentierung des Parteiensystems mit dem Index der effektiven Parteien.
Wer das Stimmenverhältnis der beiden großen Parteien betrachtet, erkennt die Verstärkung des durch die Bundestagswahl 2009 eingeleiteten Trends zur Asymmetrie. Bedingt durch die Schwäche der FDP konnte die Union ihren Vorsprung vor der SPD nochmals kräftig ausbauen (auf 15,8 gegenüber 10,8 Prozentpunkten). 2005 und 2002 lagen beide Parteien fast beziehungsweise genau gleichauf, beim bisher einzigen ungefilterten Regierungswechsel 1998 die Sozialdemokraten sogar klar vor CDU und CSU. Manche Beobachter gingen damals davon aus, die SPD könne ihre strukturelle Benachteiligung gegenüber der Union, die sie mit Ausnahme der "Willy-Wahlen" 1972 stets auf Platz zwei im Parteiensystem verwiesen hatte, dauerhaft überwinden. Tatsächlich entging die Partei bereits 2002 nur mit Glück ihrer Abwahl.
Dieser Beitrag zur "Koalitionspolitik" will dreierlei klären. Erstens geht es darum, die Koalitionsstrategien der Parteien im Vorfeld der Bundestagswahl 2013 zu analysieren. Zweitens soll begründet werden, dass nach einem Wahlausgang, der wohl keine politische Kraft glücklich gemacht hat, das Bündnis der beiden Großen das kleinere Übel ist – im Vergleich zu einer schwarz-grünen Koalition oder gar zu einer rot-rot-grünen Variante. Drittens wird nach den Koalitionsperspektiven für den nächsten Wahlkampf gefragt. Sind sich die Verfasser in der Diagnose des weiteren Verlaufs einig, so weichen ihre normativen Positionen voneinander ab. Diese unterschiedlichen Perspektiven kommen zur Sprache.
Koalitionsstrategien der Parteien im Wahlkampf
Im unmittelbaren Vorfeld der Bundestagswahl galt eine rot-grüne Koalition arithmetisch, eine rot-rot-grüne hingegen politisch zunehmend als unrealistisch. Demgegenüber gab es drei realistische Varianten (jeweils mit Angela Merkel als Kanzlerin): ein schwarz-gelbes Bündnis, ein schwarz-rotes, ein schwarz-grünes. Was politisch gewünscht war, schien arithmetisch nicht möglich zu sein; und was arithmetisch möglich war, schien politisch nicht gewünscht zu sein.
Die Union, die sich im Wahlkampf auf die Popularität der gleichsam als "überparteilich" präsentierten (und sich präsentierenden) Kanzlerin Angela Merkel stützte, setzte auf eine Fortsetzung des Bündnisses mit den Liberalen, ohne aber einen Koalitionswahlkampf zu führen. Anders als 2009 wollte sie der Opposition wenig Angriffsflächen bieten und nicht mit der vielfach als sozial "kalt" geltenden FDP identifiziert werden.
Die Liberalen unter ihrem Spitzenkandidaten Rainer Brüderle hingegen wollten indirekt vom Kanzlerbonus profitieren und legten sich ohne Wenn und Aber auf ein schwarz-gelbes Bündnis fest. Wie 2005 und 2009 wurde in einem Wahlaufruf eine "Ampel" rigoros ausgeschlossen. Nur so ergab ihre massive Zweitstimmenkampagne,
Das galt in modifizierter Weise auch für die andere Seite des politischen Spektrums. SPD und Grüne strebten wie 2009 eine Koalition an. Der SPD-Parteivorsitzende Sigmar Gabriel war auf dem Parteitag der Grünen ostentativ aufgetreten, Claudia Roth, die Chefin der Grünen, auf dem der SPD. Der Schulterschluss lockerte sich im Wahlkampf jedoch: anfangs durch die Grünen, die sich, anders als die Sozialdemokraten, in einem elektoralen Hoch wähnten, zuletzt durch die SPD selbst, die nicht vom sich andeutenden "Einbruch" der Grünen in Mitleidenschaft gezogen werden wollte. Anders als 2009 machte die SPD der FDP realistischerweise keine Avancen. Der sozialdemokratische Spitzenkandidat Peer Steinbrück schloss für sich einen Eintritt in eine Große Koalition aus, die Partei jedoch nicht, ohne deswegen diese Variante nach vorne zu rücken. Beide Oppositionskräfte propagierten bis zum Wahltag, wenngleich abgeschwächt, ein rot-grünes Bündnis, obwohl nach allen Umfragen eine solche Koalition ohne realistische Chance war. Die Spitzenkandidatin Katrin Göring-Eckardt, der im Vorfeld des Wahlkampfes eine gewisse Neigung für Schwarz-Grün nachgesagt worden war, unterschied sich in diesem Punkt nicht von Jürgen Trittin, dem anderen Spitzenkandidaten. Es gab einen wichtigen Unterschied zwischen der SPD und den Grünen. Während die Sozialdemokratie eine Koalition mit der Partei Die Linke vehement verworfen hatte (wie bisher immer bei Bundestagswahlen), traf das nicht auf die Grünen zu. Sie optierten deswegen aber nicht für ein Bündnis mit der Linken. Gleiches galt für eine mögliche Koalition mit der Union. Die Partei hielt sich demnach gleich mehrere Hintertürchen offen.
Die Linke, nach ihrem sensationellen Erfolg bei der Bundestagswahl 2009 (11,9 Prozent) in eine schwere Krise geraten, griff einerseits unter ihrem Spitzenkandidaten Gregor Gysi nicht nur die "bürgerliche" Koalition, sondern auch den als Anbiederung an die Union empfundenen Kurs von Rot-Grün an, propagierte andererseits aber ein Bündnis mit den beiden anderen Oppositionsparteien. Gysi attackierte die SPD: "Ich finde die Ausschließeritis der SPD ein bisschen aberwitzig, wenn sie damit freiwillig darauf verzichtet, den Kanzler zu stellen."
Das Koalitionsszenario vor der Wahl war in einem wesentlichen Punkt anders als 2009. Hätte es seinerzeit arithmetisch nicht für ein schwarz-gelbes oder für ein rot-grünes Bündnis gereicht, gab es nur die Alternative einer Großen Koalition (wie 2005). Diesmal hingegen bestand neben einer schwarz-roten Option eine schwarz-grüne. Die Koalitionsaussagen hatten sich zwar nicht wesentlich verändert,
Neuauflage der Großen Koalition
Die Neuauflage der Großen Koalition war zu Beginn des Wahlkampfes wahrscheinlicher als an dessen Ende. Dass Schwarz-Gelb nochmals die Chance auf eine eigene Mehrheit haben würde, ließ sich kaum voraussehen.
Das Scheitern der schwarz-grünen Sondierung durfte nicht überraschen. Die Grünen konnten ihr Wahlprogramm in möglichen Koalitionsverhandlungen nicht einfach zur Disposition stellen, auch wenn dessen dezidiert linke Ausrichtung zum schwachen Wahlresultat beigetragen hatte. Bei einem besseren Ergebnis der Grünen hätte es deren Führung leichter gehabt, der "Basis" eine solche Koalition zu vermitteln – zumal bei einem engagierten Eintreten für Schwarz-Grün durch die linke Strömung. Für die Union wäre es im Gegenzug schwieriger geworden: Sie hätte in Verhandlungen mit "starken" Grünen mehr Zugeständnisse machen und am Ende etwa ihren "Lieblingsfeind" Jürgen Trittin als Minister akzeptieren müssen. Durch die Verluste der Grünen (gerechnet wurde mit Gewinnen) wohnte den Sondierungsgesprächen aus deren Sicht faktisch nur eine Alibifunktion inne.
Die Bereitschaft, erneut in eine Große Koalition einzutreten, war bei den Sozialdemokraten an der Parteispitze stärker ausgeprägt als unter den Funktionären und an der "Basis". Dafür gibt es mindestens drei Gründe: Erstens winken die Pfründe einer Regierungsbeteiligung stets nur dem Führungspersonal. Zweitens wog in der Parteiführung die Sorge, bei einer Koalition von Union und Grünen die Letztgenannten als strategischen Partner mittel- und langfristig zu verlieren, schwerer als die Hoffnung auf kurzfristige Wahlerfolge in der Opposition. Und drittens wusste die Führung besser als die "Basis", dass die SPD 2009 nicht primär an ihrer Regierungsbeteiligung in der Großen Koalition gescheitert war, "sondern an ihrer Verfassung außerhalb dieser Regierung".
Wie empirische Untersuchungen der bisherigen Großen Koalitionen auf Bundes- und Länderebene zeigen,
Wie Umfragen zeigen, bewerten die Anhänger der SPD eine Große Koalition keineswegs negativ; die Zahl der Unterstützer ist mit etwa zwei Dritteln ebenso groß wie unter den Unionsanhängern. Dies scheint zu dem von manchen SPD-Politikern kolportierten Eindruck einer überwiegenden Ablehnung der Großen Koalition an der "Basis" nicht ganz zu passen.
Wechselt man von der parteilichen oder innerparteilichen zur gesamtstaatlichen Interessenperspektive, spricht gerade mit Blick auf den Föderalismus Vieles für die Neuauflage der Großen Koalition. Die Einführung der Schuldenbremse, das Auslaufen des Solidarpakts im Jahre 2019 und die Infragestellung des geltenden Finanzausgleichssystems durch die reichen Bundesländer im Süden machen eine grundlegende Neuordnung der Finanzbeziehungen notwendig. Außerdem ließe sich durch eine Große Koalition das Kooperationsverbot in der Bildungspolitik lockern, das sie selbst 2006 eingeführt hatte. Union und SPD haben zwar keine eigene Mehrheit im Bundesrat, könnten diese aber erreichen, wenn es in zwei weiteren Bundesländern zu schwarz-roten Bündnissen kommt. Auch mit Blick auf die europäischen Herausforderungen ist es kein Schaden, das bisherige informelle Zusammenwirken der beiden Volksparteien in eine förmliche Zusammenarbeit zu überführen.
Offenkundig sind dagegen die von einer Großen Koalition ausgehenden Demokratieschäden. Union und SPD kontrollieren im Bundestag zusammen vier Fünftel der Mandate.
Perspektiven der "Koalitionslandschaft" für die nächste Bundestagswahl
Große Koalitionen sind, wie erwähnt, prinzipiell nicht erstrebenswert. In bestimmten politischen Situationen können sie zwar sinnvoll sein. Generell sollten sie die Ausnahme bleiben und nur als Übergangslösung dienen, bis es eine andere Mehrheit gibt. Schon 2005 ging die Mehrzahl der journalistischen und wissenschaftlichen Beobachter davon aus, die Ära des klassischen Volksparteien-Dualismus, die in der Bundesrepublik das Standardmodell der kleinen Zweierkoalition begründet hatte, sei an das Ende gelangt.
Wie geht es nun weiter? Wie sollte es weitergehen? Selbstverständlich wohnen derartigen Überlegungen Unwägbarkeiten inne. Viele Entwicklungen lassen sich kaum vorhersehen. Wer etwa hätte mit einem Ausscheiden der FDP aus dem Bundestag gerechnet? Die Autoren sind sich in den folgenden Punkten einig.
Erstens:
An einer Koalition dürfen nur Parteien partizipieren, die für den demokratischen Verfassungsstaat ohne Wenn und Aber einstehen. Wer dies nicht akzeptiert, fügt dem demokratischen Verfassungsstaat Schaden zu. Gesellschaftsverändernde Positionen sind dabei nicht ausgeschlossen.
Zweitens:
Die beiden großen Parteien müssen eine realistische Chance haben, den Kanzler zu stellen. Wird das Alternierungsprinzip
Drittens:
Die Parteien kommen nicht umhin, vor den nächsten Bundestagswahlen den Parteien des anderen "Lagers" mehr Optionen zu offerieren als bisher – nicht so sehr aus demokratietheoretischen Gründen, sondern aus der Notwendigkeit heraus, eine stabile Regierung bilden zu können. Unterbleibt ein solcher Schritt, tritt nach der Wahl Enttäuschung bei den Wählern über gebrochene Versprechen ein.
Über die Umsetzung dieser Prinzipien in der Praxis gehen die Meinungen allerdings auseinander. Auch die Autoren dieses Beitrages setzen unterschiedliche Akzente. Der springende Punkt ist dabei die Frage nach der Einbeziehung der Partei Die Linke in die Regierungsverantwortung, die Frank Decker perspektivisch für möglich und sinnvoll hält, während Eckhard Jesse sie ablehnt.
Jesses Argumentation lautet wie folgt.
Zum ersten Punkt:
Die Partei Die Linke steht mit Prinzipien des demokratischen Verfassungsstaates auf Kriegsfuß, auch wenn sie sich von der SED-Vergangenheit gelöst hat. Durch die Vereinigung mit der vornehmlich westdeutschen WASG 2007 ist keine Entradikalisierung eingetreten, im Gegenteil.
Zum zweiten Punkt:
Zunächst 20 Jahre lang (1949–1969), später 16 Jahre lang (1982–1998) und jetzt vermutlich wieder mindestens 12 Jahre lang (2005–2017) stellt(e) die Union den Kanzler. Das ist für ein politisches System, das auf Erneuerung fußt, nicht unbedingt von Vorteil. Will die SPD dies ändern, muss sie ihren rechten Flügel stärken, ohne den linken Flügel zu schwächen. Ihr anzustrebendes Ziel: die Grünen als Koalitionspartner zu behalten und die Liberalen zu gewinnen. Schließlich war das sozial-liberale Bündnis (1969–1982) bis auf die Spätphase ein gut funktionierendes Bündnis. Die Schnittmengen der FDP zur SPD und zu den Grünen liegen auf der Hand, was die Frage der politisch-kulturellen Konfliktlinie betrifft. Die FDP wiederum muss das größte Interesse daran haben, sich von ihrer Rolle als Mehrheitsbeschaffer der Union zu lösen. Als Opposition außerhalb des Bundesparlaments wird ihr diese Umorientierung unter Christian Lindner erleichtert. Die Partei vollzog während der ersten Großen Koalition einen – gelungenen – Kurswechsel.
Zum dritten Punkt:
Schließt die SPD vor den nächsten Bundestagswahlen eine Koalition mit der Partei Die Linke nicht aus, so stößt sie die Liberalen vor den Kopf, und ihr wird die wirksame Warnung der Union vor einer rot-(dunkel)rot-grünen Koalition nicht erspart bleiben. Die arithmetische Mehrheit 1998, 2002, 2005 und 2013 für die drei Parteien im Bund hängt auch mit dem Umstand zusammen, dass sich die SPD wohlweislich jeweils strikt von der PDS, der Linkspartei beziehungsweise der Linken abgegrenzt hat. Wer einfach die Stimmenanteile der SPD, der Grünen und der Partei Die Linke addiert, stellt eine Milchmädchenrechnung auf. Der Umgang der SPD mit den Postkommunisten ist ohnehin nicht konsequent: im Osten des Landes mit ihnen zu koalieren (aber nur dann, wenn man selbst stärker ist als die Linke), im Westen jedoch nicht (allenfalls sich von ihnen tolerieren zu lassen).
Die Gegenposition von Frank Decker lautet wie folgt.
Zum ersten Punkt:
Parteien können mit radikalen, vielleicht sogar extremistischen Strömungen in ihren Reihen leben, solange diese eine relativ kleine Minderheit bleiben und keinen bestimmenden Einfluss auf die Linie der Gesamtpartei und ihr Regierungshandeln gewinnen. Auch SPD und Grüne haben in den 1970er und 1980er Jahren entsprechende Erfahrungen gemacht.
Zu Punkt zwei:
Die SPD wäre nicht klug beraten, bei der Wahl des für die Mehrheitsbildung unentbehrlichen weiteren Partners (neben den Grünen) allein auf die FDP zu setzen. Mit einem politischen Schwenk nach rechts (der durch die Koalition mit der Union ja bereits indiziert ist) würde sich die Partei von denjenigen Wählern in den unteren Etagen der Gesellschaft noch weiter entfremden, die sie bei dieser Wahl erneut nicht erreichte. Ob die Liberalen in ihrer jetzigen Rolle als außerparlamentarische Opposition eine Öffnung nach links vollziehen, ist höchst fraglich. Die Große Koalition dürfte ihnen vielmehr Gelegenheit geben, sich gerade mit marktradikalen Positionen zu profilieren (zumal in der neuen Konkurrenz zur AfD). Dies spricht nicht für eine Annäherung an die SPD.
Zu Punkt drei:
Ob ein Linksbündnis 2017 mehrheitsfähig wäre, weiß heute niemand. Viel hängt davon ab, dass den Wählern die Angst vor einer solchen Konstellation genommen wird. Deshalb müsste ein Zusammengehen mit der Partei Die Linke (nicht als Tolerierung, sondern in Gestalt einer förmlichen Koalition) über die Länderebene beziehungsweise genauer: über ein Flächenland der alten Bundesrepublik angebahnt werden.
Eine vollständige Bipolarisierung wird und kann es wohl allein schon aufgrund der föderalen Verfassung der Bundesrepublik nicht geben. Das dürfte für die Grünen und die Liberalen gleichermaßen gelten. Dass sich Landespolitiker der Koalitionsräson ihrer Bundesparteien bisweilen entziehen, gehört hierzulande zu den normalen Usancen der Koalitionspolitik. Wenn Parteien, die auf Bundesebene gegeneinander stehen, in den Ländern miteinander regieren, stößt das antagonistische Modell notgedrungen an Grenzen. Das Gegenüber zweier klar unterscheidbarer Blöcke mag zwar unter Demokratiegesichtspunkten vorzugswürdig sein, indem es dem Wähler eine ebenso klare Entscheidung ermöglicht. Allerdings gibt es keine Garantie, dass die Blockbildung gelingt und die Wunschkoalitionen die angestrebte Mehrheit erreichen. Deshalb müssen die Parteien ihre Koalitionsoptionen öffnen. Dabei besteht die Gefahr, dass der Einfluss des Wählers auf die Koalitionsbildung sinkt.