Am 1. Januar 2002 trat mit dem "Gesetz zur Regelung der Rechtsverhältnisse der Prostituierten" (Prostitutionsgesetz – ProstG) in Deutschland eine der modernsten und liberalsten Regelungen in Europa in Kraft. Danach ist Prostitution nicht mehr sittenwidrig und Verträge zum Zwecke der Ausübung der Prostitution, beispielsweise bei der Anmietung eines Gewerberaumes oder zwischen Sexarbeiterinnen und Sexarbeitern und Kunden haben auch vor Gericht bestand. Mit Einführung des Gesetzes wurden gleichzeitig einige Paragrafen des Strafgesetzbuches abgeschafft, die zum Beispiel die (Selbst)-Organisation von Prostituierten und die Gestaltung von deren Arbeitsbedingungen betrafen. Andere Strafrechtsnormen wie beispielsweise §181a StGB (Verbot der Zuhälterei) §184e StGB (Verbot der Prostitution an bestimmten Orten oder Tageszeiten) und §184f StGB (Verbot der "Jugendgefährdenden Prostitution" in der Nähe von Schulen oder im selben Wohnhaus sowie für unter 18-Jährige) sowie das Verbots des "Menschenhandels zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung" (§232 StGB) bleiben bestehen und sind ebenfalls maßgeblich für die gesellschaftliche und rechtliche Behandlung des Themas.
Die grundsätzliche rechtliche Behandlung von Prostituierten hatte sich bis zum Inkrafttreten des Prostitutionsgesetzes nicht wesentlich verändert: Die Ausübung der Prostitution war in Deutschland zwar seit 1927 nicht verboten, galt aber laut höchstrichterlicher Rechtsprechung als sittenwidrig und gemeinschaftsschädlich. Diese Bewertung beruhte in erster Linie auf der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes, das 1965 die Prostitution mit der Betätigung als Berufsverbrecher gleichstellte.
Die Folge dieser bis Anfang 2000 herrschenden Sichtweise war eine weitgehende Rechtlosigkeit von Sexarbeiterinnen und Sexarbeitern. Verträge mit Bezug auf die Prostitutionstätigkeit galten aufgrund der Sittenwidrigkeit als nichtig.
Die Einschränkungen, die die Bewertung der Prostitution als sittenwidrig mit sich brachte, galten auch für Betriebe, in denen sexuelle Dienstleistungen angeboten wurden. Bordelle und Anbahnungsgaststätten konnten allein aufgrund der Nähe zur Prostitution von den Behörden geschlossen oder geduldet werden, was einen unsicheren Rechtsstatus bedeutete. Jegliche Organisation der Prostitution, die über die reine Zimmervermietung hinausging, war als "Förderung der Prostitution" unter Strafe gestellt. Dies beinhaltete auch die Schaffung hygienischer oder angenehmer Arbeitsbedingen für Prostituierte in Bordellen und anderen Prostitutionsbetrieben, zum Beispiel auch die Ausgabe von Kondomen. Verboten war und ist weiterhin Zuhälterei – das Überwachen von Prostituierten, um von ihren Einkünften zu leben – und Ausbeutung von Prostituierten.
Die Bewertung der Prostitution als sittenwidrig hatte zwar Einfluss auf die Rechtsposition von Prostituierten und Betreiberinnen und Betreibern von Prostitutionsbetrieben, nicht jedoch auf ihre Steuerpflichtigkeit. Einkünfte aus der Prostitution oder dem Betreiben eines Prostitutionsbetriebes waren als "Einkünfte anderer Art" schon immer steuerpflichtig. Prostituierte sowie Betreiber und Betreiberinnen von Prostitutionsbetrieben hatten einerseits zwar keine einklagbaren Rechte, andererseits aber Pflichten.
Seit Anfang der 1980er Jahre organisierten sich Sexarbeiterinnen und -arbeiter und forderten die gesellschaftliche Anerkennung der Prostitution als Beruf und eine rechtliche Gleichstellung. Bis zu einer neuen rechtlichen Regelung sollten jedoch noch viele Jahre vergehen. Die weitgehenden Forderungen aus der Sexarbeiterinnen- und Sexarbeiter-Bewegung wurden jedoch nicht umgesetzt. 1990 brachte die Fraktion der Grünen im Rahmen eines Entwurfs für ein Antidiskriminierungsgesetz einen Vorschlag für eine weitgehende rechtliche Gleichstellung von Prostituierten ein. Das Gesetz kam jedoch wegen der durch die Wiedervereinigung bedingten Verkürzung der Legislaturperiode nicht zur Abstimmung.
In einem Beschluss vom 29./30. Juni 1995 forderte die 5. GFMK (Konferenz der Gleichstellungs- und Frauenministerinnen, -minister, -senatorinnen und -senatoren der Länder) die Bundesregierung auf, Maßnahmen zur Verbesserung der rechtlichen Stellung und sozialen Situation der Prostituierten zu ergreifen. Als nächstes folgten ein von Bündnis 90/Die Grünen vorgelegter "Entwurf eines Gesetzes zur Beseitigung der rechtlichen Diskriminierung der Prostituierten" und der von der SPD vorgelegte "Entwurf eines Gesetzes zur Beseitigung der Benachteiligung der Prostituierten" sowie ein weitergehender Entwurf der PDS. Die Fassung der SPD beschränkte sich auf die Möglichkeit der Begründung von rechtswirksamen Forderungen der Prostituierten gegen Kunden sowie Betreibern und Betreiberinnen und war dem heutigen ProstG im Wortlaut sehr ähnlich. Beide Entwürfe wurden am 25. Juni 1998 von der Koalition aus CDU/CSU und FDP im Bundestag abgelehnt.
Zwei Jahre später kam ein neuer Impuls von internationaler Ebene: Im Februar 2000 sprach der UN-Ausschuss für die Beseitigung der Diskriminierung der Frau die Empfehlung aus, die rechtliche Stellung der Prostituierten zu verbessern, um Ausbeutung zu reduzieren und Schutz zu gewährleisten. Daraufhin wurde im Mai 2001 das Gesetzgebungsverfahren für das heutige Prostitutionsgesetz eingeleitet: Nach einer Reihe von Sachverständigenanhörungen wurde das Gesetz am 19. Oktober 2001 mit einer Mehrheit von SPD, Bündnis 90/Die Grünen, FDP und PDS verabschiedet. Am 9. November 2001 rief der Bundesrat den Vermittlungsausschuss an. Es kam zu einem Kompromiss. Ein erneuter Antrag der Länder Bayern und Sachsen vom 18. Dezember 2001 fand keine Mehrheit und zum Jahreswechsel trat das Prostitutionsgesetz in Kraft.
Ziele des Gesetzgebers
Als Intention des Prostitutionsgesetzes
Korrespondierend mit dem Ziel, Prostituierte in Beschäftigungsverhältnissen sozialrechtlich abzusichern und verbesserte Arbeitsbedingungen zu ermöglichen, wurden Änderungen im Strafgesetzbuch vorgenommen. Die bis zum Inkrafttreten des ProstG strafbare Förderung der Prostitution gemäß §180a Abs. 1 Nr. 2 StGB wurde gestrichen. Die gewerbsmäßige Förderung der Prostitutionsausübung durch Vermittlung (vorher eine Form der Zuhälterei) ist jetzt nur noch dann strafbar, wenn dadurch die persönliche oder wirtschaftliche Bewegungsfreiheit der Prostituierten beeinträchtigt wird (§181a Abs. 2 StGB).
Neben den dargestellten Änderungen im Straf- und Zivilrecht, existieren andere Gesetze, die den Arbeitsbereich der Prostitution unverändert regulieren. Anknüpfungen an den Begriff der Sittenwidrigkeit finden sich unter verwandten Bezeichnungen wie "der Unsittlichkeit Vorschub leisten", "wider die guten Sitten" oder "den öffentlichen Anstand" zum Teil in anderen Rechtsnormen wieder.
Reichweite des Prostitutionsgesetzes
Prostitution war also bereits vor dem ProstG eine legale Tätigkeit und wurde keinesfalls durch das ProstG legalisiert, auch wenn dies immer wieder zu lesen ist. Auch nach dem Inkrafttreten des ProstG unterliegt sie weiterhin gesetzlichen Verboten und Einschränkungen. Bei einem Verstoß gegen diese Normen drohen Geldbuße, Geld- oder Haftstrafe. Das ProstG hat jedoch zu einer Neubewertung der Prostitution geführt und die Rechtsposition von Sexarbeiterinnen und Sexarbeitern verändert. Eine sich langsam wandelnde Sicht auf Prostitution begann sich seit Ende des 20. Jahrhunderts in der Rechtsprechung niederzuschlagen. So stellte das Bundessozialgericht im August 2000 unter Berufung auf die allgemeinen Grundsätze des Sozialversicherungsrechts fest, dass ein faktisches Arbeitsverhältnis eine Versicherungs- und Beitragspflicht auch dann begründe, wenn das zugrunde liegende Rechtsgeschäft nichtig sei.
Ein wesentliches Kriterium der Diskussion, die zu einer rechtlichen Neuregelung der Prostitution in Deutschland führte, ist neben einem veränderten Verständnis von "guten Sitten" die Auseinandersetzung über die Freiwilligkeit beziehungsweise Unfreiwilligkeit der Ausübung der Prostitution. Das Prostitutionsgesetz hat ausschließlich Bedeutung für die aus eigener Entscheidung ausgeübte Tätigkeit. Zwangsverhältnisse gelten als Menschenhandel zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung und sind eine Straftat, die in §232 StGB erfasst ist. Die Unterscheidung von Prostitution und Menschenhandel ist für die rechtliche Regelung sehr wichtig.
Für die Einschätzung des Entschlusses, in der Prostitution zu arbeiten, sind der Handlungs- und Entscheidungsspielraum, über den Sexarbeiterinnen und Sexarbeiter verfügen, um Arbeitsbedingungen und Arbeitsverhältnisse selbst zu bestimmen, ausschlaggebend: Während für Sexarbeiterinnen und Sexarbeiter, denen mehrere Optionen des Gelderwerbs beziehungsweise der Berufstätigkeit offen stehen, anzunehmen ist, dass sie in der Lage sind, selbstbewusst für ihre Rechte einzutreten, sind diese Möglichkeiten für andere eingeschränkt. Wer dringend auf den Verdienst angewiesen ist und keine andere Erwerbsquelle findet oder nutzen kann, kann wenig wählerisch sein. Viele Prostituierte in dieser Situation werden Zugeständnisse bei der Sicherheit (Arbeit ohne Kondom, Akzeptieren jeglicher Kunden, auch der unangenehmen oder gefährlichen) oder bei den Arbeitsbedingungen (überhöhte Zimmermieten, Abgaben an Zuhälter oder Partner; Arbeit unter schlechten räumlichen, zeitlichen, hygienischen oder finanziellen Bedingungen) machen. Dennoch werden auch angesichts stark eingeschränkter Optionen eigenständige Entscheidungen für oder gegen eine Tätigkeit in der Prostitution getroffen. Unter den Bedingungen von Menschenhandel – wenn Zwang, Ausbeutung und Gewalt eine Rolle spielen – ist eine Entscheidung gegen die Tätigkeit in der Prostitution kaum gegeben.
Es gibt keine verlässlichen empirischen Daten, wie viele Personen in der Prostitution und in den jeweiligen Bereichen tätig sind und somit auch keine Erkenntnisse, für welchen Anteil der Sexarbeiterinnen und Sexarbeiter das Gesetz Wirksamkeit entfalten kann.
Die Anzahl der in Deutschland tätigen Prostituierten wird weit überschätzt. Häufig zitiert wird auch heute noch eine Zahl von etwa 400.000 Sexarbeiterinnen und Sexarbeitern mit einer Million Kundenkontakten pro Tag. Diese "Schätzung", entstanden in der Aktivistinnenszene im Rahmen der politischen Diskussion um die gesellschaftliche Anerkennung und Gleichstellung von Prostituierten Ende der 1980er Jahre, entbehrt jeder wissenschaftlichen Grundlage. Seriöse Hochrechnungen von Prostituierten in Deutschland bewegten sich damals in einer Spannbreite von 64.000 bis zu 200.000 Prostituierten.
Wie viele Personen in Deutschland durch kriminelle Machenschaften, wie Täuschung, Zwang und Gewalt, in die Prostitution gelangen, beziehungsweise in ihr gegen ihren Willen festgehalten werden, ist ebenfalls schwer einzuschätzen. Die trotz verbesserter Hilfestrukturen sinkenden Zahlen in der Statistik "Bundeslagebild Menschenhandel", herausgegeben vom Bundeskriminalamt,
Insgesamt ist festzustellen, dass zum Thema Prostitution in Deutschland zu wenig Erkenntnisse vorliegen. Verglichen mit anderen Tabuthemen, wie beispielsweise AIDS, werden viel zu wenig sozialwissenschaftliche und kriminalwissenschaftliche Studien vorgenommen. Dies ist besonders deshalb bedauerlich, weil auf diese Weise der zurzeit laufenden moralisch aufgeladenen Debatte aus fundierter sozialwissenschaftlicher Sicht wenig entgegengestellt werden kann.
Stagnation bei der Umsetzung und weiterer Regelungsbedarf
Das zentrale Problem kann in einem fehlenden Gesamtkonzept zum Umgang mit Prostitution und in einem fehlenden politischen Willen, zur Durchsetzung des ProstG auf Länderebene gesehen werden. Die föderale Struktur in Deutschland führte zu einer sehr uneinheitlichen Regelung der Prostitution. Während einige Länder die rechtliche Besserstellung von Prostituierten begrüßten, lehnten andere diese Politik ab. Das Prostitutionsgesetz wurde als Bundesgesetz ohne Zustimmung des Bundesrates verabschiedet. Um diesen Weg zu ermöglichen, wurde im Gesetzgebungsverfahren zum Beispiel darauf verzichtet, Fragen des Gewerberechts aufzugreifen, da dies zur Zustimmungspflichtigkeit des Gesetzes im Bundesrat geführt hätte und eine Mehrheit in der Länderkammer als unwahrscheinlich angesehen wurde. Auch der Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ist Ländersache und jedes Land hat sein eigenes Polizeigesetz. Die dritte Instanz, die an der Regelung der Prostitution mitwirkt, sind die Kommunen, die zum Beispiel über ihren Einfluss beim Erlass von Sperrgebietsverordnungen oder über Festsetzungen in Bebauungsplänen darüber entscheiden, ob die Ausübung der Prostitution auf bestimmte Straßenzüge oder Stadtviertel beschränkt wird.
Diese strukturellen Gegebenheiten führten dazu, dass bis heute weder eine Regulierung der Prostitution in Form gewerberechtlicher Auflagen noch Kontrollen für Prostitutionsbetriebe erreicht wurden. In der Ausgestaltung des Bordellbetriebes als erlaubnispflichtiges Gewerbe würde eine Möglichkeit bestehen, Betriebe zur Einhaltung von Standards zu verpflichten.
Nicht zuletzt entscheiden die Angebote für weibliche und männliche Prostituierte der Kommunen im gesundheitlichen und sozialen Bereich darüber, ob eine Integration gelingt und Zugang und Vertrauen in staatliche Institutionen wie die Polizei ausreichen, um Delikte wie Gewalt und Menschenhandel zur Anzeige zu bringen.
Die Umsetzung des ProstG stößt auf ein in sich geschlossenes System – das sogenannte Milieu – das sich über Jahrzehnte eingerichtet hat und in dem unterschiedliche Kräfte trotz Interessengegensätzen nach innen zusammenhaltend und nach außen abschottend wirken. Erforderlich ist daher ein Umstellungsprozess, der viel Zeit und ausreichend fördernde Maßnahmen voraussetzt. Bei der Bewertung von Problemen und Erfolgen ist insbesondere zu berücksichtigen, wie "klein" das ProstG ist: Es handelt sich eben nicht um ein Gesetz zur Regulierung von Prostitution, sondern um eine Regelung der Rechtsverhältnisse von Prostituierten, die in kaum mehr als der Abschaffung der Sittenwidrigkeit besteht.
Die Möglichkeit der Einklagbarkeit einer Entgeltzahlung von Prostituierten gegenüber ihren Kunden hat bestehendes Unrecht aufgehoben. Auch wenn nur wenig entsprechende Verfahren geführt werden, stellt die zivilrechtliche Klagemöglichkeit ein Element der Gleichstellung und Entdiskriminierung von Sexarbeiterinnen und Sexarbeitern dar und wird als Stärkung ihrer Rechtsposition gesehen.
Nach wie vor verstellt die Rechtsprechung die Möglichkeit, dass Sexarbeiterinnen und Sexarbeiter selbstbestimmt in Appartements der sogenannten Wohnungsprostitution nachgehen und sich gute Arbeitsbedingungen durch eine Einbettung in Infrastrukturen von Wohn- und Mischgebieten organisieren können.
Wenn, wie in einigen Bundesländern, Bordelle nicht als Gewerbe angemeldet werden können, verhindert dies im Ergebnis auch, dass Betreiberinnen und Betreiber als Arbeitgeber auftreten. Sie bleiben trotz faktischem Arbeitgeberstatus in der Rolle der Zimmervermieter ohne Verantwortlichkeiten,
Missverständnisse und Polarisierungen
Die gesellschaftliche Debatte über Prostitution wird in den Medien überwiegend unter moralischen Gesichtspunkten geführt. Sexarbeiterinnen und Sexarbeiter selbst kommen selten zu Wort, es wird meist über sie statt mit ihnen gesprochen. In Talkshows werden einzelne Personen aus dem Milieu eingeladen, die die jeweils gewünschte Position unterstützen – meist der gierige Bordellbetreiber oder die ausgestiegene Prostituierte. Es gibt im In- und Ausland einige wenige Forschungsarbeiten zur Situation von Prostituierten, die zur Versachlichung beitragen könnten, die in den Debatten jedoch nicht aufgegriffen werden. Einige zentrale Probleme, die Teil der öffentlichen Meinungsbildung sind, können festgehalten werden, tragen jedoch eher zur Verwirrung als zur Aufklärung bei.
Oft erfolgt eine Gleichstellung von Sexarbeit und Menschenhandel. Es wird postuliert, zum Beispiel von der Zeitschrift "Emma", dass eine Entscheidung für Prostitution als Erwerbstätigkeit nie freiwillig sein kann.
Eine Zunahme von Sexarbeiterinnen und Sexarbeitern aus Bulgarien, Rumänien und Ungarn wird der "Legalisierung" der Prostitution durch das ProstG angelastet. Es wird davon ausgegangen, dass diese Opfer von Menschenhandel sind und geschlussfolgert, das ProstG würde die Bekämpfung des Menschenhandels erschweren, wenn nicht gar verhindern. Fakt ist, dass Veränderungen beim Zuzug von Sexarbeiterinnen/Sexarbeitern Auswirkungen der EU-Osterweiterung sind, die den Bürgerinnen und Bürgern weiterer Länder den legalen Aufenthalt in Deutschland gestattet. Sie haben also wenig mit dem ProstG zu tun. Aktuelle Befragungen von Sexarbeiterinnen aus Bulgarien und Rumänien weisen außerdem daraufhin, dass der weitaus größte Teil von ihnen aus freier Entscheidung zum Erwerb des Lebensunterhaltes der Prostitution nachgeht.
Ausblick
Erfreulich ist, dass sowohl auf Länder- als auch auf kommunaler Ebene in letzter Zeit mehr Bereitschaft zu sehen ist, sich mit der Thematik neu und intensiver auseinanderzusetzen. Der Runde Tisch "Prostitution" des Landes Nordrhein-Westfalen will die Situation für weibliche und männliche Prostituierte in NRW verbessern und Prostitution aus der gesellschaftlichen Grauzone holen. Dazu hat das Land ein interdisziplinäres Gremium, bestehend aus Vertreterinnen und Vertretern von Landes- und Kommunalbehörden, Sozialverbänden, Beratungsstellen und Prostituierten beauftragt, ein Handlungskonzept für eine notwendige landesrechtliche Anpassung zu erarbeiten und dabei auch den notwendigen gesellschaftlichen Diskurs weiter voranzubringen.
Auch Berlin, die einzige Großstadt Deutschlands ohne Sperrgebiet, versucht neue Regelungen zur Verminderung von Störungen durch Straßenprostitution unter Einbeziehung von Nachbarschaften und Prostituierten zu entwickeln. Dieses akzeptierende Vorgehen ermöglicht allen Beteiligten neue Sichtweisen und führt zu verblüffenden Vorschlägen, wie die gemeinsame Nutzung des öffentlichen Straßenraums gelingen kann.
Beide Beispiele stellen über die zu erwartenden praktischen Ergebnisse wichtige Initiativen dar, realistischere Einschätzungen zum Themenfeld Prostitution zu entwickeln. Solche von Sachkenntnissen und persönlichen Begegnungen getragenen Initiativen sind unbedingt weiter zu verbreiten. Es ist zu hoffen, dass eine Vielzahl solcher Vorhaben die Bundesrepublik Deutschland in Richtung eines gesellschaftlichen Konsenses führt, der eines Tages auch ein politisches Gesamtkonzept ermöglicht.
Weitere Anstöße sind aber erforderlich. In einigen Behörden werden von engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Initiativen ergriffen, existierende Entscheidungsspielräume für das Durchsetzen besserer Arbeitsbedingungen in der Prostitution zu nutzen. Dafür, dass auch andere Behörden aktiv werden, bedarf es eines Anstoßes seitens der Politik. Die Umsetzung dieser Intention des ProstG muss von verantwortlicher Seite stellvertretend für die Prostituierten durchgesetzt werden. Sie sind in der Mehrheit nicht in der Position für gute Arbeitsbedingungen zu kämpfen.