Bezogen auf die 28 Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU) gehören mehr als 70 Prozent der Bevölkerung formal einer Religionsgemeinschaft an. Gleichzeitig gaben im Rahmen einer Eurobarometer-Umfrage im Jahr 2010 lediglich 51 Prozent an, dass "es einen Gott gibt". 26 Prozent glaubten an eine andere spirituelle Kraft und 20 Prozent glaubten nicht, dass es "irgendeine Art von Gott, Geist oder Kraft gibt, die das Leben lenkt". Bezüglich der Gottgläubigkeit bestehen große Unterschiede zwischen den europäischen Staaten. Staaten, in denen relativ viele Menschen an einen Gott glauben, sind in Bezug auf die Religionszugehörigkeit der Bevölkerung sehr homogen – dies gilt insbesondere für Staaten mit einem hohen Anteil an Katholiken oder orthodoxen Christen. Hinsichtlich der Gottgläubigkeit bestehen aber nicht nur Unterschiede zwischen den Staaten: Frauen glauben häufiger an einen Gott als Männer, Alte häufiger als Junge und Personen mit kurzer Ausbildung häufiger als Personen mit langer Ausbildung.
Fakten
Im Rahmen eines Projekts der Universität Luzern wurde für 50 europäische Staaten die Religionszugehörigkeit der Bevölkerung erfasst (Zeitraum 2006 bis 2015). Bezogen auf die 28 Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU) gehörten 71 Prozent der Bevölkerung formal einer Religionsgemeinschaft an. Eine Umfrage im Rahmen des Eurobarometers verdeutlicht jedoch, dass diese Mitgliedschaft für die einzelnen Menschen eine sehr unterschiedliche Bedeutung haben kann: 51 Prozent der Befragten in den EU-27-Staaten glaubten Anfang 2010, dass "es einen Gott gibt" und 26 Prozent glaubten, dass "es einen Geist oder eine andere Art von Kraft gibt, die das Leben lenkt". 20 Prozent glaubten nicht, dass es "irgendeine Art von Gott, Geist oder Kraft gibt, die das Leben lenkt." Drei Prozent machten keine Angaben ("weiß nicht").
Bezüglich der Gottgläubigkeit bestehen große Unterschiede zwischen den europäischen Staaten. Auffällig ist, dass in den fünf EU-Staaten, in denen 79 oder mehr Prozent an einen Gott glauben, der Anteil der Bevölkerung, der einer einzigen christlichen Konfession anhängt, besonders hoch ist. Die Länder sind also in Bezug auf die Religionszugehörigkeit der Bevölkerung sehr homogen: In Malta und Polen sind mehr als 90 Prozent der Bevölkerung katholisch und in Rumänien, Zypern (hier: Südzypern) sowie Griechenland liegt der Anteil der orthodoxen Christen jeweils bei mehr als 85 Prozent. Außerhalb der EU gilt auch für die Türkei, dass der hohe Bevölkerungsanteil, der an einen Gott glaubt (94 Prozent), mit einer homogenen religiösen Struktur einhergeht (98 Prozent der Bevölkerung sind Muslime).
Die sechs EU-Staaten, die 2010 den nächsthöheren "gottgläubigen" Bevölkerungsanteil hatten, sind Länder, in denen der Katholizismus die meisten Anhänger hat. In Italien, Irland, Portugal, Kroatien, der Slowakei und Spanien lag der Anteil der Katholiken an der Bevölkerung zwischen 86,3 Prozent in Kroatien und 69,4 Prozent in der Slowakei. Der Anteil der Bevölkerung, der an einen Gott glaubt, lag im Jahr 2010 zwischen 74 Prozent in Italien und 59 Prozent in Spanien.
In Island, Finnland, Norwegen und Dänemark lag der Anteil der protestantischen Bevölkerung im Betrachtungszeitraum zwischen 80 und 74 Prozent. Darauf folgte Schweden mit 58 Prozent. Gleichzeitig lag der Anteil der Bevölkerung, der 2010 beim Eurobarometer angab, an eine andere spirituelle Kraft zu glauben, in diesen fünf Staaten zwischen 42 und 49 Prozent. Lediglich in den osteuropäischen Staaten Estland, Lettland, Tschechien und Bulgarien war der Anteil der Bevölkerung, der an eine andere spirituelle Kraft glaubt, vergleichbar hoch. Außer Bulgarien fallen diese Staaten wiederum durch einen hohen Bevölkerungsanteil ohne formale Religionszugehörigkeit auf.
Der Anteil der Bevölkerung, der nicht glaubt, dass "es einen Geist oder eine andere Art von Kraft gibt, die das Leben lenkt", war im Jahr 2010 in Frankreich (40 Prozent), Tschechien (37 Prozent), Schweden (34 Prozent) und den Niederlanden (30 Prozent) am höchsten. Darauf folgten Estland und Norwegen (29 Prozent) sowie Deutschland und Belgien (27 Prozent). In sieben dieser acht Staaten lag der Anteil der Bevölkerung ohne formale Religionszugehörigkeit bei mindestens einem Drittel, darunter in zwei bei mehr als zwei Dritteln (Tschechien und Estland). Norwegen fällt hingegen durch den zweithöchsten Anteil an Protestanten in Europa auf.
Hinsichtlich der Gottgläubigkeit bestehen nicht nur große Unterschiede zwischen den Staaten, sondern auch zwischen verschiedenen Bevölkerungsgruppen: Laut Eurobarometer glaubten Anfang 2010 im Durchschnitt 51 Prozent der befragten Bürger der EU-27-Staaten an einen Gott. Bei den Männern lag der entsprechende Anteil mit 47 Prozent deutlich niedriger als bei den Frauen mit 55 Prozent. Bei einer Differenzierung nach Alter fällt auf, dass der Bevölkerungsanteil, der an einen Gott glaubt, umso höher ist, je älter die Altersgruppe ist. So lag der entsprechende Anteil bei den 15- bis 24-Jährigen bei 43 Prozent. In der Altersgruppe der 25- bis 39-Jährigen bzw. der 40- bis 54-Jährigen lag der Anteil mit 48 Prozent fünf Prozentpunkte höher. Bei der Bevölkerung, die 55 Jahre oder älter ist, erreichte der Anteil der gottgläubigen Bevölkerung schließlich 58 Prozent.
Auch die Bildung korreliert mit der Gottgläubigkeit: Im Jahr 2010 gaben von den befragten Personen, die bereits mit 15 Jahren oder früher die Schule verlassen haben, 64 Prozent an, an einen Gott zu glauben. Bei den Personen, die ihre schulische oder außerschulische Ausbildung im Alter zwischen 16 und 19 Jahren beendeten, lag der entsprechende Anteil bei lediglich 51 Prozent. Von den Personen, die ihre Ausbildung im Alter von 20 Jahren oder später beendeten, gaben nur 43 Prozent an, an einen Gott zu glauben. Schließlich lag unter den Befragten, die sich politisch rechts einordnen, der Anteil der gottgläubigen Personen mit 57 Prozent deutlich über dem entsprechenden Anteil der Personen, die sich politisch links einordnen (38 Prozent).
Begriffe, methodische Anmerkungen oder Lesehilfen
Weitere Informationen zur Religionszugehörigkeit finden Sie
Das Eurobarometer ist eine in regelmäßigen Abständen von der Europäischen Kommission in Auftrag gegebene, öffentliche Meinungsumfrage in den Ländern der Europäischen Union. Dabei wird in allen Ländern eine repräsentative Stichprobe der Bevölkerung befragt.