Die Geschichte der Stasi-Unterlagen-Behörde
Am 15. Januar 1990
Im Zuge der Einigungsverhandlungen wurde die Zukunft der Akten erneut zum Thema.
Am 3. Oktober desselben Jahres, dem Tag der
Am 29. Dezember 1991 trat das
In der sogenannten "Gauck-Behörde" mit den damals noch 13 Außenstellen in den neuen Ländern stieg die Zahl der Mitarbeiter/-innen aufgrund der starken Akten-Nachfrage bis Mitte der 1990er Jahre auf fast 3.200. Im Oktober 2000 übernahm die frühere DDR-Bürgerrechtlerin Marianne Birthler das Amt. Auf sie folgte im März 2011 als dritter Behördenchef der ehemalige DDR-Oppositionelle Roland Jahn.
Fakten zur bisherigen Arbeit der Behörde
Im Laufe von fast 30 Jahren haben die Behördenmitarbeiter/-innen eine Großteil der 111 Aktenkilometer, 1,8 Millionen Fotodokumente, knapp 2.900 Filme und Videos sowie über 23.000 Tondokumente archiviert und inventarisiert. Mehr als 15.000 Säcke von der Staatssicherheit zerrissener Akten warten noch auf ihre manuelle oder zukünftig virtuelle Rekonstruktion.
Allein im ersten Jahr, 1992, stellten mehr als eine halbe Million Menschen den Antrag auf persönliche Akteneinsicht. Über drei Millionen Antragsteller/-innen haben bisher in der Berliner Zentrale oder in den derzeit zwölf Außenstellen, den ehemaligen MfS-Bezirksverwaltungen, ihre Akten eingesehen – darunter etliche, die im Westen von der Stasi verfolgt wurden. Rund 35.000 Wissenschaftler/-innen und Journalisten/-innen haben in den Unterlagen recherchiert.
Außerdem wurden in mehr als 1,7 Millionen Ersuchen Akten angefordert, um Politiker/-innen und Angestellte des öffentlichen Dienstes zu überprüfen. In mehr als einer halben Million Fälle wurden Möglichkeiten der Rehabilitierung, Entschädigung oder Strafverfolgung untersucht.
Akteneinsicht ist nach wie vor ein Thema: Im Jahr 2018 wollten mehr als 46.000 Betroffene ihre persönliche Akte zum ersten oder wiederholten Male einsehen. Zwei Drittel davon wandten sich an eine der Außenstellen, wo mit 68 Kilometer Akten der größte Teil der Stasi-Hinterlassenschaft lagert.
Der Bundestagsbeschluss
Am 26. September 2019 hat der Bundestag entschieden, dass die Stasi-Akten in das
Zugleich wird die Zahl der regionalen Archivstandorte auf fünf – eines pro Bundesland – reduziert. Die anderen Außenstellen sollen laut Bundestagsbeschluss weiterhin informieren und beraten sowie Anträge auf Akteneinsicht entgegennehmen.
Bereits im Jahr 2014 hatte der Bundestag eine Unabhängige Expertenkommission eingesetzt, um Vorschläge zur Zukunft der Behörde zu erarbeiten. Das zwei Jahre später vorgelegte Konzept war jedoch so umstritten, dass der Bundestag eine Entscheidung vertagte und stattdessen Roland Jahn und Michael Hollmann damit beauftragte, neue Ideen zur Fusionierung zu erarbeiten. Im März 2019 legten die beiden Behördenleiter den Parlamentariern ihren Plan vor, die Stasi-Akten als eigenständigen, nach außen erkennbaren Bestand ins Bundesarchiv zu integrieren. Die Dokumente der DDR-Geheimpolizei unterliegen weiterhin dem Stasi-Unterlagen-Gesetz, das noch verändert werden muss.
Bereits in der Gedenkstättenkonzeption des Bundes von 2008 war die Behörde als "zeitlich begrenzt" konzipiert gewesen.
Argumente von Befürwortern und Kritikern
Die Befürworter der Bundestags-Entscheidung betonen, dass die Stasi-Akten derzeit weder in der Zentrale noch in den Außenstellen sachgemäß gelagert seien. Im Zuge ihrer Überführung ins Bundesarchiv und des geplanten Archivneubaus auf dem Stasi-Gelände würde sich dies ändern. Außer klimatisierten Räumen sollen hier technisch gut ausgestattete Restaurierungs- und Digitalisierungwerkstätten entstehen, in denen außerdem auf die Kompetenzen des Bundesarchivs zurückgegriffen werden könne. Eines Tages könnten die Akten, so die Befürworter, infolge der Digitalisierung ortsunabhängig genutzt werden.
Dass mit der Integration in das Bundesarchiv die Existenz des BStU als eigenständige Behörde endet und der Bundestag diesem Vorschlag zugestimmt hat, stößt aber auch auf Kritik. Frühere DDR-Bürgerrechtler betonen, dass die Stasi-Unterlagen-Behörde mehr ist als ein Archiv. Sie befürchten, das letzte bundesweit sichtbare Denkmal der friedlichen Revolution zu verlieren. Der Aktenzugang in der Behörde hat ihrer Ansicht nach bislang nicht nur die Freiheit von Bespitzelung symbolisiert, sondern auch das Recht auf Rehabilitierung von DDR-Unrecht sowie die Möglichkeit, frühere Täter zur Rechenschaft zu ziehen.
Außerdem wird befürchtet, dass eine in anderen post-diktatorischen Gesellschaften hoch angesehene Institution im Umgang mit den Akten einer die Diktatur stützenden Geheimpolizei verloren geht. Das Bundesarchiv sei anders als die Stasi-Unterlagen-Behörde eine passive Behörde. Es verwalte Akten, leiste aber keine politisch-historische Bildungsarbeit.
Dagegen betont der Bundesbeauftragte Roland Jahn, dass der Symbolwert der Stasi-Unterlagen erhalten bleibe. Diese sollten deshalb in den Regionen bleiben – und nicht, wie manche befürchten, in der Berliner Zentrale konzentriert werden. Der Bundesbeauftragte möchte allerdings den Dienstleistungscharakter des künftigen "Stasi-Unterlagen-Archivs" für die externe Forschung, für Bildung und Medien stärken, nach Sachthemen erschließen und den Blick vom MfS auf andere Verantwortungsträger in der DDR weiten.
Die beiden großen Aufgaben der Behörde – die persönliche Akteneinsicht und die jüngst bis 2030 verlängerte Überprüfbarkeit auf Stasi-Mitarbeit – seien zahlenmäßig von einem eigenständig geleiteten Stasi-Archiv unter dem Dach des Bundesarchivs zu bewältigen, heißt es bei den Befürwortern. Skeptiker befürchten, dass mit einer Abwicklung der Behörde als eigenständiger Institution nicht nur deren symbolische Bedeutung, sondern auch die politisch-historische Bildungsarbeit verschwindet.