Im Jahr 800 lebten auf dem Gebiet der späteren Bundesrepublik im Durchschnitt vier bis fünf Menschen auf einem Quadratkilometer – heute sind es 229.
Östlich des Rheins und nördlich der Seine hatte die fränkische Eroberung zum Aufbau eines neuen landbasierten feudalen Gesellschaftssystems geführt, das primär auf die Versorgung eines Herren und dessen Familie und Gefolgschaft ausgerichtet war. Erst nachdem sich dieses System stabilisiert hatte, Bedrohungen von außen erfolgreich abgewehrt werden konnten und allmählich landwirtschaftliche Überschüsse entstanden, machte sich ein Bedarf an Städten bemerkbar. Städte erwuchsen meist nicht aus landwirtschaftlichen Dörfern, sondern entwickelten sich an besonderen Standorten, an sogenannten Gunstlagen, wo die Topografie Händler und Reisende zur Nutzung einer bestimmten Flussfurt oder eines Bergpasses zwang. Diese Gunstlage wurde von Herren ausgenutzt, indem sie von Reisenden, die Flussfurt oder Bergpass passieren wollten, einen Wegezoll, später dann ein Brückengeld verlangten. Häufig etablierten die geistlichen oder weltlichen Herren in der Nähe dieser Orte einen befestigten Sitz mit Handwerkern für ihre Haushaltung. Zur Versorgung der Handwerker, aber auch zum Austausch mit den durchziehenden Händlern, entstand ein Markt, der von den Herren rechtlich privilegiert wurde; sie verboten, in anderen Dörfern im Umkreis Markt zu halten.
Viele Städte waren also zunächst "Großburgen", wie auch der Namenszusatz "-burg" älterer deutscher Städte wie Augsburg oder Regensburg zeigt.
Entwicklung des europäischen Städtenetzes
Wirtschaftlicher und demografischer Kontext der neuen Epoche war eine langfristige Expansion der Bevölkerung und des Siedlungsraums in großen Teilen Europas bis ins frühe 14. Jahrhundert. Begünstigt von einer Klimaerwärmung und gestützt durch technische Verbesserungen stiegen die landwirtschaftlichen Erträge. Das Land um die Siedlungen wurde gerodet, später dann auch mitten in den Wäldern; Sümpfe wurden trockengelegt. Zu diesem Landesausbau gehörte auch die sogenannte Ostkolonisation, die Anlage von Dörfern und Städten in von Slawen bewohnten Gebieten östlich der Elbe. Weil die Stadtherren im Zuge dieser Expansion beobachtet hatten, dass Städte lukrativ waren, setzten seit dem frühen 12. Jahrhundert systematische Gründungen von Städten ein, bei denen die Stadtherren diese "Gründungsstädte" mit umfangreichen Privilegien ausstatteten.
Das bekannteste Beispiel in Westdeutschland ist Freiburg im Breisgau. 1120 versprach Graf Konrad von Zähringen allen Siedlungswilligen einen Bauplatz, Frieden und Wegesicherheit in seinem Territorium, Schadensersatz, falls jemand dort beraubt werden sollte, und Zollfreiheit. Er gewährte den sich zu einer Schwureinung (coniuratio) zusammengeschlossenen Bürgern das Recht auf freie Wahl ihres Vogts und Pfarrers und sicherte ihnen zu, dass ihre Streitigkeiten nach dem "Recht aller Kaufleute, besonders der Kölner" verhandelt werden sollten.
So entstand im Verlauf des 12. und 13. Jahrhunderts in Europa eine vielfach gegliederte Stadtlandschaft, die in Grundzügen die bis heute vorfindliche Siedlungsstruktur prägte: Der größte Teil der aktuellen europäischen Städte wurde in der Wachstumsperiode zwischen 1100 und 1350 gegründet.
Die größeren europäischen Städte waren im Hoch- und Spätmittelalter in ein weiträumiges Handelsnetz eingebunden und erschienen als Teile von Netzwerken, die häufig von einer "Gateway-City", meist am Meer gelegen, dominiert und geprägt waren. Solche "Gateways" waren etwa Venedig, Genua und Brügge, aber auch London. Gab es durch Kriege oder Naturkatastrophen Probleme auf bestimmten Handelsrouten, sortierte sich das Netzwerk neu. Die Zugehörigkeit zu diesen Netzwerken war meist nicht politisch bestimmt; auch die berühmte Hanse, anfänglich um den Ostseehandel konzentriert, war nie ein fester Block.
Aber nicht alle Städte waren Fernhandelsstädte. Die primäre Funktion der meisten kleinen und mittleren Städte war die eines agrarischen Absatzmarktes für ein kleineres oder größeres Umland sowie die Versorgung dieses Umlands mit gewerblichen Waren und spezialisierten Dienstleistungen. Für größere Teile Europas hat sich das Modell des Geografen Walter Christaller bewährt, der von einem hierarchisch gestuften System "zentraler Orte" ausgeht, wobei in dem zentralen Ort höchster Stufe praktisch alle Arten von Waren und Dienstleistungen verfügbar sind, während auf der niedrigsten Stufe nur die Waren des täglichen Bedarfs angeboten werden.
Übergang zur Neuzeit
Die Verstädterung Europas im Sinne eines wachsenden Anteils städtischer Bevölkerung erfolgte in längeren, immer wieder durch katastrophale Einbrüche unterbrochenen Schüben. Die erste große Zäsur war die Pest ab Mitte des 14. Jahrhunderts, der allerdings schon eine Klimaverschlechterung und, davon ausgelöst, Hungersnöte vorausgegangen waren. Die Pestzüge von 1348 bis 1383 sorgten für einen dramatischen Einbruch der Bevölkerungszahl um etwa ein Drittel, wobei die Verluste in den Städten häufig noch deutlich höher waren. Allerdings ging es den überlebenden Städtern, nachdem sich die Verhältnisse stabilisiert hatten, deutlich besser als zuvor. Arbeitskräfte waren nach dem Massensterben gefragt, und strebsame Handwerker konnten leicht eine Meisterwitwe finden, sich selbstständig machen und günstig eines der vielen leerstehenden Häuser erwerben. Dass sich der Lebensstandard der städtischen Bevölkerung nach der Pest erhöhte, zeigt etwa der deutlich höhere Fleischkonsum. Auf dem Land verursachte die Pest dagegen wegen des Verlustes an Konsumenten eine tiefe strukturelle Krise der Landwirtschaft. Weil die Städte mit höheren Löhnen und freiheitlicheren Lebensbedingungen attraktiv waren, erreichten viele bereits im letzten Drittel des 15. Jahrhunderts wieder ihren Bevölkerungsstand von vor der Pest.
Der zweite, insbesondere auf dem Gebiet des Heiligen Römischen Reiches spürbare Bevölkerungseinbruch kam mit dem Dreißigjährigen Krieg 1618 bis 1648. Auch hier lag neben der Kriegswirkungen eine Ressourcenkrise zugrunde; der wirtschaftliche Aufschwung ab etwa 1470 und die damit verbundene Bevölkerungsentwicklung hatte zu Beginn des 17. Jahrhunderts zu einer Situation vielfacher Knappheit geführt. Sich häufende Missernten in der "kleinen Eiszeit", aber auch zunehmende Versuche der Obrigkeit, mit Heiratsbeschränkungen oder Ausweisungen des umfangreichen "fahrenden Volkes" dem demografischen Druck zu begegnen, sprechen für eine solche Annahme. Andererseits gab es auch Regionen wie die Niederlande, die im 17. Jahrhundert ihr "goldenes Zeitalter" erlebten.
Der Übergang zur Epoche der Neuzeit, gemeinhin verbunden mit der Erfindung des Buchdrucks, der Entdeckung der Neuen Welt und der Reformation, war zunächst auf der Ebene der einzelnen Städte kaum spürbar gewesen, brachte mittelfristig aber tiefgreifende Veränderungen. So stellte etwa die Verbreitung mauerbrechender Artillerie den Charakter von Städten als "Großburgen" infrage. In Reaktion auf die neue Waffentechnik mussten Städte ihr komplettes Befestigungssystem umbauen: An die Stelle hoher Mauern und Türme trat ein mehrfach gestaffeltes System von Bastionen, die verhindern sollten, dass die feindliche Artillerie ernsthaften Schaden in der Stadt anrichtete. Nur die reichsten Städte konnten es sich leisten, diese aufwändigen Befestigungssysteme zu bauen; zugleich hemmten sie das weitere räumliche Wachstum der Städte. Im Hoch- und Spätmittelalter konnten die Mauern einfach übersprungen, abgerissen oder in Häuser integriert werden. In vielen heutigen Stadtgrundrissen lässt sich der Verlauf aufgegebener Mauern in Straßenverläufen oder Grünanlagen noch gut ablesen. Das Bastionssystem war dagegen räumlich so ausgreifend, dass eine organische Entwicklung der Städte nicht mehr möglich war. Es kam daher in vielen mit Bastionen umgebenen Städten zu einer problematischen inneren Verdichtung.
Die Territorialstaaten, die mit Beginn der Neuzeit unterhalb der Reichsebene in wachsendem Maße eine staatliche Verwaltung aufbauten, schufen neue Hierarchien im Städtewesen und neue Städtetypen. Die Residenzstädte der Fürsten wurden zunehmend zu Hauptstädten ausgebaut mit zentralen Einrichtungen wie Ministerien, Marstallen (fürstliche Pferdeställe), Bibliotheken und Sammlungen. Neben die traditionellen Kaufmanns- und Bürgerstädte wie Köln, Nürnberg oder Leipzig traten nun neue Hauptstädte wie München, Dresden, Berlin oder Wien. Und die Bedürfnisse der Territorialherren erforderten weitere Städtetypen, etwa die Bergstädte, um mineralische Ressourcen auszubeuten, wie Freiberg oder Joachimsthal im Erzgebirge, oder Universitätsstädte wie Tübingen, Marburg oder Göttingen zur Ausbildung von Pfarrern und Landesbeamten. Schließlich führte die militärtechnische Entwicklung dazu, dass spezielle Festungsstädte wie etwa Wesel gebaut wurden.
Der europäische Aufbruch zu weltweitem Handel und der Aufbau von großen Kolonialreichen veränderten die europäische Städtelandschaft abermals. Weil sich die wirtschaftlichen Schwergewichte an den Atlantik verschoben, verlor die Hanse erheblich an Bedeutung; Städte wie Lübeck stagnierten, während insbesondere die Niederlande mit ihrer moderner Schiffsproduktion und Landwirtschaft im 17. Jahrhundert zur dominierenden Handelsnation wurden. Amsterdam übernahm die Rolle als führendes Handels-, Verteilungs- und Kapitalzentrum des nordwestlichen Europas, die Brügge im Spätmittelalter und Antwerpen im 16. Jahrhundert gespielt hatte, bis es im 18. Jahrhundert von London abgelöst wurde. Zuvor war Amsterdam die modernste Stadt Europas; in ihrer physischen Gestalt mit Grachten und Kanälen kompromisslos auf Umschlag und Handelsverkehr ausgelegt, zeigte die Stadt in einer Zeit des religiösen Fanatismus auch religiösen Minderheiten gegenüber eine tolerante Haltung. Mithilfe rigider Stadtplanung wurde versucht, die problematischen Effekte des starken Wachstums im Zaum zu halten. So war es ein kleines Wunder, dass diese "Weltmetropole im Sumpf" überhaupt gebaut werden konnte. Weil der Untergrund kein stabiles Fundament bietet, mussten für alle größeren Bauten Pfahlröste errichtet werden, für die die Niederlande regelmäßig große Fuhren von Bauholz aus dem Schwarzwald bezogen. Das prächtige Amsterdamer Rathaus, jetzt das holländische Königsschloss, steht auf einem unterirdischen Wald von 13659 Pfählen aus Schwarzwaldtannen.
Dominanz der Hauptstädte
Im Laufe des 17. Jahrhunderts schoben sich die Hauptstädte der beiden mächtigsten Nationalstaaten, London und Paris, an die Spitze der europäischen Städtehierarchie. Um 1700 lebten 500000 Menschen, über 11 Prozent der englischen Bevölkerung, in London, um 1550 waren es erst 2,5 Prozent gewesen.
In Paris war die gestalterische Rolle des Königtums ungleich stärker ausgeprägt als in London. In der Pariser Stadtgestaltung zeigen sich langfristige Großprojekte, wie etwa der Bau einer Königsachse vom Louvre bis hin zum Arc de Triomphe über die Champs Elysees, an der über 150 Jahre gearbeitet wurde.
Im Reich folgte im 17. und 18. Jahrhundert auf den Aufstieg der Hauptstädte ein relativer Bedeutungsverlust der Reichsstädte. Allerdings verlieh die Reformation im Binnenraum der Städte der städtischen Obrigkeit eine gesteigerte Bedeutung, denn in den mehrheitlich protestantischen Reichsstädten wurde der Rat nun auch religiöse Autorität; weil Klöster und Spitäler säkularisiert wurden, übernahm der Rat die Verantwortung für Armenfürsorge, Kranken- und Bildungswesen und sah sich damit für Wohl und Wehe der Bevölkerung noch umfassender zuständig als zuvor. Gleichzeitig entwickelte sich der Rat zu einer immer stärker gegen unten abgeschlossenen Hierarchie: Der Aufstieg aus der breiten Bevölkerung in die "ratsfähigen Geschlechter" wurde zur absoluten Ausnahme, und eine gewisse Erstarrung dieser kollektiven Herrschaft setzte ein.
Städte im Zeichen der Industrialisierung
Noch wichtiger für die physische Struktur der Städte und ihr Funktionieren als soziale Systeme wurde die Industrialisierung. Mit dem Einzug von Fabriken, Lagerhäusern und Bahnhöfen wurde die herkömmliche physische Struktur von Städten beseitigt, wo Gewerbe meist in das einzelne Haus – man arbeitete und wohnte unter einem Dach – integriert gewesen war. Die in Manchester entstehenden Viertel aus Lagerhäusern und Fabriken, fast ohne Wohnbevölkerung, prägten mit qualmenden Schloten ähnlich wie die ausgedehnten Arbeiterviertel das neue Bild der Industriestadt.
Um die Mitte des 19. Jahrhunderts waren die großen Metropolen London und Paris, aber auch viele Industriestädte in einer von Zeitgenossen als existenzbedrohend wahrgenommenen Krise. Als Antwort entwickelte sich zum einen in Großbritannien das sogenannte Public Health Movement, das eine systematische Verbesserung der gesundheitlichen Situation in den britischen Städten durch Einrichtung zentraler Wasserversorgungssysteme sowie Abfuhr der Fäkalien und Schmutzstoffe durch Kanalisation und Müllabfuhr vorsah. Ab 1848 wurde durch gesetzliche Maßnahmen sowie durch den aufwändigen Bau der Londoner Kanalisation dieses Programm in die Tat umgesetzt.
Gegen Ende des 19. Jahrhunderts wurde dann Deutschland, das seit den 1860er Jahren eine rasch fortschreitende Urbanisierung erlebte, international zum Vorbild für Stadtverwaltung und Stadttechnik, weil es dort gelang, das neue Paradigma der Leistungsverwaltung, ein auf umfassende Daseinsfürsorge der Stadtbewohner ausgerichtetes Leitbild, mit hohem professionellen Ethos der Verwaltungsbeamten und fortschrittlicher Technik zu koppeln. Zwischen 1880 und 1910 wurden die Gesundheitsbedingungen in deutschen Städten erheblich verbessert, moderne Beleuchtungs- und Energietechnologien wie Gas- und Elektrizitätsversorgung eingeführt und der übermäßig verdichtete Stadtverkehr durch Nahverkehrstechnologien wie die Elektrische Straßenbahn beschleunigt. Im Zuge einer "Vernetzung der Stadt" verwandelten sich die Städte in integrierte Stadtmaschinen, die den Stoffwechsel mit dem Umland technisch vermittelten, Wasser und Energie aus teilweise erheblicher Entfernung herantransportierten, in der Stadt bis in die einzelnen Haushalte verteilten, zugleich aber mittels Kanalisation die Schadstoffe des städtischen Stoffwechsels aus der Stadt entfernten und außerhalb entsorgten – vermeintlich unproblematisch für die Städter, aber natürlich keinesfalls für die natürliche Umwelt.
In rechtlicher Hinsicht hatten die meisten deutschen Städte Anfang des 19. Jahrhunderts ihren staatlichen Charakter verloren, sie erhielten lediglich das Recht einer lokalen Selbstverwaltung, ausgeübt durch eine ehrenamtlich agierende städtische Honoratiorenschicht. Mit dem Aufbau einer umfassenden Leistungsverwaltung für die Stadtbewohner änderte sich jedoch auch der rechtliche und verwaltungsmäßige Charakter der Städte; sie wurden nunmehr von Berufsbürgermeistern mit meist juristischer Ausbildung geleitet, die rasch einen größeren bürokratischen und professionalisierten Verwaltungsapparat aufbauten. Im Zuge dieser Professionalisierung trat das ehrenamtliche Element zurück; es etablierte sich immer stärker eine "Herrschaft der Experten", die von den im Stadtrat dominierenden Besitzbürgern formal kontrolliert wurden. Denn im Unterschied zum Reichstagswahlrecht wurde das kommunale Wahlrecht erst 1918 umfassend demokratisiert und das bis dahin vorherrschende, vermögende Einwohner begünstigende Dreiklassenwahlrecht beseitigt.
Die Einwohnerzahl vieler Städte, vor allem der Großstädte, explodierte in der Phase der Hochindustrialisierung ab den 1860er Jahren. So wuchs Hamburg von 290000 auf 931000 zwischen 1870/71 und 1910, Leipzig von 107000 auf 679000 Einwohner. Hatten zur Zeit der Reichsgründung erst knapp 5 Prozent der Reichsbevölkerung in Großstädten gelebt, so waren es 1910 bereits 21,3 Prozent, jeder fünfte Deutsche wohnte in einer Stadt mit über 100000 Einwohnern. Das Wachstum resultierte mehrheitlich aus einem Überschuss der Geborenen über die Gestorbenen, aber auch Wanderungen und Eingemeindungen trugen nennenswert dazu bei.
Auf dem Weg zur "nachhaltigen Stadt"
Um 1900 entwickelte sich ein internationaler Reformkonsens über die Notwendigkeit, die verdichteten Stadtzentren zu dezentralisieren, den alten, noch nicht mit moderner Sanitärtechnik ausgestatteten Wohnungsbestand zu ersetzen, insgesamt "Licht und Luft" in die Städte zu bringen. Eine wichtige Rolle als gestalterisches Leitbild spielte die in Großbritannien entstandene Idee einer "Garden City", meist als Durchgrünung und Auflockerung interpretiert. Das 20. Jahrhundert stand nach dem Ersten Weltkrieg zunächst im Zeichen einer stärkeren sozialen Verantwortung der Stadtverwaltungen, die im Rahmen einer gesamtstaatlichen Sozialpolitik Wohnungsbau und die Anlage von Sport- und Freizeitflächen zu ihrer Aufgabe machten.
In der DDR lag der Fokus der Stadtentwicklungspolitik zunächst im Einklang mit Moskauer Vorgaben auf dem Bau monumentaler Stadtachsen wie der Ostberliner Stalinallee zu Beginn der 1950er Jahre, die als Symbol des realsozialistischen Wiederaufbaus diente. Außerdem wurden im Zuge einer Strategie schwerindustrieller Autarkie neue Industriestädte wie Stalinstadt (heute Eisenhüttenstadt) oder Schwedt auf grüner Wiese errichtet.
Die Massenmotorisierung, die nach 1950 in den europäischen Städten einsetzte, veränderte mit dem Bau von Stadtautobahnen, Parkhäusern, Verkehrsanlagen, aber auch mit der schieren physischen Allgegenwart von Autos die Städte tiefgreifend. Das Bestreben vieler Stadtplaner und Gesellschaftspolitiker, eine durchgehend an das Auto angepasste und nach funktionalen Prinzipien gegliederte moderne Stadt zu schaffen, brach sich jedoch in den 1970er Jahren, als der lange Nachkriegsboom im Westen Europas zu Ende ging und erstmals wieder Massenarbeitslosigkeit auftrat, am Widerstand aktiver Minderheiten in den Städten, die sich gegen Kahlschlagsanierungen wehrten, Häuser besetzten und nachdrücklich Beteiligung an Stadtplanung und Stadtgestaltung einforderten. Symbolisches Datum für diese Veränderungen war das Europäische Denkmalschutzjahr 1975, das erstmals umfassend die Bedeutung von baulichem Erbe auch jenseits der klassischen Denkmäler ins Bewusstsein brachte.
Die neue Wertschätzung alter Stadtviertel und der Widerstand gegen eine zu weitgehende Ausrichtung auf das Auto stellte die bisher hegemonialen Leitbilder der Stadtplanung infrage. Die ökologische Wende und insbesondere die nach der UN-Konferenz für Umwelt und Entwicklung 1992 erhobene Forderung, Städte im Sinne der Nachhaltigkeit umzubauen und den Ressourcenverbrauch dauerhaft zu reduzieren, wirkte als weitere Herausforderung für die Muster der modernen Urbanisierung. Wenn Energiekonsum (fossiler Energie) als problematisch für das Weltklima erachtet wurde, machte dies zugleich die im Zuge der Vernetzung der Stadt entwickelten Problemlösungsmuster selbst zum Problem, denn jede Dezentralisierung durch Verkehr, jede weiträumige Ver- und Entsorgung benötigt zuerst einmal zusätzliche Energie. In dem Maße, wie Stadtplanung seit 1992 die Nachhaltigkeitspostulate aufnahm, kehrte sie die früher verfolgten Zielperspektiven um: An die Stelle von Dezentralisierung und Suburbanisierung trat Re-Urbanisierung, die Rückführung von Bevölkerung in die Stadtkerne; der städtische Nahraum wurde im Zeichen von Photovoltaik wieder als Raum der Energieerzeugung entdeckt und in der Verkehrspolitik gewann zunehmend, auch im Hinblick auf innerstädtische Luftverschmutzung, die Förderung öffentlicher Verkehrssysteme Priorität.
Der in den 1970er Jahren einsetzende Bewusstseinswandel veränderte auch die Wahrnehmung von und den Umgang mit den Stadtkernen, die einerseits wieder stärker ästhetisch aufgewertet wurden – in dem Maß, wie die Luftverschmutzung durch Kohlerauch zurückging, lohnte es sich auch wieder, die Hausfassaden zu verschönern –, andererseits zur Bühne bürgerschaftlichen Kultur- und Freizeitkonsums wurden. Wurden in den 1960er Jahren die Innenstädte als lebensfeindliche Umwelt begriffen – als der "wahre" Ort der Familie galt der Vorort mit Einfamilienhaus im Grünen –, so kehrte sich dies nunmehr um. Damit war auch eine stärkere Auseinandersetzung mit Stadt- und Stadtteilgeschichte verbunden, eine neue Aneignung der lokalen "Heimat". Die vielfältiger und bunter werdende Stadtgesellschaft erwies sich im Fall der Bundesrepublik, begünstigt durch wirtschaftliche Prosperität, als bemerkenswert aufnahmefähig für Migranten, wobei sich nach der Wiedervereinigung eine deutliche West-Ost-Differenz abzeichnete.
Im frühen 21. Jahrhundert präsentieren sich viele europäische Städte (wieder) als attraktive Lebenswelten, was die zum Teil horrenden Mieten in den Metropolen sinnfällig demonstrieren. Der ökologische Umbau der vielfältigen Stadttechnik hat eingesetzt, wobei die Bereitschaft der Stadtbevölkerung, dies durch Verhaltenswandel langfristig zu unterstützen, vorhanden, aber im Detail unterschiedlich stark ausgeprägt ist. Neben Konsum in Bioläden um die Ecke und zunehmendem Fahrradverkehr stehen die ungebrochene Popularität spritfressender SUVs oder der starke Drang, in Großeinkaufszentren an der städtischen Peripherie oder im Internet günstig einzukaufen. Zudem erweist es sich, etwa mit Blick auf die Energiewende, dass das über 150 Jahre gewachsene Netz an städtischen wie auch überregionalen Infrastrukturen sich nicht kurzfristig radikal umbauen lässt; dazu sind die geschaffenen materiellen und immateriellen Pfadabhängigkeiten zu wirkungsmächtig.
Das nachdrückliche Beharren auf Partizipation seitens handlungsfähiger und beteiligungserprobter Gruppen in den Städten gibt allerdings Anlass zur Hoffnung, wenn etwa in neuartigen Wohnungsbauprojekten wie den Bauherren-Gemeinschaften sozial wie ökologisch erfolgreich neue Wege beschritten werden oder wenn in der Verkehrspolitik umweltfreundlichen Verkehrsmitteln wie dem Fahrrad, dem ÖPNV oder der E-Mobilität systematisch höhere Priorität eingeräumt wird.