Durch Neufunde und neue Bewertungen bereits bekannter Ölvorkommen nahmen – parallel zum steigenden Ölverbrauch – die Erdöl-Reserven seit 1980 um rund 150 Prozent zu. Zum Beispiel können in Zeiten hoher Rohstoffpreise teure Fördertechniken zum Einsatz kommen und entsprechend den Reservebestand erhöhen. So sind unter den drei Staaten mit den höchsten Erdöl-Reserven mit Venezuela und Kanada (Rang 1 und 3) zwei Staaten, deren Reserven oft nur unter hohem Aufwand gefördert werden können. Hingegen kann in Saudi-Arabien – als Teil des ölreichen Mittleren Ostens (47,7 Prozent der weltweiten Reserven) – ganz überwiegend mit konventionellen Methoden gefördert werden.
Fakten
Nach Angaben des Energiekonzerns British Petroleum (BP) erhöhten sich die weltweiten Erdöl-Reserven zwischen 1980 und 2014 von 683 auf 1.700 Milliarden Barrel. Obwohl der tägliche Ölverbrauch parallel von 61 auf 92 Millionen Barrel zunahm (plus 50,4 Prozent), reduzierten sich die Erdöl-Reserven im gesamten Zeitraum von 1980 bis 2014 lediglich zweimal (1997/1998 um 19,6 Mrd. Barrel und 2013/2014 um 0,9 Mrd. Barrel).
Die Steigerung der Erdöl-Reserven ist dabei sowohl auf Neufunde als auch auf Neubewertungen zurückzuführen. Neubewertungen erfolgen insbesondere dann, wenn durch neue Techniken bekannte, aber bisher nicht zu fördernde Ressourcen gefördert werden können oder wenn steigende Ölpreise den Einsatz teurer Techniken ermöglichen – und damit zum Beispiel auch nicht-konventionelles Erdöl, wie Ölsand oder Erdöl aus dichten Gesteinen, gefördert werden kann. Bei den Neufunden handelt es sich häufig um Funde in der Nähe bereits bekannter Ölvorkommen. In diesem Zusammenhang stellte die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) in einer 2009 veröffentlichten Studie fest: Werden die Zuwächse bei bereits entdeckten Lagerstätten auf das jeweilige Fundjahr zurückdatiert ('Back Dating'), dann nehmen die Meldungen von Neufunden seit Anfang der 1960er-Jahre insgesamt ab.
Die weltweiten Erdöl-Reserven sind sehr ungleich verteilt. So lag der Anteil des Mittleren Ostens an den weltweiten Reserven im Jahr 2014 bei 47,7 Prozent. Mit großem Abstand folgten Mittel- und Südamerika mit 19,4 Prozent, Nordamerika mit 13,7 Prozent sowie Europa und Eurasien mit einem Anteil von 9,1 Prozent. Afrika (7,6 Prozent) und Asien-Pazifik (2,5 Prozent) waren die beiden Regionen mit dem niedrigsten Anteil an den Ölreserven.
Bezogen auf die einzelnen Staaten ist Venezuela seit 2010 der Staat mit dem höchsten Anteil an den weltweiten Erdöl-Reserven – noch vor Saudi-Arabien (2014: 17,5 gegenüber 15,7 Prozent). Diese Entwicklung ist vor allem auf die Neubewertung der Ölvorkommnisse im Orinoco-Gürtel zurückzuführen. Ebenso steht Kanada bei den Reserven an dritter Stelle (2014: 10,2 Prozent), weil – im Gegensatz zu früheren BP-Berichten – auch die Ölsand-Vorkommen Kanadas zu den Reserven gezählt werden. Es folgten Iran (9,3 Prozent), Irak (8,8 Prozent), Russland (6,1 Prozent), Kuwait (6,0 Prozent), die Vereinigten Arabischen Emirate (5,8 Prozent), die USA (2,9 Prozent), Libyen (2,8 Prozent) sowie Nigeria (2,2 Prozent).
Werden die Erdöl-Reserven des Jahres 2014 in Beziehung zum Verbrauch desselben Jahres gesetzt, dauert es unter sonst gleichbleibenden Bedingungen und ohne Neufunde beziehungsweise Neubewertungen noch 50,6 Jahre bis die Reserven komplett aufgebraucht sind. 1980 lag dieser Wert noch genau zwanzig Jahre niedriger. Zusätzliche Ölfunde sowie technische und wirtschaftliche Neubewertungen haben den Wert bis 1987 auf 41,3 Jahre steigen lassen – diese Marke wurde seitdem nicht mehr unterschritten.
Könnten die einzelnen Regionen ausschließlich auf die eigenen Reserven des Jahres 2014 zurückgreifen, würde es – ausgehend von dem Verbrauch des Jahres 2014 – keine 4 Jahre dauern, bis ganz Asien-Pazifik ohne Öl auskommen müsste (3,8 Jahre). In Nordamerika wären es 27,3 Jahre, in der Region Europa und Eurasien 23,2 Jahre – die EU käme dabei allerdings nur ein gutes Jahr mit ihren Reserven aus (1,3 Jahre). Im Mittelfeld lagen im Jahr 2014 Afrika mit 93,2 Jahren sowie Mittel- und Südamerika mit 127,0 Jahren. Lediglich der ölreiche Mittlere Osten müsste erst in gut 255 Jahren unabhängig vom Öl sein (255,1 Jahre).
Begriffe, methodische Anmerkungen oder Lesehilfen
Zu den Erdöl-Reserven zählen die nachgewiesenen Vorkommen, die unter den derzeitigen wirtschaftlichen und technischen Bedingungen künftig gefördert werden können.
Von den Reserven sind grundsätzlich die Ressourcen zu unterscheiden. Ressourcen sind zum einen die nachgewiesenen, aber derzeit technisch und/oder wirtschaftlich nicht gewinnbaren Mengen an Energierohstoffen, zum anderen die nicht nachgewiesenen, aber geologisch möglichen, künftig gewinnbaren Mengen an Energierohstoffen.
Erdöl ist ein natürlich vorkommendes Gemisch aus flüssigen Kohlenwasserstoffen. Die bei der Erdgasförderung anfallenden flüssigen Kohlenwasserstoffe wie Natural Gas Liquids (NGL) und Kondensate werden der Erdölförderung zugerechnet. Konventionelles Erdöl ist vergleichsweise flüssig und kann mit relativ einfachen Methoden (Eigendruck, Hochpumpen, Fluten mit Wasser oder Einpressen von Wasser bzw. Gasen) gefördert werden. Nicht-konventionelles Erdöl (darunter Schwerstöl, Ölsand, Erdöl aus dichten Gesteinen, Ölschiefer) kann nicht mit "klassischen" Methoden gefördert werden und ist oft nur bedingt oder nicht fließfähig.
Die von BP veröffentlichten Angaben zu den Ölsand-Vorkommen Kanadas, die aktiv erschlossen werden, sind offizielle Schätzungen. Die Angaben zu den Reserven Venezuelas im Orinoco-Gürtel basieren auf Angaben der Regierung und des OPEC-Sekretariats.
Informationen zur Endlichkeit des Rohstoffs Erdöl finden Sie
OPEC – Organization of the Petroleum Exporting Countries (Organisation erdölexportierender Länder)
OECD – Organisation for Economic Co-operation and Development (Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung)
Eine (metrische) Tonne Rohöl entspricht 7,33 Barrel.