Im Jahr 2023 galt rund jede sechste Person in Deutschland als armutsgefährdet: 16,6 Prozent der Bevölkerung bezogen ein Einkommen, das weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens entsprach.
Ohne die umverteilende Wirkung von Sozialleistungen wäre sogar jede vierte Person in Deutschland armutsgefährdet.
Überdurchschnittlich häufig sind Erwerbslose betroffen – gut die Hälfte war 2023 armutsgefährdet.
Ebenso besteht bei Alleinerziehenden und bei Personen mit niedrigem Bildungsstand ein auffällig hohes Armutsrisiko.
Fakten
Im Jahr 2023 waren in Deutschland 16,6 Prozent der Bevölkerung armutsgefährdet. Laut Mikrozensus lag dabei der Schwellenwert für Armutsgefährdung in Deutschland für Alleinlebende bei 1.247 Euro pro Monat. Zwei Erwachsene mit zwei Kindern unter 14 Jahren waren armutsgefährdet, wenn sie zusammen und nach Einbeziehung staatlicher Transferleistungen ein Einkommen von weniger als 2.620 Euro pro Monat zur Verfügung hatten. Bei Alleinerziehenden mit einem Kind unter 14 Jahren lag die Armutsgefährdungsschwelle im Jahr 2023 bei 1.622 Euro, bei zwei Erwachsenen ohne Kinder bei 1.871 Euro.
Nach den Erstergebnissen des Mikrozensus bestehen bei der Armutsgefährdung deutliche Unterschiede zwischen den Altersgruppen. Wie bei allen Erhebungen seit 2005 war die Armutsgefährdungsquote der 18- bis unter 25-Jährigen auch 2023 am höchsten: Mit 25,0 Prozent war genau ein Viertel dieser Altersgruppe armutsgefährdet. An zweiter Stelle standen – wie bei vorangehenden Erhebungen – die unter 18-Jährigen mit 20,7 Prozent. Bei den 25- bis unter 50-Jährigen bzw. bei den 50- bis unter 65-Jährigen lag die Armutsgefährdungsquote im Jahr 2023 bei 14,2 bzw. 12,5 Prozent. Die Armutsgefährdung der 65-Jährigen und Älteren hat sich insgesamt von 11,0 Prozent im Jahr 2005 auf 18,1 Prozent im Jahr 2023 erhöht.
Am stärksten erhöht Erwerbslosigkeit die Armutsgefährdung. 2023 waren 50,7 Prozent aller Erwerbslosen in Deutschland armutsgefährdet. Bei den Erwerbstätigen waren es im selben Jahr lediglich 8,2 Prozent. Die Armutsgefährdung von Personen im Ruhestand lag mit 18,7 Prozent etwas über dem Wert der Gesamtbevölkerung.
Auch der Bildungsabschluss hat Auswirkungen auf die Armutsgefährdung. So lebten im Jahr 2023 lediglich 7,6 Prozent der Personen mit einem hohen Bildungsstand in Armut (Personen im Alter von 25 Jahren und älter / Bildungsstand nach der Klassifikation ISCED – International Standard Classification of Education). Bei Personen mit einem mittleren Bildungsstand waren es im selben Jahr 13,2 Prozent. Schließlich lag die Armutsgefährdungsquote der Personen mit niedrigem Bildungsstand im Jahr 2023 bei 31,5 Prozent. Der Zusammenhang zwischen niedrigem Bildungsstand und hohem Armutsrisiko ist nicht nur bei allen Erhebungen seit 2005 festzustellen, sondern der Unterschied zu den Personen mit mittlerem bzw. hohem Bildungsstand hat sich dabei insgesamt deutlich erhöht.
Im Jahr 2023 waren 41,0 Prozent aller Personen in Haushalten von Alleinerziehenden armutsgefährdet – das entsprach in etwa dem Mittelwert der Jahre 2005 bis 2020. Überdurchschnittlich hoch waren im Jahr 2023 auch die Armutsgefährdungsquoten der Haushalte von zwei Erwachsenen mit drei oder mehr Kindern (30,1 Prozent) sowie die der Einpersonenhaushalte (28,1 Prozent). Deutlich unter dem Durchschnitt lagen hingegen die Quoten der Haushalte von zwei Erwachsenen ohne Kind (9,0 Prozent), mit einem Kind (8,1 Prozent) oder mit zwei Kindern (10,4 Prozent).
Begriffe, methodische Anmerkungen oder Lesehilfen
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Die Armutsgefährdungsquote gibt an, wie hoch der Anteil der armutsgefährdeten Personen an einer Gesamtgruppe ist. Als armutsgefährdet gelten Personen, deren Einkommen weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens beträgt. Dabei berücksichtigt die Einkommensberechnung sowohl die unterschiedlichen Haushaltsstrukturen als auch die Einspareffekte, die durch das Zusammenleben – durch gemeinsam genutzten Wohnraum, beim Energieverbrauch pro Kopf oder bei Haushaltsanschaffungen – entstehen. Die Einkommen werden also gewichtet.
Zur Ermittlung des Einkommens wird zunächst das von allen Haushaltsmitgliedern tatsächlich erzielte Haushaltseinkommen zusammengefasst. Dieses setzt sich zusammen aus dem Einkommen aus selbstständiger und unselbstständiger Erwerbstätigkeit, dem Einkommen aus Vermögen, Renten und Pensionen sowie empfangenen laufenden Sozialtransfers – wie zum Beispiel Arbeitslosengeld, Sozialhilfe oder Kindergeld. Direkte Steuern und Sozialbeiträge werden abgezogen.
Anschließend wird das verfügbare Einkommen gewichtet bzw. das sogenannte Äquivalenzeinkommen ermittelt. Dazu wird das verfügbare Haushaltseinkommen unter Berücksichtigung eines Gewichtungsschlüssels (Äquivalenzskala) geteilt. Die Äquivalenzskala weist dabei der ersten erwachsenen Person stets das Gewicht 1 zu. Weitere Erwachsene und Kinder ab 14 Jahren erhalten das Gewicht 0,5, Kinder unter 14 Jahren das Gewicht 0,3.
Ein Beispiel: Eine Familie mit zwei Erwachsenen und zwei Kindern unter 14 Jahren hat nach der Äquivalenzskala das Gesamtgewicht 2,1 (1 plus 0,5 plus 0,3 plus 0,3). Zu Berechnung des Äquivalenzeinkommens muss das verfügbare Haushaltseinkommen demnach durch 2,1 – und nicht durch die Anzahl der Personen – geteilt werden. Bei einem verfügbaren Haushaltseinkommen von beispielsweise 2.100 Euro hat jedes der vier Haushaltsmitglieder ein Äquivalenzeinkommen von 1.000 Euro.
Um das mittlere Einkommen zu berechnen, wird der Median (Zentralwert) verwendet. Dabei werden hier alle Personen ihrem gewichteten Einkommen nach aufsteigend sortiert. Der Median ist der Einkommenswert derjenigen Person, die die Bevölkerung in genau zwei Hälften teilt. Das heißt, die eine Hälfte hat ein höheres, die andere ein niedrigeres gewichtetes Einkommen. 60 Prozent dieses Medianwertes stellen die Armutsgefährdungsgrenze dar.
Ausgewählte Armutsgefährdungsquoten
In Prozent, 2023
Armutsgefährdungsquoten 1 nach Sozialleistungen | |
---|---|
Bevölkerung insgesamt | 16,6 |
Männer | 15,5 |
Frauen | 17,6 |
unter 18-Jährige | 20,7 |
18- bis unter 25-Jährige | 25,0 |
25- bis unter 50-Jährige | 14,2 |
50- bis unter 65-Jährige | 12,5 |
65-Jährige und Ältere | 18,1 |
Erwerbstätige 2 | 8,2 |
Erwerbslose 2 | 50,7 |
Personen im Ruhestand 3 | 18,7 |
hoher Bildungsstand 4 | 7,6 |
mittlerer Bildungsstand 4 | 13,2 |
niedriger Bildungsstand 4 | 31,5 |
Personen mit Migrationshintergrund 5 | 27,7 |
Personen ohne Migrationshintergrund 5 | 11,9 |
ohne deutsche Staatsangehörigkeit | 35,5 |
mit deutscher Staatsangehörigkeit | 13,3 |
Einpersonenhaushalt | 28,1 |
2 Erwachsene ohne Kind 6 | 9,0 |
2 Erwachsene und 1 Kind 6 | 8,1 |
2 Erwachsene und 2 Kinder 6 | 10,4 |
2 Erwachsene und 3 oder mehr Kinder6 | 30,1 |
1 Erwachsene mit Kind(ern)6 | 41,0 |
Ostdeutschland | 17,7 |
Westdeutschland | 16,3 |
Armutsgefährdungs- quoten 7 vor/nach Sozialleistungen | |
insgesamt | 24,7 / 14,4 |
unter 18-Jährige | 33,6 / 14,0 |
18- bis unter 65-Jährige | 23,3 / 13,2 |
65-Jährige und Ältere | 21,6 / 18,4 |
Fußnote: 1 Berechnungsgrundlagen: 60%-Median, modifizierte OECD-Skala. Erstergebnisse des Mikrozensus 2023.
Fußnote: 2 Nach dem Labour-Force-Konzept der International Labour Organization (ILO).
Fußnote: 3 Nichterwerbspersonen mit Bezug einer eigenen (Versicherten-) Rente bzw. Pension und Personen im Alter von 65 Jahren und älter mit überwiegendem Lebensunterhalt aus einer Hinterbliebenenrente, -pension.
Fußnote: 4 Personen im Alter von 25 Jahren und älter. Bildungsstand nach der Klassifikation ISCED (International Standard Classification of Education).
Fußnote: 5 Eine Person hat einen Migrationshintergrund, wenn sie selbst oder mindestens ein Elternteil die deutsche Staatsangehörigkeit nicht durch Geburt besitzt.
Fußnote: 6 Zu den Kindern zählen Personen im Alter von unter 18 Jahren ohne Lebenspartner/-in und eigene Kinder im Haushalt.
Fußnote: 7 Abweichende Datenquelle: EU-SILC (Mikrozensus-Unterstichprobe zu Einkommen und Lebensbedingungen).
Quelle: Statistisches Bundesamt: Mikrozensus