Auch zivilgesellschaftliche Akteure organisieren sich im Zuge der Globalisierung grenzüberschreitend und nehmen Einfluss auf die globale Politik. Die Akteure sind Initiativen, Vereine und Organisationen, die weder dem Staat oder Markt noch rein der Privatsphäre zugeordnet werden können. Auf globaler Ebene erhöhen international vernetzte Nicht-Regierungsorganisationen (NGOs) das Gewicht der Zivilgesellschaft und bringen Themen wie Umweltschutz, soziale Gerechtigkeit und Menschenrechte zur Sprache. Die ersten Vorläufer der NGOs finden sich bereits im 19. Jahrhundert. Vom Ende des Zweiten Weltkriegs bis zu Beginn der 1980er-Jahre stieg die Zahl der NGOs kontinuierlich und stagnierte dann kurz. Von 1991 bis 2015 erhöhte sich die Anzahl der NGOs wiederum stetig von 4.620 auf 8.976 – auch weil ihre Bedeutung durch Mitarbeit, Expertise und Lobbytätigkeit weiter zugenommen hat.
Fakten
Im Zuge der Globalisierung organisieren sich auch zivilgesellschaftliche Akteure grenzüberschreitend und nehmen Einfluss auf die globale Politik. Zur globalen Zivilgesellschaft gehören gemeinnützige Initiativen, Vereine und Organisationen, die weder dem Staat oder Markt noch rein der Privatsphäre zugeordnet werden können. Die Zivilgesellschaft beruht auf verschiedenen Formen des kollektiven Handelns im öffentlichen Raum, "zwischen" den etablierten Institutionen und dem privaten Bereich. Die Zivilgesellschaft wird deswegen auch als intermediärer oder Dritter Sektor bezeichnet.
Der Zivilgesellschaft kommt im Rahmen der Global Governance-Ansätze, also dem Regieren im globalen Mehrebenensystem, eine wichtige Bedeutung zu. Die Hauptakteure sind dabei international vernetzte Nicht-Regierungsorganisationen (NGOs – Non-Governmental Organizations), die beispielsweise in den Bereichen Umwelt- und Sozialstandards, Menschenrechte, Entwicklungspolitik, Korruptionsbekämpfung, Klimawandel oder beim Kampf gegen Infektionskrankheiten aktiv sind.
Auf globaler Ebene existieren für die NGOs prinzipiell drei Ansätze, um auf die politische Agenda Einfluss zu nehmen: Erstens betätigen sie sich als Lobbyisten, zum Beispiel durch Kampagnen, Protestaktionen oder informelle Lobbytätigkeit. Zweitens nehmen sie an Verhandlungen teil, bei denen es um die Entwicklung globaler Standards und Normen geht (Verhandlungsnetzwerke). Hier sind sie unmittelbar an politischen Entscheidungsprozessen beteiligt. Drittens stellen sie als Dienstleister und Experten ihre Ressourcen zur Verfügung (Monitoring-, Koordinations- und Beratungsnetzwerke).
Die ersten Vorläufer der NGOs finden sich im 19. Jahrhundert. 1839 wurde die erste Menschenrechtsorganisation, die Anti-Slavery Society, die sich für eine weltweite Abschaffung der Sklaverei einsetzt, gegründet. Mit dem Internationalen Komitee vom Roten Kreuz gründete sich 1863 die erste humanitäre Organisation der Welt. Die Bezeichnung NGO hat sich jedoch erst seit 1945 durchgesetzt.
Vom Ende des Zweiten Weltkriegs bis zu Beginn der 1980er-Jahre stieg die Zahl der NGOs kontinuierlich. Während die Union of International Associations (UIA) im Jahr 1951 lediglich 832 NGOs registrierte, waren es 1972 bereits 2.173. In den 1980er-Jahren stagnierte die Zahl der NGOs und lag bei rund 4.500.
Das Ende der Blockkonfrontation und die damit einhergehende Neugestaltung der internationalen Politik ließ die Zahl der NGOs rasant ansteigen. Insbesondere die Weltkonferenzen der Vereinten Nationen (UN), beginnend mit der Konferenz über Umwelt und Entwicklung (UNCED) im Jahre 1992 in Rio de Janeiro, führten zu einer neuen Stellung und Akzeptanz der NGOs. Auch aufgrund ihrer steigenden Bedeutung durch Mitarbeit, Expertise und Lobbytätigkeit erhöhte sich die Anzahl der NGOs von 1991 bis 2015 kontinuierlich von 4.620 auf 8.976.
Auch wenn NGOs keiner politischen Partei zuzuordnen sind und sie für sich in Anspruch nehmen, allgemeine Gesellschaftsinteressen zu vertreten, gibt es dennoch Kritik an einer zu starken Stellung der NGOs: So können die Defizite bei der Legitimation globaler Politik nicht hinreichend durch NGOs ausgeglichen werden, da diese ebenfalls nicht demokratisch legitimiert sind. Selbst die NGOs, die sich für mehr Demokratie auf globaler Ebene einsetzen, sind nicht gewählt und damit nicht ermächtigt, im Namen des Volkes zu agieren. Zudem sind NGOs auch intern nicht immer demokratisch strukturiert und ihre Spendenabhängigkeit kann in Widerspruch zu ihrer Glaubwürdigkeit stehen.
Begriffe, methodische Anmerkungen oder Lesehilfen
Bisher konnte sich weder in der öffentlichen Diskussion noch in der Fachwelt eine einheitliche Definition des NGO-Begriffs durchsetzen. Generell sind unter dem Begriff alle internationalen Organisationen zu verstehen, die nicht durch ein öffentliches Mandat legitimiert sind. Wird der Begriff NGO breiter gefasst und werden alle privaten Akteure und Interessengruppen – also internationale Gewerkschaften, Wirtschaftsverbände, Verbände von wissenschaftlichen Einrichtungen, Wohlfahrtsverbände, Hilfsorganisationen, Stiftungen, Kirchen, Selbsthilfegruppen und Bürgerinitiativen – mit einbezogen, steigt die Zahl der NGOs auf gut 25.000 im Jahr 2015.
Während beispielsweise die UN eine breite Definition verwendet, richten sich die hier gemachten Angaben nach der Definition der Union of International Associations (UIA), die einen umfassenden Kriterienkatalog für die von ihr registrierten NGOs erstellt hat. Danach müssen NGOs
auf private Initiative gegründet werden,
unabhängig – vor allem von staatlicher Einflussnahme – sein,
eine internationale Mitgliedschaft vorweisen,
ihre finanziellen Mittel aus mindestens drei Ländern beziehen,
in mindestens drei Staaten tätig sein,
über einen Wahlmechanismus für das Leistungsgremium verfügen sowie
einen Hauptsitz und einen festen Mitarbeiterstab nachweisen.