In der Vergangenheit war für Deutschland die Kontrolle von Unternehmen durch Mehrheitsaktionäre oder mehrere Großaktionäre typisch. Zudem handelte es sich bei diesen Großaktionären häufig um andere deutsche Unternehmen. Die Aktionärsstruktur der 30 im DAX gelisteten Aktiengesellschaften zeigt heute ein anderes Bild: Ende 2016 lag der durchschnittliche Auslandsbesitzanteil bei 54,0 Prozent (2001: 35,5 Prozent). Bei vier Unternehmen lag der Wert sogar bei mehr als 70 Prozent. Ein Grund für die insgesamt hohen Auslandsbesitzanteile bei den DAX-Unternehmen ist die vergleichsweise geringe Neigung der deutschen Bevölkerung, Geld in Aktien oder Aktienfonds anzulegen.
Fakten
Die Aktionärsstruktur von DAX-Unternehmen hat sich seit der im Jahr 2002 in Kraft getretenen Änderung des Körperschaftssteuergesetzes, durch die eine Steuerbefreiung für die Veräußerung von Unternehmensbeteiligungen eingeführt wurde, deutlich gewandelt. In der Vergangenheit war für Deutschland die Kontrolle von Unternehmen durch Mehrheitsaktionäre oder mehrere Großaktionäre typisch. Bei diesen Großaktionären handelte es sich häufig um andere deutsche Unternehmen, weshalb auch die Bezeichnung 'Deutschland AG' für ein gegenüber ausländischen Investoren abgeschottetes System der Unternehmenskontrolle geläufig wurde.
Die Aktionärsstruktur der 30 im DAX gelisteten Aktiengesellschaften zeigt heute ein anderes Bild. Von einer Abschottung der Unternehmen gegenüber ausländischen Investoren kann keine Rede mehr sein. Ende 2016 lag der durchschnittliche Auslandsbesitzanteil bei 54,0 Prozent. Im Jahr 2001 lag dieser Wert noch bei 35,5 Prozent. Bei vier Unternehmen sind mehr als 70 Prozent der ausgegebenen Aktien in ausländischer Hand (Infineon, Deutsche Börse, Adidas, Bayer), mehrheitlich im Besitz ausländischer Aktionäre befinden sich 18 Unternehmen. Den geringsten Anteil ausländischer Aktionäre weisen die Unternehmen Henkel und Lufthansa auf, wo sich 26 bzw. 30 Prozent der Aktien im Besitz ausländischer Anleger befinden.
Der Großteil der DAX-Aktien ist im Besitz von sogenannten institutionellen Investoren, zu denen Pensions- und Investmentfonds, Versicherungen und Kreditinstitute gezählt werden. Sie hielten 2016 im Schnitt 60,8 Prozent aller Aktien der DAX-Unternehmen. Privatanleger sind im Anlegerkreis der DAX-Unternehmen hingegen nur mit durchschnittlich 14,0 Prozent vertreten. 11,2 Prozent aller Aktien sind im Besitz von Investorenfamilien und Stiftungen, während das Engagement des Bundes mit 3,4 Prozent von vergleichsweise untergeordneter Bedeutung ist. Größter institutioneller Investor im DAX war im Jahr 2016 die BlackRock Investorengruppe, mit einem Anteil von 10,2 Prozent am institutionellen Streubesitz des DAX, gefolgt von der Vanguard Gruppe mit 4,1 Prozent.
Die veränderte Aktionärsstruktur bei den DAX-Unternehmen wird teilweise kritisch bewertet, da die in den Eigentümerkreis eingerückten institutionellen Investoren im Vergleich zu den strategischen Investoren früherer Jahre in der Regel einen deutlich kurzfristigeren Anlagehorizont haben. Die hohe Streuung des Eigentums macht die DAX-Unternehmen auch potentiell anfällig für Unternehmensübernahmen. Aufgrund der Befürchtung, ausländische Staatsfonds könnten dies in nicht wünschenswerter Weise ausnutzen, wurde im Jahr 2009 das Außenwirtschaftsgesetz und die Außenwirtschaftsverordnung dahingehend abgeändert, dass das Bundeswirtschaftsministerium den Erwerb deutscher Unternehmen durch Investoren aus Ländern außerhalb des europäischen Wirtschaftsraumes im Hinblick auf eine mögliche Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit prüfen kann. Bislang ist die Beteiligung von Staatsfonds an DAX-Unternehmen allerdings vergleichsweise gering geblieben. Der größte Investor ist der Staatsfonds Norwegens mit einem Anteil von rund 4 Prozent am institutionellen Streubesitz 2016, gefolgt von China SAFE mit 1,7 Prozent und der Qatar Investment Authority mit 0,6 Prozent.
Ein Grund für die insgesamt hohen Auslandsbesitzanteile bei den DAX-Unternehmen ist die vergleichsweise geringe Neigung der deutschen Bevölkerung, Geld in Aktien oder Aktienfonds anzulegen. Seit dem Jahr 2001, in dem noch 12,9 Millionen Personen an den Aktienmärkten engagiert waren, hat sich die Zahl auf 9,0 Millionen Aktionäre im Jahr 2015 reduziert. Nach Einschätzung der Wirtschaftspresse lässt sich die deutsche Bevölkerung mit dieser Zurückhaltung Renditemöglichkeiten entgehen.
Begriffe, methodische Anmerkungen oder Lesehilfen
Der DAX ist der wichtigste deutsche Aktienindex. Er misst die Entwicklung der 30 größten und umsatzstärksten Unternehmen am deutschen Aktienmarkt – bezogen auf die Streubesitz-Marktkapitalisierung und den Orderbuchumsatz. Die Zusammensetzung des DAX hat sich mehrfach geändert, sodass sich die Angaben nicht immer auf dieselben 30 Unternehmen beziehen.
Unter Streubesitz wird der Aktienanteil einer Aktiengesellschaft verstanden, der sich nicht in festen Händen befindet, also über den Markt handelbar ist (free float). Nach Definition der Deutsche Börse AG werden alle Aktienpakete unter fünf Prozent dem Streubesitz zugerechnet. Alle Anteile, die von Vermögensverwaltern, Fonds, Kapitalanlagegesellschaften, Treuhand- und Pensionsgesellschaften gehalten werden, gehören definitionsgemäß ebenfalls zum Streubesitz, da bei ihnen eine jederzeitige Handelbarkeit unterstellt wird. Im Jahr 2016 standen 83 Prozent der Aktien der deutschen DAX-Unternehmen dem freien Handel an der Börse zur Verfügung.
Der Auslandsbesitzanteil wird tendenziell unterschätzt, da sich bei einigen DAX-Unternehmen nicht alle Aktien eindeutig einer Region zuordnen lassen. Daher handelt es sich bei den angegebenen Prozentwerten um Mindestangaben, die jedoch höher sein können.