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Wahlergebnisse und Wählerschaft der LINKEN

Frank Decker

/ 4 Minuten zu lesen

In den neuen Ländern ist DIE LINKE bei Wahlen überdurchschnittlich erfolgreich. Mit der Fusion verschob sich die Wählerstruktur zugunsten der Arbeiter und einkommensschwachen Bevölkerungsteile.

Bodo Ramelow mit seiner Frau auf der Wahlparty seiner Partei nach der Landtagswahl in Thüringen 2019. Die Übernahme des Ministerpräsidentenamtes in Thüringen 2014 konnte die Abwanderung der Wähler zur AfD bei den Landtagswahlen in Osten noch überdecken. (© picture-alliance/dpa)

Wahlergebnisse

Die Linke konnte sich im deutschen Parteiensystem erst mit ihrer faktischen Westausdehnung sicher etablieren. Ihre Wähleranteile liegen in den fünf neuen Ländern und Ost-Berlin zwar rund dreimal so hoch wie in den alten. Berücksichtigt man die Bevölkerungsrelationen, haben sich die Gewichte seit der Fusion mit der WASG aber zunehmend in den Westen verschoben. Entfielen bei der Bundestagswahl 2005 45,5 Prozent der Stimmen der Partei auf die alten Bundesländer (einschließlich West-Berlins), waren es beim Rekordergebnis 2009 bereits 57,7 Prozent. 2017 gingen fast zwei Drittel der Stimmen (65,4 Prozent) auf das Konto des Westens, wo die Partei gegenüber 2013 zulegen konnte, während sie im Osten massiv Stimmen an die AfD verlor. 2021 war der starke Einbruch (minus 4,3 Prozentpunkte gegenüber 2017) vor allem den Abwanderungen in Richtung SPD und Grüne geschuldet, wobei die Verluste prozentual betrachtet im Westen höher ausfielen als im Osten.

In allen Landtagen der neuen Länder und Berlin seit 1990 ständig vertreten, gelang der Linken 2007 in Bremen erstmals der Sprung in ein westdeutsches Landesparlament. Dort, in Hamburg und in Hessen ist sie seit dem Zusammenschluss mit der WASG in der Landespolitik eine feste Größe; bis zu ihrem Wahldesaster 2022 galt das auch für das Saarland. In Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein und Niedersachsen verfehlte sie dagegen den Wiedereinzug in die Parlamente, während sie in Bayern, Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz bisher stets unterhalb der Fünfprozenthürde blieb.

In den neuen Ländern, wo sich die Stimmenanteile der vormaligen PDS bei den "Gründungswahlen" 1990 noch zwischen 10 (Landtagswahl in Thüringen, Volkskammerwahl) und etwas über 15 Prozent (Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern) bewegt hatten, machte sie ab 1994 einen großen Sprung nach vorne. Dabei kam es zu einer Zweiteilung zwischen dem Norden und Süden. In Mecklenburg-Vorpommern, Berlin und Brandenburg, wo die SPD als stärkste Partei zu Koalitionen mit der Linken bereit war, führte deren Regierungsbeteiligung zu deutlichen Einbußen in der Wählergunst, sodass die Postkommunisten hier hinter der CDU nur drittstärkste Kraft blieben. In den CDU-dominierten Ländern Sachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt gelang es ihnen dagegen schon 1999 bzw. 2002, als Oppositionspartei die SPD zu überflügeln und seither den zweiten Platz im Parteiensystem einzunehmen. Auch bei den Wahlen auf nationaler Ebene (Bundestags- und Europawahlen) lag die Linke von 2009 bis 2017 in Ostdeutschland vor den Sozialdemokraten.

Gefährdet wurde die bis dahin stabile Position seit 2013 durch die Konkurrenz der AfD. Konnten der Wahlerfolg und die Übernahme des Ministerpräsidentenamtes in Thüringen die Abwanderung eigener Wähler zur AfD bei den Landtagswahlen in Osten 2014 noch überdecken, erlebte die Partei 2016 in Sachsen-Anhalt und in Mecklenburg-Vorpommern ein Debakel, als die Rechtspopulisten sie aus dem Stand als zweit- bzw. drittstärkste Kraft verdrängten. Ähnlich hohe Einbußen erlitt die Linke bei den Landtagswahlen 2019 in Brandenburg und in Sachsen. Dort kam sie jeweils nur knapp über 10 Prozent, während sie in Thüringen dank der hohen Popularität des von ihr gestellten Ministerpräsidenten Bodo Ramelow entgegen dem ostdeutschen Trend auf Platz eins blieb und ihr gutes Ergebnis von 2014 sogar übertraf (träger 2020: 175 ff.).

Bei den zehn Landtagswahlen, die 2021 und 2022 stattfanden, musste die Linke mit einer Ausnahme (Baden-Württemberg 2021) genauso wie bei der Bundestagswahl starke Verluste hinnehmen. In Ostdeutschland steht sie heute nur noch in Thüringen auf Platz eins, in den anderen Ländern ist sie auf den dritten (Sachsen, Sachsen-Anhalt), vierten (Berlin, Mecklenburg-Vorpommern) oder fünften Platz (Brandenburg) zurückgefallen.

Aktuelle Wahlergebnisse der DIE LINKE

Wahlergebnisse bei den letzten Wahlen zu Landesparlamenten, dem Bundestag und dem Europäischen Parlament

WahlDatumProzentualer AnteilStimmenanzahl
AnteilGewinn
Verlust
StimmenGewinn
Verlust
Brandenburg01.09.201910,7%-7,8%135.558-47.620
Hamburg123.02.20209,1%0,6%368.68368.116
Baden-Württemberg14.03.20213,6%0,7%173.31717.077
Rheinland-Pfalz14.03.20212,5%-0,3%48.206-11.764
Sachsen-Anhalt06.06.202111,0%-5,3%116.927-66.363
Bundestag26.09.20214,9%-4,4%2.255.864-2.041.406
Mecklenburg-Vorpommern26.09.20219,9%-3,2%90.881-15.375
Saarland27.03.20222,6%-10,3%11.689-56.877
Schleswig-Holstein08.05.20221,7%-2,1%23.054-32.964
Nordrhein-Westfalen15.05.20222,1%-2,8%146.634-269.302
Niedersachsen09.10.20222,7%-1,9%98.586-78.532
Berlin27.02.202312,2%-3,4%185.119-70.621
Bremen214.05.202310,9%-0,4%137.676-28.702
Bayern308.10.20231,5%-1,8%200.878-237.010
Hessen08.10.20233,1%-3,2%86.842-94.490
Europäisches Parlament09.06.20242,7%-2,8%1.091.586-964.463
Sachsen01.09.20244,5%-5,9%104.891-119.463
Thüringen01.09.202413,1%-18,0%157.689-186.091
Tabellenbeschreibung

Die Tabelle zeigt die Wahlergebnisse der Partei DIE LINKE zwischen dem 01.09.2019 und dem 01.09.2024. Bei 16 von 18 Wahlantritten der Partei in diesem Zeitraum reduzierte sich der prozentuale Anteil der Partei an den gültigen Stimmen im Vergleich zur vorherigen Wahl. Das höchste Ergebnis erzielte die Partei mit 13,1% bei der Wahl in Thüringen 2024, das niedrigste mit 1,5% bei der Wahl in Bayern 2023.

Fußnote: 1 Hamburg: Landesstimmen (bis zu fünf Stimmen je Wähler)

Fußnote: 2 Bremen: Personen- und Listenstimmen (bis zu fünf Stimmen je Wähler)

Fußnote: 3 Bayern: Gesamtstimmen (bis zu zwei Stimmen je Wähler)

Quelle: Die Bundeswahlleiterin und Landeswahlleitungen.

Wählerschaft

Der Aufstieg der PDS zur ostdeutschen Volkspartei spiegelt sich in der veränderten Zusammensetzung ihrer Wähler (Zettl 2014). Waren Gutverdiener und Träger höherer Bildungsabschlüsse bis 1994 deutlich überrepräsentiert, so näherte sich die Wählerstruktur dem Bevölkerungsdurchschnitt danach an; die PDS blieb dabei die bevorzugte Partei der früheren DDR-Eliten. Erst mit dem Zusammenschluss zur gesamtdeutschen Linken trat auch in den neuen Ländern eine Verschiebung in Richtung der Arbeiter und der - nach Einkommen, Bildung und Schicht - schwächer Gestellten ein, die im Westen den Kern der neu hinzugekommenen Wähler ausmachten (Niedermayer 2006); diese Wähler sind ihr zwischenzeitlich zu einem erheblichen Teil wieder abhandengekommen - zum einen in Richtung der AfD, zum anderen in Richtung der sozial- und arbeitsmarktpolitisch wieder nach links gerückten Sozialdemokraten sowie der erstarkenden Grünen.

Nach Geschlecht und Alter ist die Wählerschaft relativ ausgeglichen, allerdings auch hier mit Akzentunterschieden zwischen West und Ost: In den alten Ländern gibt es einen stärkeren Überhang männlicher, in den neuen einen Überhang älterer Wähler. bei der Bundestagswahl 2021 schnitt die Linke in den jüngeren Altersgruppen (der 18- bis 34-Jährigen) proportional besser ab als 2017, während sie in der Gruppe der 45- bis 59-jährigen die größten Verluste verzeichnete.

Über die Einstellungen der Linken-Wähler liegen nur wenige Daten vor. Nach diesen halten sich Protest bzw. Enttäuschung und Überzeugung als Wahlmotive in etwa die Waage, wobei in Ostdeutschland die Überzeugungswähler und in Westdeutschland die Protestwähler überwiegen. Trotz ihrer eher pragmatischen Ausrichtung und Bereitschaft zur Regierungsbeteiligung in den neuen Ländern setzen die Wähler geringe Hoffnungen in die Problemlösungsfähigkeit der Linken. Die größte Kompetenz wird der Partei im Bereich der sozialen Gerechtigkeit zugeschrieben; allerdings ist der Wert hier seit 2009 zurückgegangen. Zu SPD und Grünen stehen die Linken-Wähler in mentaler Distanz; dennoch befürworten drei Viertel unter ihnen eine rot-rot-grüne Koalition (Neugebauer / Stöss 2015: 164).

Quellen / Literatur

  • Decker, Frank (2013), Das Verhältnis der SPD gegenüber der LINKEN - Die offene Zukunft, in: Gerhard Hirscher/Eckhard Jesse (Hg.), Extremismus in Deutschland. Schwerpunkte, Vergleiche, Perspektiven, Baden-Baden, S. 549-563.

  • Holzhauser, Thorsten (2019), Die "Nachfolgepartei". Die Integration der PDS in das politische System der Bundesrepublik Deutschland 1990 - 2005, Berlin / Boston.

  • Jesse, Eckhard (2015), Auf dem Weg ins Establishment? Das Abschneiden der PDS/Die Linke bei den Wahlen seit 1990, in: Recht und Politik 50 (2), S. 98-106.

  • Jesse, Eckhard/Jürgen P. Lang (2012), DIE LINKE - eine gescheiterte Partei?, München.

  • Meuche-Mäker, Meinhard (2005), Die PDS im Westen 1990-2005. Schlussfolgerungen für eine neue Linke, Berlin.

  • Neu, Viola (2018), Die Linke, in: Frank Decker/dies. (Hg.), Handbuch der deutschen Parteien,22. Aufl., Wiesbaden, S. 384-401.

  • Neugebauer, Gero/Richard Stöss (2015), Den Zenit überschritten. Die Linkspartei nach der Bundestagswahl 2013, in: Oskar Niedermayer (Hg.), Die Parteien nach der Bundestagswahl 2013, Wiesbaden, S. 159-173.

  • Niedermayer, Oskar (2006), Die Wählerschaft der Linkspartei.PDS 2005: sozialstruktureller Wandel bei gleichbleibender politischer Positionierung, in: Zeitschrift für Parlamentsfragen 37 (3), S. 523-538.

  • Olsen, Jonathan / Nichael A. Hansen (2022), The Party without Qualities? Explaining the Left Party's Electoral Disaster in the 2021 German Federal Election. In: German Politics and Society 40 (2), S. 1-22.

  • Oppelland, Torsten/Hendrik Träger (2014), Die Linke. Willensbildung in einer ideologisch zerstrittenen Partei, Baden-Baden.

  • Pfahl-Traughber, Armin (2013), Die Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS)/DIE LINKE, in: Oskar Niedermayer (Hg), Handbuch Parteienforschung, Wiesbaden, S. 541-562.

  • Spier, Tim u.a., Hg. (2007), Die Linkspartei. Zeitgemäße Idee oder Bündnis ohne Zukunft?, Wiesbaden.

  • Träger, Hendrik (2020), Die Linke zwischen internen Konflikten, der ersten Koalition im Westen, Niederlagen im Osten und dem Ramelow-Effekt, in: Uwe Jun / Oskar Niedermayer (Hg.), Die Parteien nach der Bundestagswahl 2017, Wiesbaden, S. 159-186.

  • Vollmer, Andreas M. (2013), Arbeit & soziale Gerechtigkeit - die Wahlalternative (WASG). Entstehung, Geschichte und Bilanz, Baden-Baden.

  • Zettl, Christian (2014), Die Wähler der Linkspartei.PDS von 1994 bis 2009, Wiesbaden.

Fussnoten

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Prof. Dr. Frank Decker lehrt und forscht am Institut für Politische Wissenschaft und Soziologie der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn. Seine Forschungsschwerpunkte sind unter anderem Parteien, westliche Regierungssysteme und Rechtspopulismus im internationalen Vergleich.