Was sind die Hauptthemen der israelschen Dokumentarfilmer?
Ilana Tsur: Rückblickend kann man sagen, dass der israelisch-
palästinensische Konflikt in den ersten Jahren des Festivals das dominierende Thema war. In den letzten Jahren hat dieser Trend jedoch nachgelassen.
Warum?
Ilana Tsur: Es ist die Enttäuschung über den stockenden Friedensprozess. Lange glaubte man an eine Lösung, an eine Wende. Mit dem Ausbleiben einer Lösung des Konflikts, starb auch die Hoffnung und das Interesse, über das Thema Filme zu drehen, ließ nach. Es gibt nach wie vor Filme über den Konflikt, aber sie haben sich verändert. In diesem Jahr hatten wir z.B. einen Film über den Libanonkrieg im Programm mit einer sehr individuellen Perspektive eines Reservisten. Er bekommt die Einberufung und hängt sich seine Kamera um den Hals. Herausgekommen ist ein sehr persönlicher Film über den Libanonkrieg.
Wie haben sich die Filme verändert?
Ilana Tsur: Früher gab es viele kritische Filme über den Konflikt. Heute decken die Filme ein breiteres Spektrum an Themen ab und sind vor allem sviel persönlicher geworden. Heute geht es in vielen Filmen um gesellschaftliche und soziale Probleme.
Was ist das Besondere an israelischen Dokumentationen?
Ilana Tsur: Israel bietet eine Fülle an Themen für Filmemacher. Es ist wie eine Art Straßenkreuzung für viele Themen: Hier treffen sich Ost und West, Moderne und Tradition, verschiedene Religionen: Judentum, Christentum, Islam, Drusen und Beduinen usw. Hier leben Menschen aus der ganzen Welt. Hinzu kommt die gute Infrastruktur. In Israel gibt es sieben Filmhochschulen. Die israelischen Dokumentationen sind erfolgreich, zunehmend auch international.
Die meisten Filme erhalten staatliche Förderung. Dennoch sind viele der Filme durchaus auch regierungskritisch. Wie erklären Sie sich das Phänomen?
Ilana Tsur: Ich denke, es ist ein Beleg für Israels Demokratie.
Das Interview führte Hanna Huhtasaari im April 2008.