Inhaltsbeschreibung
Der Himmel geht über allen auf, heißt es in einem ökumenischen Kirchenlied aus dem Jahr 1974. Dieses Bild gilt so nicht mehr. An die Stelle der selbstverständlichen oder auch normierten Kirchentreue in der jungen Bundesrepublik ist ein religiöser Pluralismus getreten, der sich jeder schematischen Zuordnung entzieht. Ob und was in Deutschland geglaubt oder negiert wird, unterliegt immer weniger dem Einfluss der großen christlichen Kirchen. Andere Religionen, insbesondere der Islam, haben an Bedeutung gewonnen. Ist der Himmel deshalb verloren?
Wer ihn an der traditionellen christlichen Religiosität oder an der reinen Lehre der Kirchen festmacht, müsste diese Frage wohl mit Ja beantworten. Wer dagegen nach der Bedeutung von Transzendenz, Werten und Orientierung fragt, wird vertraute Chiffren mit neuen Inhalten finden – und damit einen Beleg für die vielfältigen religiösen Bedürfnisse einer modernen Gesellschaft. Thomas Großbölting hält die beiden großen Kirchen weiterhin für unverzichtbar. Er wirft allerdings auch eine Fülle drängender Fragen auf: nach der Repräsentanz der religiös Indifferenten und Andersgläubigen im modernen Verfassungsstaat, nach den Spannungsfeldern zwischen Religion und Politik und nach der Neuausrichtung der großen Volkskirchen in einer Gesellschaft, in der sie nur mehr einzelne unter vielen Stimmen sind.