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Männer - auf dem Weg zu aktiver Vaterschaft?

Peter Döge

/ 15 Minuten zu lesen

Nach dem Willen des Bundesfamilienministeriums sollen sich Väter stärker für die Betreuung ihrer Kinder engagieren. Entsprechend wird ab Januar 2007 die Elternzeit-Regelung in der Bundesrepublik Deutschland modifiziert.

Einleitung

Nach dem Willen des Bundesfamilienministeriums sollen sich Väter stärker für die Betreuung ihrer Kinder engagieren. Entsprechend wird ab Januar 2007 die Elternzeit-Regelung in der Bundesrepublik Deutschland modifiziert.


Elternpaare erhalten dann auf der Basis von 67 Prozent des wegfallenden Einkommens 14 Monate Elterngeld, wenn sich der Vater zwei Monate an der Betreuung des Neugeborenen beteiligt - tut er dies nicht, sind es nur 12 Monate. Aber genügt schon eine verbesserte finanzielle Ausgestaltung, um Väter stärker in die Kinderbetreuung einzubinden?

Vater-Sein - (k)ein selbstverständlicher Bestandteil männlicher Biografien

Um diese Frage beantworten zu können, sollen im Folgenden auf der Basis aktueller Studien unterschiedliche Aspekte von Vaterschaft beleuchtet werden. Dabei steht zu Beginn die Frage, warum Männer überhaupt Väter werden - und warum nicht. Da das konkrete Verhalten von Vätern im Spannungsfeld von Beruf und Familie nicht unwesentlich von den jeweiligen individuellen Konzepten von Vaterschaft abhängt, müssen in einem zweiten Schritt auch diese und deren Bestimmungsfaktoren untersucht werden. Hiervon ausgehend wird abschließend der Frage nachgegangen, auf welche Weise aktive Vaterschaft unterstützt werden kann.

Mehr und mehr wird deutlich, dass Kinderlosigkeit nicht nur ein "Frauenproblem", sondern auch ein Männerproblem ist. Nach einer Auswertung des Sozio-ökonomischen Panels (SOEP) durch das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung sind fast 34 Prozent der über zwanzigjährigen Männer kinderlos, sogar fast 46 Prozent der Männer, die Vollzeit beschäftigt sind, haben keine Kinder. Von diesen wiederum sind insbesondere diejenigen kinderlos, die entweder über ein sehr hohes oder über ein sehr niedriges Einkommen verfügen. So haben beispielsweise 50 Prozent der erwerbslosen Männer keine Kinder. Aber sind es nur die ökonomischen Umstände, die Männer daran hindern, Väter zu werden?

Schenkt man einer Untersuchung das Instituts für Demoskopie Allensbach Glauben, dann liegt nur bei einem Drittel der Männer der Grund für die Kinderlosigkeit in den finanziellen und beruflichen Rahmenbedingungen sowie in den mangelnden Angeboten der Kinderbetreuung. Deren reale Bedeutung im Hinblick auf einen Kinderwunsch könnte jedoch größer sein: "Selbst wenn also die Rahmenbedingungen nur bei einem guten Drittel der Männer ohne Kinderwunsch als die entscheidenden Hindernisse gegen eine Elternschaft betrachtet werden müssen, darf darüber doch nicht ignoriert werden, dass diese Motive für einen weitaus höheren Anteil der Männer mit bedeutsam sind, wenn es um die Entscheidung für oder gegen ein Kind geht."

Besonders wichtig für eine Entscheidung von Paaren für eigene Kinder ist, dass ein Einkommen - in der Regel das des Mannes - ausreichen soll, die Familie zu ernähren: "60 Prozent der 18- bis 44-Jährigen machen zur Bedingung, dass ein Einkommen für die Familie ausreicht, dagegen nur 25 Prozent gesicherte Betreuungsmöglichkeiten für die Kinder." Aus dieser Zielbestimmung resultiert ein enges Zeitfenster für Elternschaft im Allgemeinen und Vaterschaft im Besonderen, wobei dieses subjektiv empfundene Zeitfenster fünf bis acht Jahre umfasst. Folglich sind von denjenigen, welche mit Anfang 30 noch keine Kinder haben, nur noch 31 Prozent entschlossen, Kinder zu bekommen; von den 35-Jährigen und Älteren nur noch 17 Prozent. Hinter diesem Zeitfenster verbergen sich zum einen das Problem der Vereinbarkeit von Ausbildung und Vaterschaft, zum anderen das nach wie vor die männliche Identität bestimmende klassische Familien-Ernährer-Modell: "Das male-breadwinner-Prinzip, das eine relativ strikte Rollentrennung einschließt, scheint also nach wie vor ein hohes Maß an Verbindlichkeit zu besitzen und Familiengründungen für die Väter vielfach bis zur beruflichen Etablierung zu verzögern."

In der angeführten Untersuchung des Instituts für Demoskopie Allensbach aus dem Jahr 2005 nennen 60 Prozent der befragten Männer vor allem aber andere Gründe für die Kinderlosigkeit oder für eine Entscheidung gegen ein weiteres Kind. So fürchten Männer anscheinend viel stärker als Frauen, dass sie sich mit einem Kind in ihren Interessen einschränken müssen (31 Prozent der Männer und 22 Prozent der Frauen). In einer Untersuchung des forsa-Instituts nennen Männer als Grund fürKinderlosigkeit auch häufiger als Frauen, als Vater über weniger Freizeit zu verfügen (14 Prozent der Männer und 8 Prozent der Frauen). Frauen wiederum geben als persönliche Gründe für Kinderlosigkeit häufiger als Männer an, nicht auf ihr Einkommen verzichten (21 zu 16 Prozent) und Kinder nicht fremd betreuen lassen zu wollen (18 Prozent der Frauen und 8 Prozent der Männer).

Kinder scheinen also nicht mehr selbstverständlicher Teil der Lebensplanung von Männern zu sein, denn nur für 59 Prozent der Männer, aber 71 Prozent der Frauen gehören Kinder zum Leben. Nur gut die Hälfte der Männer, aber fast zwei Drittel der Frauen sind nach den Untersuchungsergebnissen des Allensbacher Instituts der Ansicht, man brauche eine Familie mit Kindern, um glücklich zu sein. Demzufolge wollen auch Frauen generell eher Kinder als Männer (Frauen 52; Männer 34 Prozent). Möglicherweise sind diese Diskrepanzen zwischen den Geschlechtern in den Einschätzungen der Folgen von Kindern auf den Alltag ein Grund dafür, dass Männer häufiger als Frauen als Grund für Kinderlosigkeit angeben, nicht die richtige Partnerin zu finden: 32 Prozent der Männer nennen dies in der forsa-Studie, aber nur 20 Prozent der Frauen. Ein ähnliches Ergebnis fördert die Allensbach-Untersuchung aus dem Jahr 2004 zu Tage: Jeder dritte der hier befragten Männer, aber nur jede fünfte Frau nennen als Grund gegen (weitere) Kinder die Einstellung des Partners bzw. der Partnerin. Frauen, die bereits Mutter sind, führen häufiger als Männer Gründe gegen ein weiteres Kind an - vor allem berufliche Gründe (10 Prozent der Männer gegen 27 Prozent der Frauen). Ist die Frau jedoch schwanger, verschwinden die geschlechtsspezifischen Differenzen, und beide Elternteile freuen sich gleichermaßen auf das Kind, wobei das Bild von der zukünftigen Ausgestaltung der Vaterrolle sehr stark von familialen und individuellen Gegebenheiten bestimmt wird.

Männer als aktive Väter

Wassili Fthenakis und Beate Minsel zufolge ist allgemein eine Verschiebung des Vaterschaftskonzepts vom "Vater als Ernährer" hin zum "Vater als Erzieher" zu beobachten. Gut 70 Prozent der Männer könnten diesem Vaterschaftsmodell zugerechnet werden. Im Rahmen dieser Selbstbilder erfolgt die konkrete Ausgestaltung von Vaterschaft in einem relationalen Feld von subjektivem Vaterschaftskonzept, familialem Kontext und sozio-ökonomischen Ressourcen. Dabei nimmt die Partnerin der Männer eine nicht unwesentliche Stellung ein: "Frauen, die eine traditionelle Geschlechtsrolleneinstellung vertreten, sind weniger zuversichtlich hinsichtlich der zukünftigen Vaterrolle des Mannes, als Frauen, die eine egalitäre Geschlechtsrolleneinstellung haben (...) Nach der Geburt beteiligen sich die Partner der egalitär eingestellten Mütter auch tatsächlich mehr an der Betreuung der Kinder." Väter, die sich überwiegend in der Rolle des Ernährers sehen, schätzen zudem ihrer Partnerschaft qualitativ schlechter ein als Väter in der Rolle des Erziehers. Der "erfolgreiche" ganzheitliche Vater kann seine Vorstellungen von Vaterschaft nicht zuletzt deswegen realisieren, weil diese mit denjenigen seiner Frau in Einklang stehen.

An dieser Stelle wird noch einmal besonders deutlich, dass Handlungs- und Aktivitätsmuster innerhalb des familialen Kontextes adäquat nur aus dem jeweiligen Interaktionsmuster der Familienmitglieder erklärt werden können - die Familie ist ein System, und wie jedes System besteht sie "... aus mehreren einzelnen Teilen. Jeder dieser Teile ist wichtig und steht zu allen übrigen Teilen in einer Beziehung, wobei es darum geht, ein bestimmtes Ergebnis zu erzielen; jeder Teil fungiert für die übrigen Teile als Stimulus. Das System hat eine Ordnung und produziert eine Folge bzw. Wirkung, die durch Aktionen, Reaktionen und Interaktionen der einzelnen Teile untereinander bestimmt ist." Bedauerlicherweise haben im Kontext der Männer- und Geschlechterforschung sowie vor allem in der Geschlechterpolitik entsprechende Ansätze aus der systemischen Familientherapie bisher kaum Resonanz gefunden.

Aus einer systemischen Perspektive ist das konkrete Muster von Elternschaft Resultat von spezifischen Kommunikationsprozessen zwischen den Partnern und hängt nicht vom Handeln nur einer Person ab. Dementsprechend könnte die nach wie vor vorherrschende traditionelle Arbeitsteilung nach der Geburt eines Kindes ihren Grund auch darin haben, dass Mütter eine Unterbrechung der Erwerbstätigkeit des Vaters zugunsten von Elternzeit ebenfalls für nicht möglich halten. So zeigt ein Vergleich der Antworten der Väter aus der Studie von Laszlo A. Vaskovics und Harald Rost mit den Antworten von Müttern aus einer Befragung des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung, dass von den Müttern in den westdeutschen Bundesländern 47 Prozent der Ansicht sind, eine Unterbrechung der Berufstätigkeit des Vaters sei nicht möglich, während nur 31 Prozent der Männer diese Ansicht unterstützen. Für die ostdeutschen Bundesländer liegen die entsprechenden Werte bei 49 Prozent (Mütter) und 23 Prozent (Väter). Insgesamt fällt in dieser Studie auf, "... dass die vom IAB befragten Mütter durchweg häufiger Gründe nannten, die ihre Männer vom Erziehungsurlaub abhalten, als dies die Väter in der Bamberger Studie getan hatten".

Neben dem familialen gehört vor allem der betriebliche Kontext zu den wichtigen Bestimmungsfaktoren, welche die konkrete Ausgestaltung von Vaterschaftskonzepten und das konkrete Modell der Vereinbarkeit von Beruf und Familie von Vätern beeinflussen. Und gerade hier sehen sich aktive Väter nach wie vor mit massiven Hindernissen konfrontiert. Von den vom IAIZ im Rahmen seiner Studie "Auch Männer haben ein Vereinbarkeitsproblem" befragten Vätern nannten durchweg alle als zentrales Hindernis für mehr familiales Engagement die vorherrschende "Anwesenheitskultur". Leistung und Loyalität mit dem Betrieb werden noch weitgehend mit der physischen Präsenz am Arbeitsplatz gleichgesetzt, Familienarbeit hat in dieser Kultur keinen Stellenwert.

Diese Ergebnisse decken sich mit den Ergebnissen einer amerikanischen Studie, die in einem Unternehmen durchgeführt wurde, das sich durch besondere familienfreundliche Angebote auszeichnet. Diese werden jedoch kaum von den Beschäftigten in Anspruch genommen: "Nur drei Prozent der Beschäftigten mit Kindern von 13 Jahren und jünger arbeiteten Teilzeit. Ein Prozent machte Job Sharing. Ein Prozent nutzte die Möglichkeit des flexiblen Arbeitsplatzes. Ein Drittel der berufstätigen Eltern machte Gebrauch von flexiblen Arbeitszeiten, aber viele arrangierten nur einen unveränderten Neun- oder Zehnstundentag um ihre übrigen Alltagstermine herum. Ein paar junge Väter hatten sich informell beurlauben lassen, aber im ganzen Unternehmen gab es nur einen Mann, der ganz offiziell im Elternurlaub war. Ich stand vor einem Rätsel." Als Ursache für diese Situation verweist auch Arlie Hochschild auf die vorherrschende Anwesenheitskultur, als deren Träger insbesondere die - männlichen und weiblichen - Führungskräfte gesehen werden können. Diese bewerten Kinderbetreuung als Frauenarbeit - wie es in einer Aussage eines interviewten Mannes deutlich wird: "Sie (die Führungskräfte; PD) brachten Vaterschaftsurlaub nicht mit Vaterschaft in Verbindung (...) Frauen bringen Babies zu Welt, also sind Babies Frauensache." In diesem Sinne zeigen dann auch alle vorliegenden Studien, dass Väter vor allem aus beruflichen Gründen Elternzeit-Angebote nicht in Anspruche nehmen - selbst im als besonders familien- und väterfreundlich geltenden Schweden. So geben auch hier 46 Prozent der im Rahmen des Eurobarometers befragten Männer als Grund für die Nicht-Inanspruchnahme der Elternzeit die berufliche Karriere an.

Diese betriebliche Situation verdichtet sich bei Vätern in einem spezifischen Vereinbarkeitsproblem: Aus beruflichen und finanziellen Gründen sehen sie sich nicht in der Lage, ihre Arbeitszeit zu reduzieren, wollen sich aber trotzdem aktiv mit ihren Kinder beschäftigen und sind in der Familie präsent: 97 Prozent derjenigen Männer, die mit kleinen Kindern im Alter bis zu drei Jahren in einem Haushalt leben, bringen täglich im Durchschnitt 238 Minuten für Haus- und Familienarbeit auf. Männer, die mit Kindern unter sechs Jahren in einer Partnerschaft leben, haben ihren Zeitaufwand für die Kinderbetreuung in den vergangenen zehn Jahren sogar um knapp eine Stunde in der Woche erhöht. Die für die Haus- und Familienarbeit bzw. die Kinderbereuung erforderliche zusätzliche Zeit stammt bei den Vätern dann aus dem Freizeitbugdet.

Väterfreundlichkeit: Was wünschen sich Väter?

Vor dem Hintergrund dieser spezifischen Zeit- und Belastungsmuster von Vätern dürfte es nicht überraschen, dass diese mit der Aufteilung ihres täglichen Zeitbudgets unzufrieden sind. So schätzen nach den Ergebnissen der Zeitbudgetanalyse des Statistischen Bundesamtes 44 Prozent der Männer, die in einer Partnerschaft mit einem Kind leben, den Zeitaufwand für die Erwerbsarbeit als zu hoch ein, für 35 Prozent ist die Zeit, die sie der Haus- und Familienarbeit widmen können, zu gering.

Väter wünschen sich vor allem eine Reduktion der wöchentlichen Arbeitszeit: Knapp 77Prozent der vom Wirtschafts- und sozialwissenschaftlichen Institut (WSI) befragten männlichen Arbeitnehmer mit Kindern oder anderen Pflegeaufgaben wünschen sich eine Arbeitszeitreduzierung, nur 19 Prozent der Männer geben an, ihre Arbeitszeit entspräche der gewünschten. Im Hinblick auf die konkreten Arbeitszeitmodelle wünschen sich Väter vor allem eine Flexibilisierung der Wochenarbeitszeit: 88 Prozent der vom Allensbach-Institut befragten Väter nennen dies als prioritäres Handlungsfeld zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Auch die vom WSI zu ihren Erwartungen an einen familienfreundlichen Betrieb befragten Männer mit Betreuungsaufgaben nennen "familienfreundliche Arbeitszeiten" an erster Stelle des Handlungsbedarfs.

Weiterhin fordern Väter häufiger als Mütter eine entsprechende finanzielle Unterstützung bei Betreuungsaufgaben. Auch fast 40 Prozent der von der EU-Kommission befragten Männer nennen eine ausreichende finanzielle Lohnersatzleistung als bedeutenden Faktor, der ihnen die Inanspruchnahme von Elternzeit-Angeboten erleichtern würde. Der enge Zusammenhang zwischen der Höhe der finanziellen Kompensationsleistung und der Bereitschaft von Vätern, in Elternzeit zu gehen, zeigt sich deutlich in Schweden. Dort erhalten Eltern aus der Familienversicherung für die ersten zwölf Monate nach der Geburt ihres Kinder 80 Prozent des letzten Einkommens - den vollen Satz erhalten sie aber nur für den Fall, dass zwei Monate der Elternzeit vom Vater in Anspruch genommen werden. Als zu Beginn der 1990er Jahre die Lohnersatzquote für die Elternzeit auf 75 Prozent gesenkt wurde, nahm der Anteil der Männer, welche die so genannten "Papa-Monate" in Anspruch nahmen, ebenfalls rapide ab.

Durchschnittlich nehmen 30 Prozent der schwedischen Väter die angebotenen Papa-Monate in Anspruch. Ein in etwa gleich hoher Anteil von Vätern in der Bundesrepublik Deutschland könnte sich unter den ab Januar 2007 geltenden Elternzeit-Regelungen vorstellen, ihre Erwerbsarbeit für ein Jahr zu unterbrechen, 14 Prozent für einige Monate. Allerdings sehen 43 Prozent der befragten Väter auch in diesen neuen Bedingungen keinen Anreiz für eine Unterbrechung ihrer Erwerbsarbeit. Hinter diesen Zahlen dürfte sich meines Erachtens die oben beschriebene Organisationskultur widerspiegeln, deren Veränderung mit Sicherheit einen wichtigen Bestandteil der Herstellung von Väterfreundlichkeit darstellen muss. Und so sehen auch 23 Prozent der Väter in der Befragung des Eurobarometers einen wichtigen unterstützenden Faktor in einer positiven Einstellung von Vorgesetzten und Kollegen gegenüber Vätern in Elternzeit. Interessanterweise ist dieser Wert in Schweden mit am höchsten.

Väterfreundlichkeit als Managing Diversity

Männer wünschen sich nicht zuletzt aber auch mehr Anerkennung ihres spezifischen Beitrags zur Kinderbetreuung durch ihre Partnerinnen. So berichten Väter in einer schwedischen Familienkommission, die Mitte der 1990er Jahre zum Thema Vaterschaft eingesetzt wurde, übereinstimmend von Vorurteilen seitens der Mütter im Hinblick auf die Fürsorgekompetenzen der Väter sowie von versteckten Diskriminierungen durch die Mütter. Die Mütter nehmen ihren Stil der Fürsorge und Betreuung zum Maßstab, was zu einem Rückzug des Mannes aus der Kinderbetreuung führt. Ganz in diesem Sinne sagen 44 Prozent der von Allensbach befragten Männer, sie gingen nicht in Elternzeit, weil die Mütter die Kinderbetreuung selbst übernehmen wollten. Eine weitere Überprüfung der Validität dieser Aussage ist nicht möglich, denn es existieren zu diesem Themenbereich noch kaum differenzierte Untersuchungen: Der Grund dafür, dass Mütter in der Regel in Elternzeit gehen, ist bisher nicht so intensiv analysiert worden wie die Ursachen dafür, dass Männer Elternzeit nicht in Anspruch nehmen. Dieses Forschungsdefizit ist wohl ebenfalls eine Folge einer in der Geschlechterforschung unterentwickelten systemischen Perspektive auf das familiale System.

Wie oben ausgeführt, werden die jeweils konkreten Modelle von Vaterschaft in einem Dreieck von Familie, Arbeitsbedingungen und persönlichen Ressourcen realisiert. Kein Vaterschaftskonzept gleicht von daher dem anderen, es ergibt sich vielmehr eine Vielzahl unterschiedlicher Vaterschaftsmodelle. Betriebliche und überbetriebliche Väterarbeit sollte von daher am jeweils konkreten Vater-Sein ansetzen sich nicht an Idealbildern von Vaterschaft orientieren. Sehr gute Erfahrungen wurden bisher mit der Durchführung von Workshops mit Vätern und werdenden Vätern gemacht. Diese Workshops hatten zur Folge, dass sich die familienorientierten Männer dauerhaft vernetzen und gegenseitig unterstützen können. Von Bedeutung wäre weiterhin eine stärkere Sensibilisierung der Personalvertretungen für die Vereinbarkeitsproblematik der Männer. Insgesamt geht es also "... nicht darum ..., auf andere Weise Vater zu sein, nur um eine neue Auffassung zu präsentieren. Vielmehr geht es darum, es den Vätern zu ermöglichen, ein ,Mehr` beizutragen, und den Familien, "besser" zu leben und am Ende dem Fortschritt etwas näher zu kommen."

Fussnoten

Fußnoten

  1. Vgl. Christian Schmitt, Kinderlose Männer in Deutschland - eine sozialstrukturelle Bestimmung des Sozio-ökonomischen Panels (SOEP). Im Auftrag des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, DIW-Materialien, Heft 34, Berlin 2004.

  2. Institut für Demoskopie Allensbach, Einstellungen junger Männer zu Elternzeit, Elterngeld und Familienfreundlichkeit im Betrieb. Ergebnisse einer repräsentativen Bevölkerungsumfrage im Auftrag des BMFSFJ, Allensbach 2005, S. 19.

  3. Dass., Einflussfaktoren auf die Geburtenrate. Ergebnisse einer Repräsentativbefragung der 18- bis 44jährigen Bevölkerung, Allensbach 2004, S. 23.

  4. Vgl. ebd., S. 15f.

  5. C. Schmitt (Anm. 1), S. 15.

  6. Institut für Demoskopie Allensbach 2005 (Anm. 2), S. 17ff.

  7. Dass. (Anm. 3), S. 26.

  8. Vgl. Britta Pohl, Mehr Kinder. Mehr Leben. Ergebnisse der repräsentativen forsa-Befragung, Berlin 2004, S. 43.

  9. Vgl. ebd., S. 43.

  10. Vgl. ebd., S. 20.

  11. Vgl. Institut für Demoskopie Allensbach (Anm. 3), S. 7.

  12. Vgl. ebd. (Anm. 3), S. 11.

  13. Vgl. B. Pohl (Anm. 8), S. 47.

  14. Vgl. Institut für Demoskopie Allensbach 2004 (Anm. 3), S. 34.

  15. Vgl. ebd. (Anm. 3), S. 34.

  16. Vgl. Wassilios Fthenakis/Beate Minsel, Die Rolle des Vaters in der Familie, Schriftenreihe des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Stuttgart 2002, S. 92ff.

  17. Vgl. ebd., S. 65ff.

  18. Vgl. Michael Matzner, Vaterschaft aus der Sicht von Vätern, Wiesbaden 2004, S. 437ff.

  19. Wassilios Fthenakis/Beate Minsel, Die Rolle des Vaters in der Familie. Zusammenfassung des Forschungsberichts, Berlin 2001, S. 9.

  20. Vgl. W. Fthenakis/B. Minsel (Anm. 16), S. 124f.

  21. Vgl. M. Matzner (Anm. 18), S. 441.

  22. Virginia Satir, Kommunikation - Selbstwert - Kongruenz. Konzepte und Perspektiven familientherapeutischer Praxis, Paderborn 2004(7), S. 179f.

  23. Vgl. Peter Döge, Männer - Paschas und Nestflüchter? Zeitverwendung von Männern in der Bundesrepublik Deutschland, Leverkusen-Opladen 2006, S. 76ff.

  24. Vgl. Laszlo A. Vaskovics/Harald Rost, Väter und Erziehungsurlaub, Schriftenreihe des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Band 179, Stuttgart 1999.

  25. Vgl. Petra Beckmann, Neue Väter braucht das Land! Wie stehen die Chancen für eine stärkere Beteilgung der Männer am Erziehungsurlaub?, IAB Werkstattbericht, (2001) 6, S. 5.

  26. Ebd., S. 6.

  27. Peter Döge/Cornelia Behnke, Auch Männer haben ein Vereinbarkeitsproblem, IAIZ-Schriften Band 3, Berlin 2005.

  28. Arlie Hochschild, Keine Zeit. Wenn die Firma zum Zuhause wird und zu Hause nur Arbeit wartet, Opladen 2002, S. xxvi.

  29. Ebd., S. 132.

  30. Vgl. Linda Haas/Philip Hwang, Programs and Policies Promoting Women's Economic Equality and Men's Sharing of Child Care in Sweden, in: dies./Graeme Russell (Hrsg.), Organizational Change and Gender Equality. International Perspectives on Fathers and Mothers at the Workplace, Thousand Oaks-London-New Delhi 2000, S. 133 - 161.

  31. Vgl. European Commission, European's attitudes to parental leave, Special Eurobarometer 189 Wave 59.1, o. O. 2004, S. 20.

  32. Vgl. Peter Döge/Rainer Volz, Männer - weder Paschas noch Nestflüchter. Aspekte der Zeitverwendung von Männern nach den Daten der Zeitbudgetstudie 2001/2002 des Statistischen Bundesamtes, in: Aus Politik und Zeitgeschichte (APuZ), (2004) 46, S. 13 - 23.

  33. Vgl. P. Döge (Anm. 23), S. 60 ff.

  34. Vgl. Statistisches Bundesamt, Wo bleibt die Zeit? Die Zeitverwendung der Bevölkerung in Deutschland 2001/02, Wiesbaden 2003, S. 19f.

  35. Vgl. BMFSFJ, "Erwartungen an einen familienfreundlichen Betrieb", Berlin 2004, S. 15ff.

  36. Vgl. Institut für Demoskopie Allensbach (Anm. 2), S. 15ff.

  37. Vgl. European Commission (Anm. 31), S. 18.

  38. Vgl. Peter Döge, Wege zu einer aktiven Vaterschaft in ausgewählten Ländern, in: Andreas Borter (Hrsg.), Handbuch VäterArbeit. Grundlagen und Impulse für Väter und Verantwortliche in Betrieben und Organisationen, Zürich 2004, Abschnitt 2, S. 19 - 23.

  39. Vgl. ebd., S. 22.

  40. Vgl. Institut für Demoskopie Allensbach (Anm. 2), S. 11ff.

  41. Vgl. Richard Reeves, Dad's Army. The case for father-friendly workplaces, London/Birmingham 2002, S. 29f.

  42. Vgl. European Commission (Anm. 31), S. 18f.

  43. Vgl. Helena Bergmann/Barbara Hobson, Compulsory fatherhood: the coding of fatherhood in the Swedish welfare state, in: Barbara Hobson (Hrsg.), Making Men into Fathers. Men, Masculinities and the Social Politics of Fatherhood, Cambridge 2002, S. 92 - 124.

  44. Vgl. Procter & Gamble, Väter, Windeln und wie weiter? Procter & Gamble-Väter-Studie 2001, Wien 2001, S. 11ff.

  45. Vgl. Ulla Björnberg, Ideology and choice between work and care in Swedish family policy for working parents, in: Critical Social Policy, 22 (2002) 1, S. 33 - 52.

  46. Ein in diesem Sinne sehr positiv zu wertendes und dementsprechend mit dem Förderpreis Gender des Männernetzwerks Hessen im Jahr 2004 ausgezeichnetes Projekt ist das von der Männerarbeit der evangelischen Kirche Kurhessen-Waldeck entwickelte Angebot für Väter in Kindertagestätten. Die grundlegende Philosophie des Projekts besteht darin, dass Perspektiven für die Väter und für die Väterarbeit in den Kindertagestätten von den Vätern selbst entwickelt werden. Das Projekt geht bewusst auf die Väter zu und setzt an deren konkreter Lebenssituation an.

  47. Vgl. Peter Döge/Cornelia Behnke, Betriebs- und Personalräte als Akteure familienbewusster Personalpolitik. Handlungsmuster von Personalvertretungen in Unternehmen und Organisationen mit dem audit berufundfamilie. Endbericht, Berlin 2006 (http://www. beruf-und-familie.de/files/dldata//92fef3144477a3273 71c55fa36e d0abf/ iaiz_brpr.pdf).

  48. Jean LeCamus, Väter. Die Bedeutung des Vaters für die psychische Entwicklung, Weinheim 2003, S. 174.

Dr. rer. pol., geb. 1961; Institut für anwendungsorientierte Innovations- und Zukunftsforschung e. V. (IAIZ) Berlin, Im Erlengrund 1a, 12527 Berlin.
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