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Frauen unter der Scharia | Islam und islamische Welt | bpb.de

Islam und islamische Welt Editorial Freiheit, Wissen und Ermächtigung von Frauen in arabischen Ländern Frauen unter der Scharia Arabisches Satellitenfernsehen - Demokratisierung ohne politische Parteien? Afghanistan nach den Taliban Von der Baath-Herrschaft zur Neo-Baath-Regierung

Frauen unter der Scharia

Christine Schirrmacher

/ 21 Minuten zu lesen

Das islamische Strafrecht, die Scharia, sieht drakonische Strafen für gesellschaftliches Fehlverhalten vor. Dazu zählen u. a. Auspeitschung, Hand- und Fußamputation und Steinigung. Eine Reform dieses Werkes ist dringend geboten.

Einleitung

Eigentlich könnte man annehmen, dass sich die islamische und die westliche Welt durch die Migration einer großen Anzahl von Muslimen, durch die mediale Vernetzung sowie durch die voranschreitende Globalisierung heute viel näher gekommen sind als je zuvor in der Geschichte und daher auch viel Wissen über "den anderen" besitzen. Bei Themen allerdings wie der Menschenrechts- oder Frauenfrage wird immer deutlicher, wieviel Verständnislosigkeit und Nichtwissen den Diskurs immer noch prägen. Konkret bedeutet das im Westen weithin fehlendes Wissen über den Islam, z.B. über das islamische Strafrecht oder Menschenrechtsverständnis mit seiner Überordnung der Scharia über alle von Menschen geforderten Rechte.

Das Ehe- und Familienrecht gilt als Kern der Scharia. Mit wenigen Ausnahmen ist die Scharia heute in allen islamischen Ländern, aber auch in Teilen von Afrika und Südostasien eine wesentliche oder sogar die einzige Grundlage des Personenstandsrechts und damit der Rechtsprechung in Zivilprozessen. Eine säkulare, von religiösen Normen abgekoppelte Rechtsprechung in Ehe- und Familienangelegenheiten existiert also weithin nicht. Einzig die Türkei schaffte die Scharia im Zuge der Gründung der Türkischen Republik als Gesetzesgrundlage ab und richtete die Ehe- und Familiengesetzgebung 1926 am Schweizerischen Zivilgesetzbuch aus.

In den übrigen Teilen der islamischen Welt wird die ungebrochene Gültigkeit der Schariagebote insbesondere in der Ehe- und Familiengesetzgebung weder von maßgeblichen theologischen Autoritäten noch von der Bevölkerung grundsätzlich in Frage gestellt. Aufgrund der Tatsache, dass in den islamischen Kernländern keine Aufklärung im europäischen Sinn stattgefunden hat und keine von religiösen oder staatlichen Lehrinstitutionen formulierte Religionskritik existiert, werden im Hinblick auf die Scharia im Wesentlichen Auslegungsfragen diskutiert. In der Gegenwart, in der invielen Ländern eine voranschreitende Islamisierung zu beobachten ist, werden bestehende Gesetze sogar wieder vermehrt an der Scharia ausgerichtet.

Bei der Begründung für die Beschränkung der Frauenrechte in islamischen Ländern geht es jedoch nicht nur um das Thema Religion. Auch tief verwurzelte kulturelle Traditionen, eng verflochten mit religiösen Werten, machen es Frauen schwer, unter verschiedenen Lebensperspektiven für ihren beruflichen wie privaten Alltag frei zu wählen. So macht nicht selten dort, wo der Islam theoretisch Freiräume gewährt, die gesellschaftliche Realität deren Einforderung unmöglich.

Während nach westlicher Auffassung die Unterdrückung der Frau im Islam vor allen Dingen an Äußerlichkeiten wie der Kleidungsfrage zum Ausdruck kommt, zeigen sich die wirklichen Benachteiligungen an ganz anderer Stelle und zwar im rechtlichen Bereich.

Zwar haben in den letzten Jahrzehnten etliche islamische Länder gesetzliche Veränderungen im Familienrecht vorgenommen, die eine Besserstellung der Frau bewirken. So geht die Tendenz oft zu einer Heraufsetzung des Mindestheiratsalters (anstelle der früher weit verbreiteten Verheiratung der Tochter mit Eintritt der Pubertät) sowie zu der vermehrten staatlichen Registrierung der Eheschließung (anstelle des herkömmlichen, nicht öffentlichen Vertragsschlusses zwischen zwei Familien). Die Tendenz geht auch zu einer Beschränkung der Polygamie durch die Erfordernis einer richterlichen Genehmigung einer Zweitehe (anstelle der zuvor dem Einzelnen überlassenen zweiten oder dritten Eheschließung) und zur Auflage eines Versöhnungsversuches vor der Gewährung der gerichtlichen Scheidung (anstelle des formlosen dreimaligen Aussprechens der Scheidungsformel "Ich verstoße dich" durch den Ehemann).

Auch die Erweiterung der gerichtlich anerkannten Scheidungsgründe bei Klageerhebung durch die Frau (anstelle der nach traditioneller Auffassung für die Frau kaum möglichen Scheidung) ist in vielen Ländern auszumachen sowie eine prinzipielle Verbesserung der Kindschaftssorgeregelung, welche die Mutter nach einer Scheidung nicht mehr grundsätzlich von der Erziehung und dem Kontakt zu ihren Kindern ausschließt (anstelle der alleinigen Wahrnehmung der Erziehung durch den Vater ab dem Alter von sieben Jahren für Jungen bzw. neun Jahren für Mädchen).

In anderen islamischen Staaten ist aber auch eine umgekehrte Entwicklung zu beobachten: In der Rückbesinnung auf den Islam und seine Rechtsprinzipien wird eine "Reinigung" der Gesetzgebung von europäischen Rechtselementen aus der Kolonialvergangenheit sowie die vermeintlich "vollständige Einführung der Scharia" proklamiert. In den letzten Jahren sind in Ländern wie Nigeria, dem Iran oder dem Sudan Schauprozesse - insbesondere wegen Ehebruch - als öffentliche Demonstration der Wiedereinführung der Scharia geführt worden.

Was meint der Begriff "Scharia?"

Die islamische Theologie betrachtet die Scharia als vollkommene Ordnung göttlicher Autorität, die jeder Gesellschaft Frieden bringt, von Gott selbst geschaffen und deshalb nicht veränderbar ist. Die Scharia regelt gleichermaßen die "vertikalen" wie "horizontalen" Beziehungen jedes Menschen: Sie gibt Anweisungen für das Verhalten in Familie und Gesellschaft (dazu gehört das Ehe- wie das Strafrecht), aber sie reglementiert auch die Gottesverehrung (vor allem die Praktizierung der "Fünf Säulen" Bekenntnis, Gebet, Fasten, Almosen und Wallfahrt). Der Ablauf des täglichen rituellen Gebets ist also ebenso wenig in das Belieben des Einzelnen gestellt wie die Klauseln eines Ehevertrags. Aufgrund der Durchdringung aller Lebensbereiche mit den Geboten der Scharia gibt es aus dieser Sicht keinen "säkularen", von der Religion abgetrennten Bereich. Trotz dieses Generalanspruchs der Scharia, alle Lebensbereiche eines Menschen regeln zu wollen, handelt es sich dabei nicht um ein kodifiziertes Gesetzbuch. Die Scharia ist gleichermaßen konkret wie interpretierbar, ebenso erstarrt wie flexibel. Sie ist zu keiner Zeit und an keinem Ort je vollständig zur Anwendung gekommen. Sie ist also immer ein idealtypisches Gesetz geblieben.

Quellen der Scharia: Koran, Überlieferung, Theologie

Die Bestimmungen der Scharia basieren auf drei Quellen: dem Koran, der Überlieferung sowie deren normativer Auslegung durch frühislamische Juristen und Theologen, die in Einzelfragen differieren und in die Bildung von vier sunnitischen und einer schiitischen "Rechtsschule" mündeten.

Außer dem Koran, der ersten Rechtsquelle, behandelt die Überlieferung, "hadith" (arab. Überlieferung, Tradition, Bericht), in den Berichten über Muhammad und seinen Prophetengefährten eine Reihe von Rechtsfragen. Während muslimische Gläubige im nichtrechtlichen Bereich der Überlieferung lediglich aufgefordert sind, Muhammads "Gewohnheit" (arab. "sunna") nachzuahmen, ist die Befolgung der rechtlichen Bestimmungen der Überlieferung unbedingte Pflicht. Wenn also die Überlieferung berichtet, Muhammad habe einen Bart getragen, dann gilt es als "sunna" (nachzuahmende Gewohnheit) für männliche Muslime, ebenfalls einen Bart zu tragen. Wer es aber nicht tut, macht sich keiner Straftat und keiner Sünde schuldig.

Anders jedoch bei Rechtsfragen: Wo die Überlieferung Detailanweisungen zum Ehe- und Familiengesetz gibt (z.B. dass der Rechtsvertreter gemeinsamer Kinder immer der Vater sein muss oder Ehebrecher gesteinigt werden sollen), sind diese verbindlicher Natur. Wer den gesetzlichen Regelungen der Überlieferung nicht Folge leistet, begeht sowohl eine Sünde als auch eine Straftat (z.B. indem er zwei Schwestern heiratet und damit eine nach der Scharia verbotene Eheschließung vollzieht). Wenn also der Koran nach überwiegender Auffassung die Polygamie ebenso gestattet (Sure 4,3) wie die Züchtigung der Ehefrau (4,34), dann gelten diese Aussagen der konservativen Theologie als göttliche Anweisungen von ewiger Gültigkeit, die nach deren Auffassung ihren Niederschlag in der heutigen Gesetzgebung muslimischer Länder finden sollten.

Koran und Überlieferung werden in ihren knappen Anweisungen jedoch erst durch die Auslegungen muslimischer Theologen anwendbar. Dieser Auslegung sind nicht Tür und Tor geöffnet. In erster Linie gelten hier die Abhandlungen maßgeblicher Theologen und Juristen aus frühislamischer Zeit als wegweisend bis in die Moderne. Durch die rasch voranschreitenden Eroberungen der ersten Jahrzehnte nach Muhammads Tod entstand schon sehr bald die Notwendigkeit, in den neu eroberten islamischen Gebieten ein Rechtssystem zu etablieren. Aus Gelehrtenzirkeln der ersten Jahrzehnte entstanden "Rechtsschulen" (Auslegungstraditionen), von denen sich im sunnitischen Islam bis zum 10. Jahrhundert n. Chr. vier Schulen (Hanafiten, Hanbaliten, Schafiiten, Malikiten) dauerhaft durchsetzen konnten. Die Auffassungen dieser vier Rechtsschulen unterscheiden sich in manchen Rechtsfragen, ganz abgesehen von den Unterschieden, die sich in der Beurteilung rechtlicher Fragen zwischen sunnitischen und schiitischen Gelehrten ergeben.

Da die Interpretation der rechtlichen Anweisungen aus Koran und Scharia und ihre Umsetzung in gesetzliche Bestimmungen zum Teil erheblich differieren, existiert keine einheitliche, in Rechtstexte gegossene "Scharia". Es ist ein gewisser Grundkorpus an Gesetzen vorhanden, die aus den Texten des Korans und der Überlieferung abgeleitet werden, sowie eine Reihe unterschiedlicher Auslegungen mehrerer Rechtsschulen und die daraus in den einzelnen Ländern gezogenen, sehr unterschiedlichen Schlussfolgerungen für die Gesetzgebung vor Ort. Trotz der fehlenden Kodifikation und einer gewissen Bandbreite an Auslegungen ist die Scharia jedoch auf der anderen Seite kein verschwommener Korpus unklarer Vorschriften, in den man alles hineininterpretieren könnte. Gerade im Ehe-, Familien- und auch im Strafrecht enthalten Koran und Überlieferung vergleichsweise eindeutig formulierte Anweisungen, welche die Auslegungsmöglichkeiten stark eingrenzen.

Die Scharia - Utopie oder praktikables Rechtssystem?

Im Mittelpunkt der Scharia steht das Ehe- und Familienrecht. Zu diesem Bereich finden sich im Koran und in der Überlieferung die meisten und detailliertesten Aussagen - diese stellen einen Spiegel konkreter Rechtsfälle dar, die an Muhammad und nach seinem Tod an seine Nachfolger herangetragen worden sind. Die Scharia, so wie sie heute aufgefasst wird, wurzelt also in der Regelung einiger Rechtsfragen einer arabischen Stammesgesellschaft des 7. und 8. Jahrhunderts, die durch Theologen und Juristen bis zum 10. Jahrhundert normativ ausgelegt wurden und in der Etablierung von Rechtsschulen mündeten. Das osmanische Familiengesetzbuch vom 25. Oktober 1917 war das erste auf der Scharia gründende Gesetzbuch zum Familienrecht der islamischen Welt, die übrigen islamischen Länder schufen erst im weiteren Verlauf des 20. Jahrhunderts Gesetzeskodifikationen.

Wo heute einzelne Staaten - wie der Sudan (1983), der Iran (1979 und 1982/83), Pakistan (1979) oder Teile Nigerias (ab 2000), Jemen und Libyen (jeweils 1994) - eine "Rückkehr zur Scharia" verkündeten, ist damit vor allem eine verschärfte Ausrichtung am koranischen Ehe- und Familienrecht gemeint. In den meisten islamischen Ländern kommt heute de facto ein Konglomerat zur Anwendung aus koranischen Geboten, Elementen der islamischen Überlieferung, dem arabischen Gewohnheitsrecht (das zu Teilen im Koran aufgegriffen wird) und vorislamischen sowie dem europäischen Recht entlehnten Elementen, die insbesondere während der Kolonialzeit in die islamische Welt Eingang fanden.

Zentrum der Scharia: das Ehe- und Familienrecht

Zwar ist in der Theorie der Korpus an Schariabestimmungen zum Thema Ehe und Familie für alle islamischen Länder relativ einheitlich - abzüglich differerierender Auffassungen der einzelnen Rechtsschulen -, in der Praxis werden diese Schariabestimmungen jedoch von Land zu Land sehr unterschiedlich gehandhabt. Dazu kommen die vor Ort gelebten kulturellen Normen, die teilweise im Islam wurzeln, teilweise auch im nichtislamischen Bereich vorhanden sind. Auch der Grad der Frömmigkeit einzelner Familien ist von großer Bedeutung sowie die Frage, ob eine Frau und ihre Angehörigen im ländlichen oder städtischen Bereich leben, denn ein städtisches, günstigstenfalls wohlhabendes, Bildung und Fortschritt gegenüber aufgeschlossenes Familienumfeld bietet einer Frau bessere Entfaltungsmöglichkeiten.

Gleichberechtigung oder Gehorsam?

Über der muslimischen Apologetik zum Rollenverständnis von Mann und Frau steht die Prämisse, dass nur die Scharia Gerechtigkeit zwischen den Geschlechtern und der Frau wahre sowie Würde und Ehre verleihen kann. Die Gleichberechtigung der Frau gehe - so die muslimische Apologetik - aus dem koranischen Schöpfungsbericht ebenso hervor (Sure 39,6; 49,13) wie aus der Verpflichtung von Mann und Frau zur Erfüllung der Gebote des Islam (vor allem der "Fünf Säulen"), in der die Frau dem Mann in nichts nachstehe. Beide, Männer und Frauen, seien "aus einem einzigen Wesen" erschaffen worden (4,1), einander zu "Beschützern" oder "Freunden" (9,72) bestimmt, und beiden werde gleichermaßen das Paradies verheißen, wenn sie "Gott demütig ergeben" seien (33,35) und "glauben und das Rechte tun" (16,97).

Ungeachtet des Schöpfungsberichtes begründet der Koran jedoch an anderer Stelle ebenso wie die Überlieferung eine deutliche Überordnung des Mannes über die Frau. Als Koranvers von großer rechtlicher wie gesellschaftlicher Tragweite ist Sure 4,34: "Die Männer stehen über den Frauen, weil Gott sie vor diesen ausgezeichnet hat und wegen der Ausgaben, die sie von ihrem Vermögen gemacht haben. Und die rechtschaffenen Frauen sind demütig ergeben (oder: gehorsam)...". Und ähnlich Sure 2,228: "Die Männer stehen eine Stufe über ihnen." Muslimische Theologen kommentieren diese Verse nicht selten so: "Männer und Frauen haben als Menschen nicht denselben Wert" oder: "Männer sind Frauen überlegen, und ein Mann ist besser als eine Frau."

Insbesondere aus Sure 4,34 werden zwei Grundkomponenten des islamischen Eherechts abgeleitet: Die Überordnung des Mannes über die Frau wird dadurch begründet, dass Gott den Mann über die Frau gestellt habe (Sure 2,228) und dass der Mann "Ausgaben" für die Frau tätige (4,34). Damit ist nach weitgehend übereinstimmender Auffassung die Pflicht des Mannes zum Unterhalt seiner Frau gemeint, während sie ihm "demütig ergeben" oder "gehorsam" zu sein hat (4,34). Dieser Gehorsam wird in erster Linie auf den Bereich der Sexualität bezogen, denn der Mann erwirbt mit Abschluss des Ehevertrages und der Aufnahme der Unterhaltszahlungen das Recht auf den Körper seiner Frau (vgl. Sure 2,223; 2,187). T. Akinola Aguda formuliert: "Nach diesem Vers soll eine Ehefrau ihrem Mann immer zur Verfügung stehen, wenn er es wünscht."

Die beiden Säulen des islamischen Eherechts lauten also "Unterhalt" und "(sexueller) Gehorsam". Das Unterhaltsrecht der Frau bezieht sich auf den täglichen Lebensunterhalt (Nahrung, Kleidung, Wohnung), nach Meinung der malikitischen Rechtsschule auch auf die medizinische Versorgung der Ehefrau im Krankheitsfall. Versäumt der Ehemann seine Unterhaltspflicht, erhält seine Frau als Folge das Recht zum Ungehorsam: Ist sie ungehorsam (indem sie z.B. gegen seinen Willen das Haus verlässt), kann der Ehemann seine Unterhaltszahlungen einstellen. Diese Grundlage des islamischen Eherechts von Überordnung und Unterordnung zieht eine Reihe von Folgerungen nach sich. Dies soll an folgenden Beispielen gezeigt werden:

- Das Zeugenrecht: Nach Sure 2,282 kann die Zeugenaussage eines Mannes nur von zwei Frauen aufgewogen werden, denn "eine Frau allein kann sich irren" (2,282). Viele muslimische Theologen bescheinigen Frauen eine größere emotionale Labilität, Irrationalität und beschränkte Einsicht in intellektuelle Angelegenheiten. "Frauen stehen unter der Herrschaft ihrer Gefühle, wohingegen Männer ihrem Verstand folgen." Eine Unterdrückung der Frau sei dies nicht - so die muslimische Apologetik; der Islam fordere lediglich nicht mehr von der Frau, als sie aufgrund ihrer biologischen Gegebenheiten zu leisten imstande sei. "Die geistige Überlegenheit des Mannes über die Frau ... ist einfach von der Natur so vorgegeben."

- Der "Züchtigungsvers": Er gesteht dem Ehemann ein Erziehungsrecht an seiner Frau zu: "Und wenn ihr fürchtet, dass (irgendwelche) Frauen sich auflehnen, dann vermahnt sie, meidet sie im Ehebett und schlagt sie!" (Sure 4,34) Zwar ruft die Überlieferung Männer gleichzeitig dazu auf, ihre Frauen gut zu behandeln, und zahlreiche Theologen betonen, dass eine Frau niemals heftig oder ins Gesicht geschlagen werden dürfe, zumindest nicht so, dass sie eine Verletzung davontrüge. Die islamische Apologetik betont, Schläge seien nur ein letztes Erziehungsmittel. Da der Mann rationaler sei und das Oberhaupt der Familie, obliege es ihm, die Ordnung zu wahren und Rebellion und Unfrieden - notfalls mit Druck - zu beenden. Von Muhammad ist überliefert: "Der Prophet sagte: Schlagt nicht die Mägde Gottes. Da kam Umar der [zweite Kalif, regierte 634 - 644 n. Chr., C. S.] und sagte: 'O Gesandter Gottes, die Frauen rebellieren gegen ihre Gatten.' So erlaubt er, sie zu schlagen."

- Das Scheidungsrecht: Die traditionelle Formel "Ich verstoße Dich" reicht heute in vielen Ländern nicht mehr aus, dennoch ist die Scheidung für den Mann bis heute erheblich einfacher als für die Frau, die immer einen Gerichtsprozess anstrengen und gerichtlich verwertbare Beweise für ein Fehlverhalten des Mannes vorlegen muss. Gleichzeitig wird sie eine Scheidung sozial stigmatisieren und wirtschaftlich in eine verzweifelte Lage bringen. Auch die "widerrufliche" Scheidung ist dem Mann allein erlaubt, indem er die Scheidungsformel nur einmal ausspricht und seine Frau wochen- und monatelang in einem Schwebezustand zwischen Scheidung und Ehe hält. Die Entscheidung, ob der Ehemann spätestens vor Ablauf des vollendeten dritten Monats die Scheidung zurücknimmt und die Ehe fortsetzt oder den letzten Tag der Zurücknahmemöglichkeit verstreichen lässt und die Frau als verstoßen gilt, liegt allein bei ihm. In den letzten Jahrzehnten haben allerdings etliche Länder die Scheidung für den Mann erschwert, z.B. indem das Gericht der Scheidung Versöhnungsversuche vorschaltet und einen Vermittler beruft.

- Das Kindschaftssorgerecht: Nach traditioneller Auffassung gehören nach einer Scheidung die gemeinsamen Kinder immer dem Mann, in dessen Familie sie nach dem Ende der Kleinkinderzeit aufwachsen. Sieht das klassische islamische Recht eine vorübergehende Personensorge für Jungen bis sieben, für Mädchen bis neun Jahre durch die Mutter vor, haben heute viele islamische Länder diese Fristen angehoben und erlauben der Mutter die Fürsorge bis zum Alter von 15 Jahren für Jungen und bis 18 für Mädchen, nicht selten auch bis zur Eheschließung. Allerdings werden in Gesellschaften, die Männern so eindeutig den rechtlichen Vorrang einräumen, nicht selten Mittel und Wege gefunden, Müttern dieses Recht zu entziehen.

- Die Eheschließung: Wird im traditionellen Rahmen geheiratet, wie es für die Mehrzahl der Eheschließungen noch üblich ist, wird auch heute die Mehrzahl der Frauen von ihrem Vormund "verheiratet", wobei sie häufig selbst kein Mitspracherecht bei der Wahl des Ehepartners hat. Traditionell gilt eine Eheschließung für Mädchen ab etwa neun Jahren für möglich - gemäß dem Vorbild Muhammads, der seine Lieblingsfrau Aisha mit rund neun Jahren zur Frau genommen haben soll. Heute haben jedoch etliche Länder zumindest gesetzlich das Mindesheiratsalter für Mädchen wie Jungen auf meist 16 bzw. 18 Jahre heraufgesetzt. Im städtischen Bereich ist die soziale Kontrolle weniger engmaschig, und "Liebesheiraten" sind häufiger. Dennoch: Nur eine Minderheit muslimischer Frauen ist in der Lage, eine eigene Wahl hinsichtlich einer Heirat und eines Partners zu treffen. Die Frau unterzeichnet in aller Regel nicht selbst ihren Ehevertrag, ja ist selbst nicht unbedingt anwesend - d.h., sie ist im rechtlichen Sinn nicht für sich selbst handlungsberechtigt -, sondern wird von ihrem Vater oder einem anderen männlichen Familienmitglied vertreten.

- Die Polygamie: Sie eröffnet dem Mann - ausgenommen in Tunesien und der Türkei - prinzipiell immer die Möglichkeit zu einer Zweit- oder Mehrehe (4,3), welche die Frau zur Zweit- oder Drittfrau degradieren kann, während umgekehrt eine Mehrehe für Frauen selbstverständlich nicht zulässig ist. Von Schiiten wird zudem die "Zeitehe" (oder "Genuss"-Ehe) praktiziert, eine Art Nebenehe, die über die erlaubten vier Frauen hinaus für einen begrenzten Zeitraum - z.B. für eine Reise - geschlossen werden kann.

- Das Erbrecht: Das überaus komplizierte muslimische Erbrecht billigt der Frau immer nur die Hälfte dessen zu, was ein männliches Familienmitglied an ihrer Stelle erhalten hätte.

- Die Ehre: Schließlich weisen auch die Familie, Gesellschaft und die nahöstlich-muslimische Kultur der Frau einen nachgeordneten Platz zu, wenn sie anordnen, dass eine Frau Sitte und Anstand zu wahren und sich bevorzugt im Haus aufzuhalten habe, um nicht durch ihren Umgang mit nichtverwandten Männern Anlass zur Unmoral zu geben. Sie hat sich zu verhüllen, und ihr Verhalten wird streng anhand dieser Normen kontrolliert. Zwar sehen Koran und Überlieferung in der Theorie für den Mann wie für die Frau dieselben Strafen für Unzucht bzw. Ehebruch vor. In der Praxis jedoch wird Männern vor und in der Ehe ein weitaus größerer Bewegungsspielraum zugestanden, da nur das Verhalten der Frau die Familie entehrt, nicht das des Mannes. Selbstverständlich fordern islamische Frauenbewegungen seit Jahrzehnten vermehrte Rechte ein. Aber dennoch: Frauenrechtlerinnen sind in aller Regel davon überzeugt, dass der Islam - wenn er nur richtig verstanden und gelebt würde - der Frau volle Rechte gewähre und sie in einer "wahrhaft islamischen" Gesellschaft glücklich und zufrieden leben könne. Daher fordern viele von ihnen lediglich die Rückkehr zum "wahren" Islam, wie ihn Muhammad verkündigt habe.

Das islamische Strafrecht

Neben dem Ehe- und Familienrecht ist das islamische Strafrecht eines der Themen, bei dem sich im Vergleich zu westlichen Menschenrechtsvorstellungen und westlicher Gesetzgebung die größten Differenzen ergeben. Das islamische Strafrecht basiert nach überwiegender Meinung auf einer Dreiteilung in Grenz-, Ermessens- und Wiedervergeltungsvergehen.

Grenzvergehen (hadd-Vergehen)

Mit "Grenzvergehen" werden diejenigen wenigen Verbrechen bezeichnet, die der Koran oder die Überlieferung als Kapitalverbrechen benennen und mit einem bestimmten Strafmaß belegen. "Grenz"vergehen werden sie genannt, weil sie nicht menschliches Recht, sondern das Recht Gottes verletzen, indem eine Grenze überschritten wird. Ein Gerichtsverfahren darf daher weder durch eine außergerichtliche Einigung abgewendet, noch darf die Strafe verschärft oder vermindert werden, sondern es muss genau die im Koran bzw. der Überlieferung vorgesehene Strafe vollstreckt werden. Zu den Grenz- bzw. Kapitalverbrechen gehören:

- Ehebruch und Unzucht (arab. zina'), außerehelicher Geschlechtsverkehr von mündigen, geistig gesunden Verheirateten oder Unverheirateten: Der Koran bedroht den unzüchtigen Unverheirateten nach Sure 24,2 - 3 mit 100 Peitschenhieben, die Überlieferung fordert die Todesstrafe für Verheiratete. War die Frau unverheiratet, der Mann aber verheiratet, soll die Frau im Haus eingesperrt werden, "bis der Tod sie abberuft oder Gott ihr einen Ausweg schafft" (4,15). Ist der Mann unverheiratet, die Frau aber verheiratet, soll er für ein Jahr verbannt werden; die Frau erhält 100 Peitschenhiebe.

- Die Verleumdung wegen Unzucht (arab. qadhf) erfordert nach Sure 24,2 - 3 80 Peitschenhiebe. Diese wohl zum Schutz vor ungerechtfertigter Anzeige gedachte Regelung kann sich auch gegen das Opfer einer Vergewaltigung wenden, wenn eine Frau weder vier männliche Zeugen noch ein Geständnis erbringen kann. Dann droht ihr eine Gegenklage wegen Verleumdung und damit 80 Peitschenhiebe.

- Schwerer Diebstahl (arab. sariqa): Sure 5,33+38 fordert ebenso wie die Überlieferung beim ersten Mal die Amputation der rechten Hand und im Wiederholungsfall des linken Fußes. Die islamische Rechtswissenschaft erkennt allerdings einen Diebstahl nur unter gewissen Bedingungen als echten Diebstahl an (keinen Taschendiebstahl oder Diebstahl aus Not).

- Schwerer Straßenraub- und Raubmord (arab. qat' at-tariq): Wegelagerei (ohne dass Raub oder Mord hinzukommen) soll nach Auffassung mancher Rechtsgelehrter mit Gefängnis oder Verbannung bestraft werden. Wegelagerei in Verbindung mit Raub fordert die Amputation der rechten Hand und des linken Fußes. Kommt zur Wegelagerei die Tötung eines Menschen hinzu, wird über den Täter die Todesstrafe verhängt. Raub in Verbindung mit Totschlag erfordert die Hinrichtung und Kreuzigung des Täters.

- Der Genuss von Wein (arab. shurb al-hamr) bzw. aller berauschender Getränke: Vielfach werden auch jede Art von Drogen darunter gefasst. Die Überlieferung fordert 40 (andere Überlieferungen: 80) Schläge zur Bestrafung von Weingenuss.

Die Überlieferung benennt unter den Kapitalverbrechen zudem Homosexualität und Vergewaltigung, allerdings wird das Strafmaß dafür unter muslimischen Theologen kontrovers diskutiert. Einige Juristen fordern in diesen Fällen die Todesstrafe, andere reihen die Homosexualität unter "Ermessensvergehen" ein. Auch der Abfall vom Islam verlangt nach Auffassung aller vier Rechtsschulen die Todesstrafe, obwohl der Koran demjenigen, der dem Islam den Rücken kehrt, nur eine Strafe im Jenseits androht.

Die Voraussetzung für eine Verurteilung wegen eines Kapitalverbrechens ist entweder ein Geständnis bzw. die Aussage zweier männlicher Augenzeugen, bei Ehebruch und Unzucht sind sogar vier männliche Augenzeugen erforderlich. Ein Geständnis muss freiwillig erfolgen und der Geständige mündig und geistig gesund sein und vorsätzlich gehandelt haben. Wenn allerdings kein Beweisverfahren für ein Kapitalverbrechen geführt werden kann, kann ein Verdächtiger dennoch bestraft werden, z.B. mit einer Strafe, die im Ermessen des Richters liegt.

Geständnisse können bis zur Vollstreckung der Strafe zurückgezogen oder auch bei Unglaubwürdigkeit vom Richter zurückgewiesen werden, und Kapitalverbrechen verjähren überaus rasch. Indizienprozesse (etwa anlässlich einer Schwangerschaft einer unverheirateten Frau) sind unüblich, aber in Einzelfällen möglich. Die meisten Kapitalvergehen - insbesondere Ehebruch und Unzucht - kommen kaum vor Gericht, sondern vor allem Frauen werden innerhalb der eigenen Familie mit Schlägen, Einsperren oder Tod bestraft.

Verbrechen mit Wiedervergeltung

Verbrechen mit Wiedervergeltung (arab. qisas) richten sich gegen Leib und Leben. Mord oder Totschlag verletzen nach Auffassung der Scharia nicht göttliches, sondern nur menschliches Recht, während z. B. Ehebruch und Alkoholgenuss Gottes Recht verletzen. Die Verbrechen mit Wiedervergeltung erfordern die Zufügung derselben Verletzung bzw. die Tötung des Schuldigen, die - falls der Berechtigte darauf verzichtet - in Zahlung von Blutgeld umgewandelt werden kann, sowie eine religiöse Bußleistung wie z.B. zusätzliches Fasten (2,178 - 179). Schuldfähig ist nur der Volljährige, der im vollen Besitz seiner geistigen Kräfte ist.

Wiedervergeltung bedeutet die Zufügung derselben Verletzung bzw. die Tötung desjenigen, der vorsätzlich getötet hat - des Mörders - unter Aufsicht des Richters. Allerdings kann nur der nächste männliche Verwandte des Opfers die Tötung fordern. Dabei gilt streng das Prinzip der Gleichheit: eine Frau für eine Frau, ein Sklave für einen Sklaven. "O ihr Gläubigen! Euch ist Wiedervergeltung für die Getöteten vorgeschrieben: Der Freie für den Freien, der Sklave für den Sklaven, und die Frau für die Frau!" (Sure 2,178). Kann diese Gleichheit nicht hergestellt werden, darf keine Wiedervergeltung geübt werden.

Die Familie des Opfers kann auf die Tötung des Schuldigen verzichten und stattdessen die Zahlung eines Blutpreises (arab. diya) fordern. Im Iran beträgt der Blutpreis für einen muslimischen Mann derzeit 100 fehlerlose Kamele, 200 Kühe oder 1 000 Hammel, 200 jemenitische Gewänder und 1 000 Dinar oder 10 000 Silberdirham. Für eine Frau beträgt er in der Regel die Hälfte, ebenso ist er für einen Nichtmuslim meist geringer.

Wurde einem Opfer nur eine Verletzung zugefügt, kann dem Täter dieselbe beigebracht werden, aber nur vom Opfer selbst. Auch hier kann stattdessen eine Entschädigung bezahlt werden.

Ermessensvergehen (ta'zir-Strafen)

Alle anderen Fälle, die nicht zu den Kapitalverbrechen und Verbrechen mit Wiedervergeltung gehören, sind bei der Bestrafung in das Ermessen des Richters gestellt. Aufruhr, falsches Zeugnis, Beleidigung, Bestechung, Urkundenfälschung, Unterschlagung, Verkehrsverstöße, Betrug, Erpressung, Kidnapping u.a., sowie Kapitalvergehen, die zum Beispiel durch einen Mangel an Beweisen nicht als Kapitalverbrechen bestraft werden können, gehören zu den Ermessensvergehen.

Der Richter kann harte Strafen verhängen wie lange Gefängnisstrafen (begrenzte und unbegrenzte Haft), Verbannung, Auspeitschung (die Ansichten variieren von 20 bis 99 Peitschenhieben) oder Geldstrafen. Der Richter kann den Täter seines Amtes entheben oder seinen Besitz beschlagnahmen, ihn ermahnen oder tadeln. Der Richter kann den Schuldigen öffentlich bloßstellen und vor ihm als einer nicht vertrauenswürdigen Person warnen. In schweren Fällen kann der Richter nach Meinung einiger Gelehrter für Ermessensvergehen sogar die Todesstrafe verhängen, und zwar nach verbreiteter Auffassung vor allem bei Gewohnheitstätern ohne Aussicht auf Besserung: Homosexuelle, Verkünder von Häresien, welche die islamische Gemeinschaft spalten, Mörder, sofern ihre Tat nicht durch Vergeltung gerächt wird, Rauschgifthändler oder Spione.

Die Bandbreite an Straftatbeständen, die in den Ermessensbereich des Richters fallen, ist groß. Vor allem dort, wo kein kodifiziertes Strafgesetzbuch vorliegt (wie wohl derzeit noch in Bahrain, Qatar, Oman und den Vereinigten Arabischem Emiraten), ist die Bestrafung für ein Vergehen, das weder unter die Grenz-, noch unter die Wiedervergeltungsverbrechen fällt, weitgehend offen.

Die Scharia - gerecht und gut?

Das islamische Strafrecht wird also durch mehrere Besonderheiten gekennzeichnet: Zum einen durch seine immens harten Strafen wie Auspeitschung, Amputation, Steinigung und Kreuzigung für Kapitalverbrechen. Gleichzeitig ist ein Prozess nur sehr schwer zu erreichen bzw. im Fall des Ehebruchs und der Unzucht, der vier männliche Augenzeugen erfordert, so gut wie unmöglich. Dieser Umstand und die nahöstlich-muslimische Auffassung von Ehre und Schande, welche die Frau als Trägerin der Ehre harten Sanktionen aussetzen kann, macht die private Ahndung eines auch nur vermuteten Verbrechens wahrscheinlicher, da nach überwiegender Auffassung durch eine familiäre Bestrafung kein wirkliches Unrecht begangen, sondern der richterlichen Gerechtigkeit nur vorgegriffen wurde.

Nach Auffassung der muslimischen Apologetik ist das islamische Strafrecht letztlich der Menschheit weitaus dienlicher als das Strafrecht westlicher Länder, da es viel mehr der Abschreckung diene. Zudem falle ein Straftäter der Gesellschaft nicht durch lange Gefängnisstrafen zur Last. Unberücksichtigt bleibt dabei, dass Gefängnisstrafen in islamischen Ländern oft sehr hoch sind bzw. aufgrund des Fehlens rechtstaatlicher Strukturen sogar unbestimmt verlängert werden können, sowie die Tatsache, dass ein Amputierter ebenfalls der Gesellschaft zur Last fallen wird.

Hat man vor 40 Jahren noch angenommen, dass die Autorität der Scharia an Bedeutung verlieren und auch die islamische Welt von der im Westen weit vorangeschrittenen Säkularisierung ergriffen werden würde, wurde spätestens in den siebziger Jahren deutlich, dass vielfach eine umgekehrte Entwicklung, eine Rückbesinnung und Neuorientierung auf das islamische Recht einsetzte. Dort, wo die Scharia - zumindest teilweise - in die Praxis umgesetzt wurde, muss sie ihr Versprechen, den Menschen Würde, Freiheit und Gerechtigkeit zu bringen, erst noch einlösen. Minderheiten und Frauen sind die ersten Leidtragenden auf dem Weg zu einer vollständigen Islamisierung der Gesellschaft. Auch in Deutschland ist eine vertiefte Beschäftigung mit dem islamischen Recht und dessen inhaltlicher Definition von Menschen- und Frauenrechten dringend geboten.

Fussnoten

Fußnoten

  1. W. Montgomery Watt/Alford T. Welch, Der Islam I. Mohammed und die Frühzeit, Islamisches Recht, Religiöses Leben. Die Religionen der Menschheit, Bd. 25,1, Stuttgart 1980, S. 240.

  2. Zur Entwicklung des zwölferschiitischen Rechts vgl. Harald Löschner, Die Dogmatischen Grundlagen des Shiitischen Rechts. Erlanger Juristische Abhandlungen, Bd. 9, Köln 1971.

  3. Vgl. Hans-Georg Ebert, Wider die Schließung des "Tores des igtihad": Zur Reform der sari'a am Beispiel des Familien- und Erbrechts, in: Orient, 43 (2002), S. 368.

  4. Einen Überblick über die Ehe- und Familiengesetzgebung einiger arabischer Länder Nordafrikas und des Mittleren Ostens vermittelt Dawoud Sudqi El Alami, The Marriage Contract in Islamic Law in the Shari'ah and Personal Status Laws of Egypt and Morocco, Arab and Islamic Laws Series, London 1992.

  5. P. Newton/M. Rafiqul Haqq, The Place of Women in Pure Islam, Caney 19943, S. 2.

  6. Ibn Kathir, zit. in: ebd.

  7. Akinola T. Aguda (Hrsg.), The Marriage Laws of Nigeria. National workshop. Papers presented, held at the Nigerian Insitute of Advanced Legal Studies, Lagos 1981, S. 40.

  8. Murtada Mutahhari, The Rights of Women in Islam, Tehran 1981, S. 182, mit Bezug auf eine nichtmuslimische Psychologin.

  9. Ebd.

  10. Zit. in: Adel-Theodor Khoury (Übers.), So sprach der Prophet. Worte aus der islamischen Überlieferung, Gütersloh 1988, S. 268.

  11. Vgl. B. Carra de Vaux/J. Schacht, hadd, in: Encyclopaedia of Islam, Vol. 3, Leiden 1986, S. 20.

  12. Vgl. Silvia Tellenbach, Strafgesetze der Islamischen Republik Iran, Berlin 1996, S. 47.

  13. Vgl. Konrad Dilger, Tendenzen der Rechtsentwicklung. in: Werner Ende/Udo Steinbach (Hrsg.), Der Islam in der Gegenwart, München 19964, S. 206.

  14. Vgl. S. Tellenbach (Anm. 12), S. 96f.

  15. Vgl. Mohammed S. El-Awa, Punishment in Islamic Law: A Comparative Study, Indiana 1993, S. 107.

  16. Vgl. ebd., S. 102f.

  17. Vgl. Nagaty Sanad, The Theory of Crime and Criminal Responsibility in Islamic Law: Shari'a, Chicago 1991, S. 56f.

Dr. phil., geb. 1962; Islamwissenschaftlerin; Referentin in der Erwachsenenbildung; Wissenschaftliche Leiterin des Instituts für Islamfragen der Deutschen Evangelischen Allianz (IfI).
Anschrift: Institut für Islamfragen (IfI) der Deutschen Evangelischen Allianz, Postfach 7427, 53074 Bonn.

Veröffentlichungen u.a.: Islam, in: Harenberg Lexikon der Religionen, Dortmund 2002; Der Islam. Geschichte, Lehre, Unterschiede zum Christentum, 2 Bde., Holzgerlingen-Stuttgart 20032; (zus. mit Ursula Spuler-Stegemann) Frauen und die Scharia, München 2004.