Einleitung
Als "perfekten Tod" beschreibt Cornelius Katona, Dekan an der medizinischen Fakultät der University of Kent, im "British Medical Journal" den Tod seiner Mutter. Fast begeistert betont er in seiner kurzen Erzählung des Abschiednehmens, seine Mutter habe über den Therapieabbruch eigenständig entschieden und sei daraufhin "würdig", "selbstbestimmt" und unter "voller Selbstkontrolle" gestorben. Diese Erfahrung eröffnete ihm die Einsicht, moderne palliative Betreuung suche das gute Sterben nicht über bloße Symptomkontrolle, sondern durch die Wahrung der Würde im Sterben zu erreichen.
Angesichts dieser positiven Erfahrung bleibt zu konkretisieren, worin die Wahrung der Würde im Sterben genauer besteht. Nicht nur in der erwähnten medizinischen Fachzeitschrift wurde darüber eine ausführliche Debatte geführt, auch das schweizerische Parlament hat sich im Dezember 2001 mehrere Stunden damit beschäftigt, der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte im Zusammenhang mit einer Beschwerde der Engländerin Diane Pretty vier Monate lang darüber beraten und die Parlamentarische Versammlung des Europarates eine entsprechende Diskussion angesichts unlösbarer Konflikte mehrfach vertagen müssen.
Was heißt würdig sterben genau, was selbstbestimmt, wie ist mit Situationen umzugehen, in denen die Selbstkontrolle zu entgleiten droht oder - wie bei schwer dementen oder komatösen Patienten - bereits unwiederbringlich verloren ist? Inwieweit vermag palliative care (schmerzlindernde Fürsorge) tatsächlich Krisensituationen aufzufangen und ein Sterben in Würde zu ermöglichen? Wie weit soll eine Schmerz- oder Symptomtherapie gehen, die mit Wahrscheinlichkeit lebensverkürzenden Einfluss hat? Darf ein Arzt oder ein Angehöriger eines Patienten auch Beihilfe zum Suizid leisten, dessen Leben auf Verlangen oder aus Mitleid beenden?
Praxis, Meinungen, Rechtsprechung und gesetzliche Regelungen gehen in der Beantwortung dieser Fragen in Europa weit auseinander, wie die Kommentare zur Einführung der neuen gesetzlichen Sterbehilferegelungen in den Niederlanden und in Belgien 2002 gezeigt haben.
Im Folgenden werde ich zunächst auf die Ergebnisse einiger europäischer Studien eingehen, um zu präzisieren, welche Probleme sich heute im Bereich der Sterbehilfe stellen. Exemplarisch werden dann in einem zweiten Schritt Schlaglichter auf unterschiedlich verlaufende Länderdebatten geworfen. Abschließend werden im Sinne eines Ausblicks Möglichkeiten und Grenzen einer europäischen Vermittlung abgewogen.
Entscheidungen am Lebensende im europäischen Vergleich
Auch wenn empirische Studienergebnisse in einem Bereich, der aus unterschiedlichen Gründen nur schwer zu erfassen ist, stets mit angemessener Vorsicht zu handhaben sind, ist es doch hilfreich, anhand repräsentativer europäischer Befragungen einen Eindruck von den Problemen, Ansichten und Therapieentscheidungen zu erhalten, welche die gegenwärtige ärztliche Praxis kennzeichnen. Eine Schwierigkeit besteht darin, dass sich die Probleme in unterschiedlichen medizinischen Fachbereichen wie der Neonatologie (Lehre von der Physiologie Neugeborener), Onkologie (Lehre von der Geschwulsterkrankung), Intensivmedizin, Geriatrie (Altersheilkunde) oder Allgemeinmedizin maßgeblich voneinander unterscheiden und sich nur bedingt miteinander vergleichen lassen. Insofern trifft Rainer Maria Rilkes sarkastisches Wort angesichts des "fabrikmäßigen Sterbens" im Pariser Hôtel-Dieu heute noch die Realität, auch wenn die palliative care-Bewegung dagegen angeht: "Voilà, votre mort, monsieur. Man stirbt, wie es gerade kommt; man stirbt den Tod, der zu der Krankheit gehört, die man hat (denn seit man alle Krankheiten kennt, weiß man auch, dass die verschiedenen letalen Abschlüsse zu den Krankheiten gehören und nicht zu den Menschen; und der Kranke hat sozusagen nichts zu tun)."
Exemplarisch möchte ich auf Ergebnisse dreier europäischer Studien eingehen, nämlich der EURONIC-Studie,
Die Studienresultate zeigen deutlich, dass in Europa kulturelle Entscheidungsmuster bestehen, die sich nach nationalstaatlichen Gesellschaften unterscheiden. Therapieentscheidungen bei Patienten am Lebensende werden je nach Land sehr unterschiedlich getroffen und lassen ein Nord-Süd-Gefälle erkennen: Während in den nördlichen Ländern beispielsweise häufig Entscheidungen zum Behandlungsabbruch oder -verzicht gefällt werden, wird in den südlichen Ländern unabhängig von den Folgen oftmals weiterbehandelt. Andere Variablen wie Geschlecht, Religiosität, Alter oder Erfahrung der Ärztinnen und Ärzte spielen im Vergleich zum nationalstaatlichen Kontext eine untergeordnete Rolle; am stärksten wirkt sich dabei offensichtlich der Faktor der Religiosität der entscheidenden Ärzte aus, wobei die Zusammenhänge zwischen Staat, Kultur, Religiosität und Konfessionalität, rechtlichen Regelungen und dem Grad der in Europa sehr unterschiedlichen medizinischen Versorgung höchst komplex sein dürften und zur Klärung weitere Untersuchungen nötig machen.
Die Befragung von über 1 200 Chefärztinnen und -ärzten von insgesamt 122 neonatologischen Intensivstationen in Europa hat ergeben, dass in Italien lediglich gut ein Viertel (28 %) der Ärzte die maschinelle Beatmung bei einem Neugeborenen einmal beendet haben, während dies in den Niederlanden (89 %) und in Schweden (90 %) fast alle Befragten schon durchgeführt hatten. Ähnliche Verhältnisse zeigen sich in Bezug auf Entscheidungen zur Verabreichung von Sedativa oder Schmerzmitteln, und zwar auch dann, wenn diese als Nebenwirkung einen Atemstillstand bzw. den Tod des Neugeborenen herbeiführen können. Beeindruckend ist die Tatsache, dass die aktive Sterbehilfe ("to administer drugs with the purpose of ending life") auf Neugeborenenstationen ausschließlich in den Niederlanden (47 %) und in Frankreich (73 %) in breitem Umfang praktiziert wird, in Italien, Spanien, Deutschland, dem Vereinigten Königreich und Schweden dagegen nur von einer kleinen Minorität (2-4 %).
Die Untersuchung von Entscheidungen auf Intensivstationen ist schon deshalb wichtig, weil heute viele Menschen auf Intensivstationen sterben: In den USA waren es 1995 etwa ein Fünftel aller Todesfälle.
In der Untersuchung von Entscheidungen am Lebensende in sechs europäischen Ländern schließlich wurden zwischen Juni 2001 und Februar 2002 etwa 2500 bis 5300 Sterbefälle pro Land - in Belgien, Dänemark, Italien, Schweden, der Schweiz und den Niederlanden - miteinander verglichen. Dabei fällt auf, dass die Anteile der Sterbefälle, bei welchen medizinische Entscheidungen eine Rolle gespielt haben, sehr stark nach Ländern variieren: Während dies in der Schweiz bei über der Hälfte (51 %) der Sterbefälle der Fall war, lag die Rate in Italien lediglich bei knapp einem Viertel (23 %). Die mit Abstand häufigsten Fälle betreffen Entscheidungen zum Behandlungsabbruch und -verzicht: Während diese aber in Italien in lediglich 4 % der Sterbefälle eine Rolle spielten, war dies in der Schweiz in 28 % aller Sterbesituationen der Fall. Fast ebenso wichtig waren Entscheide zur Schmerzlinderung bzw. Linderung von Symptomen mit möglicherweise lebensverkürzender Wirkung: Hier liegt Dänemark mit 26 % vor der Schweiz und Belgien mit je 22 % und Italien mit 19 %. Die aktive Sterbehilfe und Suizidbeihilfe war in Italien quasi inexistent, in den Niederlanden spielte sie in 3,4 %, in Belgien bei 1,8 % aller Sterbefälle eine Rolle; in der Schweiz lag der Anteil bei 1 %.
Zusammenfassend lässt sich das Nord-Süd-Gefälle in Europa mit dem Titel "Quality of Life- versus Sanctity of Life-Ansichten" überschreiben, wobei die stärkere Gewichtung der Lebensqualität nicht automatisch mit der Beachtung der Selbstbestimmung des sterbenden Patienten einhergeht. Kausalitäten lassen sich aufgrund der Daten nur vermuten: Der Einfluss kultureller, religiöser und weiterer Faktoren auf Entscheidungsmuster am Lebensende von Patienten bleibt näher zu klären. Dagegen lässt sich eindeutig sagen, dass die großen Herausforderungen heute im Bereich der Entscheidungen zum Behandlungsabbruch und -verzicht respektive bei Entscheidungen zur Anwendung schmerz- und symptomlindernder Mittel liegen; die Beihilfe zum Suizid und die aktive Sterbehilfe spielen dagegen quantitativ selbst dort eine untergeordnete Rolle, wo sie - wie in den Niederlanden und Belgien - strafrechtlich zumindest bei Einhaltung der Sorgfaltskriterien nicht verfolgt werden..
Sterbehilfedebatten in Frankreich, Deutschland und der Schweiz
Angesichts der erwähnten Differenzen erstaunt es wenig, dass auch die Auseinandersetzungen mit der Sterbehilfethematik in europäischen Ländern unterschiedlich verlaufen und sich grenzüberschreitende Verständigungsversuche komplex und schwierig gestalten. Exemplarisch sollen einige Hinweise zum Verlauf der Debatten in Frankreich, Deutschland und der Schweiz diese Komplexität verdeutlichen.
Frankreich
Die französische Debatte ist gegenwärtig von der öffentlichen Auseinandersetzung mit dem Fall von Vincent Humbert geprägt. Diese Situation ist insofern typisch auch für andere nationale Kontexte, als das öffentliche Interesse weniger durch kontinuierlich diskutierte Themen wie die Etablierung der palliativen Betreuung als vielmehr durch extreme Einzelfälle geweckt wird, die wie im Fall von Humbert dazu führen können, dass eine große Bevölkerungsmehrheit zugunsten einer Liberalisierung der aktiven Sterbehilfe eintritt. Es kommt allerdings auch vor, dass aufgrund einer negativen Einzelerfahrung die Stimmung zugunsten einer restriktiveren Haltung umschlagen kann, wie es in Deutschland der Zyankali-Handel Hans-Henning Attrotts oder in Frankreich die Publikation einer Suizidanleitung verursacht haben. Letztere hat 1987 zur Etablierung eines neuen Artikels im französischen code pénal geführt, der die Verleitung zur Selbsttötung explizit unter Strafe stellt.
Infolge eines schweren Verkehrsunfalls im Jahre 2000 lag der zwanzigjährige Vincent Humbert im Koma, aus dem er erst nach neun Monaten wieder aufwachte. Er war an allen vier Gliedmaßen gelähmt, wurde künstlich ernährt, konnte kaum mehr sehen, nicht mehr sprechen, einzig seinen Kopf und einen Finger leicht bewegen. Die ihm verbleibende Kommunikationsmöglichkeit nutzte er, um während seiner letzten drei Lebensjahre über das Diktieren einzelner Buchstaben die Erlaubnis zu erbitten, seinem Leben ein Ende setzen zu dürfen. Einen Tag vor dem Versuch seiner Mutter, das Leben ihres Sohnes mit einer Injektion von Barbituraten zu beenden, erschien sein Buch.
Dieses Einzelschicksal rief unterschiedliche Reaktionen in Öffentlichkeit, Politik und Ärzteschaft hervor. Auf eine erste öffentliche Solidarisierungswelle mit der angeklagten Mutter und der Forderung, nunmehr die aktive Sterbehilfe gesetzlich neu zu regeln, reagierte der französische Premierminister Jean-Pierre Raffarin mit dem inzwischen häufig zitierten Wort: "On ne peut pas gouverner ou légiférer sur de situations spécifiques. (...). La vie n'appartient pas aux politiques."
Hinsichtlich der geltenden rechtlichen Regelung bzw. Rechtsprechung ist hervorzuheben, dass sowohl die aktive Sterbehilfe (als absichtliche Tötung) als auch die Beihilfe zum Suizid (im Sinne einer unterlassenen Hilfeleistung und Vernachlässigung der Garantenpflicht) verboten sind, während die Praxis des Behandlungsverzichts und -abbruchs wie auch der palliativen Betreuung über ärztliche Richtlinien geregelt sind.
Deutschland
Im Unterschied zu Frankreich kennt das deutsche Strafrecht ein ausdrückliches Verbot der Tötung auf Verlangen. Obgleich auch hier seit dem 18. Jahrhundert der Straftatbestand des Suizids inklusive der Beihilfe aus dem Strafgesetzbuch (bzw. dem damaligen Preußischen Landrecht) ersatzlos gestrichen wurden, wird die Beihilfe zum Suizid mit Hinweis auf unterlassene Hilfeleistung bzw. Garantenpflicht der Ärzteschaft wie in Frankreich gerichtlich verfolgt. Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) in diesem Bereich ist in juristischen Fachkreisen umstritten, jedoch gegenwärtig kaum Thema öffentlicher Debatten.
Große Aufmerksamkeit hat ein Urteil des BGH von 2003 auf sich gezogen, in welchem die Berücksichtigung von Patientenverfügungen bei Entscheidungen zur Einstellung der künstlichen Ernährung am Beispiel eines Patienten im chronisch vegetativen Zustand
Die Diskussionen in Deutschland sind nach wie vor von der Erinnerung an die Verbrechen der Nationalsozialisten geprägt, die bislang öffentlich und insbesondere wissenschaftlich im Sinne einer Integration der Erinnerungen in die gegenwärtigen Auseinandersetzungen nur bedingt "aufgearbeitet" wurden.
Die Schweiz
Gemäß MELS-Studie zeichnet sich die schweizerische Situation durch einen generell sehr hohen Anteil von Entscheidungen zum Behandlungsabbruch und -verzicht, durch offene Kommunikation und eine hohe Rate von Fällen der Beihilfe zum Suizid aus. Entsprechend sind die öffentlichen und politischen Debatten vom Wunsch nach einer transparenten Regelung der passiven und indirekten Sterbehilfe, der Förderung der palliativen Betreuung und einer Klärung der Praxis der Beihilfe zum Suizid geprägt.
Die Möglichkeit einer Liberalisierung der strafrechtlich wie in Deutschland verbotenen aktiven Sterbehilfe im Sinne der Einführung einer Strafbefreiungsklausel wurde in Regierung und Parlament diskutiert und 2001 vorerst abgelehnt. Die Praxis der Beihilfe zum Suizid hingegen wird aufgrund einer schweizerischen Besonderheit im Strafrecht nur dann verfolgt, wenn sich der oder die Helfende bei der Tat durch selbstsüchtige Beweggründe leiten lässt. Diese Formulierung, die 1948 ins (erste) gesamtschweizerische Strafrecht aufgenommen wurde und seit einigen Jahren im medizinischen Kontext Anwendung findet, war ursprünglich als eine restriktivere Lösung gedacht, als sie in Deutschland oder Frankreich gegeben war, insofern unter bestimmten Bedingungen die Möglichkeit der Strafverfolgung bestehen bleiben sollte.
Bei der Gestaltung dieser Gesetze wird es wesentlich auf die Festlegung der Rolle sowohl der Sterbehilfegesellschaften als auch der Ärzteschaft ankommen: Bislang folgt die schweizerische Praxis dem Modell des Bilanzsuizids (des "Right to die" bzw. "Right to be left alone"): Grundgedanke ist das liberale Recht auf die Beendigung des eigenen Lebens, wobei keine direkte Verbindung zu medizinischen Entscheidungen hergestellt wird und dadurch die Rolle der Ärztinnen und Ärzte peripher bleibt.
Daneben ist die Regierung 2004 vom Parlament damit beauftragt worden, Maßnahmen zur Etablierung der palliativen Betreuung zu treffen und sowohl den Bereich des Behandlungsverzichts und -abbruchs als auch der indirekten Sterbehilfe gesetzlich zu regeln. Während die Verbindlichkeit von Patientenverfügungen bereits in einigen kantonalen Gesundheitsgesetzen festgehalten ist, wird dies gegenwärtig anlässlich einer Revision des Schweizerischen Zivilgesetzbuchs gemeinsam mit der Etablierung der Möglichkeit, eine Vertretungsperson in medizinischen Angelegenheiten ernennen zu können, auch auf nationaler Ebene geregelt. Schließlich bleibt zu erwähnen, dass die seit 1976 bestehenden Richtlinien der Schweizerischen Akademie der medizinischen Wissenschaften 2004 in überarbeiteter Fassung vorgelegt und zur Diskussion gestellt wurden.
Chancen einer interkulturellen europäischen Ethik?
Die Diagnose scheint eindeutig: Je umfangreicher die medizinischen Möglichkeiten werden, desto mehr medizinische Entscheidungen sind am Lebensende zu fällen. Dabei wird die Frage, was heute zu einem menschenwürdigen oder guten Sterben beigetragen werden kann, auf dreifache Weise beantwortet: Erstens durch die Verbesserung der palliativen Betreuung, zweitens durch einen angemesseneren Einsatz vorhandener diagnostischer und therapeutischer Maßnahmen und drittens durch die Ermöglichung der Beihilfe zum Suizid und/oder der Tötung auf Verlangen. Diese Reaktionen bringen unterschiedliche politische und rechtliche Herausforderungen für die europäischen Gesellschaften mit sich und werden aus ethischer Sicht sehr unterschiedlich bewertet. Darüber hinaus ist klar, dass zwar die im Bereich der Sterbehilfe diskutierten Themen überall ähnlich sind, die Praxis der Entscheidfindung am Lebensende, die darin zum Ausdruck kommenden Gewohnheiten, Ansichten und ethischen Bewertungen, die rechtlichen Regelungen bzw. die Rechtssprechung dagegen unterschiedlich ausfallen.
Wie sind angesichts dieser Diagnose die Chancen und Grenzen einer gemeinsamen Ausrichtung bzw. gemeinsamer europäischer Richtlinien einzuschätzen? Zunächst möchte ich festhalten, dass die Ausgangslage - wie auch bei anderen bioethisch umstrittenen Themen wie der Embryonenforschung oder der Präimplantationsdiagnostik - sehr heterogen ist. Dies macht bereits die Darstellung der drei Länderdebatten deutlich und würde noch deutlicher, wenn z.B. Berichte aus den Niederlanden, Belgien, Großbritannien und Polen hinzugenommen würden. Angesichts dessen kann eine interkulturelle europäische Ethik im Bereich der Sterbehilfe zunächst einmal lediglich aufgrund einer Einigung über grundlegende bioethische Prinzipien angestrebt werden, welche in den jeweiligen nationalen Kontexten und spezifischen medizinischen Bereiche konkretisiert werden müssen. Die Auswahl wesentlicher Prinzipien kann sich beispielsweise an den vier in den USA geprägten bioethischen Prinzipien der Autonomie, Gerechtigkeit, Fürsorge und des Nicht-Schadens orientieren
Ein minimaler Konsens darüber, was angesichts der erwähnten Prinzipien die Wahrung der Würde im Sterben umfassen sollte, dürfte auch im heterogenen Europa bezüglich folgender Forderungen zu erzielen sein: Schmerzen und Leiden zu lindern, die bestmögliche Lebensqualität der Patienten sowie die Unterstützung der Angehörigen zu gewährleisten, die Selbstbestimmung und Persönlichkeit der Sterbenden zu achten, zwecklosen diagnostischen und therapeutischen Aktivismus zu vermeiden, und vor allem: Sterbende nicht alleine zu lassen.