Einleitung
Seit dem Ende der Apartheid 1994 hat Südafrika eine beispiellose Karriere gemacht: Vom geächteten "Stinktier der Welt"
Außenpolitisch trat die neue, demokratisch gewählte Regierung des African National Congress (ANC) mit dem Ziel an, ein "guter globaler Bürger" zu sein. Bereits 1993 hatte der spätere Präsident Nelson Mandela die grundlegenden Werte benannt, die von nun an Südafrikas Außenpolitik leiten sollten. Dazu gehören der Schutz der Menschenrechte, die Verbreitung der Demokratie, gewaltfreie Konfliktlösungen, verstärkte regionale und internationale Kooperation und die Hinwendung zum afrikanischen Kontinent.
Auf der anderen Seite hofften die Vereinigten Staaten und andere Regierungen im Norden, dass das "neue" Südafrika mit seinen politischen, diplomatischen und militärischen Fähigkeiten, seiner Wirtschaftskraft und dem hohen internationalen Vertrauensvorschuss Orientierung für einen ganzen Kontinent geben würde, der in vielerlei Hinsicht seine Richtung verloren hatte. Erwartet wurde, so Jack Spence, "eine konstruktive und dynamische Rolle, sowohl auf regionaler als auch auf globaler Ebene".
Merkmale einer regionalen Führungsmacht
Seit einigen Jahren spielt die Frage nach der Bedeutung "neuer" regionaler Führungsmächte in der deutschen und internationalen Forschung eine zunehmende Rolle.
Zum einen kann bei der Frage "Was macht eine regionale Führungsmacht zur Führungsmacht?" die Anwendung materieller Machtressourcen (politisch, wirtschaftlich, militärisch), zum anderen die ideelle Führung einer Region untersucht werden. Dabei wird zwischen verschiedenen Politikfeldern wie Sicherheits- oder Wirtschaftspolitik unterschieden. Die Mehrzahl der Autoren definiert Mittelmächte oder regionale Führungsmächte nicht allein über objektive Kriterien wie Machtmittel (Bruttoinlandsprodukt, Truppenstärke etc.), um sie von weniger einflussreichen Staaten abzugrenzen, sondern als selbstgeschaffene Identität oder Ideologie für außenpolitisches Handeln.
Schließlich ist die Bezugsgröße entscheidend: Die Rolle Südafrikas in der "Kernregion", dem südlichen Afrika (markiert durch die Mitgliedschaft in der Regionalorganisation Southern African Development Community, SADC), wird unterschieden von der in ganz Afrika. Es zeigt sich, dass Südafrika zwar insgesamt eine regionale Führungsposition einnimmt, diese aber in verschiedenen Politikfeldern unterschiedlich ausfüllt. Zudem schränken ein widersprüchliches Selbstbild, interne Herausforderungen und die mangelnde Akzeptanz in der Region diese Position deutlich ein.
Materielle Machtressourcen
Trotz oftmals völlig unterschiedlicher Untersuchungsansätze besteht in der Forschung Einigkeit darin, dass eine regionale Führungsmacht prinzipiell über Größe und Ressourcen verfügen muss, um eine Region beeinflussen bzw. die Nachbarstaaten führen zu können. Dies scheint im Fall von Südafrika sowohl für das südliche Afrika als auch für den gesamten Kontinent gegeben: Zwar steht das Land gemessen an der Bevölkerungsgröße mit ca. 49 Millionen Einwohnerinnen und Einwohnern international "nur" an 25. Stelle, in Afrika ist es aber hinter Nigeria, Äthiopien, Ägypten und der Demokratischen Republik Kongo das fünftgrößte, im südlichen Afrika sogar das zweitgrößte Land.
Entscheidend ist allerdings seine wirtschaftliche und politische Bedeutung. Südafrika verfügt als einziges Land des subsaharischen Afrikas über eine international wettbewerbsfähige Industrie und trägt in Kaufkraftparitäten ca. 32 Prozent zum gesamten Bruttoinlandsprodukt (BIP) von Afrika bei. Das BIP Südafrikas ist fast viermal größter als das der zweitgrößten Ökonomie Ägypten.
Im Hinblick auf die militärische Leistungskraft fällt das Bild gemischter aus, trotzdem gilt die South African National Defence Force als eine der schlagkräftigsten auf dem Kontinent. Die Streitkräfte beschäftigen 59 800 Soldaten, weniger als etwa Nigeria mit knapp 80 000 Soldaten, dafür sind die Militärausgaben mit 3,53 Millionen US-Dollar (2006) im afrikanischen Vergleich sehr hoch.
Seit 1994 hat das vormals isolierte Südafrika mehr als 40 diplomatische Vertretungen in Afrika eröffnet und die Zahl der bilateralen Kommissionen stark erhöht. Im Jahr 2007 bestanden 13 solcher Kommissionen, unter anderem mit Marokko, dem einzigen afrikanischen Staat, der nicht Mitglied der 2002 gegründete African Union ist.
Am bemerkenswertesten ist die Ausbreitung der südafrikanischen Wirtschaft in Afrika und hier vor allem im südlichen Afrika. Der Handel mit dem Rest des Kontinents erhöhte sich zwischen 1993 und 2003 um 328 Prozent. Südafrikas Direktinvestitionen im Ausland stiegen von 8 Milliarden Rand 1996 auf 26 Milliarden im Jahr 2000. Im Handel mit dem afrikanischen Kontinent erzielt das Land einen großen Überschuss: 2003 standen Importen im Wert von 13 Milliarden Rand Exporte in Höhe von 39 Milliarden gegenüber.
Führungsanspruch und Akzeptanz in der Region
Zwei Hauptelemente prägen die ehrgeizigen internationalen Bemühungen des Landes seit dem Ende der Apartheid: zum einen die eigene friedliche Transformation, zum anderen die afrikanische Identität. Während erstere ein demokratisches Gemeinwesen hervorbrachte, ist letztere eine starke Triebkraft sowohl für den Kampf gegen die "globale Apartheid", also die Ungleichheit zwischen Nord und Süd, als auch für die Vertretung Afrikas auf globaler Ebene sowie das große Engagement auf dem afrikanischen Kontinent selbst.
Südafrikas erster demokratisch gewählter Präsident Nelson Mandela vertrat eine explizit normengeleitete Außenpolitik. Bereits 1992 erklärte er, die zentrale außenpolitische Aufgabe Südafrikas sei es, "ein Freund jeder Nation in der Welt zu sein".
Auf dem afrikanischen Kontinent hat das Land seitdem in erster Linie eine "Strategie der kooperativen Hegemonie"
Neben AU, NEPAD und SADC ist die Zollunion des südlichen Afrika (South African Customs Union, SACU) ein Beispiel dafür: Die gesamten Einnahmen der ältesten Zollgemeinschaft der Welt werden unter den Mitgliedern Südafrika, Botswana, Lesotho, Swasiland und Namibia aufgeteilt. Der Verteilungsschlüssel bevorzugt die kleinen Staaten der Union überproportional, eine Tatsache, die in Südafrika teilweise als eine versteckte Form der Entwicklungshilfe wahrgenommen wird und zumindest dem südafrikanischen Finanzministerium beständig ein Dorn im Auge ist. Schließlich finanziert Südafrika zu einem wesentlichen Teil das Panafrikanische Parlament der AU mit Sitz im südafrikanischen Midrand. Diese signifikanten Vorleistungen zur Bildung multilateraler Organisationen und das Vorangehen innerhalb der Institutionen müssen als Führungsanspruch der südafrikanischen Regierung sowohl im südlichen Afrika als auch auf dem gesamten Kontinent gewertet werden.
Die Einbindung in multilaterale Institutionen auf dem afrikanischen Kontinent zeigt sich auch deutlich in der Sicherheits- und Militärpolitik - die neue afrikanische Friedens- und Sicherheitsarchitektur hat eine starke südafrikanische Prägung. Auch hier machte ein Ereignis schon früh die Begrenzungen südafrikanischer Vorherrschaft und die mangelnde Akzeptanz nationaler Alleingänge deutlich: Im September 1998 marschierten 600 südafrikanische Soldaten im kleinen Nachbarstaat Lesotho ein, um gewaltsame Ausschreitungen nach umstrittenen Parlamentswahlen zu beenden. "Operation Boleas" wurde zwar durch 200 Soldaten aus Botswana unterstützt und hastig als SADC-Einsatz ausgewiesen. Das de facto unilaterale Vorgehen wurde aber von anderen Nachbarn kritisiert und verminderte die regionale Akzeptanz von Südafrikas Führerschaft.
Ein weiterer Beleg für das regionale Engagement Südafrikas sind die zahlreichen Vermittlungsbemühungen der Präsidenten Mandela und Mbeki. Erfolgreich verliefen diese in dem Konflikt zwischen Angola und Simbabwe 1994 und bei internen Krisen in der DR Kongo seit 1999 sowie in Burundi seit 2000. Im AU-Rahmen ist Südafrika zudem einer der engagiertesten Truppensteller. Zu Beginn 2009 stellte die südafrikanische Armee ungefähr 3400 Soldaten für UN- und AU-Missionen auf dem afrikanischen Kontinent ab. Weniger erfolgreich verliefen die diplomatischen Bemühungen in Nigeria (1995), Marokko und Westsahara (1996), Zaire (1997) sowie in jüngster Zeit in Simbabwe und Swasiland.
Ganz anders stellt sich das Bild bei der Expansion südafrikanischer Unternehmen dar, die durch die Politik flankiert wird: In Handelsfragen hat Südafrika häufig aus Eigeninteresse und ohne Rücksichtnahme gehandelt. So weigerte sich das Land im Dezember 2007, das Economic Partnership Agreement (EPA) zu unterzeichnen, das die anderen SACU-Partner mit der Europäischen Union (EU) ausgehandelt hatten. Die Regierung erklärte, dass wesentliche Teile des Abkommens dem Land die Freiheit bei der Gestaltung seines Handelsregimes nähmen und somit der heimischen Wirtschaft schaden könnten. Die eigenmächtige Entscheidung führte zu Spannungen mit den von Botswana angeführten anderen SACU-Mitgliedern, die zu einer Vereinbarung mit den Europäern kommen wollten. Bereits im Jahr 1999 hatte Südafrika gegen das SACU-Abkommen verstoßen und ein bilaterales Freihandelsabkommen mit der EU unterzeichnet, ohne die Partner zu konsultieren.
Mit Südafrikas dominierender Industrie im Rücken setzte sich Präsident Mbeki auch auf regionaler Ebene für die Liberalisierung der Handelsregime ein. So sind die SADC-Zollunion und -Freihandelszone vor allem im Interesse der südafrikanischen Industrie, die mehr als zwei Drittel des gesamten BIPs der SADC erwirtschaftet. Auch die erwogene Harmonisierung der Vorschriften in der SADC und den beiden anderen Regionalorganisationen COMESA (Common Market for Eastern and Southern Africa) und EAC (East African Community) kann vor diesem Hintergrund gesehen werden.
Bei den Nachbarn besteht erhebliches Misstrauen, dass Südafrika den Abbau der Zollgrenzen einseitig zum Vorteil der eigenen Großkonzerne ausnutzen könnte. So schützte das Land seine Textilindustrie über nichttarifäre Handelshemmnisse (Ursprungsregeln) gegenüber Importen aus anderen SADC-Ländern wie zum Beispiel Malawi, während die Regierung gleichzeitig massiv auf den Abbau der Zölle drängte.
Beschränkung südafrikanischer Hegemonie
Der damalige Präsident Mbeki vermied die Formulierung eines allzu deutlichen Führungsanspruchs in Afrika. Seine Regierung war geradezu übervorsichtig, nicht als "regionaler Rüpel" oder Hegemon dazustehen. Die offizielle Sprachregelung lautet vielmehr bis heute, "Verantwortung" für den Kontinent zu übernehmen. Neben den Vorbehalten gegenüber der wirtschaftlichen Dominanz Südafrikas muss die Führungsfunktion des Landes aus weiteren Gründen als eingeschränkt gelten:
Südafrika trägt schwer an dem historischen Ballast des Apartheidregimes. Mit seiner Politik der regionalen Destabilisierung verursachte dieses bei den Nachbarn ein tiefsitzendes Misstrauen. Aus diesem Grund verbietet es sich für südafrikanische Entscheidungsträger bis heute, einen Führungsanspruch offensiv zu formulieren. Dies hat in der Konsequenz zu einem widersprüchlichen Selbstbild im Hinblick auf regionale Führung geführt.
Die Staatschefs anderer Länder wie Simbabwe und Angola oder auf kontinentaler Ebene Libyen und Nigeria verfolgen eigene hegemoniale Interessen. Als Beispiel kann die Rivalität zwischen Südafrika und Simbabwe um die Führerschaft im SADC-Organ für Politik, Verteidigung und Sicherheit gelten. Noch 2003 kam Maxi Schoeman zu dem Schluss: "Simbabwe wird noch immer als ein (wenn nicht der) politische(r) Anführer in der Subregion angesehen."
Im subsaharischen Afrika wird oftmals Nigeria, das ebenfalls stark in AU-Friedensmissionen engagiert ist, als Sprecher Afrikas betrachtet. Die von Südafrika vertretenen liberaldemokratischen Werte werden oftmals mit dem Norden in Verbindung gebracht. Autoritär regierende Herrscher haben zudem naturgemäß nur geringes Interesse an der Verbreitung demokratischer Werte. Südafrikas Postapartheid-Demokratie wird demzufolge keineswegs von allen Staats- und Regierungschefs in Afrika als Vorbild akzeptiert.
Die materiellen Kapazitäten Südafrikas für Friedensmissionen, diplomatische Aktivitäten und eine Führungsrolle auf dem Kontinent wurden im In- und Ausland überschätzt. Innenpolitische Probleme wie massive Armut, Ungleichheit und Arbeitslosigkeit binden die meisten Ressourcen des Landes. Demgemäß waren die fünf Prioritäten des ANC im Wahlkampf vor den Parlamentswahlen im April 2009 Bildung, Gesundheit, Kriminalitätsbekämpfung, Beschäftigung und ländliche Entwicklung (und nicht Außenpolitik).
Im Laufe der Zeit hat sich gezeigt, dass das Eintreten für die Menschenrechte auch in Südafrika mit nationalen Interessen abgewogen wird. Die Weigerung Mbekis, das simbabwische Regime unter Robert Mugabe zu kritisieren, oder als nichtständiges Mitglied im UN-Sicherheitsrat (von 2007 bis Ende 2008) einer Verurteilung der Regime in Myanmar, Sudan und Simbabwe zuzustimmen, haben der moralischen Autorität der Regenbogennation Schaden zugefügt.
Demgegenüber hat die südafrikanische Regierung ihren Führungsanspruch auf der globalen Ebene sehr viel deutlicher artikuliert. Auch ist die Akzeptanz der Führungsrolle im Norden schon immer höher gewesen als in Afrika selbst. Durch den friedlichen Umbruch, die Beteiligung an multilateralen Friedensmissionen und Entscheidungen wie die Beendigung des Atomwaffenprogramms aus Apartheidzeiten genoss Südafrika einen hohen Vertrauensvorschuss. Diesen nutzte die Regierung, um als globaler Brückenbauer zwischen Nord und Süd und im Laufe der Zeit immer stärker als Sprecher Afrikas aufzutreten.
Mit dem Begriff der "afrikanischen Wiedergeburt" war Thabo Mbeki lange Zeit sehr erfolgreich darin, den Kontinent auf die Tagesordnung internationaler Gipfel und Konferenzen zu bringen. Schon seit langem betont Südafrika die Notwendigkeit einer Reform der Strukturen globaler Regierungsführung, um die "globale Apartheid" zu überwinden. Deutlichster Ausdruck des Führungsanspruchs auf globaler Ebene ist das Bestreben Südafrikas, im Zuge der UN-Reform einen permanenten Sitz im Sicherheitsrat zu erhalten. Dieses Anliegen wird indes ebenfalls keineswegs von allen afrikanischen Staaten unterstützt.
Südafrika - eingeschränkte Führungsmacht
Seit dem demokratischen Übergang agiert Südafrika in Afrika und - noch viel stärker - im südlichen Afrika als regionale Führungsmacht. Die regionale Führung des Landes unterliegt allerdings gravierenden Einschränkungen und äußert sich in verschiedenen Politikfeldern unterschiedlich. Gerade in der unmittelbaren Phase nach dem Ende der Apartheid bildete die normative Orientierung an Frieden, Menschenrechten, Demokratie und Multilateralismus den Kern südafrikanischer Außenpolitik. Das Land war am Aufbau der neuen Architektur des afrikanischen Kontinents maßgeblich beteiligt, hat wesentlich zur Schaffung von Institutionen wie AU, NEPAD, SADC beigetragen und leistet bis heute überproportionale Beiträge zur Stärkung dieser Institutionen. Diese Strategie kann als "kooperative Hegemonie" und als Ausdruck eines Führungsanspruchs verstanden werden, der nicht nur den Interessen Südafrikas, sondern des gesamten Kontinents dient.
Vor allem die Mbeki-Regierung war darum bemüht, auf keinen Fall als "regionaler Bulldozer" dazustehen. Dies umso mehr, als das Verhalten in Wirtschafts- und Handelsfragen nicht durchgehend als kooperative Hegemonie gedeutet werden kann. Zwar hat Südafrika versucht, die Interessen des Südens zu vertreten (z.B. im Rahmen der Welthandelsorganisation), allerdings besteht eine signifikante Interessendivergenz mit den meisten Ländern Afrikas im Bereich der Handelsliberalisierung.
Das Abwägen zwischen Werten und Interessen ist ein normaler Prozess der Außenpolitik. Im Fall von Südafrika hat dieser Prozess der Normalisierung allerdings zu Widersprüchlichkeit und zur Entwertung des eigenen "moralischen Kapitals" geführt. Gerade die Haltung im Bezug auf Menschenrechte macht dies deutlich: Nicht selten kollidiert deren Förderung mit Normen afrikanischer Solidarität. Trotz der Institutionalisierung der Menschenrechte durch die AU und die afrikanische Charta der Menschenrechte, mannigfaltige Beteiligung an Friedensmissionen und der Unterstützung des Internationalen Strafgerichtshofs ist Südafrika in Fällen wie Simbabwe oder Sudan zurückhaltend geblieben. Diese Entwicklung südafrikanischer Außenpolitik ist wohl nicht nur der zunehmenden Sozialisierung mit Normen der Süd-Süd-Kooperation geschuldet, sondern auch der eigenen zwiespältigen Identität und der Einsicht, dass die eigenen Mittel beschränkt sind. In der Euphorie der Postapartheidzeit wurden die südafrikanischen Machtressourcen im In- und Ausland weit überschätzt.
Unterschiede zeigen sich auf subregionaler, regionaler und globaler Ebene: Auf wirtschaftlichem und militärischem Gebiet muss Südafrika gerade im südlichen Afrika als Führungsmacht gesehen werden. Interne Herausforderungen und mangelnde Akzeptanz setzen seinem Einfluss jedoch Grenzen. Auch im Hinblick auf Gesamtafrika kann das Land als regionale Führungsmacht betrachtet werden. Doch auch hier ist eine Differenzierung nach Politikfeldern notwendig: Die Führung durch "kooperative Hegemonie" in multilateralen Organisationen ist auf dem Gebiet der Sicherheitspolitik am stärksten ausgeprägt. Schließlich wird Südafrikas regionale Führungsrolle weltweit stärker akzeptiert als von den Staaten in der Region selbst. Es ist allerdings auch hier eine Normalisierung eingetreten: Das Land steht nicht mehr, wie noch den 1990er Jahren, als "Liebling"
Wie geht es nun weiter mit Südafrikas Rolle als regionale Führungsmacht? In den Mühen der Ebene werden nun wohl weniger große Konzepte wie die "afrikanische Wiedergeburt" auf der Agenda stehen. Es ist abzusehen, dass Südafrika neben globalen Aktivitäten, zum Beispiel als Mitglied der G20, einen (noch) stärkeren Akzent auf seine unmittelbare Umgebung, also das südliche Afrika, legen wird. Dies deutet der Staatsbesuch von Präsident Jacob Zuma beim subregionalen Rivalen Angola an, zu dem lange Zeit schlechte Beziehungen bestanden. Südafrika wird außerdem weiter eine tragende Rolle in den multilateralen Institutionen des Kontinents spielen, sei es im Hinblick auf regionale Integration, Vermittlung oder Friedensmissionen.
Das Spannungsverhältnis zwischen verschiedenen Identitäten und die ambivalente Haltung zur Hegemonie werden auf absehbare Zeit bestehen bleiben: Die vorgesehene Gründung der South African Development Partnership Agency deutet zwar an,