Einleitung
Für das Konzept der zivilen Gesellschaft in Ostmitteleuropa gibt es zwei Schlüsselbegriffe, Selbstorganisation und "Subjekthaftigkeit der Gesellschaft", die auf politische Traditionen und Erfahrungen historischer Zäsuren im Verhältnis von Gesellschaft und kommunistischen Machteliten (1956, 1968, 1976) verweisen. In Aufsätzen von Tadeusz Mazowiecki und Jiri Dienstbier, beide Repräsentanten der politischen Gegeneliten vor 1989 und der ersten Übergangsregierungen in Polen und der Tschechoslowakei, werden Rahmenbedingungen für die Bürgergesellschaft in Ostmitteleuropa formuliert, die auch für die westeuropäische Diskussion insbesondere hinsichtlich des bevorstehenden EU-Beitritts der beiden Staaten Anstöße bieten.
So beleuchtet Mazowiecki in einem Artikel aus dem Jahr 1979 "Tatbestände" der gemeinsamen europäischen Kultur, die in Polen im Konflikt über Menschenrechte, Öffentlichkeit und gesellschaftliche Selbstbestimmung, um Bedingungen für ein "authentisches gesellschaftliches Leben" und ein "ethisches Urteilsvermögen der Gesellschaft" zum Ausdruck kommen. Er hebt hervor, "daß alles (...) von der Kraft der Gesellschaft abhängt, von ihren geistigen Werten, von ihrer Klugheit bei der Geltendmachung der Menschenrechte und der Rechte der Nation"
Beide Akteure formulieren Besonderheiten des Denkstils und Handelns der demokratischen Gegeneliten: Sie betonen nicht strategische Motive und Macht als Handlungsorientierungen, sondern Wertbezüge des Handelns wie Wahrhaftigkeit, Würde und Solidarität. Eng damit verbunden ist die Suche nach einzulösenden Verfahrensregeln für Selbstorganisierung, Gerechtigkeit, Toleranz, Bürgersinn und Pluralismus. Das sind Schlüsselbegriffe einer eigenständigen ostmitteleuropäischen Version der Zivilgesellschaft, wie ich im Folgenden zeigen werde. Im ersten Teil stelle ich "1968" als historischen Wendepunkt für das Verhältnis von Eliten und Intelligenz in beiden Gesellschaften dar. Anschließend werden politische Annahmen erläutert, die für das ostmitteleuropäische Konzept der Zivilgesellschaft vor 1989 grundlegend waren. Im zweiten Teil untersuche ich den Bedeutungswandel, dem die zivile Gesellschaft nach 1989 unterliegt: vom ethischen Konzept des Widerstands zur kontroversen politischen Rahmendeutung im Elitenkampf. Schließlich beleuchte ich im dritten Teil neu entstehende kulturelle und politische Potenziale für Bürgerkultur, die sich in den vergangenen Jahren in Polen und der Tschechischen Republik herausgebildet hat.
Vom Umbruch "1968" zur Wiederbelebung zivilgesellschaftlicher Leitideen
Die Wiederbelebung zivilgesellschaftlicher Ansätze in der neueren Vergangenheit lässt sich für die ostmitteleuropäischen Länder an einem historischen Wendepunkt festmachen: 1968. Die Rückbesinnung auf die tschechische Geschichte und Tradition durch informelle Gruppen im Verlauf des "Prager Reform-Frühlings" reichte bis zur Aufarbeitung von Konzepten des ersten Präsidenten der Zwischenkriegs-Republik, Tomá G. Masaryk, zurück.
Gemeinsam ist diesen unabhängigen Initiativen, dass sie zur Annäherung früher getrennter Strömungen der kulturellen und wissenschaftlichen Intelligenz beitrugen. So erfolgte die Integration unterschiedlicher politischer Traditionen (wie undogmatischer Sozialismus, "neue" Metaphysik, liberal-konservative, nationale und katholische Ideenhorizonte) im Milieu der Dissidentenbewegungen.
Vor dem Hintergrund von "1968" waren die Initiativen für Bürgerrechte und Öffentlichkeit noch in einer weiteren Hinsicht von Bedeutung: Die neuen zivilgesellschaftlichen Akteure markierten den Bruch zwischen kommunistischer Partei und Intelligenz, der sich in Polen nach 1968 in einem drastischen Niedergang des Revisionismus zeigte. In der Tschechoslowakei gipfelte die militärische Unterdrückung des Reformkommunismus in einer Politik der "Normalisierung", die mit der Abwendung der meisten Intellektuellen vom Parteikommunismus einherging. Das Ende des Revisionismus und die Wiederbelebung von zivilgesellschaftlichen Ideen fallen also im Verlauf der siebziger Jahre zusammen.
Die Idee einer selbst organisierten Gesellschaft, die zuerst öffentlich wirksam von KOR-Akteuren in den siebziger Jahren verbreitet und in der Tschechoslowakei von den dissidentischen Gegeneliten geteilt wurde,
Das Selbstbewusstsein und die polnische Erfahrung einer eigenständigen Tradition des Denkens über eine zukünftige Gesellschaft von Bürgern kam in Debatten über einzulösende Wertprämissen der sozialen Gerechtigkeit, Würde und Forderungen nach individuellen Bürgerrechten zum Ausdruck.
Für die Wiederaneignung von polnischen Traditionen der zivilen Gesellschaft durch Kuron' und Michnik, neben Mazowiecki die beiden wichtigsten Protagonisten des polnischen zivilgesellschaftlichen Denkens vor 1989, war hingegen eine andere Tradition einflussreich: die Konzeption der Gesellschaft als politisches Subjekt, die von dem Sozialisten Edward Abramowski um die Jahrhundertwende formuliert worden ist.
Die Verbindung von Gemeinschaftserfahrungen und sozialethischen Handlungsnormen bestimmte auch die Vorstellungen der Akteure von Charta 77 in der C SSR. Die Themenbildung und die Aktionsformen dieser Bürgerinitiative beruhten auf Elementen der unabhängigen Kultur, die allerdings im Unterschied zu Polen auf einem niedrigerem Niveau Ansätze für eine unabhängige Öffentlichkeit lieferte. Kennzeichnend für das politische Denken der Gründungsmitglieder waren normative Orientierungen wie Humanität, Wahrheit, Würde und Gerechtigkeit und der "Glaube an den Sinn bürgerlichen Engagements", wie es in der Gründungserklärung vom 1. Januar 1977 heißt. Die Charta 77 war eine "freie informelle und offene Gemeinschaft von Menschen verschiedener Überzeugungen, verschiedener Religionen und verschiedener Berufe, verbunden durch den Willen, sich einzeln und gemeinsam für die Respektierung der Bürger- und Menschenrechte"
Die Bezugnahme auf Erfahrungen und demokratische Ideen des tschechischen Staatsgründers Masaryk spielte in Artikeln und Stellungnahmen von Schlüsselfiguren der Charta 77 eine entscheidende Rolle. Die Wiederbelebung von zivilgesellschaftlichen Normen erfolgte teilweise direkt durch eine Aktualisierung der Konzepte Masaryks. So formulierte Jan Patocka, einer der ersten Sprecher der Charta 77, Humanität und Gerechtigkeit als (politische) Maßstäbe des verantwortlichen Handelns: "In diesem Sinn bedeutet Humanität Aufforderung zur sozialen Praxis (...) (und eine) Übernahme der mit ihr verbundenen Aufgaben einer gesellschaftlichen Reorganisation im Geiste von Gleichheit und Gerechtigkeit, vor allem aber konfrontiert sie uns mit dem Sinn."
Kennzeichnend für die unterschiedlichen Initiativen im Anschluss an Masaryk im Jahr 1968 und durch die Bürgerrechtsbewegung Charta 77 war, dass Ideen der Bürgergesellschaft auf dem Weg des gewaltfreien Handelns Verbreitung finden sollten.
Die bisherigen Ausführungen lassen sich unter vergleichenden Gesichtspunkten zusammenfassen, welche die Rolle zivilgesellschaftlicher Akteure und Verfahrensregeln für den demokratischen Transformationsprozess in Ostmitteleuropa unterstreichen.
Gemeinsam war den Selbstverständigungsdiskursen vor 1989, dass ein ethisches Konzept der Bürgergesellschaft in Abgrenzung gegenüber den kommunistischen Machteliten vertreten wurde. Die von den neuen politischen Gegeneliten gewählten Idealnormen einer zukünftigen Bürgergesellschaft sind unter einem Doppelaspekt zu sehen: Einmal handelte es sich um identitätsorientierende Rahmendeutungen. Danach erfüllten Toleranz, Würde, Gerechtigkeit, Wahrhaftigkeit und moralische Auffassungen von Politik zuerst die Rolle von Konsensbedingungen für die sozialen Sammlungsbewegungen. Darüber hinaus handelte es sich jedoch auch um Elemente einer Handlungsstrategie, wonach sich Wertprämissen der zivilen Gesellschaft mit politischen Handlungsimperativen verbinden ließen, wie Selbstorganisierung, Pluralismus, "selbstbeschränkte Revolution" (Kuron'), "Neuer Evolutionismus" (Michnik), "Dialog" (Charta 77, Solidarnos'c') und Gewaltlosigkeit (KOR, Solidarnos'c', Charta 77, Bürgerforum).
In vergleichender Sicht ist aufschlussreich, dass für die kollektiven Mobilisierungsprozesse vor und während der Rund-Tisch-Verhandlungen zwischen kommunistischen Machteliten und den Bürgerbewegungen Rahmendeutungen zivilgesellschaftlichen Denkens einflussreich waren. Damit wird auch eine in der vergleichenden Transitionsforschung verbreitete Auffassung relativiert: die Vorstellung eines Elitenpakts. Die Rund-Tisch-Gespräche gründeten zwar in beiden Ländern in ihren Ergebnissen auf Pakt-Vorstellungen zwischen den Machteliten und den dissidentischen Gegeneliten. Für die Vorgeschichte, den Verlauf und die Dynamik der Verhandlungen war allerdings die kristallisierende Wirkung von zivilgesellschaftlichen Deutungsmustern grundlegend: Die mobilisierende Rolle von politischen Schlüsselwörtern wie Würde, Gerechtigkeit, Selbstorganisation und Pluralismus bestand gerade darin, dass sie 1988 und 1989 eine schrittweise Verbindung von moralischen und pragmatischen Handlungsmaßstäben im politischen Denken der Gegeneliten ermöglichten. So war die Ebene der Verständigung nach den Erfahrungsberichten beteiligter Akteure des Bürgerkomitees Solidarnos'c' und des tschechischen Bürgerforums für den Erfolg der Rund-Tisch-Abkommen in Warschau und Prag wichtiger als Handlungskalküle nach dem Muster des politischen Elitenwettbewerbs. Macht und Konfrontation traten als Rahmenbegriffe im politischen Diskurs hinter Dialog, Pluralismus und "evolutionären" Lösungen (Geremek, Michnik, Kuron', Havel, Benda) zurück. Die Rund-Tisch-Verhandlungen können daher in beiden Ländern trotz unterschiedlicher Vorgeschichte und Verläufe als Modelle zivilgesellschaftlichen Handelns bestimmt werden, die sich sowohl in der Arbeitsweise (Öffentlichkeit exemplarisch herstellen) als auch in zentralen Ergebnissen (Pluralismus, garantierte bürgerliche Grundrechte) niederschlugen.
Von der ethischen Version der Zivilgesellschaft zu den Nicht-Regierungs-Organisationen
Seit 1989 unterliegt das Konzept der Zivilgesellschaft einem Bedeutungswandel, der durch veränderte politische Rahmenbedingungen und neue Akteurskonstellationen in den informellen Gruppen und Nicht-Regierungs-Organisationen bestimmt ist. Die international übliche Bezeichnung bzw. Abkürzung "NGO" war anfangs nicht verbreitet. In Polen zeichneten sich in der Phase von 1989/1990 bis 1994 Bürgeraktivitäten ab, die im Ausmaß des Engagements und den Zielen politisch waren (Bürgerkomitees der Solidarnos'c', lokale Bürgerkomitees, Gruppe Neutrum, Fraueninitiativen, Komitees für ein Referendum zum Abtreibungsgesetz). Im Rückblick hebt ein Akteur den spontanen Charakter der Mobilisierungsformen und der Organisationsbildung aus der Übergangsphase hervor, die in der Herausbildung einer eigenen Infrastruktur zur Dokumentation und Vernetzung der informellen Gruppen gipfelte.
Gesetzliche Reformen zur Stellung von Verbänden und Vereinigungen wurden in Polen bereits nach dem Abschluss der Rund-Tisch-Verhandlungen im April und Mai 1989 beschlossen. Die Regierung Mazowiecki setzte einen Schwerpunkt ihrer Reformpolitik auf die Herausbildung der lokalen Selbstverwaltung: Diese und die "freien Vereine der Bürger bedeuten nunmehr im Rahmen des demokratischen Staates die Verwirklichung des einstigen Ideals der Civil society"
Im Gegensatz zu Polen wurde in der Tschechoslowakei und seit 1993 in der Tschechischen Republik die konkrete Ausführung rechtlicher Bestimmungen aufgeschoben. Kontroversen zwischen den neuen Elitenfraktionen über das Verhältnis von Staat und Regierung zu den unabhängigen Vereinigungen waren ebenso für diese Entwicklung bestimmend wie die Polarisierung der tschechischen (partei)politischen Szene.
Einige freiwillige Organisationen arbeiteten nach 1990 im Bildungsbereich und in der Gesundheitsversorgung, also in jenen Bereichen, die vom kommunistischen Regime vernachlässigt worden waren. Dazu zählten auch Felder, in denen sich neue Vereinigungen auf bestimmte Klientengruppen spezialisieren konnten, wie zum Beispiel Drogenabhängige, Obdachlose, Arme und AIDS-Kranke. Darüber hinaus bildeten sich in beiden Transformationsgesellschaften eine größere Anzahl von unabhängigen Initiativen, die lokale Probleme aufgriffen oder Umweltfragen thematisierten, wie die Folgen durch Überschwemmungen von Flüssen und Umweltbelastungen durch Kraftwerke.
Neue Potenziale für Bürgerkultur
Die unabhängigen Initiativen erfüllen in beiden Ländern intermediäre Aufgaben eines Akteurs, der die Gegensätze zwischen Staat und Gesellschaft überwindet: Durch Teilnahme am öffentlichen Leben wird aus einem "Klienten" ein Bürger.
Die öffentliche Wirkung der freiwilligen Vereinigungen und Bürgerinitiativen in beiden Ländern besteht schließlich darin, dass neue Akteure die Elemente des politischen Stils, des Selbstinteresses, des Konformismus und der Patronage offen legen. Ein Mitglied der polnischen Gruppe von "Transparency International" bezeichnet mit den folgenden Fragen zutreffend das kulturelle Erbe der Korruption: "Weil es in Polen eine schlechte Sache gibt: (eine seit) der VRP [Volksrepublik Polen, H.F.] schlecht verstandene Loyalität. (...) Soll der Politiker seiner Partei und seinem Parteifreund gegenüber loyal sein? Soll er den Wählern und dem Staat gegenüber loyal sein?"
Eng verbunden mit dem Fremdbild der neuen politischen Eliten als "korrupt", "selbstinteressiert" und machtgierig ist das negative Stereotyp vom "Betrug der politischen Eliten". Hierbei richtet sich die Kritik der Bürgergruppierungen und NGOs zuerst gegen diejenigen neuen Machteliten, die vor 1989 Leitideen der zivilen Gesellschaft vertreten hatten. Ein zentraler Vorwurf, der in Polen und der Tschechischen Republik in der unabhängigen Öffentlichkeit geäußert wird, zielt auf die "Unglaubwürdigkeit" der neuen Elitenrepräsentanten: Sie erscheinen unglaubwürdig, weil sie ihre früher gewählten politischen Handlungs- und Wertorientierungen aufgegeben haben.
Im Unterschied zu elitedemokratischen Strategien des Machtwettbewerbs werden Prozesse der politischen Meinungs- und Willensbildung in den nicht-staatlichen Organisationen akzeptiert, in Verfahrensmaßstäbe übersetzt und als offen bestimmt: Es sind "fließende" Prozesse, wonach politische Institutionalisierung im lokalen Raum ansetzt. Die Netzwerke von informellen Institutionen und freiwilligen Initiativen in Polen und der Tschechischen Republik erscheinen im Hinblick auf die Mobilisierung der öffentlichen Meinung den neuen parteipolitischen Eliten überlegen. Die Komitees für ein Referendum über das Abtreibungsrecht mit über zwei Millionen Unterschriften im Winter 1992/93 sind ein Fallbeispiel. Die Bürgerinitiative zur Verteidigung der Unabhängigkeit des öffentlich-rechtlichen Fernsehens im Winter 2000/2001 in Prag und die Wirkung von "Transparency International" in Warschau, von NGOs und "Impulse 99" in der Tschechischen Republik mit einer Unterschriftensammlung von über 100 000 Sympathisanten unterstreichen ebenfalls den hervorgehobenen politischen Stellenwert von freiwilligen Vereinigungen. Dabei zeigte sich, dass "Impulse 99" und die Komitees für ein Referendum zum Abtreibungsrecht nicht nur als "Ein-Thema"-Bewegungen agierten. In den Konflikten über die Abtreibungsgesetzgebung und in der Auseinandersetzung mit den Machtstrategien der politischen Führungsgruppen wurde eine Verallgemeinerung der Ziele erreicht: durch Plädoyers für die Einlösung von Bürgerrechten, Pluralismus und Toleranz als Grundlagen für die demokratische Kultur.
Schlussbemerkungen
Die Nicht-Regierungs-Organisationen und Bürgerinitiativen der neunziger Jahre sind nicht mit den politischen Gegeneliten vor 1989 vergleichbar. Ihre Handlungsweise entspricht nicht der Entwicklungslogik sozialer Bewegungen (wie KOR, Solidarnos'c', Charta 77 und Bürgerforum). Sie entwickeln in der Regel auch keine umfassenden utopischen Entwürfe, wie die universellen, auf Gemeinschaft und Versammlungsfreiheiten abstellenden normativen Entwürfe der zivilen Gesellschaft vor 1989. Gleichwohl fungieren NGOs in zahlreichen Fällen heute als Träger von Bürgerorientierungen, wie Bürgersinn, direkte politische Beteiligung und Selbstorganisierung. Freiwillige Vereinigungen wie die Komitees für ein Referendum in Polen (1992/93) oder "Impulse 99" in der Tschechischen Republik sind symbolischer und öffentlicher Ausdruck für Legitimitätskonflikte: Es geht um Probleme der Neubestimmung von Verfahrensregeln der Politik, des Rechts, der Unabhängigkeit der Massenmedien ("Rywingate", Prager Fernsehstreit 2000/2001) und der Transparenz staatlichen Handelns. Es geht um die Suche nach praktikablen Formen für Kompromissbildung, Toleranz, "Ehrlichkeit" (Mazowiecki, Geremek, Havel) und Selbstorganisierung. Das sind normative Orientierungen und Regeln, die in der Welt der neuen Machteliten weitgehend ignoriert werden.
Alternativen werden außerhalb und am Rand der parteipolitischen Arena artikuliert, wie der jüngst von der "Freiheits-Union" (UW) veröffentlichten Erklärung zur allgemeinen Vertrauenskrise und Korruption zu entnehmen ist: "Ein ehrlicher Staat beginnt konsequent mit der rechtlichen Erziehung der Bürger und der Achtung vor dem Gesetz. (...) Ein ehrlicher Staat ist der Staat ehrlicher Bürger."
In beiden angeführten Aufrufen wird auf ähnliche Krisen reagiert, und zwar auf Wegen, die zu den klassischen Formen zivilgesellschaftlichen Handelns vor 1989 zählten. Unter diesen Gesichtspunkten repräsentieren die Initiativen für eine neue Bürgerkultur Elemente der "republikanischen Tradition"