I. Einleitung
Wir haben "lauter dritte Wege"
Vielfach ist von einem deutschen Sonderweg die Rede, von einem "deutschen Weg"
Zunächst sei an drei weit auseinanderliegenden Beispielen die schillernde Konnotation des Begriffs vom Dritten Weg verdeutlicht: Dieser findet aktuelle Verwendung im Ausland, nahm bei einem deutschen Politikwissenschaftler eine tragende Rolle ein, und einige Zeitschriften schmücken sich mit dem Namen des Dritten Weges. Auf Arbeiten, die den Terminus in einem unspezifischen Sinne verwenden, wird nicht eingegangen.
Beispiel 1: Auch wenn der Dritte Weg häufig als deutsche Gesellschaftsidee
Beispiel 2: Es war der Berliner Politikwissenschaftler Ossip K. Flechtheim (1909-1998), der nicht müde wurde, den Begriff des Dritten Weges zu proklamieren
Beispiel 3: Mehrere Zeitschriften tragen den Begriff des Dritten Weges in ihrem Titel. Zwischen 1959 und Anfang 1964 erschien das Periodikum "Der dritte Weg. Zeitschrift für modernen Sozialismus"
antiwestlich
Bereits diese Aufzählung, die auf einen sektiererischen Zug bei Vertretern eines Dritten Weges hindeutet, zeigt die Notwendigkeit der Strukturierung. Unser Beitrag will, ohne Vollständigkeit anzustreben, erstens einen Überblick über die verschiedenen Dritten Wege geben (Kapitel II). Dabei ist es unvermeidlich, einige ähnlich gelagerte Konzeptionen zusammenzufassen. So kommt man zu insgesamt sechs Varianten. Zweitens soll eine vergleichende Systematisierung angestellt werden - vornehmlich unter dem Aspekt, was eigentlich mit dem jeweiligen ersten und dem zweiten Weg gemeint sei (Kapitel III). Wo finden sich Unterschiede, wo Parallelen? In welchem Verhältnis stehen die verschiedenen Positionen des Dritten Weges zueinander? Wie praxisrelevant sind sie? Zunächst geht es um Deskription, danach mehr um Präskription.
II. Dritte Wege - der Versuch eines strukturierenden Überblicks
1. Modernisierung der Sozialdemokratie
Um den politischen Kurs der "New Democrats" knapp zu benennen, führten Berater Bill Clintons Anfang der neunziger Jahre einen Begriff wieder in die öffentliche Debatte ein, der nach dem Ende des Ost-West-Konflikts keine Perspektiven für die Linke zu bieten schien
Die Politik des Dritten Weges reagiert nach Giddens auf drei zentrale Herausforderungen, mit denen die modernen Industriegesellschaften konfrontiert seien: auf Globalisierung, technologischen Wandel und Individualisierung. Dabei versteht der Londoner Soziologe die Politik des Dritten Weges nicht als "Philosophie der Straßenmitte". Stattdessen stelle sie den Versuch dar, "zu entdecken, wie man die links von der Mitte vertretenen Wertorientierungen auf diese in fundamentaler Veränderung begriffene Welt anwenden kann"
Innerhalb kurzer Zeit hat sich um Giddens' Thesen und um das "Schröder-Blair-Papier", eine Denkschrift vom Juni 1999, die eine programmatische Neuorientierung der europäischen Sozialdemokratie auf der Grundlage des Dritten Weges propagierte, nicht nur in Europas demokratischen Linksparteien, sondern auch in Medien und Sozialwissenschaften eine heftige Debatte entsponnen
Die wenigsten Kritiker stießen sich indes an der Formel selbst
2. Vordenker der Sozialen Marktwirtschaft
Die beiden Wirtschafts- und Sozialwissenschaftler Wilhelm Röpke und Alexander Rüstow, die während der nationalsozialistischen Herrschaft Deutschland verließen und an der Universität Istanbul lehrten, machten sich in den dreißiger und vierziger Jahren Gedanken über die "Grundfragen der Gesellschafts- und Wirtschaftsreform", über Alternativen oder sogar eine Synthese "zwischen Kapitalismus und Kommunismus"
Die Väter dieser so genannten neo- oder ordoliberalen Schule - Mitbegründer und Vordenker der Sozialen Marktwirtschaft - standen in einer älteren Tradition. Zu den frühen Vertretern eines Dritten Weges als "Verbindung einer marktwirtschaftlichen Ordnung mit sozialpolitischer Verantwortung"
In den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts strebte der Sozialökonom Franz Oppenheimer nach einem Weg zwischen Kapitalismus und Kommunismus, nach einer Aufhebung des Gegensatzes zwischen Freiheit und Gleichheit. Eines seiner Werke trug den programmatischen Titel "Weder so - noch so. Der dritte Weg" (1933). Im Mittelpunkt seines recht diffusen "liberalen Sozialismus" stand die Beschränkung von Monopolbildungen. Sein agrozentrisches und schon zu seiner Zeit anachronistisches Programm sah eine Aufhebung der "Bodensperre" vor, um jedem Staatsbürger den freien Zugang zur Nutzung des Bodens zu ermöglichen und so eine wirklich freie Konkurrenz auch im industriellen Bereich herbeizuführen
Bereiteten die verschiedenen wirtschaftspolitischen Dritte-Weg-Vorstellungen gedanklich mehr oder weniger den Boden für die Soziale Marktwirtschaft, so wirkte Röpke nach 1945 in Zusammenarbeit mit Ludwig Erhard an deren Umsetzung mit
3. Sozialismusrevisionen und -rezeptionen
Einer der ersten Vertreter einer Wirtschaftsdemokratie zur schrittweisen, evolutionären Überwindung des Kapitalismus war Eduard Bernstein, der Vater des "Revisionismus" - ein Begriff, der ähnlich dem des Dritten Weges im Verlauf seiner Wirkungsgeschichte mehrdeutiger wurde
Die Schule der Austromarxisten, zu deren Hauptvertretern Max Adler, Otto Bauer und Karl Renner zählten, bemühte sich in Österreich am Beginn des 20. Jahrhunderts um eine Versöhnung von Reformismus und Bolschewismus mit dem Ziel, die Spaltung der internationalen Arbeiterbewegung aufzuheben. "Es gilt", schrieb Bauer Anfang der dreißiger Jahre, "über die erstarrten Anschauungen des demokratischen Sozialismus und des Kommunismus hinwegschreitend einen integralen Sozialismus zu entwickeln, der die geschichtlich gewordenen Besonderheiten und Beschränktheiten beider zu überwinden vermag, um beide in sich aufzunehmen."
Unter
Der Eurokommunismus stellt das Pendant zum Reformkommunismus
4. Opposition in der DDR
Auch den Widerständigen in der DDR schwebte eine Revision des Sozialismus vor: die des "real existierenden". Von den antistalinistischen Regimekritikern in den fünfziger bis zur Bürgerrechtsbewegung in den achtziger Jahren dominierten bei den ostdeutschen Oppositionellen Vorstellungen eines Dritten Weges. Noch nach dem Fall der Mauer hielten Persönlichkeiten wie Ulrike Poppe, Friedrich Schorlemmer oder Konrad Weiß an der Überzeugung von der Reformfähigkeit der DDR fest. Ende November 1989 unterzeichneten sie den "Aufruf für unser Land", in dem es hieß: "Noch haben wir die Chance, in gleichberechtigter Nachbarschaft zu allen Staaten Europas eine sozialistische Alternative zur Bundesrepublik zu entwickeln. Noch können wir uns besinnen auf die antifaschistischen und humanistischen Ideale, von denen wir einst ausgegangen sind."
Sie wollten einen "modernen", "humanen", "freien", "demokratischen" Sozialismus schaffen. Von dieser Warte aus kritisierten sie den stalinistisch-bürokratisch deformierten Sozialismus wie den egoistischen Kapitalismus. Kraft bezogen ihre Dritte-Weg-Konzepte, die alles andere als konkret waren, aus der Überzeugung, dass die Realität in den kommunistisch regierten Staaten nicht der marxistischen Theorie entsprach, Anspruch und Wirklichkeit eklatant auseinanderklafften. Von den Konzeptionen zur Zeit der "friedlichen Revolution" über diejenigen Robert Havemanns und Rudolf Bahros zurück zu Wolfgang Harichs "Plattform für einen besonderen deutschen Weg zum Sozialismus" begründeten die Oppositionellen ihre Forderung nach einem Dritten Weg damit, erst durch ihn würde der wirkliche Sozialismus umgesetzt
5. Ideen einer Pax Germanica
So einig sich die DDR-Opposition - ungeachtet aller sonstigen Heterogenität - im Eintreten für einen gesellschaftspolitischen Dritten Weg war, so energisch lehnte ihr überwiegender Teil ein wiedervereinigtes Deutschland ab. Nur eine Minderheit konnte sich deshalb mit den Ideen der so genannten Nationalneutralisten anfreunden, die für ein vereintes Deutschland als Brücke zwischen Ost und West, außerhalb von NATO und Warschauer Pakt, kämpften
Während zweier Phasen erlebte der Nationalneutralismus seine Blüte, auch wenn er insgesamt ein randständiges Phänomen blieb: Die erste dauerte von 1945 bis zum NATO-Beitritt 1955
Abgesehen von der Gegnerschaft zur außenpolitisch-militärischen Westintegration und dem Streben nach einem wiedervereinigten Deutschland außerhalb der Blöcke unterschieden sich die einzelnen Vertreter dieser Strömung in vielfältiger Weise voneinander. Nicht zuletzt fühlten sich die einen dem politischen System der Bundesrepublik und ihrer Gesellschaftsordnung verpflichtet, während die anderen über einen außen- und sicherheitspolitischen Dritten Weg hinaus einen gesellschaftlich-ideologischen Neutralismus befürworteten, gar den deutschen Eigen- oder "Sonderweg" fortsetzen wollten. Beide Richtungen blieben Außenseiterpositionen, auch wenn die Verschränkung neutraler, nationaler und pazifistischer Haltungen einen gewissen Reiz ausübte. Die Schwäche und das Scheitern der Nationalneutralisten spiegeln in besonders deutlicher Weise den Bruch der Bundesrepublik mit dem viel beschworenen antiliberalen, antiwestlichen und antidemokratischen "Sonderweg", ja mit der deutschen Geschichte selbst wider. Was Wirklichkeit wurde, war 1945 nicht absehbar: Eine deutsche Schaukelpolitik zwischen Ost und West sollte es nach dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr geben. Ebensowenig wie die Nationalneutralisten konnten sich die Anhänger eines Euroneutralismus, eines "Dritte-Kraft"-Europa, einer Wiederbelebung der Mitteleuropa-Idee oder einer "Europäisierung Europas" mit ihren heterogenen Dritte-Weg-Konzepten durchsetzen
6. Staats- und Regierungstätigkeit in der Bundesrepublik
Wenige Dritte Wege sind über Denkmodelle hinausgelangt und verwirklicht worden. Es mag vor diesem Hintergrund für manchen desillusionierten Dritte-Weg-Anhänger einen Trost bedeuten, dass der Heidelberger Politikwissenschaftler Manfred G. Schmidt aufgrund vergleichender Untersuchungen
Schmidts
III. Dritte Wege - der Versuch eines bewertenden Vergleichs
Diese Vorstellungen von Dritten Wegen sind ausgesprochen heterogen. Zum Teil schließen sie sich geradezu aus. Was für den einen Dritten Weg als Königsweg erscheint, stellt für den anderen einen Irrweg dar. So steht die Konzeption Röpkes von der Sozialen Marktwirtschaft in einem krassen Gegensatz zu der wirtschaftlichen Theorie des Austromarxismus oder des Reformkommunismus. Und die Oppositionellen in der DDR wollten mit ihrem Dritten Weg eigens an einer reformsozialistisch mutierten DDR festhalten, während die Verfechter des Neutralismus ihren Dritten Weg eben gerade in einer Wiedervereinigung Deutschlands sahen, wobei dieses allerdings keinem Bündnissystem angehören sollte (und hier zeigt sich eine Nähe beider Positionen).
Wer dem jeweiligen Dritten Weg den entsprechenden ersten und zweiten Weg gegenüberstellt, kann auf diese Weise die spezifischen Bezugspunkte besser erkennen. Bezeichnenderweise ist viel von einem Dritten, jedoch wenig von einem ersten oder zweiten Weg die Rede. Für die erste Variante - den Dritten Weg von Giddens - gilt, dass sie sich vom Neoliberalismus ebenso abzusetzen sucht wie von der traditionellen Sozialdemokratie. Die zweite, welche die Soziale Marktwirtschaft direkt oder indirekt befürwortet, bezieht gegen den Manchesterliberalismus und die Planwirtschaft Stellung. Die dritte Variante, die auf Sozialismusrevisonen zielt, will sich von der westlichen Demokratie und dem Kommunismus "orthodoxer" Prägung gleichermaßen abheben. Die vierte - die Opposition in der DDR - legte in mancher Hinsicht ebenso Äquidistanz gegenüber den beiden vorgenannten Richtungen an den Tag
Das erste und das sechste Modell bezieht sich auf unterschiedliche Präferenzen im demokratischen Verfassungsstaat. Im Vergleich zu den anderen Dritten Wegen wird hier dem ersten und dem zweiten Weg nicht das Prädikat "demokratisch" abgesprochen. Es leuchtet schwerlich ein, dass diese beiden Modelle, die sich auf die Praxis demokratischer Verfassungsstaaten positiv einlassen, mit dem Terminus des Dritten Weges in Verbindung gebracht werden. Diese Bezeichnung schwächt ihre Seriösität.
Alle wesentlichen politischen Strömungen haben Anteil an den Dritten Wegen. Fast jede Variante fällt in den Grenzbereich von Wirtschaft und Politik. Einige sind stärker wirtschaftlich, andere eher politisch ausgerichtet. Allerdings gibt es auch kulturkritische Topoi, die sich als Unterströmungen bei manchen Vertretern Dritter Wege in Deutschland finden - sei es als Reaktion auf eine forcierte Westbindung, sei es als Folge alter Traditionen, z. B. eines Sonderbewusstseins. Dies gilt etwa für die Anhänger eines von Ost und West unabhängigen Gesamtdeutschland. Allerdings muss unterschieden werden zwischen jenen, die wegen des Wunsches nach einem neutralen Deutschland "nur" die außenpolitische Westorientierung ablehnten, und den Befürwortern einer neuen Gesellschaftsform jenseits von "westlichem Kapitalismus" und "östlichem Kollektivismus"
Was auffällt, ist die vielfach mangelnde Praxisrelevanz der Befürworter eines Dritten Weges. Daher wäre es oftmals treffender, statt von einem Dritten Weg nur von einer Dritten Idee zu sprechen. Betrachtet man die erwähnten sechs Positionen genauer, so sind einige Dritte Wege niemals in die Wirklichkeit umgesetzt worden. Das gilt für die Vorstellungen der DDR-Opposition wie für die der Neutralisten und einige Sozialismusrevisionen (z. B. die Konzeption der Eurokommunisten).
Verfechter von Dritten Wegen neigen dazu, ihre Positionen in ein helles und die der anderen in ein Zwielicht zu rücken. Wer daran interessiert ist, eine neue Konzeption zu legitimieren, gerät in diese Versuchung und kultiviert Unterschiede. So gewinnt die Diskussion über den richtigen Weg der Sozialdemokratie ihre Brisanz wohl auch dadurch, dass zum Teil ein "Popanz" aufgebaut wird. Der Vergleich, den manche Verfechter des Dritten Weges anstellen, ist deshalb so problematisch, weil die Ebenen nicht stimmen. Mitunter wird die eigene (hehre) Theorie mit der (kruden) Wirklichkeit des ersten oder zweiten Weges verglichen, die Theorie gegen die Wirklichkeit ausgespielt. Was war damit gewonnen, dass Theoretiker des Eurokommunismus ihre Prinzipien der Praxis westlicher Demokratien gegenübergestellt haben? Insofern zielen solche Vergleiche - direkt oder indirekt - auf eine Delegitimierung des demokratischen Verfassungsstaates.
Ralf Dahrendorf wunderte sich deshalb darüber, wie wenig die Geschichte der diversen Dritten Wege Giddens und die neuen Reformpolitiker abschreckte. Zu Recht erinnerte er an die Verwendung des Begriffs durch Faschisten oder Strömungen innerhalb des Kommunismus. "In der Regel", resümierte Dahrendorf, "war der Dritte Weg ein antidemokratischer Weg mit korporatistischen oder syndikalistischen Zügen."
Bei der Bewertung der Dritten Wege muss berücksichtigt werden, ob sie sich in einem demokratischen Umfeld entwickeln können oder ob sie in einer Diktatur entstanden sind. Im letzten Fall gebot es die Klugheit, taktische Konzessionen zu machen und Anleihen bei Prinzipien zu nehmen, auf die sich die Herrschenden auch beriefen. Zudem waren die in einer Diktatur lebenden Verfechter eines Dritten Weges häufig auf die dortige Wirklichkeit fixiert, vermochten sich ein Ende der Diktatur nicht vorzustellen. Allerdings weichen die Vorstellungen Oppositioneller in der DDR der achtziger Jahre deutlich von denen in Polen und der Tschechoslowakei ab, die dem Konzept eines Dritten Weges weit zurückhaltender gegenüberstanden. Viele Repräsentanten eines Dritten Weges wollen nach dem Ende der Diktatur von "ihrem" Dritten Weg wenig oder nichts mehr wissen. So heißt es bei Vera Lengsfeld selbstkritisch: "Die Chance eines dritten Weges hat für die DDR nie bestanden. Weil die Bürgerrechtsbewegung aber an dieser Vision festhielt, entzog das Volk ihr in der ersten freien Volkskammerwahl die Unterstützung."
Ein Teil der Dritte-Weg-Konzeptionen krankt daran, dass ihre Bestandteile nicht miteinander kompatibel sind. Dies gilt etwa für den Reform- und für den Eurokommunismus. Der "orthodoxe" Kommunismus erkannte dies und konnte sich gerade deshalb so lange halten, weil er nicht der Versuchung zu einem gewissen Pluralismus nachgab. Einige Dritte Wege stehen deutlich näher zu dem ersten Weg (hier verstanden im Sinne einer demokratischen Ausrichtung), andere hingegen stärker zu dem eines zweiten (im Sinne einer antidemokratischen Position). Manche sind wegen der Heterogenität der Positionen dazwischen angesiedelt. Das trifft für die DDR-Opposition wie für die Anhänger eines vereinigten und neutralen Deutschlands zu.
Die Verfechter Dritter Wege haben ihre Gegner immer wieder herausgefordert und diese indirekt zu Reformen ermuntert. Auch so gerieten bestimmte Dritte Wege zunehmend in eine Randexistenz. Die von ihnen abgelehnten Konzeptionen hatten allerdings oft nicht die ihr unterstellten Defizite. Es bedarf - umgekehrt - einer Prüfung, ob manche Dritte Wege tatsächlich auf eine neue Politik zielen oder ob nicht bloß alter Wein in neuen Schläuchen präsentiert wird, wie das für die grassierende Debatte um Giddens gilt.
Was die Relevanz der verschiedenen Dritten Wege betrifft, so ist es damit nicht immer gut bestellt. Schließlich war manches Thema - wie die Neutralitätsdiskussion - eher randständig. Aktuell ist die Debatte um die Modernisierung der SPD und die zur Staats- und Regierungstätigkeit in der Bundesrepublik. Die Bestrebungen der DDR-Opposition gehören ebenso der Vergangenheit an wie die Diskussionen um ein einheitliches Deutschland unter neutralen Vorzeichen. In abgeschwächtem Maße gilt dies ebenso für sozialistische Revisionismusversuche, die ins Hintertreffen geraten sind. Hingegen hat sich die Soziale Marktwirtschaft abermals durchgesetzt.
IV. Fazit
Das Fazit kann kurz ausfallen: Der wenig trennscharfe Begriff des Dritten Weges ist höchst schillernd. Unterschiedliche Strömungen berufen sich auf ihn. Damit wird er jedoch zur Bezeichnung einer Richtung weitgehend unbrauchbar. Zu verschiedenartig sind die Konnotationen. Was mit dem ersten und zweiten Weg gemeint ist, bleibt häufig verborgen. Die Zahl der Dritten Wege, die meistens keine Umsetzung erfahren haben, ist Legion. Die sechs analysierten Dritten (Haupt-) Wege (gabeln sich wieder in Seitenwege.
Der Terminus des Dritten Weges erscheint als eine "vieldeutige Bezeichnung" - gleich ob selbst oder von anderen gewählt, kritisch oder affirmativ genutzt - für allerlei "Startbahnen, Holzwege oder gar Traumpfade"