Einleitung
Slowenien gilt seit dem Beitritt 2004 weithin als Musterland der Europäischen Union. Doch die slowenische Gesellschaft ist mehr denn je mit den traumatischen Ereignissen der Jahre 1941 bis 1946 beschäftigt. Die deutsche Reichsregierung unter Adolf Hitler verfolgte bis 1938 mit wirtschaftsimperialistischen Methoden eine Südosteuropa-Politik, die in der Tradition der wilhelminischen Zeit und der späten Weimarer Republik stand: Südosteuropa sollte als "Ergänzungsraum" einer von Deutschland beherrschten Großraumwirtschaft auch in Kriegszeiten billig und zuverlässig Rohstoffe und Agrarprodukte liefern. Nach der Annexion Österreichs 1938 und der "Zerschlagung" der Tschechoslowakei 1939 nahm der deutsche Druck auf die südosteuropäischen Staaten zu. Ungarn, die Slowakei, Rumänien und Bulgarien schlossen sich dem Dreimächtepakt Deutschlands, Italiens und Japans vom September 1940 an und dienten als Aufmarschgebiete und Nachschubzonen für den bevorstehenden Russland-Krieg.
Ende Juni 1940 begannen die Operationsplanungen für den deutschen Überfall, mit dem im Frühjahr 1941 "Russland erledigt" werden sollte. Am 25. März 1941 erklärte sich die Regierung des Königreichs Jugoslawien bereit, dem Dreimächtepakt beizutreten. Doch ein unblutiger Putsch, unterstützt vom britischen Geheimdienst und von antifaschistischen Kundgebungen in der Hauptstadt Beograd, durchkreuzten Hitlers Pläne. Die neue Zivilregierung unter Ministerpräsident Dusan Simovic betonte zwar umgehend, der Umsturz sei nicht gegen Berlin gerichtet gewesen und die bisherige Außenpolitik werde fortgesetzt, doch für Hitler stand fest, Jugoslawien nun "militärisch und als Staatsgebilde zu zerschlagen" und dabei "mit unerbittlicher Härte" vorzugehen. So begann am 6. April ohne Kriegserklärung die Bombardierung Beograds. Der Einmarsch nach Jugoslawien erfolgte von Italien, Kärnten, der Steiermark, von Ungarn, Rumänien, Bulgarien und Albanien aus. Nach elf Tagen kapitulierte Jugoslawien. Das Gebiet des heutigen Slowenien wurde besetzt. Ungarn erhielt den östlichen Streifen der "Drau-Banschaft", das so genannte Übermurgebiet jenseits der Mura, die Batschka und Baranja nordwestlich von Donau und Theiß, und schloss diese Gebiete im Dezember 1941 dem ungarischen Staatsgebiet an. Italien besetzte den Westen des Banat mit der Hauptstadt Ljubljana sowie Teile Dalmatiens und installierte die Provincia di Lubiana mit einem anfangs relativ milden Regime. Zunächst blieb die slowenische Infrastruktur unangetastet; die politischen Parteien wurden indes verboten. Dies hatte zur Folge, dass aus den deutschen und ungarischen Besatzungsgebieten innerhalb eines halben Jahres gut 20 000 Menschen in die Provincia flohen. Doch auch die italienische Okkupation zielte wie die deutsche und ungarische auf die Auslöschung alles Slowenischen. Bis zur Kapitulation Italiens am 8. September 1943 wurden bis zu 6 000 Menschen in der Provincia ermordet und 30 000 in Konzentrationslager deportiert.
Deutschland okkupierte Oberkrain und die Untersteiermark und schloss diese Gebiete dem Gau Kärnten und dem Gau Obersteiermark an. Die Besatzungspolitik folgte der am 26. April 1941 in Maribor ausgesprochenen Anweisung Hitlers, das Land "wieder deutsch zu machen". Personen- und Ortsnamen wurden eingedeutscht, der Gebrauch der slowenischen Sprache wurde verboten, sämtliches Eigentum des Staates, der Kirche, der Deportierten und der Habsburger beschlagnahmt. Eine Meldepflicht und die Schließung der slowenischen Schulen, Vereine und Gewerkschaften kamen hinzu. Bereits am 18. April 1941 hatte Heinrich Himmler als "Reichskommissar zur Festigung des deutschen Volkstums" Richtlinien festgelegt, die bewirken sollten, die gesamte slowenische Intelligenz, alle nach 1914 eingewanderten slowenischen Familien, alle Bewohner des Sava-Sotla-Gebietes und die Dorfbewohner der Südsteiermark auszuweisen, "zum überwiegenden Teil wohl meistens bis zu 90 und mehr Prozent". Die restliche Bevölkerung sollte einer "Fein-Auslese" unterzogen werden.
Wie in anderen von der Wehrmacht besetzten Gebieten nahmen die Mitarbeiter des Rasse- und Siedlungshauptamts der SS eine "rassische Musterung" der Bevölkerung vor. Es wurden Schädel vermessen, Kopfformen kontrolliert und der Körperbau nach 21 Eigenschaften katalogisiert. Mehr als 585 000 Sloweninnen und Slowenen mussten sich dieser Tortur unterziehen, das entspricht 73 Prozent der Sloweninnen und Slowenen im deutschen Besatzungsgebiet und fast der Hälfte der slowenischen Vorkriegsbevölkerung. Es sind im Wesentlichen zwei Gründe, weshalb die Konsequenzen dieses Vorgehens glimpflicher ausfielen, als es die ursprünglichen Umsiedlungspläne vorsahen. Zum einen waren die "Rasseexperten" vom Ergebnis ihrer Untersuchung überrascht: Während in Westpolen die "Eindeutschungsquote" auf fünf Prozent veranschlagt worden war, wurde sie bei der slowenischen Bevölkerung auf 50 Prozent festgelegt. Zum anderen unterbrach der bewaffnete slowenische Widerstand bereits am 6. August 1941 erstmals eine Deportation. Ein Jahr später wurden die Aussiedlungen aus der Untersteiermark wegen des Widerstandes ganz eingestellt. Bis zu 80 000 Sloweninnen und Slowenen wurden deportiert, überwiegend nach Deutschland zur Zwangsarbeit in der Industrie (mindestens 36 000 Menschen), teils zur "Wiedereindeutschung" ins "Altreich" (ca. 16 000), teils nach Kroatien und Serbien (ca. 16 800). Der Aderlass war für das soziale Gefüge erheblich: Über 90 Prozent der Geistlichen, über 84 Prozent der Ingenieure, zwei Drittel der Hochschullehrer, 45 Prozent der Ärzte und Apotheker und fast ein Viertel der Juristen wurden verschleppt.
Die "Umvolkung" betraf auch die "Gottschee-Deutschen". Ihre Organisationen hatten 1930 den 600-jährigen Bestand des Kolonisationsgebietes im Süden Krains gefeiert. Drei Jahre später bejubelten sie den Machtantritt Hitlers. Der überließ das Gebiet mit der Hauptstadt Kocevje (Gottschee), eine deutsche Sprachinsel ca. 60 Kilometer südöstlich der Hauptstadt Ljubljana (Laibach), Mussolini und befahl, die Gottschee-Deutschen "heim ins Reich" zu holen. Nur knapp 400 Angehörige blieben zurück, während rund 11 800 Menschen in das "Großdeutsche Reich" umsiedelten; 11 174 Menschen wurden Ende 1941/Anfang 1942 in das Gebiet zwischen Brezice (Rann) und dem Zusammenfluss von Sava und Sotla verbracht, wo durch Deportationen nach Deutschland Platz geschaffen worden war. Das verwaiste Gottscheegebiet, der Hornwald (Kocevski rog), wurde zum wichtigsten Rückzugsgebiet der slowenischen Partisanen.
Schon Ende April 1941, noch bevor es zur Organisation der Partisanen gekommen war, hatte die Wehrmacht die Anweisung erhalten, rücksichtslos jeden Widerstand zu brechen. Am 16. September erging der Befehl, für jeden von Partisanen verletzten Soldaten 50 Geiseln zu erschießen, für jeden getöteten Soldaten 100. Noch im Januar 1945 wurden nach der Ermordung eines namhaften Bürgers deutscher Herkunft aus Celje (Cilli) 100 Slowenen an Straßenbäumen erhängt. Himmler verständigte sich am 18. Dezember 1941 mit Hitler auf die Gleichbehandlung von Juden und Partisanen: Beide Gruppen seien "auszurotten". Die "Partisanenausrottung" (Himmler) oblag in der Alpen-Adria-Region in erster Linie der so genannten SS-Karstwehr. Diese war im oberfränkischen Pottenstein von dem Geologen und SS-Standartenführer Hans Brand zusammengestellt und trainiert worden. Brand, der in den 1920er Jahren die als "Teufelshöhle" bekannt gewordene Tropfsteinhöhle bei Pottenstein erschlossen hatte, erreichte bei seinem Freund Himmler, dass in Pottenstein 1942 eine Außenstelle des Konzentrationslagers Flossenbürg eingerichtet wurde. Zwischen Oktober 1942 und April 1945 waren mindestens 694 KZ-Insassen in Pottenstein inhaftiert. Mitten im Ort in der so genannten Magerscheune untergebracht, mussten sie Unterkünfte und Trainingsgelände für die Karstwehr bauen und Verbindungswege, einen Stausee und eine Stützmauer an der heutigen Bundesstraße 470 errichten. Fast die Hälfte der Gefangenen wurde zu Tode geschunden. Der "Staatlich anerkannte Luftkurort im Herzen der Fränkischen Schweiz" profitierte nach dem Krieg von der von den Häftlingen geschaffenen Infrastruktur.
Die Karstwehr kam seit August 1943 in Südkärnten, im adriatischen Küstengebiet und im slowenischen Karst zum Einsatz. Die Truppenstärke betrug im September 1944 fast 2000 Mann. Die "Partisanenausrottung" bestand darin, dass Dörfer in Schutt und Asche gelegt wurden. Die SS-Männer erschossen oder verbrannten die Menschen, derer sie habhaft wurden, und nur ausnahmsweise überließen sie Dorfbewohner, die sie als arbeitsfähig ansahen, der Deportation. Unter Brands Leitung hat die Truppe nachweislich mindestens elf Ortschaften im slowenischen Karstgebiet dem Erdboden gleichgemacht. Der Historiker Tone Ferenc (1927 - 2003) ist bereits vor 30 Jahren zu dem Schluss gekommen, dass keine andere SS-Einheit so viele und so grauenhafte Verbrechen an der Zivilbevölkerung beging wie die Karstwehr unter Brand. Die 1995 von der Staatsanwaltschaft Würzburg aufgenommenen, 2001 eingestellten Ermittlungen haben die Angaben von Ferenc bestätigt. Dennoch ist kein Angehöriger der SS-Karstwehr je zur Verantwortung gezogen worden. Die verhörten Veteranen, 134 an der Zahl, erinnerten sich nur an Gefechte, nicht an ihre Verbrechen - die typische Erinnerungsverweigerung einer Tätergesellschaft, wie sie der Dramatiker Peter Weiss in seinen Stücken Inferno und Die Ermittlung in den 1960er Jahren aufgezeigt hat. Von 1975 bis 1987 versammelten sich die Veteranen siebenmal in Pottenstein, um ihre Toten zu ehren und deftig zu feiern, jeweils drei, vier Tage lang.
Widerstand und Kollaboration
Für die Entfaltung eines alle politischen Lager umfassenden Widerstands in Slowenien gab es aus mehreren Gründen keine Chance. Erstens lehnten die Repräsentanten der bürgerlichen Vorkriegsregierung und -parteien jede Zusammenarbeit mit der Kommunistischen Partei Sloweniens (KPS) unter Hinweis auf deren Illegalität im Königreich Jugoslawien grundsätzlich ab. Zweitens war keine Einigung über die Frage der Rechtskontinuität des Königreichs zu erzielen. Die Bürgerlichen hielten an diesem Prinzip fest, die KPS negierte es. Drittens sprachen die Vorkriegseliten dem italienischen Kaiser Victor Emanuel III. und Benito Mussolini Anfang Mai 1941 ihre Loyalität aus und arbeiteten mit der Besatzungsmacht zusammen. Dies verurteilte die KPS als Verrat an den nationalen Interessen Sloweniens. Viertens wiederum vertraten die Kommunisten beim Aufbau der Partisanenbewegung einen Führungsanspruch, der für die antikommunistischen Politiker inakzeptabel war. Nichtkommunistische Widerstandsgruppen wurden so zwischen Besatzungsmacht und Partisanen zerrieben.
Zwar entstand Ende April 1941 unter der Führung der KPS ein "antiimperialistisches" Widerstandsbündnis mit linksbürgerlichen Kräften, dieses wurde jedoch nie aktiv. Vor dem Überfall auf die Sowjetunion am 22. Juni 1941 war die KPS unfähig, Widerstand gegen Deutschland zu betreiben. Erst am 11. Juli trat zum ersten Mal die Osvobodilna fronta (OF), die "Befreiungsfront", in Erscheinung. Aufgrund ihrer Erfahrung in der Illegalität, ihrer Organisationskraft und Entschlossenheit dominierten die Kommunisten die Befreiungsfront von Anfang an. Der organisatorische Aufbau vollzog sich rasch. Innerhalb eines Jahres entstanden Organe für die politische und militärische Leitung, für eine Gerichtsbarkeit, für Spionage, Sabotage und die Liquidierung von "Feinden des slowenischen Volkes". Ende 1942 schloss sich die OF der gesamtjugoslawischen Partisanenbewegung unter der Führung von Josip Broz Tito an. Als diese im Juni 1944 von den Alliierten anerkannt wurde, genoss auch die slowenische Befreiungsfront internationale Anerkennung und begann, Maßnahmen zum Aufbau einer neuen slowenischen Macht innerhalb eines föderativen Jugoslawien zu ergreifen.
Wer sich den Partisanen anschloss, ging "in den Wald". Der Wald wurde zum Symbol der Partisanen. Aus Sicht der Besatzer galt er als "bandenverseucht"; für die Widerständler war der Wald, vor allem der Kocevski rog, Rückzugsgebiet und Versammlungsort. Hier errichteten sie konspirativ ihre Infrastruktur, ihre politischen und militärischen Kommandozentralen, Schulen und Spitäler. Neben feindlichen Truppen und Denunzianten war der Mangel an Lebensnotwendigem der Hauptfeind der jugoslawischen Partisanen. Daher verordneten sie sich harte Regeln: 1. gnadenloser Kampf gegen die Okkupanten, 2. Ablehnung nationaler Gegensätze, 3. bedingungslose Fürsorge für Verletzte und Kranke sowie Einhaltung der Hygiene, 4. Verbot erotischer und sexueller Beziehungen in den Einheiten (diese vierte Regel galt in der OF nicht). Anfang 1944 gab es etwa 40 000 Partisanen. Worin lagen die Gründe für den großen Zulauf? Erstens trieb die Empörung über die Brutalität der Besatzer, die durch rassistische Musterung, Zwangsdeportationen und -rekrutierungen sowie Geiselerschießungen erfahrene Pein viele Slowenen "in den Wald". Zweitens stammten etliche Partisanen aus Familien im Küstengebiet, das nach dem Ersten Weltkrieg Italien zugeschlagen und einer massiven Italianisierung ausgesetzt worden war. Sie verstanden sich als Opfer und gingen hochmotiviert in den Kampf. Drittens kam die nationalistische Programmatik und Symbolik der OF der eher konservativ geprägten Bevölkerung entgegen. Mit ihrer Forderung nach "Befreiung und Vereinigung Sloweniens" knüpfte die Befreiungsfront an die nationalpolitischen Positionen an, denen auch die nichtkommunistischen Kräfte verpflichtet waren. Dies kam im Eid der Partisanen, in ihren Schulungsmaterialien, Gedenk- und Feiertagen (die zugleich Protesttage waren) sowie der slowenischen Trikolore mit Rotem Stern zum Ausdruck.
Von Anfang an arbeitete die Befreiungsfront zweigleisig. Sie bekämpfte nicht nur die Besatzer, sondern seit Herbst 1941 politisch und mit der Waffe auch die innenpolitischen Gegner der KPS, die Vorkriegseliten, die nach Ansicht der Kommunisten nie mehr an die Macht gelangen sollten. Allein bis Ende 1941 wurden bis zu hundert Menschen ermordet, ausschließlich slowenische Führungspersönlichkeiten, nicht etwa Repräsentanten der Besatzungsmacht. Politisch brach die OF mit ihrem Alleinvertretungsanspruch die Brücken zu den Bürgerlichen ab. Neben der Befreiungsfront konnten keine anderen Widerstandsgruppen erstarken. Wer Widerstand leisten, den Führungsanspruch der KPS aber nicht anerkennen wollte, hatte keinen Platz in der OF und sah sich dem Verdacht der Kollaboration ausgesetzt.
Die Kollaboration im Sinne einer eigennützigen Zusammenarbeit mit den Besatzern wurde durch drei Faktoren begünstigt. Erstens blieb in der Provincia di Lubiana die slowenische Infrastruktur weitgehend intakt. "Weiche Formen der administrativen und kulturellen Kollaboration" waren damit strukturell vorgegeben. Eine zweite Quelle stellte die Not vieler Dörfer dar, die in Gebieten lagen, die von italienischen Truppen und Partisanen umkämpft waren. Beide Seiten warfen den Dorfbewohnern die Unterstützung der anderen vor, plünderten und erschossen Geiseln. Zum Zweck der Selbstverteidigung entstanden "Dorfwehren", die sich jedoch als zu schwach erwiesen, um ihre Funktion zu erfüllen. Sie ließen sich von den Italienern bewaffnen und zu einer "Freiwilligen Antikommunistischen Miliz" zusammenstellen, die im Sommer 1943 über bis zu 10 000 Mann verfügte. Für diese Entwicklung ist als dritter Faktor die "Theorie des kleineren Übels" verantwortlich zu machen, die von Dorfgeistlichen und städtischem Bürgertum in Ljubljana vertreten wurde. In den Attentaten der OF sahen sie eine Bestätigung ihrer Weltanschauung, nach der der Kommunismus eine größere Gefahr als der Faschismus darstelle und daher mit Hilfe des letzteren bekämpft werden müsse. Pfarrer waren während der Anfangsphase des Krieges in der Regel die Initiatoren der Dorfwehren.
Nach der Kapitulation Italiens im September 1943 waren es vor allem die bürgerlichen Kräfte in Ljubljana, die mit Unterstützung der deutschen Besatzungsmacht die Slowenische Landeswehr (Slovensko domobranstvo bzw. Domobranci) aufbauten. Ausgestattet und geführt wurden die Domobranci von der SS, welche die Landeswehr als Hilfstruppe gegen die Partisanen instrumentalisierte. Mit bis zu 13 000 Mann stellten die Domobranci eine relevante militärische Größe dar. Symbolträchtig leisteten sie am 20. April 1944 und am 31. Januar 1945 den Eid, gemeinsam mit SS und Wehrmacht unter Hitlers Oberbefehl den Kommunismus und seine Verbündeten (die Westalliierten) zu bekämpfen. Zu vergegenwärtigen ist, dass sich Ende 1943 die alliierte Anerkennung der jugoslawischen Volksbefreiungsbewegung abzeichnete. Im Juni 1944 wurde sie offiziell bestätigt. Die britische Regierung forderte daraufhin die Führung der Slowenischen Landeswehr auf, den Kampf gegen Partisanen und Alliierte an der Seite der Deutschen einzustellen. Dies wurde jedoch abgelehnt.
Abrechnung und Verdrängung
Am 21. November 1944 erließ die provisorische Regierung unter Tito eine Amnestie, die sich auch auf die Mitglieder der Landeswehr erstreckte. Die angesprochenen Personen wurden aufgefordert, sich bis zum 15. Januar 1945 zu stellen. Dieses Angebot scheint jedoch kaum wahrgenommen worden zu sein. Danach zeigte sich die "dunkle Seite des Mondes". Am 26. Mai 1945 sprach Tito in Ljubljana zu einer großen Menschenmenge auf dem Kongressplatz. Er hob die große Zahl der Opfer des Faschismus hervor und erklärte, dass jegliche Verräter, so sie die "Rachehand unseres Volkes" noch nicht erreicht habe, Berge und Felder des Landes nicht mehr erblicken würden. Der Schriftsteller Tone Seliskar wurde am selben Tag in einem Leitartikel deutlicher: Er nannte die Rache "Programm"; es würden alle Bedenken überwunden, denn die Opfer müssten gerächt werden, "und zwar so, dass diese Rache bis an die tiefsten Wurzeln reicht". Zum Symbol der Vergeltung wurde das "Drama von Viktring" bei Klagenfurt. Dort hatten britische Truppen nach den letzten Kämpfen noch am 15. Mai 1945 über 70 000 Menschen festgesetzt, darunter rund 11 000 Domobranci und 6000 Zivilisten aus Slowenien, ferner Tito-Gegner aus Kroatien und Serbien, die mit den Deutschen seit Anfang Mai Richtung Norden geflohen waren. Eine Woche später entschied die britische Militärführung, die Kriegsgefangenen jugoslawischer Staatsangehörigkeit den Truppen Titos zu übergeben. Sogar im Lager organisierten die Oberhäupter der Landeswehr ihre Einheiten militärisch, sprachen Beförderungen aus und rekrutierten neue Kräfte. Den Verantwortlichen auf britischer Seite war nachweislich nicht wohl bei der Auslieferung. Sie ließen die Kriegsgefangenen im Unklaren über die Zielbestimmung der Züge. Abgesehen von den Minderjährigen exekutierten Einheiten der slowenischen und jugoslawischen Partisanen die von den Briten ausgelieferten Domobranci und kroatischen Kämpfer ohne Prozess, soweit diese nicht flüchten konnten: insgesamt rund 30 000 Kroaten und bis zu 18 000 Domobranci (u.a. die aus Viktring Ausgelieferten).
In einer Untersuchung der Jahre 2002 bis 2004 wurden 410 Gräber erfasst. Spezialisten gehen davon aus, dass es weitere Massengräber gibt. Die hingerichteten Landeswehrmänner, so sie nicht schon auf dem Rückweg aus Kärnten umgebracht wurden, fanden ihr Ende vor allem in den Schlünden des Kocevski rog, den Bergwerksspalten von Stari Hrastnik und in den Stollen des Bergwerks Hl. Barbara bei Lasko. Bis zu Beginn der 1950er Jahre fanden Prozesse gegen Domobranci und andere statt, denen Kollaboration vorgeworfen wurde. Dabei ging es immer weniger um die Ahndung von Kriegsverbrechen, sondern um die Ausschaltung tatsächlicher und vermeintlicher politischer Gegner und vor allem um Abschreckung. Die Menschen akzeptierten, dass öffentlich zur Vergeltung aufgerufen worden war - sei es, weil sie ihrer Opfer gedachten und die Rache für mehr oder weniger gerechtfertigt hielten, sei es, weil sie sich in ihr privates Glück flüchteten - und wurden so zu Mitwissern. Indem jede Aussprache über Verbrechen und Fehler der OF in der Öffentlichkeit und auch in der Geschichtswissenschaft sowie jede Solidarisierung mit den Opfern der Rache unterbunden wurden, verfestigten sich Angst und Schweigen.
Im Slowenischen Institut für Zeitgeschichte geht man von etwa 90 000 Sloweninnen und Slowenen aus, die von April 1941 bis Februar 1946 ums Leben kamen: 40 000 in Folge des Krieges und der Okkupation, 50 000 in Folge der innerslowenischen Abrechnung nach Kriegsende. Bis Anfang der 1960er Jahre emigrierten über 30 000 Menschen aus der jugoslawischen Teilrepublik Slowenien, vorwiegend aus politischen Motiven, darunter ehemalige Partisanen. Hinzu kommt seit der zweiten Hälfte der 1960er Jahre eine vornehmlich ökonomisch motivierte Auswanderung, die über 70 000 Sloweninnen und Slowenen außer Landes führte. Innerhalb von gut vier Jahrzehnten ist ein Bevölkerungsverlust von über 190 000 Menschen zu verzeichnen, rund zehn Prozent der heutigen Einwohnerzahl Sloweniens. Dieser Aderlass verursacht neben den existenziellen Bedrohungserfahrungen während der Zwischenkriegszeit und des Zweiten Weltkriegs die Ängste vor dem Aussterben des Volkes, der Assimilation, dem Ausverkauf des Landes und der Diffusion der slowenischen Sprache, die sich in aktuellen Identitätsdiskursen immer wieder äußern.
Neubewertung seit 1991
Von 1982 an erschien in Ljubljana die Monatszeitschrift "Nova Revija", die rasch zum wichtigsten Sprachrohr der Regimekritiker wurde. In Ausgabe 57 vom Februar 1987 forderten verschiedene Autorinnen und Autoren vor dem Hintergrund der Umgestaltung in der UdSSR auch für Slowenien demokratische, "europäische" Verhältnisse unter Berücksichtigung "slowenischer nationaler Interessen". Spomenka Hribar erinnerte an das Schicksal der Domobranci und mahnte die nationale Versöhnung an. Doch erst 1991 wurden die Sperrgebiete im Kocevski rog freigegeben. Die Debatte mündete in einen Prozess der Umschreibung der Geschichte, in dem sich heute zwei gegensätzliche Versionen gegenüberstehen. Die "Partisanen-Version" besagt: Die Befreiungsfront leistete legitimerweise bewaffneten Widerstand gegen die Okkupanten und deren Helfershelfer. Diese lösten, indem sie sich von den Besatzern bewaffnen ließen und gegen Partisanen und Alliierte kämpften, den slowenischen Bürgerkrieg aus. Allein die Befreiungsfront kämpfte für die slowenischen Interessen. Die "Domobranci-Version" hält dagegen: Die Befreiungsfront war ein Instrument der Kommunisten zur Vorbereitung der Revolution. Sie bekämpfte die Okkupanten nicht, sondern provozierte sie zu exzessiver Gewalt gegen die Zivilbevölkerung. Sie eröffnete schon im Herbst 1941 den Bürgerkrieg, indem sie den Kampf gegen die slowenische Vorkriegselite begann. Die Domobranci haben nicht kollaboriert, sondern die Interessen der Nation verteidigt. Umfragen zeigen, dass ein knappes Viertel der Bevölkerung der Domobranci-Version zustimmt, knapp zwei Drittel der Partisanen-Version.
Es ist wichtig, dass öffentliche, kontroverse Diskussionen geführt werden, damit Veteranen und Nachkommen der Domobranci an neuen Gedenkstätten ihre Opfer betrauern können. Problematisch erscheint die Verbissenheit, mit der der Kampf um die Ressourcen der Geschichtsinterpretation bisweilen geführt wird. Er hat Züge eines kulturellen "Bürgerkriegs" angenommen und eskaliert unter der konservativen Regierung des Ministerpräsidenten Janez Jansa, die seit November 2004 im Amt ist. Die Aufarbeitung der Geschichte wird von den Lobbyisten der Domobranci und der katholischen Kirche zu einer Umcodierung der Erinnerung genutzt, die für ehemalige Partisanen und alle, die sich ihnen verbunden fühlen, eine Provokation darstellen muss, und die auch vor dem Hintergrund, dass in Slowenien eine demokratische, pluralistische Gesellschaft etabliert werden soll, kritikwürdig ist. Oto Luthar, Direktor des Wissenschafts- und Forschungszentrums der Slowenischen Akademie der Wissenschaften und Künste, spricht von einer "Kontaminierung der Vergangenheitsinterpretation". Diese besteht im Wesentlichen in der Negation der Kollaboration, der Legitimierung einer "funktionalen Kollaboration" und der Umdeutung des Widerstands der Partisanen zu "Rassismus" und "Terror" der Kommunisten zum Zweck der Revolution. Aus Kollaborateuren werden nationalbewusste Kämpfer gegen den ultimativen Feind, den Kommunismus. Alle Formen des Widerstands im Umfeld der OF, die den Menschen bemerkenswerte Ausdrucksmöglichkeiten resistenten Denkens gegeben haben, werden als Rekrutierungstricks der Befreiungsfront denunziert. Der Kommunismus wird als Sache von "Parteirassisten" und "Geisteskranken" pathologisiert und als der slowenischen Nation wesensfremd dargestellt.
Zum 60. Jahrestag des Sieges über den Faschismus legte die Regierung (gemeinsam mit dem Staatspräsidenten) die Siegesfeier erstmals mit dem Gedenken an die Opfer der Rachemorde zusammen. Es scheint, als sollten die "guten, reinen" Partisanen in den Kreis der Nation aufgenommen werden. Im September 2005 erinnerte in Portoroz eine Veranstaltung der Regierung mit Ministerpräsident Jansa als Hauptredner an das Inkrafttreten des Friedensvertrages am 15. September 1947. Damit erhielt Slowenien große Teile des Küstenlandes zurück, das nach dem Ersten Weltkrieg an Italien abgetreten werden musste. Der 15. September soll Nationalfeiertag werden. Doch der Tag lässt die Befreiung Triests durch das IX. Korps der Volksbefreiungsarmee im Mai 1945 vergessen; dies liegt auf der Linie von Joze Dezman, der die Rückgewinnung des Küstenlandes nicht den Partisanen, sondern der slowenischen "Republik im zweiten Jugoslawien" zuschreibt. Hinzu kommt, dass die zahlreichen, seit Anfang der 1990er Jahre auf Friedhöfen und an Kirchen errichteten Denkmäler und Gedenktafeln zu Ehren der Domobranci die unterschiedliche historische Rolle der OF und der Landeswehr nicht thematisieren. Sie heben den allgemeinen Verlust hervor, sind dominiert von christlichem Symbolismus, der mit nationalen Formeln verbunden wird. Die Beschwörung von "Gott - Volk - Heimat" soll die "funktionale Kollaboration" legitimieren; dieser Diskurs droht eine neue "Spirale des Schweigens" hervorzubringen. Ohne eine Reflexion der Geschichtsbilder würden eine neue Interpretation der Geschichte des Zweiten Weltkrieges und eine neue Sinnkonstruktion der slowenischen Nationalgeschichte dominant werden.
Geschichtswissenschaft degeneriert zur Geschichtspolitik, wenn sie sich von Legitimationsinteressen und Trostbedürfnissen dirigieren lässt. "Aufarbeitung der Geschichte" heißt nach Theodor W. Adorno, den Bann der Vergangenheit durch "helles Bewusstsein" zu brechen. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in Slowenien, die sich einem solchen Anspruch verpflichtet fühlen, setzen sich - derzeit gegen den Strom schwimmend - für eine "ganzheitliche historische Erinnerung" (M. Mikeln) ein: eine Erinnerung, die bewusst macht, wer das Land widerrechtlich angegriffen, aufgeteilt und besetzt, wer die Bevölkerung einer rassistischen Musterung, Deportationen und Geiselerschießungen ausgesetzt hat; die nicht vergisst, dass der Aggressor, und nicht etwa derjenige, der sich gegen die Aggression wehrt, völkerrechtlich verantwortlich ist für die Besatzungspolitik einschließlich der "Partisanenausrottung". Dabei wäre herauszuarbeiten, wer sich von italienischen und deutschen Besatzern hat finanzieren, bewaffnen und instrumentalisieren lassen zum Kampf gegen die Befreiungsfront und die Alliierten. Nicht zu übersehen sind die Verbindungen zwischen katholischer Kirche und Domobranci, auch nicht der Antisemitismus und Antikommunismus, den beide Institutionen damals mit den Besatzern teilten. Eine ganzheitliche Erinnerung hat den Widerspruch auszuhalten, dass dieselbe Befreiungsfront, die dank ihrer Disziplin und Entschlossenheit zur Befreiung und Vereinigung Sloweniens beigetragen hat, mit eben dieser Härte seit Herbst 1941 und vor allem nach Kriegsende einen mörderischen Kampf gegen ihre innenpolitischen Gegner geführt hat. Den Autoritarismus und die Gewaltbereitschaft der OF an Kriterien einer bürgerlich-parlamentarischen Demokratie zu Friedenszeiten zu messen und auf "Kommunismus" zurückzuführen, wäre ahistorisch. Auch die bürgerlichen Organisationen, die konspirativ arbeiteten, waren autoritär strukturiert. Wer die Tötungsmoral von Tätergruppen untersuchen will, wird den Bellizismus der Vorkriegsgesellschaft und die Kriegsbedingungen in Betracht ziehen und diese Phänomene im europäischen Maßstab analysieren müssen.
Während des Zweiten Weltkriegs wurde der Nationalismus für Partisanen und Domobranci zur Überlebensideologie. Heute fungiert er als Versöhnungsideologie. Dabei sind "nationale Einheit" und "kollektive Identität" von Intellektuellen und Politikern genährte Illusionen über die Wirklichkeit. Demokratische und pluralistische Gesellschaften können und brauchen nicht zum "Wir" (zu) werden. Viel ist gewonnen, wenn Interessenkonflikte offen kommuniziert und zivilisiert ausgetragen werden.
Meinem Vater, zum 76. Geburtstag.