Einleitung
Auch Worte können töten" lautet das Medien-Beobachtungsprojekt, das die "Palästinensische Initiative zur Förderung des Globalen Dialogs und der Demokratie" (Miftah
Die Zusammenarbeit der beiden Nichtregierungsorganisationen klappt meist gut, obgleich die von der israelischen Regierung gebaute Mauer die ohnehin schon existierende Asymmetrie verstärkt: Die Israelis können ihre Partner bei Miftah in der Westbank besuchen, die Palästinenser ihre Kollegen bei Keshev jedoch nicht, weil sie meist keinen Passierschein von den israelischen Behörden besitzen, ohne den sie nicht nach Jerusalem einreisen dürfen. Beharrlich leisten beide Seiten jedoch Aufklärungsarbeit und lassen sich von den politischen Verhältnissen nicht beirren.
Gleichwohl gibt es wiederholt Spannungen, aus denen sie bislang jedoch stets Auswege fanden. An einem Punkt war die Beziehung während einer Arbeitssitzung in Ramallah stark belastet: Es war der israelische Gedenktag für die Gefallenen und Terroropfer, und einige der israelischen Mitarbeiter bestanden darauf, eine Schweigeminute einzulegen. Ihre palästinensischen Kollegen fühlten sich von diesem Wunsch vereinnahmt und mit ihren eigenen Bedürfnissen ignoriert - sei die Besatzung denn nicht genug der Dominierung, und wo bleibe das Andenken für die palästinensischen Toten? Bevor die Situation in einem Fiasko enden konnte, fand sich ein Kompromiss - die Palästinenser und Israelis einigten sich darauf, der Opfer beider Seiten zu gedenken und zwar fünfzehn Minuten vor dem offiziellen Ereignis. "Wenn Vertrauen besteht, können wir diese durch Symbolik und Rituale überfrachteten Hindernisse überwinden", fasst Be'er das positive Schlüsselerlebnis zusammen, in dem einige entscheidende Faktoren für einen konstruktiven Dialog zu erkennen sind: Offenheit, Gleichberechtigung und gegenseitige Wahrnehmung.
"Vernünftige Menschen finden immer leicht einen Kompromiss, wenn ihnen die wichtigsten Anliegen der anderen Seite bewusst sind", sagt der palästinensische Philosoph Sari Nusseibeh.
Es mangelt der politischen Spitze an Visionen, Mut und Durchsetzungskraft für unpopuläre Veränderungen, und mit jedem Tag der Ratlosigkeit wächst die Gefahr, dass Waffen statt Worte das Geschehen bestimmen. Der Gaza-Krieg Ende des Jahres 2008 war Ausdruck dieses gefährlichen Trends.
Feindbilder bestimmen das Verhältnis
Das palästinensisch-israelische Verhältnis ist im Allgemeinen geprägt von tiefem Misstrauen, Ängsten, Feindbildern, nicht vereinbaren Narrativen und Perspektiven sowie tiefer Missachtung. "Vieles beruht auf Psychologie", so Yizhar Be'er. Nach 26 Jahren aktiver Friedensarbeit ist der ehemalige Journalist immer wieder erstaunt, wie sehr Gefühle in der politischen Auseinandersetzung eine Rolle spielen.
Daniel Bar-Tal, Dozent an der Tel Aviv Universität, sagt, dass Gesellschaften, die sich in unlösbaren Konflikten befinden, ein Repertoire an kollektiven Glaubenssätzen zur Formierung, Festigung und Aufrechterhaltung ihrer Identität entwickeln, um mit den alltäglichen Herausforderungen fertig zu werden. Es entstehe in der kollektiven Erinnerung eine Beschreibung der Vergangenheit, die nicht unbedingt wahr sein müsse, aber für die Gruppe nützlich sei. Diese Geschichte sei meist voller Vorurteile, selektiv und verzerrt, sie vernachlässige Fakten und dichte andere hinzu, verändere den Ablauf von Ereignissen und interpretiere diese absichtlich neu. Erinnerungen über alte und neue Ereignisse vermischten sich und "beeinflussen maßgeblich aktuelle Haltungen, Wahrnehmungen und Verhaltensweisen"
In einem Konflikt neigten Gruppen stark zu Selbstrechtfertigungen, Selbstglorifizierung und Selbstlob, so Bar-Tal, während sie gleichzeitig ihre Gegner moralisch, politisch und auch kulturell delegitimierten. Sie überhöhen die eigene Sache, was letztendlich dazu diene, Gewalt im Namen von Sicherheit und Gerechtigkeit zu rechtfertigen. Auf die Dauer institutionalisiere sich dieses gesellschaftliche Repertoire, so der Wissenschaftler in Bezug auf Israel, und es dringe in die Politik, Medien, Kultur und das Bildungssystem ein. War es während des akuten Konflikts noch funktional, entwickele es sich zu einem schädlichen Hindernis, wenn es darum gehe, den Konflikt zu beenden. Es sei eine "Kultur des Konflikts" entstanden.
Ähnliches haben der im Jahr 2008 verstorbene israelische Psychologe Dan Bar-On und der palästinensische Soziologe Sami Adwan über nationale Identitäten herausgefunden: "Unsicherheit auf beiden Seiten ist eines der grundsätzlichen sozio-psychologischen Charakteristika dieses Konflikts."
Zusammen mit palästinensischen und israelischen Lehrerinnen und Lehrern haben sie im Jahr 2002 ein Geschichtsbuch für Schulen entwickelt, in dem die historischen Kernereignisse aus der Sicht beider separat nebeneinander abgedruckt sind.
Es sei wichtig gewesen, bereits beim Entstehungsprozess des gemeinsamen Geschichtsbuchs für die Narrative von Israelis und Palästinensern jeweils einen eigenen Platz zu schaffen, so die beiden Initiatoren. Erst dadurch konnten die teilnehmenden Lehrkräfte sicherer werden und sich mit der oft vollkommen anderen Perspektive der "Gegenseite" auseinander setzen. Für ein gemeinsames Narrativ, das die unterschiedlichen Sichtweisen integriert, sei die Zeit noch nicht reif, es bedürfe zunächst einer politischen Lösung, erwiderten die beiden Kollegen und Freunde ihren Kritikern, die gerne einen einzigen Schulbuchtext gesehen hätten.
Eigene Identität und die Sichtweise des "Feindes"
Zu einem dauerhaften Konflikt gehört die Unfähigkeit, sich auf die Sichtweise der "Anderen" einzulassen. Denn dies wird mit der Angst verbunden, die eigene Identität zu verlieren und somit den moralischen Anspruch, "Recht" zu haben. Im palästinensisch-israelischen Kontext heißt das: Setze ich mich ins Unrecht, wenn ich als Israeli eingestehe, dass die Palästinenser im Jahr 1948 fliehen mussten und vertrieben wurden, damit mein Staat gegründet werden und wachsen konnte, und muss ich dessen Existenzrecht infolgedessen in Frage stellen? Oder als Palästinenser: Habe ich noch ein Recht auf Selbstbestimmung, wenn ich das, was den Juden von den Nationalsozialisten angetan wurde, in meinen Diskurs integriere und zur Kenntnis nehme, dass es weiterhin Antisemitismus gibt und Juden deshalb ein starkes Sicherheitsbedürfnis haben?
Es ist eine Schwäche der eigenen Identität, die zu dem Trugschluss führt, sich der Sichtweise des "Feindes" zu öffnen führe unweigerlich zur Aufgabe des eigenen Standpunktes. Jegliche Annäherung wird folglich als bedrohlich wahrgenommen, und es scheint einfacher, das Gegenüber zu verleugnen, zu stigmatisieren und zu bekämpfen, anstatt einen Dialog mit ihm zu beginnen. Ein Dialog wäre bereits erfolgreich, wenn er zur Erkenntnis führte, dass es in diesem Konflikt nicht ein Narrativ sondern zwei gleichberechtigte Narrative gibt. Es geht nicht darum, dem Anderen die eigene Perspektive zu oktroyieren, sondern darum, dessen Sicht überhaupt wahrzunehmen: "Anerkennung ist nicht gleichbedeutend mit Legitimierung", sagt Adwan.
An der Unvereinbarkeit der historischen Sichtweisen scheiterten schon viele Dialogbemühungen - Sprache und Terminologie spielen dabei eine große Rolle. Sie verhärten Klischees und tragen zur Asymmetrie der Kontrahenten bei. Sprechen etwa die Israelis vom "Unabhängigkeitskrieg" im Jahr 1948, ist dasselbe Ereignis für die Palästinenser die Naqba, "die Katastrophe" der Vertreibung. Ob die jüdischen Kämpfer aus der Zeit vor der israelischen Staatsgründung oder die PLO-Aktivisten vor den Oslo-Vereinbarungen Widerstandskämpfer oder Terroristen waren, wird je nach Standpunkt anders beurteilt und benannt. Für Israelis heißt das Land "Eretz Israel" - "Palästina" für die Palästinenser. Wenn Israelis die Palästinenser, vor allem diejenigen mit israelischem Pass, "Araber" nennen, klingt das für letztere nach einer Negierung und Herabsetzung, denn es ist eine Anspielung auf die Behauptung, eine palästinensische Nation habe nie existiert, folglich könne es auch keine Palästinenser geben; viele Israelis nutzen den Ausdruck Araber zudem als Schimpfwort.
Verallgemeinerungen, Abwertungen sowie Abgrenzungsversuche gibt es freilich auch auf palästinensischer Seite, wo zwischen Juden und Israelis oft nicht unterschieden wird: "al-Yahud", "der Jude", wird dabei zum undifferenzierten Oberbegriff und fließt in die Hetzreden islamistischer Aufwiegler ein. "Die Helden der einen, sind die Monster der anderen", so Bar-On und Adwan.
Wer Täter und wer Opfer ist, ist im Nahost-Konflikt - anders als beim deutsch-jüdischen Verhältnis - vollkommen ungeklärt. Israelis und Palästinenser ringen deshalb um die Rolle des Opfers, geradezu so, als habe das Opfer immer Recht. Der Täter ist stets der "Andere". Mit dieser Haltung lässt es sich vermeiden, die Verantwortung für die eigenen Taten, für die eigene Mitläuferschaft oder Ignoranz zu übernehmen.
So beklagt Larry Derfner: "Heute Israeli zu sein, bedeutet dagegen zu sein. Gegen Palästinenser. Gegen Leute, die kritisieren, wie wir mit den Palästinensern umgehen. Gegen Muslime im Allgemeinen. So ist das. So ist es Israeli zu sein, seit die Intifada vor einem Jahrzehnt begann und wir daraus schlossen, den Arabern sei nicht zu trauen. Das ist alles, wofür Israel mit Ausnahme seines High-Tech-Images noch steht - gegen diesen, gegen jenen und auch gegen jeden, der nicht gegen diese ist. Heute Israeli zu sein, bedeutet, das Denken um den Feind herum zu organisieren. Ohne den Feind kannst du die Welt und deinen Platz darin nicht verstehen. Ohne den Feind weißt du gar nicht, was du willst."
Psychologische Ebene des Konflikts
Um die tieferen Schichten der palästinensisch-israelischen Auseinandersetzung zu begreifen, ist es notwendig, auch die psychologische Ebene zu erfassen. Shoah und Naqba stellen für beide Bevölkerungsgruppen unaufgearbeitete Traumata dar, die, über Generationen weitergereicht, bis heute wirken: "Wir haben eine dominante Haltung gegenüber den Palästinensern, die Machtverhältnisse sind asymmetrisch (...) Zugleich haben wir aber auch Angst, dass die Palästinenser die Nachfolger derer sein könnten, die uns in Europa verfolgt haben. Es bestehen zwei gegensätzliche Ungleichheiten: das physische Ungleichgewicht am Ort, unsere Kontrolle über die Palästinenser; und das zweite Ungleichgewicht, unserer Angst vor ihnen. Wenn man diese beiden Missverhältnisse nicht begreift, kann man auch nicht verstehen, warum dieser Konflikt kein Ende nimmt", unterstrich Dan Bar-On.
Oft geraten Begegnungen zwischen Palästinensern und Israelis zu einem Schlagabtausch darüber, wer mehr gelitten hat. Leiden ist objektiv jedoch nicht messbar. "Deshalb ist es unsinnig, sich mit Vergleichen zu beschäftigen. Relevant ist indes, darüber zu sprechen, was uns an Vergangenem heute bedrückt und wie sich das auf die aktuellen Ereignisse auswirkt."
Der ehemalige Vertreter der PLO in den USA und Russland Afif Safieh drückte es so aus: "Wäre ich ein Jude, Sinti oder Roma, wäre der Holocaust für mich das schrecklichste Ereignis in der Geschichte. Wäre ich ein Schwarzafrikaner, wären es die Sklaverei und Apartheid. Wäre ich ein Ureinwohner Amerikas, wäre es die Entdeckung der neuen Welt durch europäische Forscher und Siedler, was fast zur völligen Auslöschung geführt hat. Wäre ich Armenier, wäre es das osmanisch-türkische Massaker. Und wenn ich ein Palästinenser wäre, wäre es die Naqba, die Katastrophe der Vertreibung. Niemand hat das Monopol über menschliches Leiden. Es ist nicht ratsam, eine Hierarchie des Leides zu schaffen. Die Menschheit sollte all das oben genannte als moralisch abstoßend und politisch unakzeptabel betrachten."
Viele Dialogversuche scheitern, weil Palästinenser sich im Angesicht von Erzählungen über die Shoah mit ihrer eigenen Geschichte an den Rand gedrängt und überwältigt fühlen. Ist ihre eigene Geschichte angesichts dieses Leids noch "gut genug", um erzählt zu werden? Ihre Ohnmacht provoziert sie dann nicht selten dazu, israelische Soldaten mit Nazis zu vergleichen, was wiederum die israelischen Gesprächspartner zutiefst verletzt und zum Kontaktabbruch treibt.
"Politik der Isolation"
Hass, Ablehnung und Angst, ja sogar Rassismus beeinflussen die palästinensisch-israelischen Beziehungen latent oder offen. Das aktuelle Klima in Israel ist jedoch auch von Desinteresse geprägt, wie diverse Autoren zu Beginn dieses Jahres erschrocken bemerkten. "Heutzutage sind die meisten Israelis von dem Konflikt mit den Palästinensern abgeschnitten und ohne Kontakt zu ihnen. Für sie sind die Palästinenser verschwommene Figuren aus den Fernsehnachrichten: Mahmud Abbas und Ismail Haniyeh lassen etwas verlauten, von Kopf bis Fuß verhüllte Frauen trauern vor ihrem Zelt, Männer laufen mit Tragbahren zu einem Krankenwagen, andere verbergen ihr Gesicht, während sie Raketen abfeuern. Israelis haben keinerlei Interesse, mehr zu erfahren. Nablus und Ramallah sind ungefähr 40 Minuten Fahrzeit von Tel Aviv entfernt, doch für die Tel Aviver sind das Orte auf einem anderen Planeten. New York, London und Thailand sind viel näher", so Aluf Benn.
Tatsächlich geht diese Politik jedoch bis zu den Oslo-Verhandlungen 1993/94 auf Ministerpräsident Yitzhak Rabin zurück. Mit der Vision von der Zwei-Staaten-Lösung und wegen der palästinensischen Selbstmordattentate war der Politiker der Arbeitspartei zu dem Schluss gekommen, dass die Region nur befriedet werden könne, wenn man die verfeindeten Bevölkerungsgruppen physisch trenne. Unter seiner Regierung wurden die Zugänge zu den palästinensischen Gebieten immer häufiger geschlossen und die Mehrzahl der palästinensischen Arbeiter in Israel allmählich durch Gastarbeiter aus Osteuropa und Asien ersetzt, was zu weiterer Armut in den palästinensischen Gebieten führte.
Der Bau des "Sicherheitszauns", wie er im israelischen Jargon heißt, in den Augen der Palästinenser aber als "Apartheidmauer" gilt - auch dies eine Frage des Standorts - trennte die Konfliktparteien ab dem Jahr 2002. Bis zu acht Meter hohe Betonmauern, Stacheldraht und breite Militärstraßen sollen langfristig auf 700 Kilometern "Grenze" für Ruhe sorgen (rund 60 Prozent der Sperranlage sind bereits fertig gestellt).
"Hohe Mauern schaffen gute Nachbarn", sagte der ehemalige Anchorman des israelischen Staatsfernsehens, Haim Yavin, ausgerechnet auf einer Tagung der deutschen Freunde von Neve Shalom-Wahat al-Salam, der Friedensoase von Palästinensern und Juden, einer im Jahr 1972 gegründeten Dorfkooperative.
Die Folge der Mauer ist jedoch, dass die Ablehnung der Palästinenser gegen Israelis zugenommen hat, da der bedrückende, graue Koloss sie ihrer Bewegungsfreiheit beraubt und ihre Gebiete zergliedert. Neve Gordon, Dozent an der Ben Gurion Universität und Aktivist von Ta'ayush (Arab-Jewish Partnership), fragte deshalb: "Können schlechte Zäune gute Nachbarn schaffen? Israels Trennmauer wird dazu genutzt, Gebiete zu annektieren."
Neue Zerrbilder und Stereotypen
Bekanntlich steigern sich Ängste und Rassismen umso mehr, je weniger man den Anderen kennt und propagandistische Zerrbilder daher nicht als solche entlarven kann. Die Phantasie hat mitunter mächtigere und destruktivere Folgen als menschlicher Kontakt, der das eine oder andere Vorurteil wieder ausräumen kann. Gab es früher noch zufällige und "ganz normale" Begegnungen zwischen Palästinensern und Israelis in Zivil, z.B. auf Märkten oder bei der Arbeit, so gibt es heute das alltägliche Aufeinandertreffen fast nur noch zwischen Besatzern und Besetzten. Doch selbst dies nimmt ab, weil die Aufgaben der israelischen Soldaten zunehmend von militärischem Sicherheitsgerät erledigt werden.
"Die israelischen Verteidigungskräfte, die Generationen von Israelis in die Gebiete entsandten, haben dafür gesorgt, dass ihre Soldaten immer weniger Kontakt mit Palästinensern haben", so Aluf Benn. "Immer weniger leisten ihren Reservedienst und noch weniger davon in der Westbank. Die reguläre Armee hat die Aktivitäten ihrer Einheiten in den (palästinensischen) Gebieten reduziert und viele der Polizeiaufgaben in der Westbank an ihre Kfir Brigade
Doch all dies hat das Leben der Israelis höchstens an der Oberfläche einfacher gemacht: "Hier gibt es nur noch wenig Sauerstoff", so Larry Derfner. "Jeder atmet die Luft ein, die alle anderen ausgeatmet haben. Dieses Land stagniert seit einem Jahrzehnt. Und wir waren uns nie so einig."
Auch die Mehrzahl der Palästinenser glaubt nicht mehr an Friedensverhandlungen und viele boykottieren die Zusammenarbeit mit Israelis: Jeglicher Kontakt käme einer Normalisierung der Beziehungen gleich, womit die Besatzung indirekt gefördert werde - so eine häufig vertretene Meinung. Dass man auch hier nicht mehr ans Miteinandersprechen glaubt, zeigten unter anderem die Raketen, die Hamas-Aktivisten aus dem Gaza auf israelische Städte abfeuern. Im palästinensischen und israelischen Friedenslager haben sich Resignation, Depression und mitunter auch Verbitterung breit gemacht.
Resigniert das Friedenslager?
Doch freilich gibt es hier ebenfalls noch eine weitere Sichtweise. Zahlreiche Personen, Organisationen und Initiativen mühen sich auf beiden Seiten weiter für ein friedliches Zusammenleben. Sie glauben an den direkten Kontakt miteinander und sind täglich dafür aktiv; ja, sie sind sogar, wie die jungen israelischen Wehrdienstverweigerer, bereit, für ihre Haltung ins Gefängnis zu gehen. Sie engagieren sich gegen die Mauer aus Beton und vor allem gegen die Mauern in den Köpfen. Es gibt so viele Aktivitäten und diese sind so vielseitig und kreativ, dass sie eines weiteren Aufsatzes bedürften, um sie auch nur annähernd vorzustellen.
Diese Menschen, die sich weiter für Frieden einsetzen, vertreten zwar nur eine Minderheit, und leider konnten sie die öffentliche Meinung bislang nur minimal beeinflussen oder gar die Politiker von ihrem Ansatz überzeugen - zu stark ist die "Kultur des Konflikts". Doch sie sind ein leuchtendes Vorbild in einer Zeit physischer und verbaler Gewalt.
"Wenn wir die Hoffnung verlieren, verlieren wir alles",
Für Außenstehende, gerade in Deutschland, könnte die Botschaft lauten, selbst nicht zu stigmatisieren oder zu polarisieren, um nicht unwillentlich zum Konflikt beizutragen. Vielmehr kommt es darauf an, die Wahrnehmung für alle Seiten zu schärfen - auch für die eigene.