I. Einleitung
Wenn man es sich zum Ziel setzt, den hierzulande seit mehr als dreißig Jahren in Wissenschaft und Publizistik geführten Diskurs zu Fragen der außen- und entwicklungspolitischen Tätigkeit der deutschen Nichtregierungsorganisationen (im Folgenden NGO = Non-Governmental Organizations) zu analysieren, wird man feststellen, dass der größte Teil der Beiträge den politischen Stiftungen
Das ist auch kein Wunder. Der größte Teil der deutschen NGOs, die heutzutage in VENRO
- Innenpolitisch wird immer wieder über die Legalität der Globalzuschüsse des Bundes an die Stiftungen (Stichwort: "verdeckte Parteienfinanzierung") gestritten, dies zumeist im Hinblick auf die innenpolitische Bildungsarbeit der Stiftungen. Selbst die bekannte Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes (BVerfG) von 1986 konnte diese Debatte weder beenden noch entschärfen.
- Auch im Diskurs zur außen- und entwicklungspolitischen Arbeit der Stiftungen, die bekanntlich vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ), Auswärtigen Amt (AA) und zu kleineren Teilen von anderen Ressorts finanziert wird, nimmt das Thema der "Parteinähe" einen bedeutenden Platz ein. Den Stiftungen wird u. a. vorgeworfen, mit den Geldern der deutschen Steuerzahler "Parteienaußenpolitik" zu finanzieren. Nicht selten taucht dieses Thema auch im Zusammenhang mit den Spendenaffären (wie z. B. der Flick-Affäre) auf; gelegentlich wirft man den Stiftungen auch vor, als "Geldwäsche-Anlagen" aufzutreten und der Bereicherung nahe stehender Parteien zu dienen.
- Ein weiterer Themenkomplex, der im Zusammenhang mit der Auslandsarbeit der Stiftungen besonders häufig diskutiert wird, ist ebenfalls - wenn auch indirekt - mit Finanzierungsfragen verbunden. Es geht um die Intensität der Parteinähe in der entwicklungspolitischen Projektarbeit. Besonders in den achtziger Jahren häuften sich im Zusammenhang mit den lateinamerikanischen Aktivitäten der Stiftungen die Vorwürfe, die Stiftungen trügen, indem sie die den deutschen Parteien "nahe stehenden" Parteien und Organisationen im Ausland unterstützen, die deutschen innenpolitischen Auseinandersetzungen ins Ausland.
- Schließlich und nicht zuletzt wird über die Tätigkeit der Stiftungen im Ausland hinsichtlich ihres Verhältnisses zur deutschen Außenpolitik und offiziellen Diplomatie gestritten. In den letzten zwanzig Jahren reichte die Palette der in diesem Zusammenhang diskutierten Fragen von Vorwürfen, "geheime Diplomatie" oder "Nebenaußenpolitik" zu betreiben, bis zu Lobesliedern auf die Flexibilität und Scharfsichtigkeit der Stiftungen, die frühzeitig politische Kräfte dort erkannten und förderten, wo die offizielle deutsche Außenpolitik noch an den alten Strukturen hing.
Alle diese Themenkomplexe sind eng miteinander verflochten; dies spiegelt den realen Stand der Dinge wider: Die Stiftungen, die sich als "Grenzgänger zwischen Gesellschafts- und Staatenwelt"
Bezogen auf die Intensität der Parteinähe gehe ich in meinem Beitrag davon aus, dass die politischen Stiftungen in hinreichender Weise sowohl organisatorisch als auch in ihrer Willensbildung von ihren Parteien unabhängig sind. Auch wenn die "Parteinähe" immer wieder in ihrer praktischen innenpolitischen Tätigkeit zum Ausdruck kommt, ist die Verbindung zwischen der Stiftung und der Partei keineswegs eingleisig. Es handelt sich eher um eine Art Wechselbeziehung, die allerdings von rechtlicher Seite schwer nachzuweisen ist, da sie nicht auf dem offiziellen, sondern eher auf einem ideellen und politisch-persönlichen Niveau zum Ausdruck kommt.
II. Entwicklungspolitische Arbeit und außenpolitischer Auftrag
Schon in den frühen sechziger Jahren wurde im Auswärtigen Amt (AA) der Wert der Stiftungen als außenpolitische Instrumente erkannt.
Der Kompetenzstreit zwischen den zwei Ressorts beeinflusste allerdings eher die Institutionelle Gestaltung der Entwicklungspolitik denn ihre inhaltliche Ausrichtung. Die Entwicklungspolitik aller Geberländer war in den Zeiten der Block-Konfrontation von langfristigen, u. a. auch ideologisch geprägten außenpolitischen Zielsetzungen nicht zu trennen; auch die Modernisierung der Entwicklungskonzepte war in das Geflecht außenpolitischer und außenwirtschaftlicher Interessen eingebunden. Entwicklungspolitik war ein Bestandteil der Systemkonkurrenz und diente u. a. dem Export der Ordnungsmodelle. Die Projekte, die entwicklungspolitisch als "Hilfe zur Selbsthilfe" bezeichnet wurden, trugen gleichzeitig zur günstigen Gestaltung der Beziehungen zu den entsprechenden Ländern bei
Für die Durchsetzung der langfristigen deutschen außenpolitischen Zielsetzungen in den Entwicklungsländern sollten also Mittel und Wege gefunden werden, die über die üblichen außenpolitischen Methoden hinausgehen würden. "Technische Hilfe", die als "der Bereich der Entwicklungshilfe, in dem insbesondere durch Vermittlung von Wissen und Können . . . geholfen werden soll"
Somit wurden die Stiftungen schon in den frühen sechziger Jahren dort im politischen Bereich eingesetzt, wo staatliche Aktivitäten als eine Einmischung in die inneren Angelegenheiten des Gastlandes betrachtet werden konnten - zumal wenn es um Kontakte zu oppositionellen Kräften, um die Unterstützung von politischen Parteien und Gewerkschaften ging. "Zur Durchführung von Maßnahmen politischen Charakters . . . dürfen in erster Linie Institutionen wie FES, FNS, Eichholz usw. herangezogen werden, damit die Bundesregierung nicht als direkter Geldgeber auftritt."
Das außenpolitische Engagement der Stiftungen begann also mit ihrem Einsatz in Ländern Afrikas, Asiens und Lateinamerikas; insbesondere in Lateinamerika ist es den Stiftungen im Laufe der Zeit gelungen, ihre Präsenz über den ganzen Kontinent auszudehnen.
Zu den Partnerorganisationen in den Projektländern gehören alle die (in der Regel nichtstaatlichen) Organisationen, die zur Entwicklung von Rechtsstaatlichkeit, Demokratie und Marktwirtschaft beitragen können. Waren diese Organisationen nicht vorhanden, wurden sie nicht selten vor Ort von den Stiftungen selbst oder mit ihrer Hilfe geschaffen. Die Zusammenarbeit mit den Regierungen war zwar nicht ausgeschlossen, wurde aber der Öffentlichkeit nicht gerne präsentiert; die Förderung der nichtstaatlichen demokratischen Institutionen stand im Vordergrund.
Es fällt schwer, zwischen entwicklungspolitischem und außenpolitischem Beitrag der Stiftungen in den Entwicklungsländern zu unterscheiden, da es gerade im Fall der Projekte, die zum Aufbau und zur Festigung von demokratischen, pluralistischen und rechtsstaatlichen Rahmenbedingungen beitragen sollen, wohl kaum möglich ist, die entwicklungs- und außenpolitischen Zielsetzungen eindeutig voneinander zu trennen. Auch die Finanzierung der Projekte ist hier kein Kriterium: In ein und demselben Land können einige Projekte vom Auswärtigen Amt, einige vom BMZ finanziert werden. Grundsätzlich werden heutzutage mit den Mitteln des Auswärtigen Amts die Maßnahmen unterstützt, die offensichtlich in die Kompetenz der Außenpolitik gehören, wie z. B. Förderung internationaler Kontakte oder bilateraler Beziehungen. Das BMZ finanziert dagegen die Projekte, die typische "entwicklungspolitische" Züge tragen und in der Regel langfristig (Förderungszeitraum von drei bis vier Jahren) angelegt sind wie die gesellschaftspolitische Bildung oder Maßnahmen zur Sozialstrukturhilfe; dieser Bereich wird in den heutigen entwicklungspolitischen Überlegungen immer noch als "die nichtstaatliche Technische Zusammenarbeit im weiteren Sinne"
Das Engagement der Stiftungen in den Staaten des ehemaligen Ostblocks kann - obwohl es ebenfalls um "Demokratieförderung" geht - mit dem in den Entwicklungsländern nur bedingt verglichen werden, wenngleich nicht selten vom entwicklungspolitischen Beitrag in den gesellschaftlich-politischen Bereichen gesprochen wird, wo diese Staaten "ähnliche Defizite"
Ein Schwenk hin zu einer gezielten Unterstützung der Reformbemühungen erfolgte Ende der achtziger Jahre; die Vorbereitung dieser Strategien ging allerdings z. T. schon auf den Anfang der achtziger Jahre zurück. Anfang der neunziger Jahre war der Kurswechsel abgeschlossen; alle politischen Stiftungen waren in Osteuropa und in den Nachfolgestaaten der Sowjetunion präsent und förderten im Rahmen ihrer "Demokratisierungsprogramme" die reformorientierten Kräfte auf allen Ebenen, wo es nur ging - sei es in Politik, Gerichtswesen, kommunaler Selbstverwaltung oder Wissenschaft.
So unterschiedlich wie die MOE/GUS-Staaten sind, so breit gefächert war und ist auch die Spanne der Projektarbeit der Stiftungen in diesen Staaten: von den in den NATO- und EU-Beitrittskandidaten durchgeführten Projekten zur Schaffung der für die Einbeziehung dieser Staaten in die westliche Gemeinschaft notwendigen Strukturen bis hin zu einer eher kultur- und entwicklungspolitisch ausgerichteten Arbeit in mittelasiatischen Ländern.
III. Die politischen Stiftungen im System der deutschen Außenpolitik
1. Stiftungen als "Instrumente" der Außenpolitik
Somit treten bei einem Überblick über das internationale Engagement der Stiftungen vor allem zwei ihrer wichtigen Funktionen in den Vordergrund, die Anlass geben können, die Stiftungen als einen Teil des außenpolitischen Instrumentariums, ja sie sogar als "wirksamste und bewährteste Instrumente der deutschen Außenpolitik"
Erstens: Die Stiftungen begleiten und ergänzen die amtliche Politik gegenüber den Staaten durch eine Reihe von Maßnahmen im politischen und vorpolitischen Raum, deren Durchführung gerade durch den Status der Stiftungen, die einerseits als NGOs auftreten und andererseits unmittelbar in der offiziellen Politik und (falls die nahe stehende Partei an der Macht ist) auch in den deutschen Regierungsstrukturen verankert sind, an Effizienz gewinnt. Auf den europapolitischen und transatlantischen Ebenen wird die amtliche Politik dadurch nicht nur begleitet und ergänzt, sondern zum großen Teil auch entlastet. In den Entwicklungsländern und den MOE/GUS-Staaten kommt die begleitende und ergänzende Funktion auch dort zum Ausdruck, wo die Stiftungen mit jenen politischen Kräften zusammenarbeiten, mit denen Kontakte auf offizieller Ebene aus diplomatischen Gründen nicht ratsam sind, die aber ihrem politischen Potenzial nach für die deutsche Außenpolitik wichtig sind.
Zweitens: Die Stiftungen ermöglichen die Umsetzung langfristiger außenpolitischer Prioritäten dort, wo sie mit den klassischen Mitteln des Auswärtigen Dienstes prinzipiell nicht zu erreichen sind und wo auch andere entwicklungspolitische Trägerorganisationen kaum einzusetzen sind. In der Tat können die Stiftungen dank ihrer Flexibilität dort handeln, wo die klassische Diplomatie versagt; mehr sogar: Dank ihrem Nichtregierungsstatus können sie sich in mehreren Entwicklungsländern und auch in den Transformationsstaaten dort engagieren, wo deutsche staatliche Hilfe als Einmischung in die inneren Angelegenheiten bezeichnet werden könnte. Sie dringen in alle wichtigen Bereiche der Politik und Gesellschaft durch; dabei "konkurrieren sie im Ausland nicht gegeneinander. Ihre Beratung ist pluralistisch"
Die Stiftungen gingen aber nicht nur in die Länder, in denen bereits Ansätze für eine demokratische Entwicklung vorhanden waren oder in denen Interesse an westlichen bzw. deutschen Modellen bestand; sie gingen überall hin, wo die deutschen Regierungen sie gerne haben wollten - wenn man sie nur hereinließ; und in der Regel ließ man sie herein, weil sie lukrative und auch unpolitisch aussehende Angebote machen konnten, an welchen selbst autoritäre Herrscher eines Entwicklungslandes Interesse hatten. Die HSS mit ihren Projekten z. B. im Bereich beruflicher Bildung, die sie in einigen nicht unproblematischen Entwicklungsländern durchführte, wurde in diesem Zusammenhang nicht selten in Deutschland kritisiert. Es gab allerdings Regime, die nur mit der HSS zusammenarbeiten konnten; und es bestand Interesse, auf diese Regime zumindest mittelbar Einfluss im demokratischen Sinne nehmen zu können.
Andere Stiftungen engagierten sich dort, wo es aus unterschiedlichen Gründen keine Möglichkeit gab, mit politischer Arbeit zu beginnen, und wo auch die Regierungen nicht unbedingt kooperationswillig waren, zunächst in kulturpolitischen und wissenschaftlichen Bereichen; Kontakte mit wissenschaftlichen und universitären Einrichtungen wurden geknüpft. Das waren bewährte Positionen, auf die sich die Stiftungen immer zurückziehen konnten, falls die von ihnen begonnene politische Projektarbeit abgebrochen werden musste, ein außenpolitisch bedingtes Interesse am Verbleib im Lande aber weiterhin bestand.
Drittens: Neben den zwei genannten Funktionen erfüllen die Stiftungen noch eine Beratungsfunktion für die deutsche Außenpolitik, die von Diplomaten zwar nur als ein "Nebeneffekt" der eigentlichen Stiftungsarbeit eingeschätzt wird, allerdings einen nicht unwichtigen Beitrag zur Gestaltung der außenpolitischen Konzepte leistet, da die Stiftungen infolge ihrer langfristigen Präsenz in den "Grauzonen" der Politik in den Projektländern über Informationen verfügen, zu welchen die offizielle Diplomatie keinen Zugang hat. Allerdings sind diese Informationsrückflüsse nur gering formalisiert. Grundsätzlich fassen die Stiftungen Jahresaufzeichnungen zur Situation in den Projektländern zusammen, die dem Auswärtigen Amt zur Kenntnis vorgelegt werden. Es gibt einen Informationsaustausch auch mit anderen Ressorts, mit den Botschaften vor Ort, und Mitarbeiter des Auswärtigen Amtes besuchen die Veranstaltungen der Stiftungen. Der eigentliche Rückfluss von Informationen der Stiftungen in die deutschen politischen Strukturen und dadurch in die Außenpolitik erfolgt aber durch die Informations- und Beratungsarbeit, welche die Stiftungen für die ihnen nahe stehenden Parteien leisten. Eben diese Beratungsarbeit gab wohl seinerzeit den Anlass, Stiftungen als "politische Frühwarnsysteme" zu bezeichnen, die "uns die Augen öffnen für die Entwicklungen der Welt, damit wir uns rechtzeitig darauf einstellen"
Schon bei dieser Beratungstätigkeit betritt man ein Terrain, wo es schwer fällt, die Arbeit der Stiftungen eindeutig im "instrumentalen" Sinne zu interpretieren. Stiftungen sind keine Instrumente im klassischen Sinne des Wortes. Es gibt nur wenige offizielle Möglichkeiten, sie in ihrer Tätigkeit direkt zu beeinflussen; dies kann eigentlich vor allem mit finanziellen Mitteln geschehen. Alle Projekte - auch die, die dem BMZ vorgelegt werden - werden vom Auswärtigen Amt unter Einbeziehung der Botschaften hinsichtlich möglicher außenpolitischer Bedenken oder möglicher Überschneidungen mit den Aktivitäten anderer deutscher bzw. westlicher Trägerorganisationen geprüft; sollten Bedenken bestehen bzw. Überschneidungen absehbar sein, wird den Stiftungen empfohlen, ihr Projekt zu überdenken bzw. mit anderen Organisationen zu koordinieren.
2. Stiftungen als "Akteure" der Außenpolitik
Die Stiftungen können also nur bedingt als außenpolitische Instrumente bezeichnet werden. Sie sind kein "Werkzeug" der Außenpolitik; dafür sind sie viel zu selbstständig, manchmal sogar eigenwillig. Sie sind auf der internationalen Bühne vertreten; wie mehrere andere NGOs treten sie als Akteure internationaler Politik auf, indem sie zur internationalen Kommunikation beitragen und versuchen, auf die Ausgestaltung der internationalen Beziehungen Einfluss zu nehmen und internationale Netzwerke zu schaffen. Können aber die Außenbeziehungen der Stiftungen den Rang nationaler Außenpolitik beanspruchen? Es gab einige Fälle, in denen Projekte der Stiftungen im Ausland sich von den offiziellen deutschen außenpolitischen Konzepten unterschieden bzw. ihnen sogar widersprachen. Es gab auch Fälle, wo eine solche Tätigkeit unmittelbaren Bezug zur Neugestaltung dieser Konzepte gewann. Und es gab, wenn auch selten, Fälle, in denen die von den Stiftungen aufgrund ihres Selbstverständnisses (verbunden mit ihrer Parteinähe) durchgeführten und für ihren internationalen Ruf wichtigen Projekte problematisch auf den Gang der bilateralen Beziehungen einwirkten oder gar zu diplomatischen Komplikationen führten. Beispiele dafür sind etwa die Tibet-Konferenz der FNS in Bonn 1996
Viertens: In diesem Zusammenhang ist noch eine weitere außenpolitische Funktion der Stiftungen zu nennen, nämlich die "präventive" Funktion, die sie für die offizielle Außenpolitik spielen bzw. zu spielen versuchen. Diese Funktion wurde in den siebziger und achtziger Jahren besonders häufig in Verbindung mit der sog. "Stiftungsaußenpolitik" und einer daraus angeblich resultierenden "Spaltung der deutschen Außenpolitik" diskutiert.
Das Auswärtige Amt warnte die Stiftungen des öfteren davor, sich in parteipolitische Kämpfe in den Projektländern einzumischen. Allerdings kann eine Stiftung aufgrund ihres Nichtregierungsstatus eben auf dieser Einmischung bestehen, falls es ihrem Selbstverständnis entspricht. In diesem Sinne hatte die FNS, die sich gern als weltweite Kämpferin für Menschenrechte sieht - und nicht selten darunter leidet -, ihre Tibet-Konferenz angelegt.
Aber auch als "Akteure" können die Stiftungen nur bedingt bezeichnet werden; ihr außenpolitisches Auftreten geht nicht selten auf ihre Parteinähe zurück und hat auch etwas mit ihrem Engagement in entsprechenden internationalen Organisationen zu tun.
3. Koordination der Auslandsarbeit der Stiftungen mit der offiziellen Außenpolitik und untereinander
Wie wird die Auslandsarbeit der Stiftungen koordiniert und geprüft? Ihre Projekte, auch wenn sie nicht im Rahmen der amtlichen außenpolitischen Konzepte liegen, werden bewilligt, wenn von ihnen (im Fall einer entwicklungspolitischen Ausrichtung) ein eindeutig positiver, strukturwirksamer Effekt zu erwarten ist und solange sie das "Kerngebiet" der deutschen Außenpolitik nicht antasten. Die Grenzen der ideologischen Toleranz sind ziemlich breit angelegt; ein minimaler demokratischer Konsens reicht. Eine Stiftung kann ihre Arbeit in einem Entwicklungsland mit dem Versuch beginnen, demokratische Kräfte zu konsolidieren. Indem die Stiftungen ihre Präsenz in diesem Land ausweiten, koordinieren sie ihre Tätigkeit und "teilen" gelegentlich untereinander die Einflusssphäre und die Partner. Da der Umfang der Zuwendungen in den letzten Jahren abnimmt, wird die Frage der Koordination und Zusammenarbeit besonders aktuell. Die Bündelung der Kräfte erscheint als das kleinere Übel im Vergleich zu einem finanziell bedingten Rückzug aus Regionen, wo im Laufe mehrerer Jahre effiziente Arbeit geleistet wurde und gute Netzwerke aufgebaut wurden. Eine solche Strategie wird nicht zuletzt auch durch den in den neunziger Jahren erreichen "außenpolitischen Konsensus" der etablierten Parteien ermöglicht.
Die freiwillige Selbstkoordination der Stiftungen ist nicht streng formalisiert und verläuft überwiegend auf der Ebene der Treffen der Leiter der Internationalen Abteilungen. Vom BMZ und AA werden regelmäßig "Routinegespräche" mit den Stiftungen durchgeführt. Die Evaluierung der Projekte erfolgt sowohl aufgrund der jährlichen Verwendungsnachweise, welche die Stiftungen an das AA und BMZ richten, als auch aufgrund der Botschaftsberichte (wie z. B. die entwicklungspolitischen Zwei-Jahres-Berichte); in Einzelfällen können die Projekte von externen Gutachtern im Auftrage des BMZ evaluiert werden.
Die Zusammenarbeit zwischen den Botschaften und den Stiftungen spielt grundsätzlich eine sehr wichtige Rolle. Sowohl vor der Eröffnung eines Büros als auch vor der Bewilligung eines neuen Projektes bzw. einer neuen Förderphase wird die Botschaft vor Ort vom Auswärtigen Amt angefragt. Es gab Fälle, dass die Botschaften die Abwesenheit der Stiftungen bedauerten und Anregungen hinsichtlich des einen oder anderen möglichen Bereiches, wo sich die Stiftungen engagieren könnten, gaben. In der Regel sind Botschaften und Stiftungen aufeinander angewiesen. Die Botschaften erhalten normalerweise von den Stiftungen ausführliche Informationen über ihre Tätigkeit; in einigen Botschaften ist inzwischen eine regelmäßige "Stiftungsrunde" eingerichtet worden. Gelegentlich arbeiten Botschaften und Stiftungen im Rahmen ein und desselben Projektes zusammen, insbesondere, wenn das Projekt vom Auswärtigen Amt finanziert wird. Eine solche Zusammenarbeit wird in den Entwicklungsländern im Rahmen der Projekte zur Demokratieförderung durchgeführt.
IV. "Partnerschaft auf dem Weg zur Demokratie" oder "externe Einflussnahme"?
Es sind mehrere Vorwürfe, mit welchen die Stiftungen vor allem im Zusammenhang mit ihrer Arbeit in den Entwicklungsländern und später in den MOE/GUS-Staaten konfrontiert wurden und werden. Einige davon gehören definitiv der Vergangenheit an, andere bleiben immer noch aktuell. In den Zeiten der Block-Konfrontation wurden die Stiftungen zum Gegenstand ideologisch geprägter Kritik. Insbesondere in den siebziger Jahren wurde ihre entwicklungspolitische Tätigkeit unter diesem Gesichtspunkt als eine "Wühlarbeit" interpretiert,
Grundsätzlich versuchen die Stiftungen durch ihre Arbeit, keinen Anlass zu solchen Beschuldigungen zu geben. Legalität, Offenheit und Kontrolle sind die wichtigsten Grundlagen ihrer Auslandstätigkeit. In Deutschland sind sie der ministeriellen Kontrolle unterworfen, in den Projektländern sind sie bei den entsprechenden Behörden registriert; auch ihre Projekte erfolgen mit der Zustimmung der örtlichen Behörden. Sollten sie mit den oppositionellen Kräften zusammenarbeiten, ist es immer die legale Opposition. Und doch betreffen diese Vorwürfe unmittelbar den Charakter der Stiftungstätigkeit. Sie können z. B. im Zusammenhang mit der "parteinahen" Arbeit vorgebracht werden - entweder von der Regierung, falls mit der Opposition zusammengearbeitet wird, oder von der Opposition, falls die von den Stiftungen unterstützten Parteien an der Macht sind.
Darüber hinaus neigten gelegentlich einige der von den Stiftungen im demokratischen Geist geförderten Organisationen dazu, unerwartet eine politische Eigendynamik zu entwickeln, die den Machthabern ungelegen war und den Anlass gab, Stiftungen der Einmischung zu beschuldigen. So war "die weit reichende und letztlich entscheidende Unterstützung demokratischer Parteien" auf der iberischen Halbinsel Mitte der siebziger Jahre, die den demokratischen Wandel in Spanien und Portugal ermöglichte und "wesentlich zum internationalen Renommee der Stiftungen beigetragen hat"
Der Begriff "Demokratisierung" auch im Hinblick auf eine Unterstützung der Transformationsprozesse in den MOE/GUS-Staaten gibt einen deutlichen Hinweis auf eine externe Einflussnahme. Daher wird er heutzutage nicht mehr so häufig benutzt wie noch Anfang der neunziger Jahre, obwohl er exakt das Wesen der Stiftungsarbeit widerspiegelt. Es geht um eine direkte (finanzielle und Ausstattungshilfe an die Partnerorganisationen) und indirekte (Beratung, bildungspolitische Arbeit) Einflussnahme auf den Gang der Transformationsprozesse. In den MOE/GUS-Staaten waren die Stiftungen im Verlauf der neunziger Jahre praktisch auf allen Ebenen vertreten, und zwar gleichzeitig. Sie wirkten bei der Heranbildung der zentralen staatlichen Institutionen (insbesondere Parlament und Judikative) mit, durch die Förderung der demokratischen Parteien und kommunalen Selbstverwaltung trugen sie zu den Prozessen der demokratischen Transformation bei, und sie versuchten, durch Bildung und Beratung auch eine so genannte "Verhaltenstransformation" zur Förderung der Zivilgesellschaft zu bewirken.
In der westlichen Forschung und Publizistik wird die Einflussnahme auf den Gang von Transformationsprozessen bzw. "auf zentrale politische Weichenstellungen in anderen Staaten"
Eines steht fest: Wie umstritten einige Aktivitäten der Stiftungen manchmal auch sein mögen, ihnen und den ihnen ähnlichen Organisationen gehört die Zukunft. Die allmähliche "Entstaatlichung" der Außenpolitik, die nicht eine Abwertung traditioneller Formen des auswärtigen Dienstes ist, sondern die Erweiterung der außenpolitischen Strategien in Zeiten rasch fortschreitender Interdependenz, bedeutet, dass die Rolle der Stiftungen in der deutschen Außenpolitik vermutlich noch größer werden wird. Daher wäre es auch für diejenigen Staaten, in denen man sich aus unterschiedlichen Gründen manchmal nicht als Subjekt der Zusammenarbeit, sondern als Objekt des Einflusses empfindet, wohl empfehlenswert, die langfristigen Vorteile zu erkennen, welche die Außenpolitik durch Kooperation mit den Stiftungen und anderen NGOs gewinnt.