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Die parteinahen Stiftungen als Akteure und Instrumente der deutschen Außenpolitik | Nicht-Regierungsorganisationen (NGOs) | bpb.de

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Die parteinahen Stiftungen als Akteure und Instrumente der deutschen Außenpolitik

Swetlana W. Pogorelskaja

/ 30 Minuten zu lesen

Die politischen Stiftungen, deren Arbeit vom Staat finanziert wird, erfüllen eine besondere Aufgabe. Sie treten als Nicht-Regierungsorganisationen auf, begleiten und ergänzen die deutsche Außenpolitik durch ihre Arbeit. im...

I. Einleitung

Wenn man es sich zum Ziel setzt, den hierzulande seit mehr als dreißig Jahren in Wissenschaft und Publizistik geführten Diskurs zu Fragen der außen- und entwicklungspolitischen Tätigkeit der deutschen Nichtregierungsorganisationen (im Folgenden NGO = Non-Governmental Organizations) zu analysieren, wird man feststellen, dass der größte Teil der Beiträge den politischen Stiftungen gewidmet ist, zugleich aber auch, dass dies oft in emotionaler Weise erfolgt: Stiftungen werden gelobt - manchmal übertrieben; sie werden gerügt - manchmal auch übertrieben. Und was besonders erstaunlich ist: gelobt und gerügt werden sie nicht selten für ein und dasselbe.

Das ist auch kein Wunder. Der größte Teil der deutschen NGOs, die heutzutage in VENRO vertreten sind, wollen - in den besten entwicklungspolitischen Traditionen - den Armen dieser Welt helfen, und zwar unparteilich und unpolitisch. Die Stiftungen aber wollen mehr: "Wir wollen zugleich auf die Gestaltung politischer und gesellschaftlicher Ordnungen, auf politische Entscheidungsprozesse und auf die Entwicklung politischer und gesellschaftlicher Institutionen einwirken." Und sie wollen es nicht nur - sie tun es. Diese Zielsetzung bietet daher immer neues Material für immer neue innenpolitische Diskussionen zu fast immer denselben Themen. Fassen wir diese seit dreißig Jahren so gut wie konstant gebliebenen Themenkomplexe zusammen:

- Innenpolitisch wird immer wieder über die Legalität der Globalzuschüsse des Bundes an die Stiftungen (Stichwort: "verdeckte Parteienfinanzierung") gestritten, dies zumeist im Hinblick auf die innenpolitische Bildungsarbeit der Stiftungen. Selbst die bekannte Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes (BVerfG) von 1986 konnte diese Debatte weder beenden noch entschärfen.

- Auch im Diskurs zur außen- und entwicklungspolitischen Arbeit der Stiftungen, die bekanntlich vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ), Auswärtigen Amt (AA) und zu kleineren Teilen von anderen Ressorts finanziert wird, nimmt das Thema der "Parteinähe" einen bedeutenden Platz ein. Den Stiftungen wird u. a. vorgeworfen, mit den Geldern der deutschen Steuerzahler "Parteienaußenpolitik" zu finanzieren. Nicht selten taucht dieses Thema auch im Zusammenhang mit den Spendenaffären (wie z. B. der Flick-Affäre) auf; gelegentlich wirft man den Stiftungen auch vor, als "Geldwäsche-Anlagen" aufzutreten und der Bereicherung nahe stehender Parteien zu dienen.

- Ein weiterer Themenkomplex, der im Zusammenhang mit der Auslandsarbeit der Stiftungen besonders häufig diskutiert wird, ist ebenfalls - wenn auch indirekt - mit Finanzierungsfragen verbunden. Es geht um die Intensität der Parteinähe in der entwicklungspolitischen Projektarbeit. Besonders in den achtziger Jahren häuften sich im Zusammenhang mit den lateinamerikanischen Aktivitäten der Stiftungen die Vorwürfe, die Stiftungen trügen, indem sie die den deutschen Parteien "nahe stehenden" Parteien und Organisationen im Ausland unterstützen, die deutschen innenpolitischen Auseinandersetzungen ins Ausland.

- Schließlich und nicht zuletzt wird über die Tätigkeit der Stiftungen im Ausland hinsichtlich ihres Verhältnisses zur deutschen Außenpolitik und offiziellen Diplomatie gestritten. In den letzten zwanzig Jahren reichte die Palette der in diesem Zusammenhang diskutierten Fragen von Vorwürfen, "geheime Diplomatie" oder "Nebenaußenpolitik" zu betreiben, bis zu Lobesliedern auf die Flexibilität und Scharfsichtigkeit der Stiftungen, die frühzeitig politische Kräfte dort erkannten und förderten, wo die offizielle deutsche Außenpolitik noch an den alten Strukturen hing.

Alle diese Themenkomplexe sind eng miteinander verflochten; dies spiegelt den realen Stand der Dinge wider: Die Stiftungen, die sich als "Grenzgänger zwischen Gesellschafts- und Staatenwelt" von anderen NGOs durch ihre unmittelbare Verankerung in der offiziellen Politik unterscheiden, und doch - aus rechtlicher Perspektive gesehen - sowohl innenpolitisch als auch international als NGO's auftreten, befinden sich inmitten der vielfältigen innen-, außen- und internationalen Beziehungen, die in der heutigen interdependenten Welt nicht mehr voneinander zu trennen sind.

Bezogen auf die Intensität der Parteinähe gehe ich in meinem Beitrag davon aus, dass die politischen Stiftungen in hinreichender Weise sowohl organisatorisch als auch in ihrer Willensbildung von ihren Parteien unabhängig sind. Auch wenn die "Parteinähe" immer wieder in ihrer praktischen innenpolitischen Tätigkeit zum Ausdruck kommt, ist die Verbindung zwischen der Stiftung und der Partei keineswegs eingleisig. Es handelt sich eher um eine Art Wechselbeziehung, die allerdings von rechtlicher Seite schwer nachzuweisen ist, da sie nicht auf dem offiziellen, sondern eher auf einem ideellen und politisch-persönlichen Niveau zum Ausdruck kommt. Die Aufgaben, die die Stiftungen zu bewältigen haben, überschreiten die speziellen Interessen der Parteien und werden nicht unbedingt von ihnen bestimmt, was gerade am Beispiel der Auslandstätigkeit der Stiftungen besonders deutlich zu sehen ist. Was kann mit Hilfe von politischen Stiftungen außenpolitisch bewegt werden? Welche Rolle spielen die Stiftungen bei der Gestaltung der deutschen Außenpolitik?

II. Entwicklungspolitische Arbeit und außenpolitischer Auftrag

Schon in den frühen sechziger Jahren wurde im Auswärtigen Amt (AA) der Wert der Stiftungen als außenpolitische Instrumente erkannt. Es waren die Jahre, in denen die Richtlinien der Politik gegenüber den Entwicklungsländern im allgemeinen Kontext der damaligen deutschen Außenpolitik im Hinblick auf die Deutschlandpolitik und bezogen auf die Besonderheiten dieser Staaten entworfen wurden. Es waren auch die Jahre der Streitigkeiten über die Verteilung der Kompetenzen zwischen dem AA und dem neu geschaffenen BMZ, ferner der praxisbezogenen Diskussionen über das Verhältnis zwischen "Außenpolitik", "Entwicklungshilfe" und "Entwicklungspolitik". Während das Auswärtige Amt den Standpunkt vertrat, dass "die Entwicklungshilfe das wichtigste Instrument unserer Außenpolitik im Verhältnis zur Dritten Welt ist und bleibt" , behauptete das BMZ, dass "die Entwicklungshilfe ihren Hauptgrund in sich selbst hat" , und daher nicht mit außenpolitischen Aufgaben (die damals nicht selten mit den Interessen der auswärtigen Tagespolitik, wie z. B. dem Alleinvertretungsanspruch, identifiziert wurden) belastet werden solle - und später, dass sie, im Unterschied zur traditionellen Außenpolitik, "nicht nur eine Sache von Staaten, sondern von Gesellschaften" sei.

Der Kompetenzstreit zwischen den zwei Ressorts beeinflusste allerdings eher die Institutionelle Gestaltung der Entwicklungspolitik denn ihre inhaltliche Ausrichtung. Die Entwicklungspolitik aller Geberländer war in den Zeiten der Block-Konfrontation von langfristigen, u. a. auch ideologisch geprägten außenpolitischen Zielsetzungen nicht zu trennen; auch die Modernisierung der Entwicklungskonzepte war in das Geflecht außenpolitischer und außenwirtschaftlicher Interessen eingebunden. Entwicklungspolitik war ein Bestandteil der Systemkonkurrenz und diente u. a. dem Export der Ordnungsmodelle. Die Projekte, die entwicklungspolitisch als "Hilfe zur Selbsthilfe" bezeichnet wurden, trugen gleichzeitig zur günstigen Gestaltung der Beziehungen zu den entsprechenden Ländern bei . Die Entwicklungsländer lehnten jedoch eine "politische Bindung" ab.

Für die Durchsetzung der langfristigen deutschen außenpolitischen Zielsetzungen in den Entwicklungsländern sollten also Mittel und Wege gefunden werden, die über die üblichen außenpolitischen Methoden hinausgehen würden. "Technische Hilfe", die als "der Bereich der Entwicklungshilfe, in dem insbesondere durch Vermittlung von Wissen und Können . . . geholfen werden soll" - zuerst nur als eine Voraussetzung für eine spätere wirtschaftliche Hilfe oder als eine Begleitung dieser Entwicklungshilfe -, auftrat, gewann allmählich an selbstständiger politischer Bedeutung. Ihr wichtigster Bestandteil war die gesellschaftspolitische Bildung, welche die "Heranbildung einer demokratischen, nichttotalitären Führungsschicht und des dazu gehörenden Nachwuchses in den gesellschaftlichen Schlüsselbereichen der Entwicklungsländer, und zwar auf nationaler, regionaler und örtlicher Ebene", bewirken sollte. Diese "weltanschaulich und politisch gebundenen Bildungsmaßnahmen" sollten "mittels der den drei großen Parteien nahe stehenden Bildungsinstitutionen: Akademie Eichholz, FES und FNS" durchgeführt werden.

Somit wurden die Stiftungen schon in den frühen sechziger Jahren dort im politischen Bereich eingesetzt, wo staatliche Aktivitäten als eine Einmischung in die inneren Angelegenheiten des Gastlandes betrachtet werden konnten - zumal wenn es um Kontakte zu oppositionellen Kräften, um die Unterstützung von politischen Parteien und Gewerkschaften ging. "Zur Durchführung von Maßnahmen politischen Charakters . . . dürfen in erster Linie Institutionen wie FES, FNS, Eichholz usw. herangezogen werden, damit die Bundesregierung nicht als direkter Geldgeber auftritt." Darüber hinaus wurden sie auch mit einigen kulturpolitischen Aufgaben beauftragt (wobei die Kulturpolitik gegenüber diesen Ländern eher als Bildungshilfe interpretiert wurde). Nach Meinung der Stiftungen selbst sollte "die gesellschaftspolitische Kontaktpflege . . . ausschließlich und unmittelbar durch die KAS, FES und FNS" erfolgen, da "das politische Risiko geringer ist" .

Das außenpolitische Engagement der Stiftungen begann also mit ihrem Einsatz in Ländern Afrikas, Asiens und Lateinamerikas; insbesondere in Lateinamerika ist es den Stiftungen im Laufe der Zeit gelungen, ihre Präsenz über den ganzen Kontinent auszudehnen. In den ersten zehn Jahren ihrer entwicklungspolitischen Arbeit entstanden die Formen, Methoden und Instrumente, die für die Tätigkeit der Stiftungen auch heuzutage noch charakteristisch sind. Schwerpunkte ihrer entwicklungspolitischen Arbeit liegen grundsätzlich im gesellschaftlich-politischen Bereich; erklärtes Ziel war und ist es, zur Entwicklung in Richtung Demokratie und Marktwirtschaft beizutragen. Die Arbeit soll multiplikatorische Effekte entfalten; daher gehören zu den Zielgruppen Journalisten, Politiker, Gewerkschaftler, Dozenten, Mitarbeiter der kommunalen Verwaltung usw. Die langfristig angelegten Projekte haben eine klare ordnungspolitische Ausrichtung: Es geht um die "Demokratieförderung" in allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens.

Zu den Partnerorganisationen in den Projektländern gehören alle die (in der Regel nichtstaatlichen) Organisationen, die zur Entwicklung von Rechtsstaatlichkeit, Demokratie und Marktwirtschaft beitragen können. Waren diese Organisationen nicht vorhanden, wurden sie nicht selten vor Ort von den Stiftungen selbst oder mit ihrer Hilfe geschaffen. Die Zusammenarbeit mit den Regierungen war zwar nicht ausgeschlossen, wurde aber der Öffentlichkeit nicht gerne präsentiert; die Förderung der nichtstaatlichen demokratischen Institutionen stand im Vordergrund. Man ging und geht davon aus, dass die entwicklungspolitische Wirksamkeit der Projekte in entscheidender Weise davon abhängt, dass die gesellschaftlich-politischen Kräfte vor Ort nicht als Objekte der Stiftungsarbeit auftreten, sondern als Subjekte zu ihrer Gestaltung beitragen. In den letzten zehn Jahren allerdings wurde immer mehr Wert auf die Zusammenarbeit mit den "Einrichtungen des Staates, wie Parlament, Regierung und Judikative" gelegt; nicht selten geht es um die unmittelbare Beratung der Regierungen. Als wichtigste entwicklungspolitische Tätigkeitsfelder werden für die Stiftungen heutzutage die "Förderung demokratischer Ordnungen, Unterstützung nachhaltiger wirtschaftlicher Entwicklung, Bekämpfung der Armut, Förderung umweltbewussten Handelns, Krisenprävention" genannt, also die Aufgaben, die auch andere NGOs zu bewältigen haben.

Es fällt schwer, zwischen entwicklungspolitischem und außenpolitischem Beitrag der Stiftungen in den Entwicklungsländern zu unterscheiden, da es gerade im Fall der Projekte, die zum Aufbau und zur Festigung von demokratischen, pluralistischen und rechtsstaatlichen Rahmenbedingungen beitragen sollen, wohl kaum möglich ist, die entwicklungs- und außenpolitischen Zielsetzungen eindeutig voneinander zu trennen. Auch die Finanzierung der Projekte ist hier kein Kriterium: In ein und demselben Land können einige Projekte vom Auswärtigen Amt, einige vom BMZ finanziert werden. Grundsätzlich werden heutzutage mit den Mitteln des Auswärtigen Amts die Maßnahmen unterstützt, die offensichtlich in die Kompetenz der Außenpolitik gehören, wie z. B. Förderung internationaler Kontakte oder bilateraler Beziehungen. Das BMZ finanziert dagegen die Projekte, die typische "entwicklungspolitische" Züge tragen und in der Regel langfristig (Förderungszeitraum von drei bis vier Jahren) angelegt sind wie die gesellschaftspolitische Bildung oder Maßnahmen zur Sozialstrukturhilfe; dieser Bereich wird in den heutigen entwicklungspolitischen Überlegungen immer noch als "die nichtstaatliche Technische Zusammenarbeit im weiteren Sinne" definiert. Sie könnte aber auch als eine "Außenpolitik im weiteren Sinne" definiert werden.

Das Engagement der Stiftungen in den Staaten des ehemaligen Ostblocks kann - obwohl es ebenfalls um "Demokratieförderung" geht - mit dem in den Entwicklungsländern nur bedingt verglichen werden, wenngleich nicht selten vom entwicklungspolitischen Beitrag in den gesellschaftlich-politischen Bereichen gesprochen wird, wo diese Staaten "ähnliche Defizite" aufweisen wie die Entwicklungsländer. Diese Staaten zählten früher zu den Industrieländern. Die Zusammenarbeit, welche die Stiftungen noch vor der Wende mit einigen von ihnen begannen, wies formell die Züge auf, die teilweise auch für ihre Tätigkeit in den westlichen Industriestaaten charakteristisch waren - mit dem Unterschied, dass es in dem von den Stiftungen gepflegten intensiven und vielseitigen Dialog mit den westlichen Verbündeten primär um die Entwicklung und Festigung der europäischen und transatlantischen Prozesse ging. Die in den Ostblockstaaten aufgenommene Arbeit dagegen trug den Charakter eines kritischen Gedankenaustausches, vorwiegend auf der Ebene der Gesellschaftswissenschaften, die in den damaligen Ostblockstaaten allerdings eng mit den Parteieliten vernetzt waren. Vor allem die FES als die SPD-nahe Stiftung wurde von den damaligen kommunistischen Parteieliten als ein geeigneter Gesprächspartner akzeptiert (wie es auch in China, wo die FES seit Anfang der achtziger Jahre präsent ist, der Fall ist).

Ein Schwenk hin zu einer gezielten Unterstützung der Reformbemühungen erfolgte Ende der achtziger Jahre; die Vorbereitung dieser Strategien ging allerdings z. T. schon auf den Anfang der achtziger Jahre zurück. Anfang der neunziger Jahre war der Kurswechsel abgeschlossen; alle politischen Stiftungen waren in Osteuropa und in den Nachfolgestaaten der Sowjetunion präsent und förderten im Rahmen ihrer "Demokratisierungsprogramme" die reformorientierten Kräfte auf allen Ebenen, wo es nur ging - sei es in Politik, Gerichtswesen, kommunaler Selbstverwaltung oder Wissenschaft. Im bildungspolitischen Angebot unterschieden sich die Stiftungen damals nur in Nuancen, stärker aber in der Auswahl der Länder, was nicht zuletzt auf die Koordination ihrer Arbeit zurückging. Grundsätzlich handelte es sich bei der Arbeit in den Staaten Mittelosteuropas (MOE) und den Nachfolgestaaten der Sowjetunion (GUS) - im Unterschied zu den Dritte-Welt-Ländern, wo die "klassische" Unterentwicklung zu beheben war - darum, die nur diesen Staaten eigenen Probleme im Verlauf der Tansitionsprozesse zu bekämpfen und somit zur Stabilisierung der Demokratien und der (sozial)marktwirtschaftlichen Strukturen beizutragen.

So unterschiedlich wie die MOE/GUS-Staaten sind, so breit gefächert war und ist auch die Spanne der Projektarbeit der Stiftungen in diesen Staaten: von den in den NATO- und EU-Beitrittskandidaten durchgeführten Projekten zur Schaffung der für die Einbeziehung dieser Staaten in die westliche Gemeinschaft notwendigen Strukturen bis hin zu einer eher kultur- und entwicklungspolitisch ausgerichteten Arbeit in mittelasiatischen Ländern. Grundsätzlich konzentrierten sich die vom BMZ finanzierten Projekte auf die Bereiche der Parlaments- und Rechtsberatung, Förderung der Verwaltungsstrukturen, Förderung der Marktwirtschaft, Förderung der Gewerkschaften, Verbände und freien Medien (einschl. Journalistenausbildung) sowie der Zusammenarbeit mit den wissenschaftlichen und universitären Einrichtungen. Die vom Auswärtigen Amt finanzierten Projekte richteten sich auf die Bereiche der internationalen Sicherheitsfragen, der Entwicklung der Zusammenarbeit mit Europa und der bilateralen Beziehungen. Die langfristige Stabilisierung der Staaten zumal Ost- und Südosteuropas auf der Basis von Demokratie und Marktwirtschaft hat primäre Bedeutung und ist gerade für Deutschland auch innenpolitisch lebenswichtig.

III. Die politischen Stiftungen im System der deutschen Außenpolitik

1. Stiftungen als "Instrumente" der Außenpolitik

Somit treten bei einem Überblick über das internationale Engagement der Stiftungen vor allem zwei ihrer wichtigen Funktionen in den Vordergrund, die Anlass geben können, die Stiftungen als einen Teil des außenpolitischen Instrumentariums, ja sie sogar als "wirksamste und bewährteste Instrumente der deutschen Außenpolitik" zu betrachten.

Erstens: Die Stiftungen begleiten und ergänzen die amtliche Politik gegenüber den Staaten durch eine Reihe von Maßnahmen im politischen und vorpolitischen Raum, deren Durchführung gerade durch den Status der Stiftungen, die einerseits als NGOs auftreten und andererseits unmittelbar in der offiziellen Politik und (falls die nahe stehende Partei an der Macht ist) auch in den deutschen Regierungsstrukturen verankert sind, an Effizienz gewinnt. Auf den europapolitischen und transatlantischen Ebenen wird die amtliche Politik dadurch nicht nur begleitet und ergänzt, sondern zum großen Teil auch entlastet. In den Entwicklungsländern und den MOE/GUS-Staaten kommt die begleitende und ergänzende Funktion auch dort zum Ausdruck, wo die Stiftungen mit jenen politischen Kräften zusammenarbeiten, mit denen Kontakte auf offizieller Ebene aus diplomatischen Gründen nicht ratsam sind, die aber ihrem politischen Potenzial nach für die deutsche Außenpolitik wichtig sind.

Zweitens: Die Stiftungen ermöglichen die Umsetzung langfristiger außenpolitischer Prioritäten dort, wo sie mit den klassischen Mitteln des Auswärtigen Dienstes prinzipiell nicht zu erreichen sind und wo auch andere entwicklungspolitische Trägerorganisationen kaum einzusetzen sind. In der Tat können die Stiftungen dank ihrer Flexibilität dort handeln, wo die klassische Diplomatie versagt; mehr sogar: Dank ihrem Nichtregierungsstatus können sie sich in mehreren Entwicklungsländern und auch in den Transformationsstaaten dort engagieren, wo deutsche staatliche Hilfe als Einmischung in die inneren Angelegenheiten bezeichnet werden könnte. Sie dringen in alle wichtigen Bereiche der Politik und Gesellschaft durch; dabei "konkurrieren sie im Ausland nicht gegeneinander. Ihre Beratung ist pluralistisch" . Dieser Pluralismus der Beratung ermöglichte es, falls in einem Land mit Ansätzen demokratischer Ordnung alle Stiftungen präsent waren, so gut wie alle etablierten politischen Kräfte in die Projektarbeit einzubeziehen. Dort z. B., wo die HSS Kontakte zur Regierung pflegte, arbeitete die FES mit der Opposition. Wo eine derartige Förderung des politischen Pluralismus nicht möglich oder wo nur eine der Stiftungen präsent war, wurde versucht, die Arbeit auf der Grundlage eines möglichst breiten demokratischen Konsenses durchzuführen und als Vermittler zwischen den häufig gegeneinander kämpfenden demokratischen Kräften aufzutreten.

Die Stiftungen gingen aber nicht nur in die Länder, in denen bereits Ansätze für eine demokratische Entwicklung vorhanden waren oder in denen Interesse an westlichen bzw. deutschen Modellen bestand; sie gingen überall hin, wo die deutschen Regierungen sie gerne haben wollten - wenn man sie nur hereinließ; und in der Regel ließ man sie herein, weil sie lukrative und auch unpolitisch aussehende Angebote machen konnten, an welchen selbst autoritäre Herrscher eines Entwicklungslandes Interesse hatten. Die HSS mit ihren Projekten z. B. im Bereich beruflicher Bildung, die sie in einigen nicht unproblematischen Entwicklungsländern durchführte, wurde in diesem Zusammenhang nicht selten in Deutschland kritisiert. Es gab allerdings Regime, die nur mit der HSS zusammenarbeiten konnten; und es bestand Interesse, auf diese Regime zumindest mittelbar Einfluss im demokratischen Sinne nehmen zu können.

Andere Stiftungen engagierten sich dort, wo es aus unterschiedlichen Gründen keine Möglichkeit gab, mit politischer Arbeit zu beginnen, und wo auch die Regierungen nicht unbedingt kooperationswillig waren, zunächst in kulturpolitischen und wissenschaftlichen Bereichen; Kontakte mit wissenschaftlichen und universitären Einrichtungen wurden geknüpft. Das waren bewährte Positionen, auf die sich die Stiftungen immer zurückziehen konnten, falls die von ihnen begonnene politische Projektarbeit abgebrochen werden musste, ein außenpolitisch bedingtes Interesse am Verbleib im Lande aber weiterhin bestand.

Drittens: Neben den zwei genannten Funktionen erfüllen die Stiftungen noch eine Beratungsfunktion für die deutsche Außenpolitik, die von Diplomaten zwar nur als ein "Nebeneffekt" der eigentlichen Stiftungsarbeit eingeschätzt wird, allerdings einen nicht unwichtigen Beitrag zur Gestaltung der außenpolitischen Konzepte leistet, da die Stiftungen infolge ihrer langfristigen Präsenz in den "Grauzonen" der Politik in den Projektländern über Informationen verfügen, zu welchen die offizielle Diplomatie keinen Zugang hat. Allerdings sind diese Informationsrückflüsse nur gering formalisiert. Grundsätzlich fassen die Stiftungen Jahresaufzeichnungen zur Situation in den Projektländern zusammen, die dem Auswärtigen Amt zur Kenntnis vorgelegt werden. Es gibt einen Informationsaustausch auch mit anderen Ressorts, mit den Botschaften vor Ort, und Mitarbeiter des Auswärtigen Amtes besuchen die Veranstaltungen der Stiftungen. Der eigentliche Rückfluss von Informationen der Stiftungen in die deutschen politischen Strukturen und dadurch in die Außenpolitik erfolgt aber durch die Informations- und Beratungsarbeit, welche die Stiftungen für die ihnen nahe stehenden Parteien leisten. Eben diese Beratungsarbeit gab wohl seinerzeit den Anlass, Stiftungen als "politische Frühwarnsysteme" zu bezeichnen, die "uns die Augen öffnen für die Entwicklungen der Welt, damit wir uns rechtzeitig darauf einstellen" .

Schon bei dieser Beratungstätigkeit betritt man ein Terrain, wo es schwer fällt, die Arbeit der Stiftungen eindeutig im "instrumentalen" Sinne zu interpretieren. Stiftungen sind keine Instrumente im klassischen Sinne des Wortes. Es gibt nur wenige offizielle Möglichkeiten, sie in ihrer Tätigkeit direkt zu beeinflussen; dies kann eigentlich vor allem mit finanziellen Mitteln geschehen. Alle Projekte - auch die, die dem BMZ vorgelegt werden - werden vom Auswärtigen Amt unter Einbeziehung der Botschaften hinsichtlich möglicher außenpolitischer Bedenken oder möglicher Überschneidungen mit den Aktivitäten anderer deutscher bzw. westlicher Trägerorganisationen geprüft; sollten Bedenken bestehen bzw. Überschneidungen absehbar sein, wird den Stiftungen empfohlen, ihr Projekt zu überdenken bzw. mit anderen Organisationen zu koordinieren.

2. Stiftungen als "Akteure" der Außenpolitik

Die Stiftungen können also nur bedingt als außenpolitische Instrumente bezeichnet werden. Sie sind kein "Werkzeug" der Außenpolitik; dafür sind sie viel zu selbstständig, manchmal sogar eigenwillig. Sie sind auf der internationalen Bühne vertreten; wie mehrere andere NGOs treten sie als Akteure internationaler Politik auf, indem sie zur internationalen Kommunikation beitragen und versuchen, auf die Ausgestaltung der internationalen Beziehungen Einfluss zu nehmen und internationale Netzwerke zu schaffen. Können aber die Außenbeziehungen der Stiftungen den Rang nationaler Außenpolitik beanspruchen? Es gab einige Fälle, in denen Projekte der Stiftungen im Ausland sich von den offiziellen deutschen außenpolitischen Konzepten unterschieden bzw. ihnen sogar widersprachen. Es gab auch Fälle, wo eine solche Tätigkeit unmittelbaren Bezug zur Neugestaltung dieser Konzepte gewann. Und es gab, wenn auch selten, Fälle, in denen die von den Stiftungen aufgrund ihres Selbstverständnisses (verbunden mit ihrer Parteinähe) durchgeführten und für ihren internationalen Ruf wichtigen Projekte problematisch auf den Gang der bilateralen Beziehungen einwirkten oder gar zu diplomatischen Komplikationen führten. Beispiele dafür sind etwa die Tibet-Konferenz der FNS in Bonn 1996 und die Iran-Tagung der HBS in Berlin 2000.

Viertens: In diesem Zusammenhang ist noch eine weitere außenpolitische Funktion der Stiftungen zu nennen, nämlich die "präventive" Funktion, die sie für die offizielle Außenpolitik spielen bzw. zu spielen versuchen. Diese Funktion wurde in den siebziger und achtziger Jahren besonders häufig in Verbindung mit der sog. "Stiftungsaußenpolitik" und einer daraus angeblich resultierenden "Spaltung der deutschen Außenpolitik" diskutiert. Von einer solchen "Spaltung" kann heute im Zeichen einer zunehmend "entstaatlichten" Außenpolitik nicht mehr die Rede sein, doch steht diese Funktion, die nicht selten zugespitzt als "politische Abenteuerlust" der Stiftungen kritisiert wurde, an der Grenze zwischen den Bereichen, denen die Stiftungen als Instrumente eingesetzt werden, und denen, wo sie als selbstständige Akteure auftreten. Es kommt dabei vor allem auf die Bewertung an, wie bedeutend in der langfristigen Perspektive eines etwaigen Machtwechsels und der künftigen Zusammenarbeit die von den Stiftungen in einigen Entwicklungsländern geförderten oppositionellen Gruppen der Bundesregierung erschienen. In den siebziger und achtziger Jahren orientierten sich einige der Stiftungen an den politischen Kräften, die von ihnen als perspektivenreich eingeschätzt wurden, die aber der damaligen deutschen Außenpolitik selbst im Fall ihrer Regierungsübernahme und der daraus resultierenden Notwendigkeit, diplomatische Beziehungen zu pflegen, als problematisch erschienen. Allerdings gab es auch Fälle, in denen die von den Stiftungen gewählte - und vom Misstrauen der amtlichen Außenpolitik begleitete - Strategie langfristig außenpolitische Gewinne brachte.

Das Auswärtige Amt warnte die Stiftungen des öfteren davor, sich in parteipolitische Kämpfe in den Projektländern einzumischen. Allerdings kann eine Stiftung aufgrund ihres Nichtregierungsstatus eben auf dieser Einmischung bestehen, falls es ihrem Selbstverständnis entspricht. In diesem Sinne hatte die FNS, die sich gern als weltweite Kämpferin für Menschenrechte sieht - und nicht selten darunter leidet -, ihre Tibet-Konferenz angelegt. Die Iran-Tagung der HBS, die ein breites Forum für den Meinungsaustausch der iranischen Reformer sein sollte und zu den geschilderten Ergebnissen führte, wurde später von einigen ihrer Veranstalter ebenfalls als eine berechtigte, ja sogar notwendige Einmischung im Sinne des Kampfes um die Menschenrechte interpretiert.

Aber auch als "Akteure" können die Stiftungen nur bedingt bezeichnet werden; ihr außenpolitisches Auftreten geht nicht selten auf ihre Parteinähe zurück und hat auch etwas mit ihrem Engagement in entsprechenden internationalen Organisationen zu tun. Die "Eigenwilligkeit", welche die Stiftungen in ihrer Auslandstätigkeit zum einen gegenüber den eigenen Parteien mit dem Verweis auf die Notwendigkeit eines "breiteren Ansatzes" im Dienst der deutschen, ja überhaupt westlicher Interessen artikulieren, zum anderen gegenüber dem Auswärtigen Amt mit dem Verweis auf ihr Selbstverständnis und mit der Begründung, ihren Partnern gehöre die Zukunft, demonstrieren, folgt aus ihrer einzigartigen Stellung im politischen System Deutschlands. Sie sind in den Parteien und in der Politik, vom Parlament bis zur Regierung, verankert und genießen dabei den Status einer international agierenden NGO. Sie sind weder "Akteure" noch "Instrumente", sie sind beides in einem. Und sie wissen dies zu schätzen und zu nutzen. Aber auch die amtliche Politik weiß dies zu schätzen und zu nutzen, zumal immer wieder über die Rolle der Stiftungen bei der Vertretung deutscher Interessen, bezogen auf die gestiegene internationale Verantwortung Deutschlands, reflektiert wird.

3. Koordination der Auslandsarbeit der Stiftungen mit der offiziellen Außenpolitik und untereinander

Wie wird die Auslandsarbeit der Stiftungen koordiniert und geprüft? Ihre Projekte, auch wenn sie nicht im Rahmen der amtlichen außenpolitischen Konzepte liegen, werden bewilligt, wenn von ihnen (im Fall einer entwicklungspolitischen Ausrichtung) ein eindeutig positiver, strukturwirksamer Effekt zu erwarten ist und solange sie das "Kerngebiet" der deutschen Außenpolitik nicht antasten. Die Grenzen der ideologischen Toleranz sind ziemlich breit angelegt; ein minimaler demokratischer Konsens reicht. Eine Stiftung kann ihre Arbeit in einem Entwicklungsland mit dem Versuch beginnen, demokratische Kräfte zu konsolidieren. Indem die Stiftungen ihre Präsenz in diesem Land ausweiten, koordinieren sie ihre Tätigkeit und "teilen" gelegentlich untereinander die Einflusssphäre und die Partner. Da der Umfang der Zuwendungen in den letzten Jahren abnimmt, wird die Frage der Koordination und Zusammenarbeit besonders aktuell. Die Bündelung der Kräfte erscheint als das kleinere Übel im Vergleich zu einem finanziell bedingten Rückzug aus Regionen, wo im Laufe mehrerer Jahre effiziente Arbeit geleistet wurde und gute Netzwerke aufgebaut wurden. Eine solche Strategie wird nicht zuletzt auch durch den in den neunziger Jahren erreichen "außenpolitischen Konsensus" der etablierten Parteien ermöglicht.

Die freiwillige Selbstkoordination der Stiftungen ist nicht streng formalisiert und verläuft überwiegend auf der Ebene der Treffen der Leiter der Internationalen Abteilungen. Vom BMZ und AA werden regelmäßig "Routinegespräche" mit den Stiftungen durchgeführt. Die Evaluierung der Projekte erfolgt sowohl aufgrund der jährlichen Verwendungsnachweise, welche die Stiftungen an das AA und BMZ richten, als auch aufgrund der Botschaftsberichte (wie z. B. die entwicklungspolitischen Zwei-Jahres-Berichte); in Einzelfällen können die Projekte von externen Gutachtern im Auftrage des BMZ evaluiert werden.

Die Zusammenarbeit zwischen den Botschaften und den Stiftungen spielt grundsätzlich eine sehr wichtige Rolle. Sowohl vor der Eröffnung eines Büros als auch vor der Bewilligung eines neuen Projektes bzw. einer neuen Förderphase wird die Botschaft vor Ort vom Auswärtigen Amt angefragt. Es gab Fälle, dass die Botschaften die Abwesenheit der Stiftungen bedauerten und Anregungen hinsichtlich des einen oder anderen möglichen Bereiches, wo sich die Stiftungen engagieren könnten, gaben. In der Regel sind Botschaften und Stiftungen aufeinander angewiesen. Die Botschaften erhalten normalerweise von den Stiftungen ausführliche Informationen über ihre Tätigkeit; in einigen Botschaften ist inzwischen eine regelmäßige "Stiftungsrunde" eingerichtet worden. Gelegentlich arbeiten Botschaften und Stiftungen im Rahmen ein und desselben Projektes zusammen, insbesondere, wenn das Projekt vom Auswärtigen Amt finanziert wird. Eine solche Zusammenarbeit wird in den Entwicklungsländern im Rahmen der Projekte zur Demokratieförderung durchgeführt. Es gab zwar auch Fälle, dass die Beziehungen zwischen den Botschaften und Stiftungen nicht unproblematisch verliefen. Doch "bei geeigneten, parteiübergreifenden Maßnahmen . . . sind die Stiftungen in der Regel geeignete und gesuchte Partner" .

IV. "Partnerschaft auf dem Weg zur Demokratie" oder "externe Einflussnahme"?

Es sind mehrere Vorwürfe, mit welchen die Stiftungen vor allem im Zusammenhang mit ihrer Arbeit in den Entwicklungsländern und später in den MOE/GUS-Staaten konfrontiert wurden und werden. Einige davon gehören definitiv der Vergangenheit an, andere bleiben immer noch aktuell. In den Zeiten der Block-Konfrontation wurden die Stiftungen zum Gegenstand ideologisch geprägter Kritik. Insbesondere in den siebziger Jahren wurde ihre entwicklungspolitische Tätigkeit unter diesem Gesichtspunkt als eine "Wühlarbeit" interpretiert, bis hin zu der Behauptung, die Stiftungen hätten durch ihre bildungspolitische Arbeit (Stichwort: "ideologische Diversion") am Putsch in Chile mitgewirkt. Dieser Kritik lag die allgemeine These zugrunde, Stiftungen stünden im Dienst des "Monopolkapitals" und begleiteten die Expansion der westdeutschen Wirtschaft in die Entwicklungsländer. Diese These ging vom direkten Einfluss der Wirtschaft auf die Politik aus und wurde in den siebziger und achtziger Jahren nicht nur in den Gesellschaftswissenschaften der Ostblockstaaten vertreten, sondern auch von linksorientierten westlichen Beobachtern geteilt. Speziell in Bezug auf Lateinamerika warf man den Stiftungen gelegentlich vor, durch die Unterstützung der demokratischen Eliten, die aus diversen Gründen die Zusammenarbeit mit den USA ablehnten, die nordamerikanische Politik auf dem südlichen Kontinent indirekt zu ergänzen und zu fördern. Heutzutage werden solche Vorwürfe kaum noch erhoben. Dafür aber werden die Stiftungen immer wieder kritisiert, sich in die inneren Angelegenheiten der Projektländer einzumischen.

Grundsätzlich versuchen die Stiftungen durch ihre Arbeit, keinen Anlass zu solchen Beschuldigungen zu geben. Legalität, Offenheit und Kontrolle sind die wichtigsten Grundlagen ihrer Auslandstätigkeit. In Deutschland sind sie der ministeriellen Kontrolle unterworfen, in den Projektländern sind sie bei den entsprechenden Behörden registriert; auch ihre Projekte erfolgen mit der Zustimmung der örtlichen Behörden. Sollten sie mit den oppositionellen Kräften zusammenarbeiten, ist es immer die legale Opposition. Und doch betreffen diese Vorwürfe unmittelbar den Charakter der Stiftungstätigkeit. Sie können z. B. im Zusammenhang mit der "parteinahen" Arbeit vorgebracht werden - entweder von der Regierung, falls mit der Opposition zusammengearbeitet wird, oder von der Opposition, falls die von den Stiftungen unterstützten Parteien an der Macht sind. In einigen Ländern kann selbst Wahlhilfe für die legalen oppositionellen Kräfte als Einmischung eingestuft werden, insbesondere wenn es dabei nicht nur um Know-how, sondern auch um die Ausstattungshilfe geht. Bekannt sind u. a. die Vorwürfe, die in diesem Zusammenhang den christlich orientierten politischen Stiftungen im Jahre 1987 in Ecuador, der FNS im Jahre 1994 in Kenia, der FES und der FNS im Jahre 1999 in Simbabwe und im Jahre 2000 in Russland gemacht wurden.

Darüber hinaus neigten gelegentlich einige der von den Stiftungen im demokratischen Geist geförderten Organisationen dazu, unerwartet eine politische Eigendynamik zu entwickeln, die den Machthabern ungelegen war und den Anlass gab, Stiftungen der Einmischung zu beschuldigen. So war "die weit reichende und letztlich entscheidende Unterstützung demokratischer Parteien" auf der iberischen Halbinsel Mitte der siebziger Jahre, die den demokratischen Wandel in Spanien und Portugal ermöglichte und "wesentlich zum internationalen Renommee der Stiftungen beigetragen hat" , Mitte der achtziger Jahre zum Gegenstand innenpolitischer Diskussionen in Spanien u. a. im Zusammenhang mit den Flick-Geldern geworden, und sie ist erst kürzlich wieder in Deutschland wegen der neuen Erkenntnisse zu Spendenaffären wieder aufgerollt worden.

Der Begriff "Demokratisierung" auch im Hinblick auf eine Unterstützung der Transformationsprozesse in den MOE/GUS-Staaten gibt einen deutlichen Hinweis auf eine externe Einflussnahme. Daher wird er heutzutage nicht mehr so häufig benutzt wie noch Anfang der neunziger Jahre, obwohl er exakt das Wesen der Stiftungsarbeit widerspiegelt. Es geht um eine direkte (finanzielle und Ausstattungshilfe an die Partnerorganisationen) und indirekte (Beratung, bildungspolitische Arbeit) Einflussnahme auf den Gang der Transformationsprozesse. In den MOE/GUS-Staaten waren die Stiftungen im Verlauf der neunziger Jahre praktisch auf allen Ebenen vertreten, und zwar gleichzeitig. Sie wirkten bei der Heranbildung der zentralen staatlichen Institutionen (insbesondere Parlament und Judikative) mit, durch die Förderung der demokratischen Parteien und kommunalen Selbstverwaltung trugen sie zu den Prozessen der demokratischen Transformation bei, und sie versuchten, durch Bildung und Beratung auch eine so genannte "Verhaltenstransformation" zur Förderung der Zivilgesellschaft zu bewirken.

In der westlichen Forschung und Publizistik wird die Einflussnahme auf den Gang von Transformationsprozessen bzw. "auf zentrale politische Weichenstellungen in anderen Staaten" weitgehend positiv eingeschätzt, weil sie die Konsolidierung der nach westlichem Vorbild funktionierenden Demokratien zum Ziel hat. Man wundert sich daher, weshalb den Stiftungsvertretern in einigen Ländern eben wegen dieses "Einflusses" gelegentlich die Tür gewiesen wird. So wie in Deutschland immer wieder Stiftungen in dem einen oder anderen Bereich ihrer Tätigkeit angefochten werden, so wird es auch im Ausland immer wieder politische Kräfte geben, die den Stiftungen Einmischung in die inneren Angelegenheiten vorwerfen werden. In den MOE-Staaten kommt solche Kritik nicht selten von Seiten der rechten, nationalistischen Kräfte, die sich gegen den "westlichen" und - im historischen Kontext - insbesondere gegen den "deutschen" Einfluss wehren. Solche Kritik wird auch von Seiten der Nationalkommunisten geäußert. Gerade hier aber können die Unterschiede zwischen den Stiftungen, die auf ihre Parteinähe zurückgehen, einen guten Dienst leisten. Indem die PDS-nahe Rosa-Luxemburg-Stiftung ihre Projektarbeit in vollem Maße aufnimmt, werden so gut wie alle etablierten deutschen politischen Kräfte mit ihren Stiftungen im Ausland vertreten sein. Daher wäre es sinnvoll, dass jede Stiftung im Rahmen der für alle Stiftungen gemeinsamen Richtlinien noch deutlicher ihre eigenen Schwerpunkte und Prioritäten setzt und durchaus auch aus ihrer Parteinähe resultierende Besonderheiten intensiver pflegt. Dieser Besonderheiten wegen werden die deutschen Stiftungen manchmal von bestimmten politischen Kräften in den Entwicklungsländern wie in den MOE/GUS-Staaten als Kontakt- oder Kooperationspartner gesucht, und nicht weil sie generell "vom Westen" (bzw. "vom Norden") kommen. Nach wie vor bleiben für diese Staaten auch spezielle deutsche Erfahrungen von Interesse.

Eines steht fest: Wie umstritten einige Aktivitäten der Stiftungen manchmal auch sein mögen, ihnen und den ihnen ähnlichen Organisationen gehört die Zukunft. Die allmähliche "Entstaatlichung" der Außenpolitik, die nicht eine Abwertung traditioneller Formen des auswärtigen Dienstes ist, sondern die Erweiterung der außenpolitischen Strategien in Zeiten rasch fortschreitender Interdependenz, bedeutet, dass die Rolle der Stiftungen in der deutschen Außenpolitik vermutlich noch größer werden wird. Daher wäre es auch für diejenigen Staaten, in denen man sich aus unterschiedlichen Gründen manchmal nicht als Subjekt der Zusammenarbeit, sondern als Objekt des Einflusses empfindet, wohl empfehlenswert, die langfristigen Vorteile zu erkennen, welche die Außenpolitik durch Kooperation mit den Stiftungen und anderen NGOs gewinnt.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Die Friedrich-Ebert-Stiftung (FES, der SPD nahe stehend), die Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS, der CDU nahe stehend), die Hanns-Seidel-Stiftung (HSS, der CSU nahe stehend), die Friedrich-Naumann-Stiftung (FNS, der FDP nahe stehend), die Heinrich-Böll-Stiftung (HBS, Bündnis 90/den Grünen nahe stehend), die Rosa-Luxemburg-Stiftung (RLS, der PDS nahe stehend).

  2. VENRO e. V. = Verband Entwicklungspolitik deutscher Nichtregierungsorganisationen.

  3. Ottfried Henning, Netzwerke schaffen, in: KAS/Einblicke vom Oktober 1997, S. 8.

  4. Vgl. Urteil des BVerfG vom 14. 7. 1986: Gewährung von Globalzuschüssen zur politischen Bildungsarbeit an parteinahe Stiftungen, in: Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts, Band 73, Tübingen 1987, S. 1-39. Diesem Urteil ging eine von Bündnis 90/Die Grünen, die damals keine eigene Stiftung hatten, iniziierte Diskussion voraus. Vgl. ferner Uwe Günter/Michael Vesper, Wie weiter mit dem Stiftungsgeld?, in: Zeitschrift für Rechtspolitik, 27 (1994) 8, S. 289-291, sowie Gemeinsame Erklärung der KAS, FES, FNS, HSS und HBS vom November 1998, 11 S. (vervielfältigt); Grundsätze der Finanzierung politischer Stiftungen, Sankt-Augustin, 3. Februar 2000, 6 S. (vervielfältigt).

  5. Zum sog. "spanischen Fall Flick" siehe u. a. Lotar Labusch, Ein Hauch von Flick bringt die deutschen Stiftungen in Verruf, in: Kölner Stadt-Anzeiger vom 7. November 1984, S. 2; Walter Haubrich, Deutsches Geld in spanischer Politik, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) vom 2. Februar 2000, S. 3. Ferner wurde die Tätigkeit der Stiftungen auf der iberischen Halbinsel wieder unter die Lupe genommen im Zusammenhang mit den Vorwürfen, dass die zweckgebundenen Gelder aus den sog. "Reptilienfonds" des Bundeskanzleramtes, die deutsche Parteien für die Unterstützung der demokratischen Kräfte in Spanien und Portugal in den Jahren 1974 bis 1982 erhielten, teilweise wieder an die nahe stehenden Parteien zurückgeflossen seien. Vgl. Hans Leyendecker, Alltägliches unter strengster Geheimhaltung, in: Süddeutsche Zeitung (SZ) vom 2. Februar 2000, S. 7; Tina Stadlmayer, BND-Geld für Portugal und Spanien, in: die tageszeitung vom 2. Februar 2000, S. 6.

  6. Vgl. Konrad Adam, Der Staat als Spender, in: FAZ vom 8. März 1985, S. 3; Göttrik Wewer, Fragen an die politischen Stiftungen, in: Das Parlament vom 13. September 1986, S. 4.

  7. Diese Bezeichnung gibt Sebastian Bartsch mit Verweis auf Ernst-Otto Czempiel: Sebastian Bartsch, Politische Stiftungen: Grenzgänger zwischen Gesellschafts- und Staatenwelt, in: Wolf-Dieter Eberwein/Karl Kaiser, Deutschlands neue Außenpolitik, Bd. 4: Institutionen und Ressourcen, München 1998, S. 185-198, hier: S. 193.

  8. Vgl. u. a. Henning von Vieregge, Parteistiftungen, Baden-Baden 1977, und Alan Watson, Die politischen Stiftungen in Westdeutschland, Bonn-London 1976.

  9. Zur Auslandsarbeit der Stiftungen vgl. u. a. Roland Kress, Die politischen Stiftungen in der Entwicklungspolitik, Bochum 1985; Maximilian Schürmann, Zwischen Partnerschaft und politischem Auftrag, Saarbrücken 1989; Annette Spitzenpfeil, Der Beitrag der politischen Stiftungen zur entwicklungspolitischen Zusammenarbeit, Frankfurt/M. 1996; Swetlana W. Pogorelskaja, Die politischen Stiftungen in der deutschen Außenpolitik, Bonn 1997.

  10. Die FES wurde schon 1925 gegründet; die KAS ging 1964 aus der 1958 gegründeten Politischen Akademie Eichholz hervor; die FNS wurde 1958 und die HSS 1967 gegründet.

  11. Vgl. Auswärtiges Amt III B 1, Bd. 651, Aufzeichnung "Außenpolitik und Entwicklungspolitik" vom 6. Mai 1966: "Die Entwicklungspolitik war ein unverzichtbares Instrument bei der Abschirmung und Verteidigung unseres Alleinvertretungsanspruchs." (AA III B 1 = Archivbestand Grundsatzfragen der Entwicklungshilfe).

  12. Auswärtiges Amt III B 1, Bd. 651. Aufzeichnung "Außenpolitische Notwendigkeit der Entwicklungshilfe" vom 2. November 1965.

  13. Walter Scheel, Entwicklungshilfe und Außenpolitik, in: Bulletin vom 16. November 1965, S. 1463.

  14. BMZ, Pressemitteilung "Was ist Entwicklungspolitik?" vom 14. April 1969.

  15. "Jedes der Motive für die Entwicklungspolitik" war nach Meinung des Auswärtigen Amtes, "auch ein Motiv der deutschen Außenpolitik". Auswärtiges Amt III B 1, Bd. 651: "Außenpolitik und Entwicklungspolitik" vom 16. Mai 1966.

  16. Auswärtiges Amt III B 2, Bd. 304: "Leistungen der BRD im Rahmen der Technischen Hilfe" vom 10. September 1963. (AA III B 2 = Archivbestand Technische Hilfe).

  17. Ebd.

  18. Auswärtiges Amt III B 1, Bd. 313. Aufzeichnung "Beschwernisse im Verhältnis zum BMZ" (Entwurf), Februar 1963.

  19. Vgl. Auswärtiges Amt III B 2, Bd. 304: "Bericht über die kulturellen Maßnahmen in den Entwicklungsländern" vom 15. August 1963.

  20. Auswärtiges Amt III B 1, Bd. 721: FES. Ausschuss "Nachkontakte" bei der "Arbeitsgemeinschaft für internationalen Kulturaustausch", (Entwurf), vom 25. Oktober 1965.

  21. Voraussetzung für die erfolgreiche Arbeit war, dass es in einigen Ländern des Kontinents bereits Parteien sozialdemokratischer und christdemokratischer Orientierung gab. Daher konnten die Stiftungen in der ersten Phase mit der "politischen Kaderausbildung für Mitglieder der bestehenden demokratischen Parteien" beginnen (Auswärtiges Amt III B 2, Bd. 366).

  22. Grundsätzlich arbeiteten die Stiftungen schon immer mit den Regierungen zusammen, wenn nur die Möglichkeit dazu bestand, da sie sich dadurch schnellere strukturwirksame Effekte ihrer Arbeit versprachen. Besonders effizient war die Arbeit, wenn eine von der Stiftung geförderte demokratische Partei an der Regierung beteiligt war. Mit den Regierungen wurde auch in den Ländern zusammengearbeitet, wo es infolge der undemokratischen Gesellschaftsordnung keinen nichtstaatlichen Partner für die Zusammenarbeit gab.

  23. Vgl. Karl Osner, Der entwicklungspolitische Beitrag der politischen Stiftungen, Sankt Augustin 1976, S. 69.

  24. BMZ, Pressemitteilung: Carl Dieter Spranger, Rede bei der Pressekonferenz mit den Vorsitzenden der politischen Stiftungen am 26. Februar 1997 in Bonn, S. 2.

  25. BMZ, "Die entwicklungspolitische Arbeit der politischen Stiftungen", Informationsvermerk für den Bundestagsausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung vom August 1999, S. 1.

  26. BMZ, "Schwerpunktsetzung in der Entwicklungszusammenarbeit", Arbeitspapier vom 16. Juni 2000, S. 2.

  27. BMZ (Anm. 25).

  28. So hat z. B. die FES seit Anfang der siebziger Jahre flankierend zur damaligen Ostpolitik Osteuropa im Programm; zunächst ging es um den Journalistenaustausch mit Polen, Ungarn und der Sowjetunion, später kamen Postgraduiertenprogramme und wissenschaftlicher Dialog hinzu.

  29. Während die aus Dissidentenkreisen stammenden politischen Parteien diese westliche Förderung als etwas Selbstverständliches empfanden, brauchten die zu "Demokraten" gewordenen ehemaligen kommunistischen Funktionäre Zeit, um zu begreifen, dass sie von Subjekten des politischen Dialogs zu "Objekten" der bildungspolitischen Arbeit geworden sind.

  30. Ausführlich über die Arbeit der politischen Stiftungen in den GUS-Staaten sowie in den baltischen Staaten bis Mitte der neunziger Jahre vgl. S. W. Pogorelskaja (Anm. 9). Vgl. auch BMZ, Die Tätigkeit der politischen Stiftungen in Mittel- und Osteuropa sowie der ehemaligen Sowjetunion, Informationsvermerk vom 26. Februar 1997; BMZ (Anm. 25), S. 8-12 und 15-18.

  31. Roman Herzog, Weltweites Wirken für Demokratie und Rechtsstaatlichkeit. Ansprache zur Jubiläumsveranstaltung der FES am 8. März 1995 in Bonn, (vervielfältigt), S. 2.

  32. FES, Presseinformation vom 26. Februar 1997. Darüber kann man allerdings streiten. Zumindest in den siebziger Jahren gab es Fälle, wo sich die Stiftungen in einigen Projektländern durch die Unterstützung der gegeneinander kämpfenden politischen Kräfte indirekt untereinander behindert haben, bis ihnen das BMZ nahe legte, ihre Arbeit besser zu koordinieren. Die Kontroversen betreffend die Auslandsarbeit wurden gelegentlich sogar in die deutsche innenpolitische Diskussion getragen. Vgl. z. B. Volkmar Köhler, SPD diskreditiert Gedanken der politischen Stiftungen. Hilfe der FES für Exponenten der Gewalttätigkeit und der Destabilisierung, in: Deutschland-Union-Dienst, 34 (1980) 108, S. 4.

  33. Günter Rinsche, Freiheit und Demokratie, Gerechtigkeit und Selbsthilfe - die entwicklungspolitischen Ziele der Konrad-Adenauer-Stiftung, Rede anlässlich der Bundespressekonferenz in Bonn zum Thema "Aufgaben der politischen Stiftungen in der Entwicklungszusammenarbeit" am 26. Februar 1997, in: KAS-Presseinformation vom 26. Februar 1997, S. 1.

  34. Im Juni 1996, im Vorfeld des Besuches von Außenminister Kinkel in China, plante die FNS in Bonn eine internationale Tibet-Konferenz, zu welcher auch der im Exil lebende Dalai Lama eingeladen werden sollte. Nach heftigen offiziellen Protesten von chinesischer Seite strich die Bundesregierung der FNS die bereits bewilligten Mittel für die Durchführung des Projektes, um sich offiziell von diesem Projekt zu distanzieren. Die Konferenz fand trotzdem statt; ihr folgte im Jahre 2000 eine weitere Tibet-Konferenz in Berlin, die allerdings ohne diplomatische Komplikationen verlief.

  35. Die im April 2000 in Berlin von der HBS durchgeführte dreitätige Tagung "Iran nach den Parlamentswahlen - die Reformdynamik der Islamischen Republik", zu welcher 17'reformorientierte Politiker, Künstler, Intellektuelle und Theologen aus dem Iran eingeladen wurden und die als Versuch gedacht war, den iranischen Reformern aus unterschiedlichen Fraktionen ein breites Forum für Diskussionen anzubieten, verlief von Anfang an unglücklich, da sie von lauten Protesten seitens der in Deutschland lebenden Exil-Iraner begleitet wurde. Darüber hinaus wurde sie von Irans Konservativen zum Schlag gegen die Reformer benutzt. Alle 17 Teilnehmer wurden im Iran angeklagt. Einige von ihnen wurden zu hohen Strafen verurteilt. Die HBS forderte die sofortige Freilassung der Gefangenen. Das Nachspiel auf diplomatischer Ebene: Das Auswärtige Amt äußerte offiziell "tiefe Besorgnis" der Bundesregierung über die Urteile; der Iran protestierte offiziell gegen die Berliner Reaktionen.

  36. Vgl. u. a. Konrad Adam, Der Staat als Spender, in: FAZ vom 8. März 1985, S. 4.

  37. "Um einen Beitrag zum Aufbau und zur Festigung der demokratischen Strukturen und zur inneren Befriedung zu leisten", arbeitete z. B. die FES in den achtziger Jahren in Nicaragua mit den den regierenden Sandinisten unterstellten Behörden zusammen, wodurch sich Spannungen mit der offiziellen Politik des Auswärtigen Amtes ergaben. Daneben unterstützte die KAS die den Sandinisten nicht unterstellten Organisationen und christlich-demokratischen Kräfte, die FNS die liberalen Kräfte.

  38. Mitte der sechziger Jahre z. B. ergaben sich Spannungen zwischen der FES und der deutschen Botschaft in Paraguay im Zusammenhang mit dem FES-Projekt zur Heranbildung einer Führungsschicht. Der Hinweis des Botschafters, dass "das erneute Eintreten Paraguays für die deutsche Wiedervereinigung . . . den Vorzug vor . . . zweifelhaften Demokratisierungsplänen der Stiftung verdient", hat die FES nicht beeinflusst. Auswärtiges Amt, III B 1, Bd. 721, Botschaft der BRD Paraguay, 16. September 1966. Als jüngeres Beispiel kann die Zusammenarbeit der FES mit dem Afrikanischen National-Kongress in Südafrika genannt werden: "Wir haben mit . . . dem ANC über viele Jahre zusammengearbeitet und um Vertrauen geworben. Manche haben uns damals dafür kritisiert. Wir aber wussten, dass es ohne ihn keine Lösung geben wird." FES-Presseinformation vom 26. Februar 1997, S. 2 f.

  39. Nach der Tibet-Konferenz bekam das Büro der FNS in Peking die Folgen zu spüren: Die bereits begonnene Kooperation mit chinesischen Partnerorganisationen (in China wurden die Partnerorganisationen den Stiftungen "von oben" zugeteilt) wurde von chinesischer Seite storniert, das Büro geschlossen. Es gab auch andere ähnliche Fälle: In Kenia z. B. wurde die Vertreterin der FNS im Jahre 1994 unter dem Vorwurf der "Einmischung in die inneren Angelegenheiten" aus dem Land ausgewiesen.

  40. "Selbstverständlich ist eine politische Stiftung . . . dazu verpflichtet, sich gerade in die Angelegenheiten der Länder einzumischen, in denen Unterdrückung herrscht." Bahman Nirumand, Ein Beitrag zur Aufklärung, in: Tageszeitung vom 25. Januar 2001, S. 11.

  41. In diesem Zusammenhang war z. B. die Tätigkeit der FES im Rahmen der so genannten "lateinamerikanischen Offensive der Sozialistischen Internationale" Ende der siebziger Jahre Gegenstand von Diskussionen.

  42. Z. B. die Zusammenarbeit im Bereich der Wahlbeobachtungen. Vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die Zusammenarbeit der Botschaften mit den politischen Stiftungen bei der Umsetzung der Demokratisierungshilfe vom 6. September 1995.

  43. Ebd.

  44. Vgl. "Zentrum Bonner Provokationen", in: Neues Deutschland vom 22. August 1967, S. 1.

  45. Vgl. "Die stillen Institute", in: Sächsische Zeitung vom 7. Dezember 1973, S. 2.

  46. In den achtziger Jahren fanden in Venezuela in diesem Zusammenhang sogar Parlamentsdebatten über die Einflussnahme durch auswärtige Kräfte auf die Innenpolitik statt.

  47. S. Bartsch (Anm. 7), S. 194.

  48. Ebd., S. 194.

Dr. phil. (Universität Bonn), geb. 1963 in Moskau; Habilitandin der Diplomatenakademie Moskau.

Anschrift: Udalzowa 89-III-772, 117607 Moskau; Annabergerstr. 176, 53175 Bonn.

Veröffentlichungen u. a.: Die politischen Stiftungen in der deutschen Außenpolitik, Bonn 1997; Ausgewählte Probleme der internationalen Tätigkeit der deutschen politischen Stiftungen, Moskau 1998.