Sehr geehrter lieber OB Kurz, sehr geehrter Herr Blume, liebe Kolleginnen und Kollegen,
auch ich begrüße Sie alle sehr herzlich, und freue mich, (endlich) einmal wieder In Mannheim zu sein, lieber Herr Kurz, und vor allem auch, dass ich – nachdem ich gestern in Berlin gebunden war – heute zu Ihnen sprechen und mit Ihnen diskutieren kann. Herr Müller-Hofstede hat es ja gestern schon gesagt: das Zukunftsforum Islam ist für uns eine der wichtigsten, innovativsten und – ich betone – zukunftsträchtigsten Plattformen, die wir in den letzten Jahren aufgebaut haben.
Umso mehr freut es mich, dass das Zukunftsforum in diesem Jahr unter neuer Regie und mit einem attraktiven Programm seine Arbeit wieder aufgenommen hat. Ich weiß aus eigener Erfahrung, wie frustrierend und mühselig der Aufbau und die Sicherung neuer Formate und die praktische Umsetzung guter Ideen sein kann. Deswegen an dieser Stelle meine persönliche Anerkennung allen Mitgliedern und Beiräten des neuen Vereins, insbesondere natürlich an den Vorsitzenden Samy Charchira für den Mut und die Energie, einen neuen Anfang zu wagen.
Ich bitte Sie und rate Ihnen: Bleiben Sie dran! Es lohnt sich und wir brauchen Sie! Und was die Rolle der bpb angeht, hier gilt der berühmte Slogan des Liverpool FC: „You‘ll never walk alone…“
Warum betone ich das hier mit einer gewissen Eindringlichkeit?
Wir stehen vor großen und neuen Herausforderungen unseres demokratischen Gemeinwesens, die alle Institutionen, auch und gerade die bpb, aber auch jeden Einzelnen von uns auf den Prüfstand stellt. Die Polarisierungen in der Gesellschaft und der Aufstieg des Populismus haben inzwischen auch Deutschland erreicht. Auch das ist ein Grund dafür, dass die Arbeit der Regierungsbildung in den letzten Monaten so mühselig und umstritten verläuft.
Die politische Bildung steht vor der Herausforderung, es mit zwei teilweise gegenläufigen Entwicklungen aufnehmen zu müssen. Beide sind auch für Ihre Arbeit im Zukunftsforum wichtig: Einerseits ist unsere – und damit auch Ihre – Arbeit so gefragt wie selten zuvor. Das hat sich nicht zuletzt konkret in einem deutlichen Aufwuchs unserer Jahresbudgets, aber auch unserer Mitarbeiter in den letzten zwei Jahren niedergeschlagen.
Ziel der politischen Bildung ist es, immer wieder aufs Neue Debatten anzustoßen, Kontroversen darzustellen und produktiven Streit zu entfachen. Genauso gehört es aber zu unseren Aufgaben, das Vertrauen in die politischen Institutionen und Akteure zu stärken und Wissen über demokratische Vorgänge zu vermitteln.
Auf der anderen Seite steht der massive Vertrauensverlust von Teilen der Bevölkerung in den Politikbetrieb, seine Institutionen und die Medien. Die dahinterliegende wachsende Diskrepanz zwischen Regierenden und Regierten führt unweigerlich zu einem Legitimitätsproblem, nicht zuletzt auch unserer Arbeit. Wenn wir Teile der Bevölkerung nicht mehr mit unseren Ideen, Formaten und Publikationen erreichen, vergrößert sich der Abstand zwischen denen, die aktiv am politischen Geschehen teilnehmen, und denen, die sich zurück ziehen und nicht mehr mitmachen wollen oder können. Die im schlimmsten Fall sogar aktiv dagegen arbeiten.
Wir stellen gleichzeitig fest, dass sich neue Formationen (oder auch Welten) des Politischen bilden, in die Menschen schlichtweg abtauchen, gerade weil sie diese – vermeintlich – in Eigenregie oder in engen Gemeinschaften konstruiert haben. Hier werden – mit kräftiger Hilfe der Social Media – sogenannte immersive Räume geschaffen, die intransparent sind, zur Abschotttung und im schlimmsten Falle zu antidemokratischer Agitation und Aktion beitragen. Ich glaube, dass auch die religiösen und ethnischen Communities der deutschen Zivilgesellschaft von diesem Trend betroffen sind.
Wie wir einen neuen Kitt zwischen unseren teilweise auch ganz individualisierten „brave new worlds“ (schönen neuen Welten) schaffen können, wie wir unsere demokratische politische Praxis inklusiver und transparenter, aber auch effektiver auf Veränderungen einstellen können, darüber müssen wir alle weiter beraten und uns intensiver als bisher die „Karten legen“. Wir stehen hier vor Umbrüchen, der Reflektion unserer ‚Spielregeln’ aber auch vor einem Aufbruch, den Sie alle mitgestalten können und sollten.
Ich glaube, dass das Zukunftsforum Islam mit seinem inklusiven, partizipativen und transparenten Design hier eine ganz wichtige Rolle spielen kann und – da bin ich sicher – spielen wird.
Ganz im Hölderlinschen Sinne also: „Wo aber Gefahr ist, da wächst das Rettende auch!“ Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit und freue mich auf die Diskussion im Anschluss.
- Es gilt das gesprochene Wort! -