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Aus keynesianischer Sicht kommt insbesondere Ländern mit Exportüberschüssen eine Verantwortung für die makroökonomische Instabilität der Eurozone zu. So standen sich im Vorfeld der Krise in der Eurozone die Exportüberschüsse einer Gruppe von Ländern (darunter Deutschland, Österreich, die Niederlande und andere) und die Exportdefizite in anderen Ländern (darunter Griechenland, Spanien, Portugal, aber auch Frankreich und Italien) gegenüber.
Sowohl die schwache Lohnentwicklung als auch die schwache Entwicklung der staatlichen Nachfrage vor allem in Deutschland haben nach keynesianischer Auffassung zu den Handelsungleichgewichten innerhalb der Eurozone beigetragen. Gemäß dieser Kriseninterpretation haben die jetzigen Krisenländer auch deswegen an Wettbewerbsfähigkeit verloren, weil in Ländern wie Deutschland die Löhne so schwach gestiegen sind und die Unternehmen in Deutschland zunehmend preisgünstig exportieren konnten. Zudem wird argumentiert, dass die Deregulierung des Arbeitsmarkts und Kürzungen in Deutschlands Sozialversicherungssystemen in den Jahren vor der Krise hierzulande die Konsumnachfrage geschwächt haben, während die gedrosselte Entwicklung der Staatsausgaben in den ersten Jahren nach Einführung des Euros die gesamtwirtschaftliche Nachfrage zusätzlich gemindert hat.
Deutsche Wirtschaftspolitik trug zu Problemen der Exportdefizitländer bei
Da Nachfrage und Inflation in Deutschland in den Jahren nach Einführung des Euros so niedrig waren, musste die Europäische Zentralbank die Zinsen über einen langen Zeitraum niedrig halten, um die gesamtwirtschaftliche Nachfrage in Deutschland und anderen Ländern im "Zentrum" zu unterstützen. Dies hat das exzessive Wachstum der privaten Verschuldung insbesondere in den Ländern der Peripherie mit befördert. Somit hat die Wirtschaftspolitik in Deutschland, folgt man der keynesianischen Perspektive, in entscheidendem Maße zu den Problemen der Exportdefizitländer beigetragen.
Diese Analyse steht im Widerspruch zur
Austerität unpassende Antwort auf die Krise
Austerität wird als unpassende Antwort auf die Krise erachtet, weil sie die Rezession verschlimmert und die Stabilisierung der Verschuldung aufgrund von sinkenden Einkommen und sinkender Steuereinnahmen erschwert. Keynesianische Ökonominnen und Ökonomen befürchten, dass die von ihnen diagnostizierte Nachfrageschwäche auch längerfristige negative Angebotseffekte haben wird. Dieses Argument, das in der ökonomischen Theorie auch mit dem Begriff "Hysterese" beschrieben wird, lautet wie folgt: Wenn viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer über einen langen Zeitraum aufgrund einer Nachfrageschwäche arbeitslos sind, veralten nach und nach ihre beruflichen Qualifikationen, und sie verlieren den Kontakt zur Arbeitswelt. Außerdem besteht die Gefahr, dass die Unternehmen zukunftsorientierte Investitionen zur Erneuerung ihrer Technologien unterlassen, wenn sie wegen einer Nachfrageschwäche ihre Produkte nicht absetzen können. Beides schwächt die Entwicklung der Arbeitsproduktivität. Im Ergebnis steht die Befürchtung, dass aus der ursprünglichen Nachfrageschwäche, welche zu Beginn der Krise noch durch den Verzicht auf Austeritätspolitik oder durch Konjunkturprogramme hätte verhindert werden können, eine dauerhafte Strukturschwäche wird.
Aus keynesianischer Sicht werden daher statt der Austeritätspolitik eine antizyklische Fiskalpolitik (höhere Staatsausgaben in Zeiten privater Nachfrageschwäche) und eine expansive Geldpolitik (niedrige Zinsen zur Förderung der privaten Nachfrage) befürwortet, um die ökonomische Situation des Euroraums zu stabilisieren. Zugleich wird eine vertiefte wirtschaftliche Kooperation der Euroländer gefordert. Zumindest sollten – folgt man dieser Sichtweise – die staatlichen Konsolidierungsmaßnahmen und Lohnkürzungen in den Krisenländern begrenzt und durch höhere Staatsausgaben und Lohnerhöhungen in den Überschussländern ergänzt werden.