Streit mit der Türkei
Das Externer Link: Flüchtlingsabkommen zwischen der Europäischen Union und der Türkei sorgt für Spannungen zwischen Brüssel und Ankara. Kernstreitpunkt ist die Einführung der geplanten Visumfreiheit für türkische Staatsangehörige. Diese war bis Ende Juni angestrebt. Bislang erfüllt die Türkei allerdings nicht die insgesamt 72 Bedingungen für die Visaliberalisierung und weigert sich insbesondere, eine Reform der nationalen Anti-Terrorgesetze vorzunehmen. Das EU-Parlament will allerdings erst dann über die visumfreie Einreise in den Schengenraum beraten, wenn die Türkei alle dafür notwendigen Voraussetzungen erfüllt habe. Als Reaktion droht die Türkei damit, Flüchtlinge in die EU weiterreisen zu lassen.
Streit gibt es zudem über die Auswahl der syrischen Flüchtlinge, die im Rahmen des Abkommens von EU-Mitgliedstaaten aus der Türkei aufgenommen werden sollen. Mehrere europäische Regierungen kritisieren laut Berichten des Magazins Der Spiegel, dass darunter viele Flüchtlinge mit hohem medizinischen Versorgungsbedarf und niedriger Bildung seien. Die Türkei habe das UN-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR) zudem angewiesen, Akademiker nicht mehr über den Resettlement-Mechanismus in die EU ausreisen zu lassen. Normalerweise entscheidet das UN-Flüchtlingshilfswerk, wer für eine Neuansiedlung (Resettlement) infrage kommt. Die Türkei hat sich aber ein Vorrecht bei der Auswahl der Kandidaten ausgehandelt.
Flüchtlingslager Idomeni geräumt
Kritik am Flüchtlingsabkommen mit der Türkei äußerte im Mai auch der UN-Sonderberichterstatter für Menschenrechte und Flüchtlinge, François Crépeau. Er hält das Abkommen für rechtlich fragwürdig und warf der EU einen "Mangel an Vision" beim Umgang mit der Fluchtzuwanderung vor. Es gäbe bislang keine langfristige und auf Menschenrechten basierende EU-Migrationspolitik. Zudem kritisierte er die Zustände in griechischen Flüchtlingslagern. Seit der Schließung der sogenannten Balkanroute sitzen rund 54.000 Flüchtlinge in Griechenland fest. Das Flüchtlingslager bei Idomeni an der Grenze zu Mazedonien, in dem es auch im Mai mehrfach zu gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Lagerbewohnern und Sicherheitskräften gekommen war, ist inzwischen Externer Link: geräumt worden. Bis zuletzt hatten hier mehr als 8.000 Menschen in der Hoffnung ausgeharrt, doch noch in ein anderes EU-Land weiterreisen zu können. Die meisten von ihnen wurden mit Bussen in andere griechische Auffanglager transportiert.
Flucht über das Mittelmeer
Derweil erhält die Fluchtroute über das zentrale Mittelmeer wieder mehr Aufmerksamkeit. Seit Beginn des Jahres sind nach Angaben der Internationalen Organisation für Migration (IOM) bereits mehr als 31.000 Migranten über diese Route in die Europäische Union Externer Link: gelangt. In der letzten Maiwoche kam es dabei im zentralen Mittelmeer zu mehreren schweren Externer Link: Schiffsunglücken, bei denen nach Aussagen von Überlebenden Externer Link: gegenüber dem UNHCR mindestens 880 Menschen ums Leben gekommen sein sollen. Aufgrund der sich regelmäßig ereignenden Katastrophen gilt das Mittelmeer als gefährlichster Grenzübergang der Welt. Hilfsorganisationen wie der UNHCR Externer Link: beobachten seit Jahresbeginn einen Anstieg der Zahl minderjähriger Flüchtlinge auf der Route von Nordafrika in die Europäische Union. Über die zentrale Mittelmeerroute gelangen vor allem Menschen aus Nigeria, Gambia, Somalia und Eritrea nach Europa.
Reform der Dublin-Regeln und Grenzkontrollen
Die EU-Kommission hat inzwischen einen Externer Link: Vorschlag für eine Reform der
Die EU-Kommission hat darüber hinaus einer Verlängerung der Kontrollen an den Binnengrenzen im Schengenraum bis November 2016 Externer Link: zugestimmt. Mehrere EU-Staaten, darunter auch Deutschland, hatten sich für diese Maßnahme eingesetzt.
Österreich hat seinen wochenlangen Streit mit Italien über die Errichtung von
Sichere Herkunftsstaaten und Integrationsgesetz
In Deutschland hat der Bundestag beschlossen, die nordafrikanischen Staaten Algerien, Marokko und Tunesien als
Die Bundesregierung hat zudem das im April angekündigte Externer Link: Integrationsgesetz auf den Weg gebracht und einen entsprechenden Externer Link: Gesetzesentwurf vorgelegt. Dieser sieht unter anderem Erleichterungen beim Zugang von Flüchtlingen zu Sprachkursen und zum Arbeitsmarkt vor, beinhaltet aber auch die Möglichkeit, anerkannten Flüchtlingen für die Dauer von drei Jahren einen festen Wohnort vorzuschreiben (Wohnsitzauflage). Darüber hinaus wird die Erteilung einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis (Niederlassungserlaubnis) zukünftig von Deutschkenntnissen abhängig gemacht. Wohlfahrtsverbände wie die Caritas kritisieren diese Bestimmungen. Zusammen mit dem Rat für Migration, einem bundesweiten Zusammenschluss von über 100 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, kritisierten sie in einem Externer Link: Brief an Bundesinnenminister Thomas de Maizière insbesondere die vorgesehenen Sanktionsmechanismen für Flüchtlinge, die Integrationsangebote nicht in Anspruch nehmen, die Einschränkung einer dauerhaften Bleibeperspektive für anerkannte Flüchtlinge sowie die geplante Wohnsitzauflage.
Die Zahl der neuankommenden Asylsuchenden in Deutschland ist seit Jahresbeginn deutlich zurückgegangen. Laut einer Anfrage der Rheinischen Post bei den Landesregierungen sind bundesweit derzeit rund 155.000 Plätze in Flüchtlingsunterkünften frei. Einige Bundesländer haben bereits mit dem Abbau der Aufnahmekapazitäten begonnen.