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Syrien: Zwei Jahre Bürgerkrieg | Hintergrund aktuell | bpb.de

Syrien: Zwei Jahre Bürgerkrieg

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Am 15. März 2011 begannen die Proteste gegen Syriens Machthaber Baschar al-Assad. Der anfänglich friedliche Konflikt hat sich zu einem Bürgerkrieg entwickelt. Staatspräsident Assad weigert sich noch immer, sein Amt abzugeben und versucht unter Aufbietung aller militärischer Mittel den Widerstand zu brechen. Ein Ende des blutigen Konflikts ist nicht in Sicht.

Proteste gegen Syriens Präsidenten Baschar al-Assad formieren sich in vielen europäischen Städten, wie hier in Wien. (© AP)

März 2011: Der arabische Frühling hat die Regierungen in Tunesien, Libyen und Ägypten bereits zum Rücktritt gezwungen oder zumindest schwer erschüttert. Monatelang haben sich Demonstranten über das Internet vernetzt und gemeinsam bei Protestaktionen die Demokratisierung ihrer Länder gefordert. Noch im selben Monat kommt es auch in Syrien zu den ersten Studentenprotesten gegen das Regime in Damaskus. Zuvor hatten Schüler Freiheitsparolen an Wände geschrieben und waren dafür verhaftet worden. Ende März nehmen Umfang und Intensität der Proteste zu. Tausende Menschen werden festgenommen und inhaftiert.

Auf die Demonstrationen reagiert die Regierung nicht mehr ausschließlich mit Gewalt, sondern auch mit Versprechungen: Der seit bald 50 Jahren bestehende Ausnahmezustand soll aufgehoben sowie politische, wirtschaftliche und juristische Reformen umgesetzt werden. Ende März gibt der Präsident den Rücktritt der Regierung bekannt und verkündet gleichzeitig, hinter den Protesten steckten "ausländische Verschwörer".

Im Juli 2011 verabschiedet das syrische Kabinett ein Gesetz, das erstmals andere Parteien als Assads Baath-Partei zulässt. Im August fordern US-Regierung und EU Assad zum Rücktritt auf. Die Arabische Liga setzt wenig später Syriens Mitgliedschaft aus und entsendet eine Beobachtermission in das Land, die jedoch scheitert. Im Oktober gründet die Opposition den Syrischen Nationalrat. Zu militärischen Auseinandersetzungen zwischen Assads Armee, bewaffneten Milizen und der oppositionellen "Freien Syrischen Armee" (FSA) kommt es erstmals im Herbst 2011.

Im Laufe des Jahres 2012 verschärft sich der Konflikt zwischen Regierung und Oppositionellen. Im März stimmt Assad einem Friedensplan des UN-Sondergesandten Kofi Annan zu. Die syrische Armee bricht jedoch im Mai die vereinbarte Waffenruhe. Eine zweite Waffenruhe zerbricht im Oktober 2012 an neuerlichen Angriffen durch Assads Armee.

Syrien nach vier Jahrzehnten Assad

Seit über vier Jahrzehnten regiert die Familie des Präsidenten Assad in Syrien. Baschar Al-Assad beerbte seinen Vater im Jahr 2000. 2007 wurde er in einer Volksabstimmung für eine zweite siebenjährige Amtszeit gewählt; einen offiziellen Gegenkandidaten gab es nicht. Syrien ist eines der repressivsten Länder der Arabischen Welt und gekennzeichnet vom Zusammenleben verschiedener Religionen und Ethnien. Sämtliche Schlüsselpositionen der Regierung Assad sind mit Aleviten besetzt, der gleichen schiitischen Minderheit, der auch die Familie Assad selbst angehört. Die Aufständischen sind in der Mehrheit sunnitische Muslime.

Aktuelle Situation

Inzwischen hat sich die Truppenstärke der syrischen Armee halbiert. Dennoch ist das Regime noch immer in der Übermacht. Gegen Aufständische und auch gegen Zivilisten geht Assad mit Streubomben und Langstreckenraketen vor. Gezielt wird die Infrastruktur in den befreiten Gebieten zerstört - sogar die Lebensmittelversorgung von Zivilisten ist Ziel der Angriffe. Die Vereinten Nationen gehen im März 2013 von bislang insgesamt 70.000 Toten aus.

Die industrielle und landwirtschaftliche Produktion in Syrien liegt lahm, teils durch den Krieg, teils durch die verhängten Sanktionen. Mehrere Gebiete im Nordwesten, Südosten, und Südwesten des Landes sind inzwischen unter der Kontrolle der FSA. Ein großes Problem der Opposition ist ihre starke innere Zerstrittenheit. Eine zentrale Befehlshierarchie konnte bisher nicht etabliert werden. Beispielweise weigern sich einige der islamistisch geprägten Milizen Befehlen der FSA Folge zu leisten. Der Anteil der radikal-islamischen Einheiten an der Gruppe bewaffneten Rebellen insgesamt ist dabei stark umstritten. Der größte Zusammenschluss der oppositionellen Kräfte ist die "Nationale Koalition der Syrischen Revolutions- und Oppositionskräfte". Die Organisation verlangt von der internationalen Gemeinschaft mehr finanzielle und militärische Unterstützung. Sie plant eine alternative Regierung und die Wahl eines Ministerpräsidenten. Seit Dezember 2012 ist das Bündnis u.a. von den USA, Großbritannien und Frankreich offiziell als Vertreter des syrischen Volkes anerkannt.

Ein im März 2013 veröffentlichter UN-Bericht schildert massive Menschenrechtsverletzungen durch die syrische Regierung wie auch durch die oppositionellen Kräfte. Unter anderem benennt der Bericht etwa 20 Massaker in dem Land, viele der Massenmorde richteten sich gezielt gegen bestimmte Volksgruppen. Auch Entführungen seien weit verbreitet. Die Regierung, verschiedene Milizen und die Kämpfer der Opposition steckten in einem "zerstörerischen Patt" fest, so die Autoren des Berichts. Keine der Kriegsparteien nehme Rücksicht auf die Zivilbevölkerung.

Am gestrigen Abend (14.03.) konnte der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen erstmals gemeinsam eine Erklärung verabschieden, die die Gewalt in Syrien verurteilt. Eine Resolution des UN-Gremiums scheiterte bislang am Widerstand Chinas und der Russischen Föderation. Russlands UN-Botschafter Witali Tschurkin gab 2012 als Grund an, andere Länder wollten mit der Resolution einen Regimewechsel in Syrien erreichen, notfalls durch eine militärische Intervention seitens der Nato.

Internationaler Umgang mit dem Bürgerkrieg

Seit Mai 2011 existieren durch die USA und EU verhängte Sanktionen gegen Präsident Assad und Mitglieder seiner Regierung. Seit September 2011 besteht zudem ein Ölembargo der EU.

Im März 2013 erwägt Großbritannien öffentlich Waffenlieferungen an die Rebellen. Einen Krieg, der sich über Jahre hinziehe und Nachbarstaaten destabilisiere, könne man nicht ignorieren, so Außenminister William Hague. Auch Frankreich spricht mittlerweile laut über Waffenlieferungen und die Aufhebung des Embargos. Hollande kündigt sogar an, notfalls auch ohne seine EU-Partner die Rebellen in Syrien aufrüsten zu wollen. Bitten der syrischen Opposition nach Waffenlieferungen war der Westen bislang nicht nachgekommen. Ein Grund dafür ist die Sorge unbeabsichtigt auch radikal-islamistische Fundamentalisten zu unterstützen. Aus arabischen Staaten wie Katar und Saudi-Arabien fließt jedoch bereits Geld für Waffen, die über Jordanien und die Türkei zu oppositionellen Kräften in Syrien geschmuggelt werden. Auch die Türkei unterstützt die Rebellen bei ihren Versuchen, al-Assad zu stürzen.

Bei einer Konferenz der "Freunde Syriens" in Rom wurden im Februar 2013 Beschlüsse zu konkreter Hilfe gefasst. Unter anderem wollen die USA der Koalition 60 Millionen Dollar zum Aufbau staatlicher Strukturen in den besetzten Gebieten geben.

Auch eine militärische Intervention wird noch immer diskutiert. Der Syrien-Sondergesandte der UN und der Arabischen Liga, Lakhdar Bramini, plädiert dagegen weiterhin für eine diplomatische Lösung.

Die Beziehungen zwischen Syrien und Israel waren trotz des offiziell nie beigelegten Krieges über viele Jahre von einer gegenseitigen Kooperation geprägt. Im Falle eines Machtwechsels in Syrien befürchtet die israelische Regierung die Etablierung eines fundamentalistischen islamischen Regimes. Dennoch forderte Israels Präsident Schimon Peres am 12. März vor dem EU-Parlament die Arabische Liga auf, in Syrien militärisch einzugreifen.

Ängste vor einer Ausweitung des Konflikts

Mehrere Vorkommnisse in an Syrien grenzenden Gebieten schüren Ängste vor einer Ausweitung des Kriegs auf Nachbarländer. Über eine Million Syrer sind inzwischen auf der Flucht, schätzen die Vereinten Nationen. Ziel sind die Nachbarländer Türkei, Jordanien und der Libanon. Die dort eingerichteten Aufnahmelager sind schon lange nicht mehr fähig, die Masse an Flüchtlingen aufzunehmen. Um Fluchtbewegungen zu stoppen und den Schmuggel von Waffen und Hilfsgütern zu unterbinden, hat die syrische Armee entlang der Landesgrenzen Minen verlegt. Nachdem es seit Juni 2012 mehrmals zu Kämpfen an der türkisch-syrischen Grenze gekommen war, bat die Türkei ihre Nato-Partner um die Stationierung von Patriot-Abwehrsystemen nahe der syrischen Grenze.

Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version dieses Artikels hieß es, der Sicherheitsrat habe eine Resolution zu Syrien verabschiedet. Diese Information beruhte auf einer Agenturmeldung und ist nicht korrekt. Erklärungen des UN-Sicherheitsrates haben eine geringere Bedeutung als Resolutionen.

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