"Das Pfand dämmt die Einwegflut ein, die mit zunehmender Wucht ökologisch vorteilhafte Mehrwegsysteme vom Markt drängt." Gleichsam Begründung und Ziel des Dosenpfands lieferte der damalige Bundesumweltminister Jürgen Trittin in einem Satz. Denn verbieten ließ sich die Dose nicht. Das verhindert bis heute das europäische Recht, da ein Verbot in den freien Binnenmarkt der EU eingreifen würde. Möglich war hingegen eine Pfandpflicht: Seit dem 1. Januar 2003 gilt in Deutschland die Pfandpflicht für Einwegverpackungen von Getränken, die auch in Mehrwegflaschen angeboten werden: neben der Dose betrifft dies auch Glas- und Plastikflaschen. Gegen heftigen Protest der Opposition hatte die rot-grüne Bundesregierung die Pfandpflicht 2002 beschlossen – mit dem Ziel, Abfälle zu reduzieren und den Anteil der Getränke in Mehrwegverpackungen zu erhöhen. Umstritten war das damalige Prestigeobjekte von SPD und Grünen schon bei der Einführung und ist es bis heute.
Pfand mit Startschwierigkeiten
Bis zuletzt hatten der Einzelhandel und die Getränkeindustrie versucht die Einführung des Pfandes gerichtlich zu verhindern - ohne Erfolg. Der Start des Einwegpfands war dementsprechend holprig: Zunächst erhielten Verbraucher nur in denjenigen Läden Pfand auf ihre leeren Einwegflaschen, in denen sie die Getränke auch erworben hatten. Dies änderte sich erst 2006: Durch eine Novellierung der Verpackungsverordnung wurde das System vereinfacht. Seither müssen alle Geschäfte, die Getränke in pfandpflichtigen Einwegverpackungen verkaufen, diese auch zurücknehmen, unabhängig davon wo sie erworben wurden. Außerdem wurde eine einheitliche Kennzeichnung eingeführt, die auf den Getränken das Einwegpfand markiert. Ursprünglich sollte das Dosenpfand auf alle Getränkearten ausgeweitet werden, was aber am Bundesrat scheiterte. Die Pfandpflicht gilt seither für alle Einweg-Getränkeverpackungen zwischen 0,1 Liter und 3,0 Liter, die vom Gesetzgeber als "ökologisch nicht vorteilhaft" eingestuft werden: etwa für Bier, Wasser, Erfrischungsgetränke und Alkoholmischgetränke, die so genannten Alcopops. Frei von der Pfandpflicht sind Frucht- und Gemüsesäfte, Milch, Wein, Sekt und Spirituosen. Das Pfand beträgt seit 2006 einheitlich 25 Cent und ist damit höher als auf Mehrwegverpackungen, wie der klassischen Glasflasche
10 Jahre Dosenpfand: eine Bilanz
2010 veröffentlichte das Umweltbundesamt (UBA) eine Studie zu den Auswirkungen des Einwegpfands. Erstellt hatte sie das Augsburger Umweltinstitut bifa. Das Institut kam zu dem positiven Fazit, dass die Pfandpflicht zu weniger Müll auf Straßen und Plätzen geführt habe. Außerdem ließen sich die Einwegbehälter aus Plastik oder Aluminium nun besser verwerten. Insbesondere Plastikflaschen aus Polyethylenterephthalat, kurz PET, seien ein begehrtes Ausgangsmaterial für das Recycling.
Beim eigentlichen Ziel des Einwegpfands, den Anteil von Mehrwegflaschen zu erhöhen. fällt zehn Jahre später das Fazit negativ aus, denn Einwegflaschen aus Kunststoff verdrängen zunehmend Mehrwegflaschen vom Markt: 2010 wurde nicht einmal die Hälfte der Flaschen wiederbefüllt, 2004 waren es immerhin noch zwei Drittel. Ein Grund dafür ist das veränderte Kaufverhalten. Getränke - sei es Wasser, Saft oder Bier – werden nicht mehr im Getränkemarkt sondern vermehrt bei Discountern eingekauft. Dort gibt es aber hauptsächlich Einwegflaschen.
Bessere Kennzeichnung gefordert
Das bifa sieht vor allem Verbesserungsbedarf bei der Kennzeichnung der Verpackungen. Vielen Verbrauchern sei nicht bewusst, dass die Pfandflasche nicht automatisch auch "Mehrweg" bedeute. Deshalb fordert das Institut, sollten alle Verpackungen einen klaren Hinweis mit "Einweg" bzw. "Mehrweg" erhalten. So könnte jeder Verbraucher unmittelbar erkennen, ob die Flaschen in den Mehrwegkreislauf zurückgeführt oder recycelt würden. Dem will die Bundesregierung nun nachkommen und kündigte an, noch vor der Bundestagswahl eine entsprechende Verordnung auf den Weg zu bringen.
Mehrweg oder Einweg?
In den vergangenen Jahren kreiste die Debatte zusätzlich um die Frage, ob die Ökobilanz von Mehrwegflaschen tatsächlich besser abschneide als die von Einwegflaschen. "Ja", lautet die Antwort aus dem Umweltbundesamt (UBA). Getränke in Mehrwegflaschen (aus Glas oder Kunststoff) sind laut Aussage des UBA-Präsidenten Jochen Flasbarth am umweltfreundlichsten. Um die Mehrwegsysteme weiter zu verbessern, empfiehlt das bifa Umweltinstitut, noch häufiger PET-Mehrwegflaschen einzusetzen. Auch laut Bundesumweltministerium haben Mehrwegflaschen – egal ob aus Glas oder Kunststoff - große Vorteile gegenüber Dosen und Einwegflaschen, da sie bis zu 40 Mal nachgefüllt werden können.
Ganz anders sieht das die Verpackungsindustrie: Eine moderne PET-Einwegflasche sei der durchschnittlichen Mehrwegglasflasche ökologisch inzwischen nahezu ebenbürtig. Dies geht aus einer Studie hervor, die das Institut für Entsorgung und Umwelttechnik 2010 im Auftrag der Kunststoffindustrie angefertigt hat. Das geringe Gewicht sowie Verbesserungen bei der Materialbeschaffenheit und im Herstellungs- und Recyclingkreislauf hätten die Ökobilanz der Plastikflaschen in den vergangenen Jahren deutlich verbessert.
Rückkehr der Dose
Ungeachtet der Diskussion haben sich die Regale der Supermärkte seit Sommer 2010 wieder mit Dosen gefüllt. Getränkeindustrie, Dosenhersteller und Einzelhandel freuen sich über die Rückkehr: Die Dose lasse sich besser stapeln, sei nicht zerbrechlich, nehme weniger Platz bei Transport und Lagerung ein und lasse sich schneller kühlen als Flaschen. Aus ökologischer Sicht ebenfalls positiv sei die hohe Recyclingquote von heute 96 Prozent, erklärt der europäische Verband der Getränkedosenhersteller BCME. Umweltschützern sind die Blechbüchsen nach wie vor jedoch ein Dorn im Auge, da die Herstellung besonders energieintensiv und entsprechend umweltschädlich sei.
Studie des Augsburger Umweltinstituts bifa im Auftrag des UBA
Externer Link: Zusammenfassung der Handreichung zur Diskussion um Einweg- und Mehrweggetränkeverpackungen der ifeu-Studie
Interner Link: Lexikon der Wirtschaft: Verpackungsverordnung Dossier Umwelt: Zusammensetzung des Abfallaufkommens