Der Sozialist François Hollande ist als Sieger aus dem ersten Wahlgang der Präsidentenwahl in Frankreich hervorgegangen. Nach Auszählung fast aller Stimmen erreichte er 28,6 Prozent. Staatspräsident Nicolas Sarkozy, der erneut als Spitzenkandidat für die Union pour un Mouvement Populaire (UMP, Union für eine Volksbewegung) ins Rennen ging, kam auf 27,1 Prozent. Die Entscheidung, wer Frankreichs neuer Präsident wird, fällt damit zwischen Sarkozy und Hollande in der Stichwahl am 6. Mai.
Für die Überraschung des Wahlabends sorgte die rechtsextreme Kandidatin Marine Le Pen: Sie erreichte 18 Prozent und übertraf das historische Ergebnis ihres Vaters Jean-Marie Le Pen von 2002, der damals mit 16,86 Prozent die Stichwahl erreichte. Der Spitzenkandidat des linken Wahlbündnisses Front de gauche, Jean-Luc Melenchon, kam auf 11,1 Prozent. Der Zentrumspolitiker François Bayrou, der erneut für das Mouvement Démocrate (MoDem, Demokratische Bewegung) kandidierte, landete mit 9,1 Prozent auf Platz fünf. Die Wahlbeteiligung lag bei 80 Prozent und damit weit höher als erwartet.
Hollande ist Favorit für die Stichwahl
Der Sozialist Hollande, der von 1997 bis 2008 an der Spitze der Sozialistischen Partei stand, geht als eindeutiger Favorit in das Duell mit dem Amtsinhaber: Bei der wahlentscheidenden Stichwahl am 6. Mai sehen die Demoskopen Hollande weiterhin vorn.
Er kann sich auf einen großen Wählerzustrom von Anhängern des linken Bündnisses Melenchon einstellen. Noch am Sonntagabend rief dieser seine Wähler indirekt zur Unterstützung Hollandes auf. Auch die Grünen-Politikerin Eva Joly, die nun auf 2,2 Prozent der Stimmen kam, empfahl ihren Anhängern, in der Stichwahl für Hollande zu stimmen.
Nicolas Sarkozy kann hingegen auf zahlreiche Anhänger der rechtsextremen Front-National-Chefin Marine Le Pen zählen. Politische Beobachter halten es allerdings für ausgeschlossen, dass die 43-Jährige ihren Wählern ein Votum für Sarkozy empfiehlt.
Anschlag auf jüdische Schule in Toulouse beeinflusst den Wahlkampf
In den vergangenen Wochen wurde der Wahlkampf vor allem durch den Anschlag auf eine jüdische Schule in Toulouse am 19. März bestimmt, bei dem drei Schüler und ein Lehrer getötet wurden. Der Attentäter Mohammed Merah, ein Franzose algerischer Herkunft, hatte zuvor drei französische Soldaten in Montauban getötet. Er selbst starb im Schusswechsel mit einer Eliteeinheit der Polizei. Merah soll Verbindungen zu dem islamistischen Terrornetzwerk al-Qaida gehabt haben und bezeichnete sich selbst als Mudschahid – Gotteskrieger. Die Terrorbekämpfung und Themen der inneren Sicherheit rückten daraufhin in den Mittelpunkt des Wahlkampfes.
Sarkozy verspricht Sanierung der Staatsfinanzen
Ein konkretes Programm legte Sarkozy erst am 5. April vor. Insgesamt will der Staatschef in einer zweiten Amtszeit 125 Milliarden Euro einsparen. Von dieser Summe sollen zwei Drittel durch Ausgabenkürzungen und ein Drittel durch Steuererhöhungen aufgebracht werden. Ein Großteil dieser Haushaltsänderungen sei bereits vom Parlament beschlossen worden, betonte Sarkozy. Insbesondere soll in den Kommunen und im Gesundheitswesen gespart werden. Außerdem will der UMP-Kandidat den französischen Beitrag zum EU-Haushalt nicht weiter erhöhen. Frankreich ist nach Deutschland zweitgrößter Beitragszahler. Sarkozy sagte bei der Vorstellung seines Wahlprogramms in Paris, dass eine solche Maßnahme eine jährliche Ersparnis von 600 Millionen Euro zur Folge hätte.
Hollande will das Bildungssystem stärken
Einen Tag vor Sarkozy hatte Hollande einen Katalog mit insgesamt 35 Maßnahmen vorgestellt, die er noch in seinem ersten Amtsjahr umsetzen möchte. Auf seiner Agenda stehen vor allem eine strengere Regulierung der Finanzbranche und mehr soziale Gerechtigkeit. Im Zuge einer Steuerreform will er einen Spitzensteuersatz von 75 Prozent auf Jahreseinkommen von über 1 Million Euro einführen. Die Mehreinnahmen will Hollande in das Bildungssystem stecken und damit neue Arbeitsplätze finanzieren. Es sollen 60.000 neue Lehrerstellen und 150.000 staatlich finanzierte Jobs für Berufsanfänger entstehen. Auch will er für Arbeitnehmer, die 41 Beitragsjahre vorweisen können, wieder die Möglichkeit einführen, bereits mit 60 Jahren in Rente zu gehen. Sein erklärtes Ziel ist es, bis 2017 den französischen Haushalt auszugleichen.