Wahlergebnisse
Auf der nationalen Ebene ist es der SPD vor dem unerwarteten Wahlsieg 2021 nur zweimal gelungen, der Union die führende Position im Parteiensystem streitig zu machen. Ihren stetigen, als "Genosse Trend" umschriebenen Zuwächsen bis zum Jahre 1972 folgten zunächst eine Stagnations- und - nach dem Regierungsverlust 1982 - eine bis 1994 anhaltende Abstiegsphase. Dasselbe Muster zeigte sich während der rot-grünen Regierungszeit. Lagen die Sozialdemokraten 2002 und 2005 etwa gleichauf mit der Union, stürzten sie seither auf ihre schlechtesten Ergebnisse seit 1949 ab. In beiden Regierungsphasen der SPD entstanden neue Parteien an ihrem linken Rand. Beförderte die Vernachlässigung des Umweltthemas während der Kanzlerschaft Schmidts das Aufkommen der Grünen, so stellte der Erfolg der gesamtdeutschen Linkspartei im Westen eine unmittelbare Folge der Schröderschen Reformen dar, die dem Gerechtigkeitsempfinden vieler sozialdemokratischer Traditionswähler widersprachen (Jun 2018: 479 f.).
Die Stellung der SPD in den Ländern verhielt sich zu ihren kürzeren Stärke- und längeren Schwächephasen auf Bundesebene lange Zeit spiegelbildlich, wobei die Diskrepanz zwischen den jeweiligen Wahlergebnissen nach der deutschen Einheit zunahm. Ab 2014 kam es hier wieder zu einer Angleichung, indem die sich häufenden Landtagswahlniederlagen dem negativen Bundestrend folgten. Die bislang unangefochtene Position der SPD als führende Kraft im linken Lager wird mittlerweile durch die Grünen bedroht, die sich ab Herbst 2018 in den Umfragen erstmals für längere Zeit vor sie setzen konnten. In den Ländern, wo sie die Hälfte der 16 Ministerpräsidenten stellt, behaupten sich die Sozialdemokraten als Regierungspartei trotz schlechterer Wahlergebnisse besser als die Union, weil sie mit der Linken hier über eine zusätzliche Koalitionsoption verfügen. Im Saarland reichte ihr Wahlergebnis 2022 sogar für die Bildung der einzigen Alleinregierung in einem deutschen Bundesland.