Die Bundesregierung hat die Aufgabe der politischen Führung. Sie soll den politischen Willen der parlamentarischen Mehrheit in praktische Politik umsetzen und die inneren Verhältnisse sowie die auswärtigen Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland gestalten. Sie hat außerdem die Verantwortung für die Ausführung der Gesetze durch die Bundesbehörden.
Bildung der Bundesregierung
Die Bundesregierung besteht aus dem Bundeskanzler und den Bundesministern, die zusammen das Kabinett bilden. Der Bundeskanzler wird auf Vorschlag des Bundespräsidenten vom Bundestag gewählt. Die Bundesminister werden auf Vorschlag des Bundeskanzlers vom Bundespräsidenten ernannt. In der politischen Praxis geht die Regierungsbildung der Wahl des Bundeskanzlers voraus. Der designierte (vorgesehene) Kanzler, bisher immer Führer der stärksten Fraktion, handelt zusammen mit den an der Regierung teilnehmenden Parteien (Koalitionspartnern) das Regierungsprogramm aus und legt Anzahl und Zuständigkeitsbereiche der Bundesminister fest. Er überlässt ihnen bestimmte Kabinettssitze und deren personelle Besetzung. Ebenso muss er darauf achten, dass wichtige Gruppen und Strömungen seiner eigenen Partei, starke Landesverbände und nicht zuletzt Frauen bei der Verteilung der Ministerposten angemessen berücksichtigt werden.
Befugnisse
Verantwortung und Zuständigkeiten innerhalb der Bundesregierung legt das Grundgesetz fest:
Artikel 65
Der Bundeskanzler bestimmt die Richtlinien der Politik und trägt dafür die Verantwortung. Innerhalb dieser Richtlinien leitet jeder Bundesminister seinen Geschäftsbereich selbständig und unter eigener Verantwortung. Über Meinungsverschiedenheiten zwischen den Bundesministern entscheidet die Bundesregierung. Der Bundeskanzler leitet ihre Geschäfte nach einer von der Bundesregierung beschlossenen und vom Bundespräsidenten genehmigten Geschäftsordnung.
Der Artikel enthält die drei Prinzipien, die für die Arbeit der Bundesregierung bestimmend sind:
das Kanzlerprinzip,
das Ressortprinzip,
das Kollegialprinzip.
Bundeskanzler
Der Bundeskanzler hat in der Bundesregierung eine herausragende Stellung (Kanzlerprinzip). Sie zeigt sich darin, dass er
als einziges Mitglied der Bundesregierung vom Bundestag gewählt ist und damit über eine besondere demokratische Legitimation verfügt;
allein den Antrag stellen kann, der Bundestag möge ihm das Vertrauen aussprechen; bei Ablehnung der Vertrauensfrage Neuwahlen herbeiführen kann;
allein durch ein Misstrauensvotum zu stürzen ist, wobei auch alle seine Minister ihr Amt verlieren;
das Recht hat, die Bundesminister zur Ernennung und Entlassung vorzuschlagen (Art. 64 GG), während der Bundestag keinen Minister zum Rücktritt zwingen kann;
die Richtlinien der Politik bestimmt und für sie die alleinige Verantwortung trägt.
Die Richtlinienkompetenz ist die wichtigste Befugnis des Kanzlers. Sie weist ihm die Führungsrolle im Kabinett zu (Art. 65). Er kann von einer Mehrheit im Kabinett nicht überstimmt werden.
Die Verfassung gibt dem Kanzler die Möglichkeit, sein Kabinett straff zu führen. Wie er sie nutzt, hängt ab von seiner Persönlichkeit, von dem Rückhalt in seiner Partei und Fraktion sowie vom Gewicht seiner Koalitionspartner.
Der erste Bundeskanzler, Konrad Adenauer (1949–1963), hatte eine so unangefochtene Machtposition, dass für seine Regierungszeit das Schlagwort von der "Kanzlerdemokratie" geprägt wurde. Im Rückblick zeigt sich, dass Adenauers starke Position sich nicht so sehr aus der Richtlinienkompetenz herleitete, sondern auf seine Persönlichkeit und auf die politische Konstellation zurückzuführen war.
Die nachfolgenden Bundeskanzler haben ihre Richtlinienkompetenz je nach den politischen Gegebenheiten und ihrem persönlichen Führungsstil auf sehr unterschiedliche Weise genutzt.
Bundeskanzleramt
Der Bundeskanzler verfügt im Bundeskanzleramt über einen personell umfangreichen Apparat, der als Koordinierungsstelle für die Regierungspolitik dient. Das Amt hält Kontakt mit den Ministerien und Bundesbehörden, sodass es den Bundeskanzler jederzeit über deren Arbeit unterrichten und ihn für die Kabinettsberatungen mit der notwendigen Sachkenntnis ausstatten kann. Zugleich hat es die Rolle eines Sekretariats der Bundesregierung. Es bereitet die Sitzungen und Beschlüsse des Kabinetts vor. Der Chef des Bundeskanzleramtes hat den Rang eines Bundesministers.
Bundespresseamt
Dem Bundeskanzler untersteht auch das Presse- und Informationsamt der Bundesregierung (kurz: Bundespresseamt). Es wird geleitet von einem Staatssekretär, der zugleich Regierungssprecher ist. Das Bundespresseamt informiert die Öffentlichkeit im In- und Ausland über die Politik der Bundesregierung. Es gibt das Bulletin, Pressemitteilungen und Informationsschriften heraus und hält Verbindung mit den Medien.
Der Regierungssprecher und die Sprecher der Ministerien treten regelmäßig vor der Bundespressekonferenz auf, der Vereinigung der Korrespondenten in der Hauptstadt Berlin, um amtliche Stellungnahmen der Bundesregierung abzugeben und Fragen zu beantworten. Zugleich hat das Amt die Aufgabe, Nachrichten zu sammeln und auszuwerten und die Bundesregierung über die öffentliche Meinung im In- und Ausland zu unterrichten.
Bundesminister
Dem Kabinett gehören derzeit 14 Bundesminister/innen mit eigenem Ressort und ein Bundesminister für besondere Aufgaben/Chef des Bundeskanzleramtes an. In der Zahl und den Zuständigkeiten der Minister spiegelt sich die ständige Ausweitung der Staatsaufgaben.
In früheren Zeiten genügten für die Staatszwecke der Gewährleistung der Sicherheit im Innern und nach außen die "klassischen" Ministerien: Innen-, Außen-, Verteidigungs-, Justiz- und Finanzministerium, die schon 1809 durch die Preußische Verwaltungsreform des Freiherrn vom Stein geschaffen worden waren. Sie zählen auch heute zu den wichtigsten und begehrtesten Ministerien. Der Finanzminister hat vom Grundgesetz her eine herausgehobene Stellung. Er stellt den Haushaltsplan auf und koordiniert die Finanzanforderungen der übrigen Ministerien. In der Praxis können ohne seine Zustimmung keine Ausgaben getätigt werden. Der Justiz- und der Innenminister prüfen jedes Gesetz auf seine Verfassungs- und Rechtsförmlichkeit.