Entstehungsgeschichte
Innerhalb der ideologisch breit gefächerten und überwiegend männerbündischen Studentenverbindungen im deutschsprachigen Raum sind Burschenschaften von anderen Verbindungen zu unterscheiden: zum einen von konfessionsgebundenen, zum anderen von sonstigen deutschnationalen Korporationen wie etwa den Corps. Das heißt: Burschenschaften stellen einen spezifischen Studentenverbindungstypus dar, aber nicht alle Studentenverbindungen sind Burschenschaften.
Die Geschichte der Burschenschaften weist bis ins frühe 19. Jahrhundert zurück. 1815 gründete sich in Jena die sogenannte Urburschenschaft.
Die liberalen Bestrebungen wurden im ausgehenden 19. Jahrhundert zunehmend gegenüber dem Streben nach nationaler Einigung in den Hintergrund gedrängt. Mit der Priorisierung des Nationalen und im Wettstreit mit anderen Verbindungen, insbesondere den Vereinen Deutscher Studenten (VDSt), nahm auch der Antisemitismus, der die Bewegung von Beginn an begleitet hatte, immer drastischere Formen an. In der Folge schlossen sich viele Burschenschaften schon früh dem politischen Projekt der Nationalsozialisten an, das sowohl das großdeutsche Reich zu verwirklichen als auch die "Judenfrage" zu "lösen" versprach. Zahlreiche Burschenschafter wurden Mitglieder in der NSDAP, im NS-Studentenbund und anderen NS-Organisationen. Die Namen Heinrich Himmler (Mitglied der Burschenschaft Apollo München, die heute Franco-Bavaria München heißt) und Ernst Kaltenbrunner (Burschenschaft Arminia Graz) stehen stellvertretend für eine große Zahl an Burschenschaftern, die sich, teils an höchster Stelle, an den Verbrechen des NS-Regimes beteiligten.
Entwicklung nach 1945
In den 1930er Jahren hatten sich fast alle Burschenschaften in NS-Kameradschaften umgewandelt. Nach der bedingungslosen Kapitulation des Deutschen Reiches am 8. Mai 1945 durften sie sich nicht mehr betätigen. Die britische Militärregierung verfügte im November 1945, dass "die Bildung von Korporationen oder Corps alten Stils"
Nach der Gründung der Bundesrepublik Deutschland wandelten sich diese Gruppierungen an vielen Orten wieder in Burschenschaften um und schlossen sich 1950 erneut zum Dachverband DB zusammen. Ideologisch war dieser bis in die 1960er Jahre autoritär-konservativ ausgerichtet. Das innerhalb der DB vertretene Geschichtsverständnis berührte die Grenzen zur NS-Apologie oder überschritt sie sogar, etwa wenn führende NS-Propagandisten rehabilitiert, das Soldatentum und die Wehrmacht verherrlicht und völkisch-nationalistische Auffassungen vertreten wurden.
Konflikte zwischen gemäßigten und extrem rechten Burschenschaften
Innerhalb des Verbandes gab es immer wieder heftige Debatten und Konflikte um die Frage, ob die [teils offen am rechten Rand stehenden, Anmerk. d. Red.] österreichischen Burschenschaften als Mitglieder aufgenommen werden sollten oder nicht. Moderate deutsche Burschenschafter befürchteten – auch unter Verweis auf entsprechende Erfahrungen der Zwischenkriegszeit – einen Rechtsruck des Verbandes, sollte dieser für österreichische Bünde geöffnet werden. Auf dem Nürnberger Burschentag der DB von 1961 fand sich dafür keine Mehrheit, weshalb noch im gleichen Jahr die "Burschenschaftliche Gemeinschaft" (BG) als Arbeitsgemeinschaft von deutschen und österreichischen Burschenschaften inner- und außerhalb der DB gegründet wurde. Die BG bekannte sich in ihrem Gründungsprotokoll zum "volkstumsbezogenen Vaterlandsbegriff" und sah es als zentrales Ziel an, diesen in der DB-Satzung zu verankern und damit den Weg für die Aufnahme der Österreicher zu ebnen.
Dieses Vorhaben gelang 1971 – mit Konsequenzen für den gesamten Verband, die bis heute wirken. Der sogenannte historischen Kompromiss zwischen gemäßigteren und extrem rechten Burschenschaften und der darauf folgende Eintritt der meisten österreichischen Burschenschaften in die DB verschoben die innerverbandlichen Kräfteverhältnisse kontinuierlich zugunsten der extremen Rechten und legten damit den Grundstein für den Niedergang des liberal-konservativen DB-Flügels im 21. Jahrhundert.
Gemäßigtere Burschenschaften begannen daraufhin, über eine Alternative zur DB nachzudenken, weil sie zu der Auffassung gelangt waren, dass Reformen innerhalb des Verbandes aufgrund der Sperrminorität der BG unmöglich geworden seien. Sie gründeten 1996 die "Neue Deutsche Burschenschaft" (Neue DB), die explizit als die "politischen Grenzen des deutschen Vaterlandes […] die Grenzen der Bundesrepublik Deutschland" akzeptiert, auch wenn sie ihr "verantwortliche[s] Streben […] jene Deutschen mit ein[schließt], die ihre Heimat außerhalb dieser Grenzen haben."
Die Konflikte innerhalb der DB waren damit aber nicht befriedet. Umstritten blieb unter anderem die Frage, wer im Sinne der Verfassung der Deutschen Burschenschaft (VerfDB) "Deutscher" sei und wer nicht. Rein formal ging es dabei darum, wie der im Zuge des "historischen Kompromisses" von 1971 satzungsrechtlich verankerte "volkstumsbezogene Vaterlandsbegriff" interpretiert werden solle. Zur Debatte stand, ob (und wenn ja, unter welchen Bedingungen) die DB studierende deutsche und österreichische Staatsbürger mit Migrationshintergrund als "Deutsche" klassifiziert und damit als Mitglieder akzeptiert.
Auf Antrag hatte sich 2009/10 auch der Rechtsausschuss der DB mit dieser Frage befasst und war zu der Auffassung gelangt, dass die deutsche bzw. österreichische Staatsangehörigkeit allenfalls ein Indiz dafür sein könne, dass jemand tatsächlich "Deutscher" sei. Maßgeblich sei "die Abstammung von Angehörigen des deutschen Volkes", weshalb nur Bewerber, deren "familiäre Wurzeln schwerpunktmäßig im deutschen Siedlungsgebiet in der Mitte Europas oder in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts geschlossenen deutschen Siedlungsbieten in Ost- und Südosteuropa liegen", aufgenommen werden könnten. Bei Zweifeln müsse der Rechtsausschuss prüfen, nämlich, wenn ein Bewerber "nicht dem deutschen Volk" angehöre, wenn nicht beide Eltern eines Bewerbers "dem deutschen Volk angehören", wenn ein Bewerber zwar "deutsche Volksangehörige" als Eltern habe, "selbst aber einem anderen Volk" angehöre.
Die Berichterstattung auf Spiegel Online
Ideologische Grundpfeiler
Im Zentrum des Mainstreams burschenschaftlicher Weltanschauung, repräsentiert durch die DB als ältester und nach wie vor mit Abstand größter burschenschaftliche Dachverband, steht der völkische Nationalismus.
Noch expliziter wird man am äußersten rechten Rand des burschenschaftlichen Spektrums – im Zusammenschluss Burschenschaftliche Gemeinschaft (BG), der die DB heute dominiert. Diese fasst das deutsche Volk in einer Grundsatzschrift von 2012 nicht nur als "eine biologische und kulturelle Einheit"
Die Grenzen Deutschlands wiederum fallen entsprechend dem "volkstumsbezogenen Vaterlandsbegriff" der DB (und analog der ADB) nicht mit jenen der Bundesrepublik in eins, sondern umfassen den gesamten "von Deutschen bewohnten Raum in Mitteleuropa einschließlich der Gebiete, aus denen Deutsche widerrechtlich vertrieben worden sind."
Neben Nationalismus und Elitarismus stellt der Männerbund als Ideologie und Organisationsform ein zentrales Strukturmerkmal der Burschenschaften dar. Zum einen sind Frauen in der Regel von der Mitgliedschaft in Burschenschaften ausgeschlossen, zum anderen wird in den Verbindungen ein Männlichkeitsideal kultiviert, das Attribute wie Härte, Standhaftigkeit, Wehrhaftigkeit und Opferbereitschaft idealisiert.
Angesichts dieser innerburschenschaftlichen Einschätzungen überrascht es nicht, dass jedenfalls einzelne Burschenschaften immer wieder ins Visier der Landesämter für Verfassungsschutz geraten – so etwa die Burschenschaften Danubia München (u. a. 2016)
Burschenschaften und politische Parteien
Im Unterschied zu Deutschland sind Burschenschafter in der österreichischen politischen Debatte dauerpräsent und prägewirksam. Diese ungleich höhere gesamtgesellschaftliche Relevanz verdanken sie fast ausschließlich ihrer engen personellen und inhaltlichen Verzahnung mit einer erfolgreichen Parlamentspartei: der bis heute programmatisch am Deutschnationalismus festhaltenden Freiheitlichen Partei Österreichs (FPÖ).
Unter dem derzeitigen FPÖ-Obmann Heinz-Christian Strache, dem ersten Burschenschafter in dieser Position seit Jörg Haider, haben Angehörige völkischer Verbindungen den wahrscheinlich größten Einfluss in der gesamten Parteigeschichte erworben. Eine absolute Mehrheit der Mitglieder des Bundesparteivorstandes (22 von 37) gehört Burschenschaften, Corps, Mädelschaften oder anderen deutschnationalen Verbindungen an. Dass die völkischen Korporationen gleichzeitig seit jeher auch dem außerparlamentarischen Rechtsextremismus in Österreich als Personalreservoir dienen, verleiht ihnen eine Scharnierfunktion zwischen diesem und der parteiförmigen extremen Rechten.
Auch in Deutschland waren und sind Burschenschaften ein Sammelbecken für die politische Rechte, die demokratische wie die antidemokratische. Burschenschaftliches Engagement fand und findet sich ebenso im national-liberalen Flügel der FDP, in der CDU und CSU sowie bei den Republikanern, in der ehemaligen Schill-Partei oder im Bund Freier Bürger, aber auch in den so genannten Pro-Parteien, der NPD (besonders prominent das Parteivorstandsmitglied Arne Schimmer oder der sächsische Pressereferent Jürgen Werner Gansel, beide Dresdensia-Rugia Gießen) und in den 1994 als rechtsextreme Vereinigungen verbotenen Parteien FAP und Nationalistische Front (NF). Darüber hinaus bemühen sich DB-Burschenschafter, Anschluss an unterschiedliche rechtspopulistische und rechtsextreme Organisationen in Deutschland, Österreich und Europa zu finden, wobei sich zurzeit die so genannte Identitäre Bewegung besonderer Beliebtheit erfreut.
Im Unterschied zu Österreich erwiesen sich Versuche von Burschenschaftern in Deutschland, über die Verankerung in Parteien politischen Einfluss zu erhalten, als vergleichsweise erfolglos. Auch wenn zu jedem Zeitpunkt einzelne Burschenschafter in den Reihen von CDU/CSU, FDP und selbst der SPD