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Die Protokolle der Weisen von Zion | Rechtsextremismus | bpb.de

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Die Protokolle der Weisen von Zion

Christopher Egenberger

/ 5 Minuten zu lesen

Die "Protokolle der Weisen von Zion" sind die weitverbreitetsten und hartnäckigsten Dokumente des modernen Antisemitismus. Nicht nur in rechtsextremen Kreisen dienen sie als das Beweisdokument für das vermeintliche Streben der Juden nach der Weltherrschaft. Antisemiten sämtlicher politischer und religiöser Richtungen beziehen sich auf die Protokolle.

Anti-jüdisches Plakat an einer Berliner Litfasssäule zu Beginn der 1930er Jahre. Das Plakat ruft zum Boykott jüdischer Geschäfte auf. (© picture-alliance)

Der Text war und ist nicht zuletzt deshalb so erfolgreich, weil er für Menschen reaktionärer Denkweise eine einfache und griffige Welterklärung bietet, die sämtliche unerwünschte Erscheinungen der Moderne auf einen Verursacher zurückführt. Kern der Verschwörungslegende bildet eine geheime jüdische Verbindung, deren Ziel es sein soll, die traditionellen gesellschaftlichen Strukturen mit Hilfe von Demokratie, Liberalismus und Kapitalismus – im Zweifelsfall auch Sozialismus – zu zerstören und auf diese Weise die Weltherrschaft anzustreben.

Der Text, der erstmals am Anfang des 20. Jahrhunderts auftauchte – eine erste russischsprachige Ausgabe erschien 1903 im Zarenreich –, ist in 24 Abschnitte gegliedert, die jeweils das Protokoll einer Versammlung der "Weisen von Zion" darstellen sollen. In den Reden der beteiligten jüdischen Führer geht es – inhaltlich eher unstrukturiert - um die angeblichen Pläne des Weltjudentums, die Weltherrschaft zu übernehmen. Dabei sollen Liberalismus und Demokratie, aber auch Finanzpolitik, eine jüdisch kontrollierte Presse und erforderlichenfalls Terror dazu dienen, die bestehenden Nationalstaaten zu destabilisieren. Am Ende sollen sich die Völker freiwillig in die Hände einer jüdischen Diktatur begeben, die dann umgehend alle Freiheiten, für die sich die Juden zuvor eingesetzt hätten, wieder rückgängig machen würde. Die Darstellung als angebliches Protokoll soll dabei die Glaubwürdigkeit erhöhen. Zudem wird an mehreren Stellen auf die aktuelle Politik in Russland am Ende des 19. Jahrhunderts angespielt.

Die Echtheit des Dokuments wurde dennoch von Beginn an angezweifelt. Bereits 1921 erschien in der Times eine Artikelserie, in der die "Protokolle" als Fälschung entlarvt wurden. Von 1933 bis 1935 befasste sich ein Schweizer Gericht mit der Entstehungsgeschichte des Dokuments und stellte fest, dass der Text dem Genre der "Schundliteratur" zuzurechnen sei und es sich um ein Plagiat handelte. Zweifelsfrei wurden die Quellen und die Schöpfer der "Protokolle" ermittelt. Bedient hatten sich die Schöpfer der "Protokolle" zum Beispiel aus den historisch-politischen Romanen von Hermann Ottomar Friedrich Goedsche, einem Redakteur der konservativen preußischen Kreuzzeitung, der unter dem Pseudonym Sir John Retcliffe Romane veröffentlichte. Goedsche war bestrebt, seiner Leserschaft eine antiliberale Überzeugung in einem geschlossenen Weltbild zu vermitteln. Seine Bücher wären längst in Vergessenheit geraten, wäre da nicht eine Szene in seinem Roman "Biarritz" (1868). Sie spielt auf dem berühmten Prager Judenfriedhof. Alle hundert Jahre, so der Roman, treffen sich hier die Vertreter der zwölf jüdischen Stämme, um über den Stand der Welteroberung zu beraten. Der Autor führt an dieser Stelle die wesentlichen politischen und ökonomischen Entwicklungen der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts auf die organisierten Aktivitäten der jüdischen Minderheit zurück. Damit leistete er einen bedeutenden Beitrag zur Popularität der Denkfigur einer jüdischen Weltverschwörung und lieferte eine literarische Schablone, auf die andere Autoren zurückgreifen konnten. Die besagte Szene wurde seit 1881 auch in eigener Form als "Rede eines Oberrabbiners in geheimer Versammlung" veröffentlicht und in zahlreiche Sprachen übersetzt. Die Entlarvung als Fälschung konnte die Verbreitung des Textes kaum aufhalten. Als die Feststellung, es handele sich um "Schundliteratur", zwei Jahre später durch eine Berufungsinstanz in der Schweiz wieder aufgehoben wurde, feierten Antisemiten das Verfahren als Bestätigung für die Echtheit des Textes. Angesichts der propagandistischen Wirkung der "Protokolle der Weisen von Zion" ist ihre Echtheit aber von zweitrangiger Bedeutung, auch, weil Beweise, dass es sich um eine Fälschung handelte, als Lügen der jüdischen Medienmacht abgetan und so selbst zum Bestandteil der Verbreitung wurden.

Juden als Sündenböcke – für alles

Den Mythos der jüdischen Weltverschwörung hatte Goedsche allerdings nicht erfunden. Seine literarischen Anschuldigungen griffen ein in ganz Europa weit verbreitetes Phänomen auf, nämlich den im späten 19. Jahrhundert entstandenen modernen Antisemitismus. Dieser stellte ein wichtiges Verständigungsmittel reaktionärer Kräfte für ihren sozialen Protest dar. Der politische und ökonomische Umbruch jener Zeit verunsicherte viele Menschen, die sich anstelle der starren Ständegesellschaft nun der kapitalistischen Konkurrenzgesellschaft ausgesetzt sahen. Vor dem Hintergrund dieses weitverbreiteten Unsicherheitsgefühls wurden die Juden als Wegbereiter und eigentliche Nutznießer der Moderne wahrgenommen und zu Sündenböcken für alles Mögliche aktuelle Ungemach erklärt.

Das wilhelminische Kaiserreich – Goedsche lebte ab 1848 in Berlin – stellte keineswegs einen Sonderfall in Europa dar. Um die Jahrhundertwende war insbesondere Russland ein Synonym für einen virulenten und gewaltsamen Antisemitismus, der sich im Gegensatz zu Westeuropa noch vornehmlich aus religiösen Motiven speiste. Dennoch griffen russische Rechtsextremisten auch auf deutsche Publikationen zurück und Bücher wie die "Rede eines Oberrabbiners" waren weit verbreitet. Wer genau die "Protokolle" letztendlich verfasst hat, konnte bis heute nicht zweifelsfrei geklärt werden. Eine vermutete Beteiligung des russischen Geheimdienstes oder der sogenannten "Schwarzen Hundertschaften" - rechtsextreme und nationalistische Organisationen – ist letztendlich nicht nachzuweisen. Bis zum Ersten Weltkrieg konnte der Text auch noch keine größere Wirkung erzielen. Erst durch den Schock, den die Kriegsniederlage und die bolschewistische Revolution auslösten, fanden die "Protokolle" wieder verstärkt Beachtung. Nun zunehmend auch im westlichen Ausland.

Im deutschen Sprachraum erreichten die "Protokolle" im Anschluss zahlreiche Auflagen. Bereits 1922 diente die Legende dazu, die Ermordung des Reichsaußenministers Walter Rathenau zu rechtfertigen. Ab 1929 erschienen die "Protokolle" im Parteiverlag der NSDAP, der die Rechte erworben hatte. Im Vorwort fand sich bereits ein Hinweis auf den bevorstehenden Völkermord: "Das kommende national-sozialistische Großdeutschland wird dem Judentum die Rechnung präsentieren, die dann nicht mehr in Gold zu bezahlen ist." Mit dem Machtantritt der Nationalsozialisten wurde die Verschwörungslegende zum offiziellen Lehrstoff an deutschen Schulen.

Immer noch beliebtes Propagandainstrument der Antisemiten

Die "Protokolle" wurden bereits in fast jede Sprache der Welt übersetzt, auch wenn ihre Anziehungskraft in der westlichen Welt nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs stark nachgelassen hat. Heute sind sie der Mehrheit der Bevölkerung kaum noch bekannt. In der islamischen Welt stellen sie aber immer noch eine bedeutende propagandistische Waffe gegen den Staat Israel dar und insbesondere der Iran bemüht sich um eine weitere Verbreitung. Hierfür missbrauchen Islamisten und Auschwitzleugner zunehmend das Internet. Ein Bindeglied zwischen beiden stellt unter anderem die Internetseite des ehemaligen schwedischen Radiosenders Radio Islam dar. Hier kann man neben den "Protokollen" auch Hitlers Mein Kampf lesen.

Radio Islam sendete jahrelang unter der Frequenz 88 MHz. Die Zahl 88 gilt in rechtsextremen Kreisen als Code für "Heil Hitler", weil "H" der achte Buchstabe im Alphabet ist. Der Betreiber des Senders, Ahmed Rami, nahm im Dezember 2003 an der Gründungsveranstaltung des rechtsextremen "Vereins zur Rehabilitierung der wegen Bestreitens des Holocaust Verfolgten" teil. Im Mai 2008 als verfassungsfeindliche Organisation durch das Bundesinnenministerium verboten, hatten sich hier um die 120 deutsche Geschichtsrevisionisten zusammengeschlossen. Zu ihnen zählte auch der in der Öffentlichkeit sehr präsente ehemalige NPD-Anwalt Horst Mahler, der im April 2008 nach einem Interview mit Michel Friedman wegen Volksverhetzung und Beleidigung zu zehn Monaten Haft ohne Bewährung verurteilt wurde. Neben Mahler beruft sich in Deutschland noch eine kleine Szene revisionistischer Verschwörungstheoretiker auf die "Protokolle". Auch wenn ihre Theorien absurd klingen mögen und wie bei Jan Udo Holey alias Jan van Helsing in die Esoterik und sogar Ufologie abdriften, halten diese Personen die Verschwörungslegende weiterhin am Leben. Zwar sind die "Protokolle der Weisen von Zion" heute nicht mehr so präsent und virulent wie in der Vergangenheit, aber noch lange nicht in Vergessenheit geraten. Aufklärung und Auseinandersetzung mit dem Thema sind weiterhin notwendig. In der rechtsextremen Szene gehört das Wissen um die "Protokolle" fest zur Sozialisation und politischen Erziehung. Über rechtsextreme Internetforen gelangen heutzutage selbst Jugendliche an die "Protokolle", die noch nicht zur organisierten Neonazi-Szene gehören.

Christopher Egenberger hat Geschichte und Politikwissenschaften an der Humboldt-Universität in Berlin studiert. Er war sechs Jahre Referent bei der Bundeskanzler-Willy-Brandt-Stiftung und ist derzeit freier Referent in der Extremismusprävention für cultures interactive e.V. und andere Träger.