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Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVP) | bpb.de

Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVP)

F. Algieri

Die GSVP bildet einen Teil der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) der EU und umfasst zivil-militärische, militärische und polizeiliche Maßnahmen (Art. 42-46 EUV). Neben der Verbesserung der militärischen Möglichkeiten bildet die zivil-militärische Komponente einen wichtigen Bereich; ihr kommt große Bedeutung zu, da die EU den Rückgriff auf militärische Mittel nur als letzte Konsequenz erachtet und die GSVP schwerpunktmäßig als Politik zur Krisenprävention ausgerichtet ist. Mit dem Zerfall des ehem. Jugoslawien und der Wiederkehr von Krieg in Europa mussten sich die EU-Mitgliedstaaten in den 1990er-Jahren der Frage stellen, wie der EU ein sicherheits- und verteidigungspolitisches Profil gegeben werden kann. Die Zeit von Oktober 1998 bis Juni 1999 kann als Entstehungsphase der GSVP betrachtet werden. Beim Treffen des Europäischen Rats im österr. Pörtschach hatte der brit. Premierminister Tony Blair im Oktober 1998 erkennen lassen, dass Großbritannien bei Fragen der europ. Sicherheitspolitik mehr Aufgeschlossenheit zeigen würde. Einen weiteren wichtigen Denkanstoß lieferte die brit.-frz. Initiative von St. Malo im Dezember 1998. Dieser Impuls übertrug sich auf die Gespräche zwischen den EU-Mitgliedstaaten über die GSVP. Während der dt. EU-Ratspräsidentschaft im ersten Halbjahr 1999 wurde angesichts des Krieges im Kosovo der Diskussionsprozess zu sicherheits- und verteidigungspolitischen Fragen vertieft, und bei ihrem Treffen in Köln vereinbarten die Staats- und Regierungschefs im Juni 1999 erste konkrete Schritte hin zu einer GSVP. Daraufhin wurden etappenweise die Voraussetzungen verstärkt, einen besonderen europ. Ansatz beim zivil-militärischen Krisenmanagement im Rahmen der EU zu entwickeln. Durch die Errichtung ständiger und dauerhafter Strukturen – so das Politische und Sicherheitspolitische Komitee (PSK), der EU-Militärausschuss, der EU-Militärstab sowie der Ausschuss über die zivilen Aspekte des Krisenmanagements – konnte ein tragfähiges institutionelles Gerüst für die GSVP geschaffen werden, als Voraussetzung für entsprechende Operationen auf europ. Ebene. Hinzu kommt die Europäische Rüstungsagentur, deren Aufgabe es u. a. ist, die militärischen Fähigkeiten der EU-Mitgliedstaaten zu bewerten und nationale Rüstungsprojekte in einen europ. Ansatz zu bringen. Nichtsdestotrotz hat die GSVP auch Schwächen. So ist es der EU bislang nicht möglich gewesen, umfassende und länger andauernde Militäreinsatze problemlos zu bewältigen. Darüber hinaus handelt es sich bei der GSVP um ein Integrationsprojekt, zu dem nicht alle EU-Mitgliedstaaten stets den gleichen Beitrag leisten können und wollen. Uneinigkeit herrscht auch darüber, ob die GSVP die NATO und die transatlantischen Beziehungen beeinträchtigt oder ergänzt. Sowohl der gescheiterte Verfassungsvertrag (2004) wie auch der Vertrag von Lissabon (2009) beinhalten Reformvorschläge für die GSVP, die es der EU ermöglichen würden, in der Sicherheits- und Verteidigungspolitik substanzielle Fortschritte zu machen. So kann z. B. durch eine sog. »Ständige Strukturierte Zusammenarbeit« (PESCO) mehr Flexibilität erreicht werden, indem eine Aufgabe auf eine Gruppe von Staaten übertragen wird; dieses Instrument wurde 2017 erstmalig von den EU-Staaten genutzt für eine engere verteidigungs- und rüstungspolitische Zusammenarbeit. Insgesamt betrachtet hat sich die GSVP in einem Zeitraum von rund 10 Jahren als einer der dynamischsten Politikbereiche der EU erwiesen.

Literatur

  • F. Algieri/T. Bauer: Die Festschreibung mitgliedstaatlicher Macht. GASP und GSVP im Vertragswerk von Lissabon, in: W. Weidenfeld (Hg.), Lissabon in der Analyse, Baden-Baden 2008, S. 125-156.

  • U. Diedrichs: Die Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik der EU, Wien 2012.

aus: Große Hüttmann / Wehling, Das Europalexikon (3.Auflage), Bonn 2020, Verlag J. H. W. Dietz Nachf. GmbH. Autor des Artikels: F. Algieri

Siehe auch:

Fussnoten

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