Die ursprünglichen EU-Verträge sahen zunächst weder einen Austritt noch einen Ausschluss aus der EU vor. Möglich war und ist die Suspendierung bestimmter Rechte, wenn der Rat in einem Mitgliedstaat die schwerwiegende und anhaltende Verletzung der in Art. 6 EUV festgelegten Grundsätze der EU einstimmig feststellt (Art. 7 EUV). Aus völkerrechtlicher Sicht war ein Austritt trotz fehlender Bestimmungen in den EU-Verträgen denkbar. Der Vertrag von Lissabon (2009) enthält erstmals eine Austrittsklausel. Gemäß Art. 50 EUV kann jeder Mitgliedstaat beschließen, freiwillig aus der EU auszutreten. Die Union handelt mit diesem Staat das Abkommen über den Austritt sowie dessen künftige Beziehungen mit der EU aus. Aufgrund der engen Verflechtung könnte dies z. B. eine weitere Teilnahme am Binnenmarkt sein. Nach einem Austritt kann ein Staat erneut die EU-Mitgliedschaft beantragen. Die Austrittsklausel kann bei künftigen Vertragsrevisionen eine Rolle spielen: Lehnt ein EU-Mitglied eine Vertragsreform ab, kann es aus der EU austreten, ohne die Reformen zu blockieren. Da ein Austritt aber freiwillig ist, ist fraglich, ob dieses Land tatsächlich austreten würde, da die Kosten eines Austritts die Vorteile einer Mitgliedschaft überwiegen könnten. Mit dem EU-Austritt Großbritanniens (»Brexit«) ist Art. 50 EUV zum ersten Mal angewandt worden. Ein Ausschluss eines Euro-Staates (z. B. Griechenlands, »Grexit«) wurde im Zusammenhang mit der Euro-Krise immer wieder diskutiert, er ist jedoch nur auf freiwilliger Basis möglich.
Literatur
H. Hofmeister: »Should I Stay or Should I Go?« A Critical Analysis of the Right to Withdraw from the EU, in: European Law Journal, H. 5/2010, S. 589-603.
A. Maurer: Austritt, Ausschluss oder institutionelle Anpassung: Optionen nach dem Scheitern des EU-Verfassungsvertrages, in: Internationale Politik und Gesellschaft (IPG), H. 1/2005, S. 165-184.
aus: Große Hüttmann / Wehling, Das Europalexikon (3.Auflage), Bonn 2020, Verlag J. H. W. Dietz Nachf. GmbH. Autor des Artikels: S. Seeger
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