Kartenspiel 1 "irre genug" eignet sich für die (domänenspezifische) Sprachbildung im Fach Politik/Sozialkunde, da die Begriffe auf den Karten überwiegend aus dem Bereich der deutschen Innenpolitik stammen. Die verdrehten Buchstaben der Wörter auf den illustrierten Karten - beispielsweise Essigautomat statt Atomausstieg - erfordern eine gründliche Lesekompetenz, um das neu entstandene, oft ziemlich amüsant abwegige, Wort zu erfassen. Zudem ist jede Karte mit einer Wissensfrage versehen und diese halten durchaus bis in den Leistungskurs hinein noch Herausforderungen bereit. So lautet die Frage zu "Tippende Surfer"/ "Friedenstruppe": "Wer entscheidet, ob Soldaten der UNO in Krisengebiete geschickt werden?"
Verschiedene Spielvarianten mit ein oder mehreren Ausgaben des Spiels bieten sich an. Bspw. könnten die Schülerinnen und Schüler in Kleingruppen gegeneinander antreten. Wer zuerst das vom Spielleiter oder Lehrenden vorgelesene Wort entschlüsselt, bekommt einen Punkt. Beantwortet er oder sie auch noch die Wissensfrage korrekt, erhält er oder sie zwei Punkte. Wer zuerst sechs Punkte hat, gewinnt. Als Folgeaktivität könnten auch Geschichten oder kurze Pressemeldungen erfunden, erzählt oder geschrieben werden, in denen sowohl die verdrehten Quatschwörter als auch die politischen (Fach-)begriffe vorkommen. Diese werden dann vorgetragen und die schönste wird prämiert. Außerdem können die Schülerinnen und Schüler mit weiteren politischen Fachbegriffen aus dem Unterricht eigene Verdrehungen erfinden.
Fachbegrifflichkeiten und in der Alltagssprache eher selten verwendete Wörter aufzuzeigen und deren Verwendung zu trainieren, ist - gerade im Zeitalter verknappter und bildlicher, überwiegend digitaler Kommunikation - nicht ein Thema nur für vermeintlich diversere Lerngruppen an Haupt- und Realschulen sondern muss überall und in jedem Fach stattfinden. Durchgängige Sprachförderung ist heute in unserer heterogenen Welt mehr denn je Aufgabe von Schule und Unterricht und das Spiel "irre genug" leistet da einen wichtigen Beitrag.
Das zweite hier zum Einsatz vorgeschlagene Kartenspiel "früher oder später? Deutschland 1949-2009" ist im Bereich des Geschichtsunterrichts gut aufgehoben, da die 61 illustrierten Karten mit Ereignissen der deutschen Geschichte nach 1949 das Temporalbewusstsein fördern. Die Schülerinnen und Schüler erwerben spielerisch Orientierung in der Zeit, hier in der Zeitgeschichte der Bundesrepublik und der DDR. Denn auch im kompetenzorientierten Unterricht ist selbstverständlich die Kenntnis gewisser Angelzahlen unverzichtbares Rüstzeug, um Analysen und Deutungen darauf aufzubauen.
Denkbar wäre als Spielvariante das Konstruieren eines Zeitstrahls im Plenum. Dabei sitzen die Schülerinnen und Schüler sich in 2 Gruppen gegenüber und jeweils abwechselnd müssen sie die vom Spielleitenden vorgelesene Karte (nur Ereignis, nicht das Jahr natürlich) vor (früher!) oder nach (später) die zuletzt gelegte Karte dirigieren. Hier sind mit steigendem Wissen und Alter der Lerngruppen auch Spielvarianten denkbar, wo das Jahrzehnt korrekt angegeben werden muss oder gar das Jahr, um einen Punkt zu erhalten. Fortführend könnte man die Lernenden bitten, jeweils eine weitere Karte (Welches Ereignis fehlt ihres Erachtens im Kartensatz?) zu designen und vorzustellen.
Im Rahmen von Wiederholungseinheiten oder in der Oberstufe könnten die Schülerinnen und Schüler auch in Gruppen aus der Menge der Karten (dann würden mehrere Spiele benötigt) die fünf wichtigsten Ereignisse heraussuchen und ihre Entscheidung begründen. Durch die unterschiedlichen Ergebnisse der Gruppen wird die Pluralität von Geschichtsdeutungen sicht- und diskutierbar. Hier wären außerdem ggf. unterschiedliche Betrachtungsebenen spannend (die 5 relevantesten Ereignisse der Wirtschaftsgeschichte, der Mentalitätsgeschichte usw.) oder auch Ereignisse einer Verflechtungsgeschichte (die 5 Ereignisse, die für Bundesrepublik und DDR gleichermaßen wichtig waren/ den Weg zur Einheit bereitet haben/ usw.).
Insgesamt sind beide Spiel ansprechend illustriert und wurden bisher von allen meinen Lerngruppen als Auflockerung des Unterrichts dankbar angenommen - nicht nur vor den Sommerferien.