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7. September 2013: China verkündet die Pläne zur "Neuen Seidenstraße" | Hintergrund aktuell | bpb.de

7. September 2013: China verkündet die Pläne zur "Neuen Seidenstraße"

Redaktion

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Ein Blick auf den Duisburger Hafen von oben. Der Hafen ist der größte Binnenhafen Europas. In Duisburg endet die Güterzugverbindung, die China mit Westeuropa verbindet. (© picture-alliance, Rupert Oberhäuser)

Am 7. September 2013 verkündete der chinesische Staatspräsident Interner Link: Xi Jinping mit einer Rede in der kasachischen Hauptstadt Astana die "Belt and Road Initiative" (BRI). Die BRI ist Teil einer außenpolitischen Neuausrichtung Chinas unter Xi. Das Projekt besteht aus zwei Großvorhaben: Einerseits investiert China in Infrastrukturprojekte auf dem Landweg , so etwa in neue Straßen, Schienen, Brücken oder Pipelines. Dieser Teil der BRI wird "Neue Seidenstraße" genannt. Andererseits sollen aber auch Handelsrouten zur See aufgebaut werden – diese Idee für eine "maritime Seidenstraße" verkündete China einige Wochen später. Dafür baut das Land neue Häfen oder investiert in schon bestehende wie die Häfen von Piräus (Griechenland) oder Zeebrügge (Belgien).

Xi war 2012 zum Generalsekretär der Kommunistischen Partei Chinas aufgestiegen. Im März 2013 wählte ihn der Volkskongress zum Staatspräsidenten. Bereits Ende 2012 hatte Xi seine Vision vom "Chinesischen Traum" verkündet: China solle bis zum 100. Jahrestag der Gründung der Volksrepublik im Jahr 2049 wieder eine "echte Weltmacht" sein. Wirtschaftlich, politisch und militärisch soll China bis dahin global führend sein.

Kredite aus China für Infrastrukturprojekte

Begrifflich knüpft Xi mit der Idee an die historische Seidenstraße an, auf der von der Antike bis zum Mittelalter Handelsrouten nach Europa unterhalten wurden. Die BRI sollte nun dazu beitragen, Chinas Handelswege nach Westen weiter zu öffnen. Grundsätzlich, so Xi im Oktober 2013, stünde die Initiative für eine Neue Seidenstraße allen Staaten offen. Die maritime Seidenstraße soll vor allem auf die Seewege südlich und westlich von China fokussieren. Für China hat die BRI noch weitere Vorteile: Sie hilft, die Energieversorgung des Landes zu diversifizieren und verschafft Zugang zu neuen Märkten.

(© Merics; https://www.merics.org/de/tracker/die-vermessung-der-belt-and-road-initiative-eine-bestandsaufnahme)

Die BRI bietet Partnerländern an, Infrastrukturprojekte mithilfe von chinesischen Krediten zu finanzieren. Gebaut wird meist durch chinesische Unternehmen. Die Gelder wurden anfangs vor allem durch den "Seidenstraßen-Fonds" bereitgestellt. Im Jahr 2015 wurde unter chinesischer Führung die Asiatische Infrastruktur-Investitionsbank gegründet. Außerdem ist China an der Neuen Entwicklungsbank der Interner Link: BRICS-Staaten beteiligt, die 2016 ihre Geschäfte aufnahm. Insgesamt sind weltweit mittlerweile 148 Länder dem Seidenstraßen-Projekt beigetreten. Deutschland, die meisten westeuropäischen Länder und die USA zählen nicht dazu, wohl aber Griechenland, Polen, Tschechien und die Ukraine.

Vertragsbedingungen ermöglichen Einflussnahme

Offiziell sind die Kredite nicht an politische Bedingungen geknüpft. Eine Studie des Kiel Instituts für Weltwirtschaft von 2021 kommt jedoch zu dem Schluss, dass die Kreditbedingungen oft ungewöhnlich streng sind und damit den chinesischen Einfluss zementieren. Ferner behält sich China das Recht vor, jederzeit die Rückzahlung der Schulden einfordern zu können, was zusätzliche politische Einflussmöglichkeiten eröffnet.

Chinesische Beteiligung am Hamburger Hafen

Hafenbeteiligungen chinesischer Konzerne sorgen nicht nur im Ausland für Diskussionen. Die chinesische Reederei Cosco verkündete 2021, einen Anteil von 35 an einem der insgesamt vier Terminals im Hamburger Hafen kaufen zu wollen. Dies führte zu langen Debatten. Kritikerinnen und Kritiker sorgten sich unter anderem darum, dass China durch den Einstieg Einfluss auf deutsche Infrastruktur und Zugriff auf betriebliche Geheimnisse haben könnte. Andere Kommentatorinnen und Kommentatoren sahen in dem Einkaufversuch hingegen einen wichtigen Schritt, um die Zukunft des Hafens zu sichern. Nach internen Differenzen genehmigte die Bundesregierung schließlich einen Einstieg Coscos mit einem reduzierten Anteil von 24,99 Prozent, um den chinesischen Einfluss möglichst gering zu halten. Im Juni 2023 unterschrieb Cosco schließlich die Verträge. Das Unternehmen ist die größte Reederei der Welt und wird vom chinesischen Staat kontrolliert.

Kreditnehmer sind häufig weniger wohlhabende Staaten, die in den mit chinesischer Hilfe finanzierten Infrastrukturprojekten eine Entwicklungschance sehen. Kommen die Länder in Zahlungsverzug, drohen harte Konsequenzen – bis hin zur Konfiszierung von staatlichem Hoheitseigentum. Für Schlagzeilen sorgte etwa der Bau einer Autobahn in Montenegro. Der Kredit beträgt fast eine Milliarde Euro – was etwa einem Sechstel der jährlichen Wirtschaftsleistung des kleinen Balkanstaates entspricht. Die chinesischen Firmen gerieten jedoch beim Bau in Verzug, dem Staat fehlten Mauteinnahmen. Währenddessen wurden trotzdem Kreditraten fällig. Bei einem Zahlungsausfall könnte China beispielsweise den Hafen von Bar im Süden des Landes beanspruchen.

Laut einer 2023 veröffentlichten Studie sind fast 60 Prozent der chinesischen Auslandskredite von einem Zahlungsausfall bedroht. Interner Link: Viele Infrastrukturprojekte der Neuen Seidenstraße haben sich durch die Corona-Pandemie verzögert. Außerdem haben der russische Überfall auf die Ukraine seit Februar 2022 und die dadurch verursachte Eintrübung des weltpolitischen Klimas Einfluss auf die Zahlungsfähigkeit vieler ärmerer Länder.

Italien will aus der BRI austreten

Hinzu kommt wachsender politischer Widerstand. Italien beispielsweise trat im Jahr 2019 der Initiative bei. Die neue rechtsradikale italienische Regierung unter Ministerpräsidentin Giorgia Meloni betrachtet diesen Schritt jedoch mittlerweile als "überstürzt und kriminell" und will aus der BRI austreten.

Insgesamt hat die BRI den weltpolitischen Einfluss Chinas erhöht. Viele Länder, die der BRI beigetreten sind, importieren gemessen am Bruttoinlandsprodukt heute mehr chinesische Waren als noch 2013. Manche Staaten sind heute mit über 20 Prozent ihrer Wirtschaftsleistung bei China verschuldet. Gleichzeitig sind Chinas Exporte seit 2012 um mehr als 75 Prozent gewachsen. Im Globalen Süden steigt jedoch auch die Unzufriedenheit mit dem Projekt. Viele von China ausgeführte Bauprojekte gelten handwerklich als mangelhaft.

Die Europäische Union hat als Gegenprojekt im Jahr 2021 die Initiative "Global Gateway" ins Leben gerufen. Bis 2027 sollen 300 Milliarden Euro für Investitionen mobilisiert werden. Dem steht eine Summe von 950 Milliarden Dollar gegenüber, die China zwischen 2013 und 2022 in BRI-Staaten investierte.

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