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Hitze, Dürre und die Folgen

Redaktion

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Durch den Klimawandel steigen weltweit die Temperaturen. Auch extreme Hitzeperioden nehmen dadurch zu. 2023 kommt das Wetterphänomen El Niño hinzu, das weiteres Extremwetter erzeugt.

2022 galt als „ausgesprochen trockenes Jahr“ in Deutschland. Felder mussten wie hier bei Bornheim im Rhein-Sieg Kris künstlich bewässert werden. (© picture-alliance, Jürgen Schwarz)

Auf der Nordhalbkugel wurden in den vergangenen Wochen immer neue Hitzerekorde gemeldet: so stiegen die Temperaturen in Nordamerika auf über 40 Grad Celsius und im Nordwesten Chinas auf über 50 Grad. Auch in Europa, vor allem in Teilen Südeuropas, werden extreme Temperaturen gemessen: 45 Grad in Spanien, 46 Grad in Italien, 40 Grad in Frankreich. Diese Hitzewellen halten meist über Tage an. Der 15. Juli war bislang der heißeste Tag des Jahres in Deutschland; die bundesweite Höchsttemperatur wurde mit 38,8 Grad im bayerischen Kreis Erlangen gemessen.

Steigende Temperaturen in Deutschland

2022 war das sonnigste und gemeinsam mit 2018 das wärmste Jahr seit Beginn der Temperaturaufzeichnungen in Deutschland; an über 17 Tagen stieg die Temperatur auf über 30 Grad. Die Temperatur lag 2,3 Grad über den Werten der Vergleichsperiode von 1961 bis 1990.

Seit Beginn der Wetteraufzeichnung lagen insgesamt neun der zehn wärmsten Jahre Deutschlands im 21. Jahrhundert. Seit 2014 trat die Jahresdurchschnittstemperatur fünfmal über 10 Grad, vor 2014 lag sie immer unter diesem Wert. Seit 1881 ist es hierzulande 1,7 Grad wärmer geworden. Die Temperaturen in Deutschland stiegen damit stärker als im weltweiten Durchschnitt. Im globalen Durchschnitt war der Sommer im Jahr 2022 war der fünftwärmste, der je gemessen wurde.

Klimawandel

Interner Link: Klimawandel beschreibt die langfristige Veränderung der Wetterbedingungen. Klimaveränderungen gehen auf Interner Link: natürliche und menschliche Einflüsse zurück. Die oberflächennahen Luftschichten über Land und Wasser erwärmten sich seit Mitte des 20. Jahrhunderts deutlich. Klimaveränderungen werden durch den menschengemachten Ausstoß von Treibhausgasen besonders stark angetrieben. Infolgedessen nehmen Naturkatastrophen wie Wirbelstürme, Trockenperioden sowie Regen- und Überschwemmungskatastrophen zu bzw. verstärken sich. Die Lebensbedingungen von Menschen, Tieren und Pflanzen verändern sich.

Extremste Dürre seit 250 Jahren

2022 galt als "ausgesprochen trockenes Jahr" in Deutschland. Im Frühjahr 2023 sah das anders aus: Besonders im März und April regnete es vergleichsweise viel. Im Juni 2023 war es vor allem im Südwesten und Norden Deutschlands wieder äußerst trocken, Starkregen fiel in der nördlichen Mitte.

Die trockenen Jahre 2018 bis 2020 führten zu einer Interner Link: extremen Dürre bis in tiefere Bodenschichten hinein. Studien zufolge war sie mit hoher Wahrscheinlichkeit das ausgeprägteste Dürreereignis in Mitteleuropa seit mindestens 250 Jahren und hatte europaweit Konsequenzen. In einigen Kommunen in Deutschland, beispielsweise im Taunus, wurde der Notstand ausgerufen, da die Trinkwasserversorgung vor dem Zusammenbruch stand. 2022 verhängte die italienische Regierung den Dürre-Notstand, staatliche Nothilfen wurden gezahlt und lokal wurde der Trinkwasserverbrauch rationiert. In Frankreich mussten Kommunen mit Tanklastern beliefert werden, um die Trinkwasserversorgung aufrechtzuerhalten. Teilweise wurde von den örtlichen Versorgern nachts das Wasser abgedreht.

Wenn Regen fällt, ist dieser teilweise so stark, dass die Böden nicht in der Lage sind, die extremen Niederschlagsmengen aufzunehmen. Die Böden sind schnell übersättigt, Gewässer treten über die Ufer. Dann kommt es zu Überschwemmungen – wie im Mai 2023 im Norden Italiens.

Deutschland wird Prognosen zufolge in Zukunft wasserreich bleiben, doch wird es zunehmend zur logistischen Herausforderung, jede Region ausreichend mit Trinkwasser zu versorgen. Stark von Interner Link: Dürren betroffen sind heute bereits Teile Ostdeutschlands.

Mit extremer Hitze in den Sommermonaten gehen auch Waldbrände einher. 2022 gab es 2.397 Waldbrände, die eine Waldfläche so groß wie die Insel Borkum zerstörten. Betroffen waren vor allem die Bundesländer Sachsen und Brandenburg.

4.500 Hitzetote in Deutschland im vergangenen Jahr

Die wiederholten Hitzewellen von Mai bis Oktober 2022 führten laut Robert Koch-Institut (RKI) zu einer geschätzten Übersterblichkeit von etwa 4.500 Menschen in Deutschland; in Europa waren es laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) mindestens 15.000 Menschen. Ältere, Menschen mit Vorerkrankungen, Schwangere sowie Säuglinge und Kleinkinder zählen zu den besonders vulnerablen Gruppen.

Nicht alle Menschen können sich an die steigenden Temperaturen gleichermaßen anpassen. Hitze hat eine soziale Dimension: Besonders belastet sind etwa Menschen in Gebäuden mit schlechter Dämmung oder urbanen Wohngebieten mit wenigen Grünflächen. Wohnungslose haben kaum die Möglichkeit, sich vor extremen Temperaturen zu schützen.

Lösungsansätze in Deutschland

  • Hitzeschutzpläne: Interner Link: Hitzeschutzpläne umfassen beispielsweise Informationskampagnen, Städtebaukonzepte oder Frühwarnsysteme. Sie sind auf ortsspezifische Gegebenheiten abgestimmt und werden von Bundesländern und Interner Link: Kommunen erarbeitet. Besonderen Schutz benötigen Einrichtungen wie Alten- oder Pflegeheime, Kliniken und Kitas. Aktuell sind nur wenige Hitzeschutzpläne fertig oder werden bereits umgesetzt. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hat im Juni ein Impulspapier für einen nationalen Hitzeschutzplan für Gesundheit vorgelegt.


  • Impulspapier für einen nationalen Hitzeschutzplan für Gesundheit

    Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) legte Ende Juni einen Externer Link: Entwurf für einen nationalen Hitzeschutzplan vor, mit dem Ziel, Warnung und Reaktion bei Hitzewellen zu verbessern. Die fünf dargestellten Strategieansätze sind:

    1. die standardisierte Nutzung des Hitzewarnsystems des Deutschen Wetterdienstes (DWD),

    2. verbessertes Monitoring von Gesundheitsbeeinträchtigungen,

    3. die Stärkung der präventiven Kommunikation und Kommunikation im Akutfall auf allen politischen Ebenen,

    4. vulnerable Gruppen besser schützen,

    5. das Thema „Hitzeschutz“ auf Bundesebene institutionell verankern.

    Erste Umsetzungen kündigte der Bundesgesundheitsminister direkt an: Seit Mitte Juni veröffentlicht das Externer Link: Robert Koch-Institut (RKI) ein wöchentliches Hitzeradar, das die Übersterblichkeit in Relation zu steigenden Temperaturen aufzeigt. Außerdem wurde ein sogenanntes Externer Link: digitales HitzeService-Portal für Städte und Kommunen freigeschaltet.

    Als Vorbild für diesen deutschen Vorschlag eines nationalen Hitzeschutzplans diente der nationale Hitzeschutzplan Frankreichs (Plan National Canicule), den es seit 2004 gibt.

  • Nationale Wasserstrategie: Mit der im März 2023 verabschiedeten Nationalen Wasserstrategie strebt die Bundesregierung an, das Wassermanagement zu verbessern. Bund, Länder und Kommunen sollen durch aufeinander abgestimmte Maßnahmen die Trinkwasserversorgung dauerhaft sichern, Grundwasser und Ökosysteme schützen sowie Landwirtschaft und Wirtschaft mit ausreichend Wasser versorgen. In der Strategie sind rund 80 Maßnahmen aus Regelungen, staatlicher Förderung, Wissensaufbau und Dialog vorgesehen, die bis 2030 ergriffen werden sollen. Langfristig wird eine Interner Link: gewässersensible Stadtentwicklung angestrebt. Städte sind wegen des hohen Versiegelungsgrads vor allem in den Zentren sowie fehlender Grünflächen von Hitze stärker betroffen. Ein ungünstiges Zusammenspiel von Sonneneinstrahlung, Gebäudeeigenschaften und menschengemachter Wärmefreisetzung führt dazu, dass die Durchschnittstemperatur bis zu zehn Grad Celsius über der des Umlands liegt. Kommunen können mit einer Entsiegelung sowie dem Anlegen von mehr Grünflächen und dem Pflanzen von Bäumen zur Versickerung von Wasser und zu kühlerer Luft beitragen.

Weltweit deutliche Erwärmung

Die durchschnittliche Oberflächentemperatur stieg von 1880 bis 2020 weltweit um über als 1,2 Grad. Bis Ende des 21. Jahrhunderts wird sich die Erwärmung fortsetzen – je nach Modellrechnung kann die mittlere Erwärmung von 1,0 bis 5,7 Grad Celsius im Vergleich zu vorindustriellen Bedingungen (1850-1900) reichen. Eine Klimapolitik, die auf eine starke Reduktion der CO2- und anderer Treibhausgas-Emissionen abzielt, könnte den mittleren Temperaturanstieg begrenzen. Die Lasten dieser Klimaveränderungen sind weltweit unterschiedlich verteilt: Der Klimawandel hat weltweit Auswirkungen auf die Menschen und Ökosysteme. Der Externer Link: Weltklimarat stellt in seinem Bericht 2023 allerdings fest, dass diejenigen, die am wenigsten zum Klimawandel beigetragen haben, mit am stärksten von den Veränderungen betroffen sind.

Im vergangenen Jahr herrschte am Horn von Afrika die schwerste Dürre seit Jahrzehnten. Menschen in Somalia, Äthiopien und Kenia litten an Hunger. Allein in Somalia sind mehrere zehntausend Menschen in der Folge von Dürre und Nahrungsmittelknappheit gestorben. Auch in Afghanistan oder dem Jemen gibt es seit Jahren Dürrephasen und daraus resultierende Nahrungsunsicherheit.

In manchen Regionen nehmen die Niederschläge ab, in anderen zu. Teils nimmt auch deren Intensität zu, das heißt, es regnet stärker. Die schwerste Flutkatastrophe seit Beginn der Wetteraufzeichnungen ereignete sich 2022 in Pakistan. Zeitweise war dort im vergangenen Sommer ein Drittel des Landes – eine Fläche etwa so groß wie das Vereinigte Königreich – überflutet. Millionen Menschen verloren ihre Heimat, mindestens 1.700 Menschen starben. Pakistan zählt laut Weltklimarat zu den Staaten, die am stärksten vom Klimawandel betroffen sind.

El Niño verschärft Hitzephasen

Experten gehen davon aus, dass sich neben dem Klimawandel das natürliche Klimaphänomen El Niño 2023 auf das Wetter auswirken wird. El Niño tritt in unregelmäßigen Abständen, circa alle zwei bis sieben Jahre, auf. Bei einem El Niño verändern sich die Meeresströmungen und Windzirkulation im Pazifik zwischen Südamerika und Indonesien. Dabei erwärmt sich der äquatoriale Pazifik – was auch in den vergangenen Wochen geschah, wie die Weltorganisation für Meteorologie (WMO) Anfang Juli mitteilte. Dort stieg die monatliche Durchschnittstemperatur nach ihren Angaben von 0,44 Grad unter dem langjährigen Mittel im Februar bis Mitte Juni auf 0,9 Grad über dem Mittel. Typischerweise hält das Klimaphänomen etwa 9 bis 12 Monate an.

El Niño begünstigt Extremwetter in verschiedenen Regionen der Welt und kann die Folgen des Klimawandels verschärfen, weil es die weltweiten Temperaturen zusätzlich steigen lässt. An der Pazifikküste Süd- und Mittelamerikas sowie am Horn von Afrika und in Zentralasien kann es in der Folge zu heftigen Regenfällen mit Überschwemmungen und Erdrutschen kommen. Anhaltende Dürren in Australien, Indonesien, Südasien, Zentralamerika und dem nördlichen Teil Südamerikas können auf El Niño zurückgehen. In diesen Gebieten steigt dann auch das Risiko von Wald- und Buschbränden. Auch tropische Wirbelstürme werden beeinflusst: im zentralen und östlichen Pazifik nimmt ihre Entstehung zu, im Atlantik mindert El Niño das Risiko. Das Phänomen El Niño war in den Jahren 2015 und 2016 extrem stark ausgeprägt.

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