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Situation der Frauen und Kinder

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Einleitung

Obwohl bereits die Charta der Vereinten Nationen von 1945 wie auch die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte die Gleichberechtigung von Mann und Frau festgeschrieben haben, werden Frauen in vielen Ländern und gesellschaftlichen Bereichen in ihren Rechten nach wie vor massiv eingeschränkt. Da auch Kinder die Leidtragenden sind, wenn Frauen gleiche Chancen in der Gesellschaft verwehrt werden, soll die Menschenrechtssituation von Frauen und Kindern in einem eigenen Kapitel dargestellt werden.

Rechtliche Grundlagen

Trotz der klaren Vorgaben aus ihrer Charta und der Erklärung von 1948 machte sich die UNO nur zögerlich ans Werk, diese Vorgaben in rechtsverbindliche Konventionen zu gießen. So verabschiedete man 1953 zunächst nur das Übereinkommen über die politischen Rechte der Frau. Erst mit der Konvention zur Beseitigung jeder Form der Diskriminierung von Frauen, die 1979 von der Generalversammlung beschlossen wurde, schuf die UNO ein umfassendes Instrumentarium, mit dem die Gleichberechtigung von Frauen auch bei Bildung und Gesundheit, im Berufsleben, im wirtschaftlichen und sozialen Leben sowie nicht zuletzt auch in Ehe- und Familienfragen sichergestellt werden kann. 1989 schließlich wurde die Konvention über die Rechte des Kindes verabschiedet.

Die Rechte der Kinder wurden inzwischen praktisch von allen in der UNO vertretenen Ländern anerkannt, die Konvention über die Rechte von Frauen immerhin von 184 Staaten ratifiziert. Allerdings meldeten etliche von ihnen Vorbehalte gegen die Umsetzung einiger Artikel an. Der in manchen Teilen der Welt immer noch vorhandene Widerstand gegen die völlige Gleichberechtigung der Frau sowie die insgesamt sehr schleppende Realisierung von Frauen- und Kinderrechten veranlasste die Staats- und Regierungschefs, in ihrer Millenniumserklärung die vollständige Umsetzung beider Konventionen anzumahnen und klare zeitliche Vorgaben zu fixieren.

Benachteiligung und Diskriminierung

Oft ist die Benachteiligung von Frauen und Kindern nicht einmal in einer bewussten Diskriminierung, sondern im Festhalten an überholten Traditionen und häuslichen Rollenverteilungen begründet. Auch in Deutschland gab es ein Wahlrecht für Frauen erst 1918, ab 1958 erfolgte ihre Gleichberechtigung auf dem Gebiet des bürgerlichen Rechts, 1977 in Bezug auf persönliche Ehewirkungen, 1980 trat das Gesetz über die Gleichbehandlung von Männern und Frauen am Arbeitsplatz in Kraft. Im Jahre 2000 wurde auf Grund eines Urteils des Europäischen Gerichtshofs Frauen auch der Dienst mit der Waffe gestattet. (Allerdings dürfen Frauen nach Art. 12 a GG nicht zum Wehrdienst verpflichtet werden.) In unterentwickelten Ländern obliegt noch heute häufig Frauen und Kindern das Beschaffen von Wasser und Heizmaterial, wobei sie meist viele Kilometer zu Fuß zurücklegen müssen. Zudem erhalten weibliche Familienmitglieder durchschnittlich weniger zu essen und werden medizinisch schlechter versorgt. Sogar in so grundlegenden Familienangelegenheiten wie der Gesundheitsfürsorge für sich und ihre Kinder wird Frauen nicht selten die Mitsprache verweigert. Nach einer Studie aus dem indischen Bundesstaat Gujarat darf dort etwa die Hälfte der befragten Frauen nicht ohne Einwilligung der Ehemänner oder Schwiegereltern ein krankes Kind zum Arzt bringen. In Ländern wie Ägypten, Bangladesch oder Indien dürfen Frauen schon deswegen keinen Arzt aufsuchen, weil gesellschaftliche Normen es ihnen nicht erlauben, alleine das Haus zu verlassen und in Kontakt zu nicht verwandten Männern zu treten.

In vielen Entwicklungsländern wird Bildung nicht als lohnende Investition in die Zukunft gesehen, da Mädchen nach gängiger Meinung früh heiraten und das Haus verlassen sollen. Daher brechen Mädchen, die eingeschult werden, häufig mit Beginn der Pubertät die Schule ab, müssen sich überwiegend um die eigene Hausarbeit kümmern oder werden bereits im Kindesalter als Dienstmädchen in fremde Haushalte geschickt.

Ausbeutung durch Arbeit

Zwar ist der Anteil der Frauen, die einer bezahlten Beschäftigung nachgehen, weltweit stark angestiegen. Aber immer noch arbeiten Frauen länger als Männer, während sie zugleich schlechter bezahlt werden. Ganztags berufstätige Frauen verdienen beispielsweise in Westdeutschland durchschnittlich 23 Prozent, im Osten zehn Prozent weniger als Männer, so ein Ergebnis des WSI-FrauenDatenReports der Hans-Böckler-Stiftung von 2006.

Nach Schätzungen des Kinderhilfswerkes UNICEF beträgt die durchschnittliche Arbeitszeit von Frauen in den Entwicklungsländern 60 bis 90 Stunden pro Woche; das sind 15 Prozent mehr als bei Männern. Gleichzeitig verdienen Frauen in diesen Ländern nur 30 bis 50 Prozent des Einkommens von Männern, in den Industriestaaten immerhin 60 Prozent. Die Unterschiede ergeben sich dabei nicht nur aus der immer noch vorherrschenden ungleichen Bezahlung für gleiche Arbeit, sondern auch aus der Tatsache, dass Frauen sehr oft - bildungs oder familienbedingt - geringwertigere Arbeiten verrichten. Da diese in den Entwicklungsländern häufig im so genannten informellen Beschäftigungssektor angesiedelt sind, also in den Bereich der Schattenwirtschaft gehören, gibt es für die Betroffenen allermeist keine rechtliche und soziale Absicherung. Mit schätzungsweise 84 Prozent aller Frauen, die nicht in der Landwirtschaft arbeiten, weist Afrika südlich der Sahara den höchsten Anteil im informellen Sektor auf. Es liegt auf der Hand, dass das Armutsrisiko für diese Frauen und deren Kinder besonders groß ist. Ein typisches Beispiel sind Hausangestellte, die ohne Vertrag arbeiten und dabei die Betreuung von Kindern Wohlhabenderer übernehmen, um das Überleben der eigenen Kinder zu sichern, die wiederum deswegen von der Mutter alleine gelassen werden müssen.

Kinderarbeit

In Deutschland stellt Kinderarbeit eine längst überwundene Erscheinung aus der Frühphase der Industriellen Revolution des 19. Jahrhunderts dar. Doch nach Angaben der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) sind weltweit rund 250 Millionen Kinder gezwungen, als Beitrag zum Einkommen ihrer Familien täglich bis zu 16 Stunden in Fabriken, Handwerksbetrieben, Bordellen, Steinbrüchen, Bergwerken oder Plantagen zu arbeiten.

In vielen Bereichen der Kinderarbeit werden Geschicklichkeit und Fingerfertigkeit von Kindern ausgenutzt. So arbeiten Kinder in Indien häufig in Streichholzfabriken und in der Textilindustrie. In Südostasien werden sie in Krabbenfarmen zum Auspulen von Shrimps angestellt, in Afghanistan, im Iran oder in Marokko sind sie beim traditionellen Teppichknüpfen tätig.

Grubenbesitzer sparen sich die Kosten für den Ausbau mannshoher Stollen, wenn sie Kinder in die Bergwerke schicken, wo sie in gebückter Haltung und mit primitiven Werkzeugen Kohle abbauen müssen. Verhältnisse, wie sie in englischen und deutschen Zechen im 19. Jahrhundert üblich waren, findet man heute noch in Kolumbien.

Kinderarbeit breitet sich aber auch wieder in Europa aus. Statt in die Schule zu gehen, verrichten Kinder in Italien, Spanien und Großbritannien zunehmend eine meist illegale Arbeit. In Portugal nä-hen beispielsweise schon Zwölfjährige für geringes Entgelt in Fabriken Schuhe, die auch nach Deutschland exportiert werden.

Die schlimmste Form von Kinderarbeit liegt vor, wenn Kinder zur Zwangsarbeit verpflichtet und wie Sklaven gehalten werden. Im Vertrauen auf finanzielle Versprechungen, die meist nicht eingehalten werden, verpfänden oder verkaufen bettelarme Eltern ihre Kinder an gewissenlose Menschenhändler, die diese als Arbeitssklaven, als Bettler oder Prostituierte missbrauchen oder ihre Organe international organisierten Händlerringen anbieten. Bis zu zwei Millionen Menschen werden nach Schätzungen der UNO jährlich Opfer dieses Sklavenhandels.

Ganz bewusst kalkulieren jene Geschäftemacher auch bleibende physische und psychische Schäden, ja sogar einen frühzeitigen Tod ihrer kindlichen Opfer ein. So werden gesunde Kinder künstlich mit Krankheitserregern infiziert, wenn das organisierte Bettlerwesen auf "natürliche" Weise nicht von Not und Krieg gezeichnete Bettelkinder rekrutieren kann. Und sicher rührt es keinen Menschenhändler, wenn nicht wenige von etwa einer Million Kindern, die jährlich weltweit zur Prostitution und zur Mitwirkung an Kinderpornografie gezwungen werden, an Aids erkranken.

Vornehmlich in Schwarzafrika werden bei Bürgerkriegen Kinder sowohl von Regierungstruppen wie von Rebellenarmeen verschleppt und zwangsrekrutiert. In ihrem Handeln machen sie sich selbst schwerster Menschenrechtsverletzungen schuldig. Soweit sie das Morden überleben, sind sie meist ihr Leben lang seelisch und körperlich geschädigt. Nach Beendigung einiger Bürgerkriege ist die Zahl der Kindersoldaten leicht zurückgegagen; sie wird aber heute immer noch auf 250 000 Menschen geschätzt.

Gegenmaßnahmen

Die Weltstaatengemeinschaft ist auch in jüngerer Zeit nicht untätig geblieben und hat eine Reihe von Zusatzkonventionen verabschiedet, so die Konvention 182 der ILO von 1999 zur Bekämpfung der schlimmsten Formen von Kinderarbeit, die von über 150 Staaten ratifiziert wurde, oder die beiden Fakultativprotokolle zur UN-Kinderrechtskonvention, die im Jahre 2002 in Kraft getreten sind. Die eine dient zur Bekämpfung von Kinderhandel, Kinderprostitution und Kinderpornografie, die andere setzt das Lebensalter für Teilnehmer an bewaffneten Konflikten auf 18 Jahre hinauf. Auch diesen Abkommen ist jeweils eine große Zahl von Staaten beigetreten. Es mangelt somit nicht an einem rechtlichen Instrumentarium. Wenn Kinderrechte mit Füßen getreten werden, liegt dies häufig an korrupten Behörden und an der mangelnden Durchsetzungsfähigkeit bzw. dem fehlenden Durchsetzungswillen einzelner Staaten in diesem Punkt.

Immer wieder stellt sich daher die Frage, ob ein Boykott der von Kinderhand hergestellten Produkte durch die Industrieländer die Erzeuger nicht zwingen würde, auf die Ausbeutung von Kindern zu verzichten oder zumindest die Arbeitsbedingungen zu verbessern. Dagegen kann man argumentieren, dass ein solcher Boykott die Kinder selbst ihrer bescheidenen Lebensgrundlage berauben würde. Da nicht jede Kinderarbeit von vorneherein ausbeuterisch sein muss, setzen Kinderhilfsorganisationen wie UNICEF oder terre des hommes vor allem bei der Stärkung der Familien und insbesondere der Mütter an, um schädlicher Kinderarbeit vorzubeugen und den Kindern trotz häuslicher Arbeit die Chance auf Bildung sowie auf eine gedeihliche körperliche und geistige Entwicklung zu geben. Im Kampf gegen ausbeuterische Kinderarbeit kommt es aber auch auf die Aufklärung und Sensibilisierung der Konsumenten an. Längst gibt es verlässliche Sozial- und Markensiegel, die für Waren aus menschen- und umweltfreundlicher Herstellung werben und ihren Erzeugern faire Preise garantieren.

Geschlechtsspezifische Unterdrückung

Häusliche Gewalt ist weltweit verbreitet, überwiegend sind ihr Frauen und Mädchen ausgesetzt. Die Generalversammlung der Vereinten Nationen hat in einer "Erklärung über die Beseitigung der Gewalt gegen Frauen" 1993 ausdrücklich auch die häusliche Gewalt geächtet und die Staaten zum Handeln aufgerufen. Dabei beschränkt sich diese Gewalt keineswegs nur auf Entwicklungsländer und Familien mit geringer Bildung. Einer Studie der Weltgesundheitsorganisation (WHO) aus dem Jahre 2005 zufolge wurden in Australien, Israel, Kanada, Südafrika und den USA 40 bis 70 Prozent aller Morde an Frauen von ihren männlichen Partnern verübt. Meist waren dem bereits Misshandlungen vorausgegangen.

Gegenstand weltweiter Initiativen sind Maßnahmen gegen die Beschneidung weiblicher Geschlechtsorgane. Obwohl von keiner Weltreligion vorgeschrieben, wird diese Verstümmelungspraxis weltweit täglich meist unter unzumutbaren hygienischen Umständen an etwa 8000 Mädchen vollzogen. Schätzungsweise mehr als 130 Millionen Frauen und Mädchen sind insgesamt von diesem gefährlichen Ritual betroffen, das vor allem in Afrika, im Nahen Osten und Teilen Südostasiens zur Kontrolle weiblicher Sexualität praktiziert wird.

Die Geringschätzung von Frauen und Mädchen trägt auch zu einem erhöhten HIV-Risiko bei. Der Anstieg HIV-infizierter Frauen liegt nicht zuletzt darin begründet, dass vor allem in Afrika viele Frauen keine Informationen über Aids und den Schutz vor einer Ansteckung mit dieser Krankheit erhalten.

In manchen Kulturen, beispielsweise in Indien, werden traditionell männliche Nachkommen bevorzugt, weil sie später die Eltern finanziell unterstützen, während für Mädchen bei ihrer Verheiratung ruinöse Mitgiftforderungen erhoben werden. Trotz Verbots seit 1994 werden hier schwangere Frauen teilweise gezwungen, einen Test zur Geschlechtsbestimmung des Ungeborenen durchzuführen, um ggf. weibliche Föten abtreiben zu können. In ländlichen Gebieten kommt es sogar häufig vor, dass weibliche Neugeborene ermordet werden. Diese Praxis hat dazu geführt, dass in Indien nach dem Zensus von 2001 auf 1000 Jungen nur noch 927 Mädchen kamen. Die natürliche Sexualproportion bei der Geburt beträgt im Mittel 106 Jungen zu 100 Mädchen.

Frauen und die Scharia

Die Scharia ist die Richtschnur für alle Lebensbereiche eines gläubigen Muslims. Sie wurzelt im Koran und in den Berichten über das Leben des Propheten Mohammed sowie in der Auslegung dieser Schriften durch frühislamische Gelehrte und Theologen. Mit Ausnahme der Türkei bilden in allen islamischen Staaten die religiösen Gebote der Scharia die Grundlage für die Rechtsprechung in Ehe- und Familienangelegenheiten.

Mit dem Vordringen der Scharia in die staatliche Gesetzgebung seit dem ausgehenden 20. Jahrhundert hat sich die rechtliche Situation für Frauen in Ländern wie dem Iran, Pakistan, Sudan oder Teilen Nigerias erheblich verändert. Konservative Theologen legen die göttliche Offenbarung des Korans so aus, dass sie als Begründung zur Unterordnung der Frau unter den Willen des Mannes dient. Bei dieser Sichtweise spielen auch vor- und frühislamische arabische Lebensmuster eine große Rolle. Gegen die konservative, traditionalistische Interpretation der Scharia wehren sich Stimmen wie die iranische Friedensnobelpreisträgerin von 2003, Shirin Ebadi, die für eine modernere menschenrechtliche Interpretation der Scharia eintritt. In Marokko wurde 2003 eine Reform des Familienrechts vorgenommen, die mit islamischen Grundsätzen vereinbar ist und den Frauen bei Heirat und Scheidung mehr Schutz und Selbstbestimmung zubilligt.

Bekannt geworden ist die Scharia im Westen vor allem durch ihre drakonischen Strafen. Auf Ehebruch steht traditionell der Tod, wobei grundsätzlich an Mann und Frau die gleiche Strafe vollzogen werden soll. Da die Tat durch vier männliche Augenzeugen belegt oder durch ein Geständnis der Beteiligten bestätigt werden muss, werden Männer von Scharia-Gerichten bei Ehebruch, Unzucht oder Vergewaltigung jedoch nicht selten mangels Beweisen freigesprochen, während ehebrecherische Frauen vor allem im Iran und in Teilen Nigerias zum Tode verurteilt werden. Auf der anderen Seite müssen Frauen in Nigeria oder Pakistan, die eine Vergewaltigung zur Anzeige bringen, damit rechnen, massiv bedroht und selbst ins Gefängnis gesteckt oder ausgepeitscht zu werden, wenn der Beschuldigte die Tat abstreitet oder keine vier männlichen Zeugen zugunsten der Frau aussagen.

Ehrenmorde

Da die Ehre einer Familie in traditionellen islamischen Lebensbereichen von der Lebensführung ihrer weiblichen Mitglieder abhängig gemacht wird, laufen Frauen und Mädchen Gefahr, dass ihre Angehörigen zur Wiederherstellung der "Familienehre" zur Selbsthilfe greifen. Frauen, die im Verdacht des Ehebruchs stehen, werden im Hause eingesperrt, rasch verheiratet oder sogar umgebracht ohne Missbilligung der Gesellschaft. Es wird ihnen nicht einmal ein Mindestmaß an Schutz durch eine gerichtliche Untersuchung gewährt.

"Ehrenmorde" dieser Art kommen nicht nur in islamischen Ländern vor, sondern überall, wo noch traditionelle patriarchalische Gesellschaftsstrukturen vorherrschen, also beispielsweise auch in Brasilien, Ecuador, Italien oder Indien. In jenem Land werden Bräute allein deswegen ermordet, weil ihre Mitgift zu gering ausgefallen ist. Nach Schätzungen der UNO fallen weltweit jährlich 5000 Frauen in 14 Ländern Ehren- und Mitgiftmorden zum Opfer, die oft als Selbstmord getarnt werden.

Besonderes Aufsehen erregte 2005 in Deutschland der Mord an Hatun Sürücü. Die junge Türkin wurde in Berlin geboren und mit 16 Jahren von ihren Eltern gezwungen, einen Cousin in der Türkei zu heiraten. Sie bekam ein Kind von ihm, kehrte aber nach Berlin zurück, um ein selbstbestimmtes Leben zu führen. Die Familie sah durch die Scheidung und durch den westlichen Lebensstil der jungen Frau ihre Ehre verletzt. Deshalb wurde sie von ihrem jüngsten Bruder in Berlin auf offener Straße erschossen. Die älteren Brüder waren der aktiven Tatvorbereitung verdächtig, wurden aber zunächst mangels Beweisen freigesprochen. 2007 hat der Bundesgerichtshof in Leipzig das Urteil aufgehoben und den Fall zur Nachverhandlung an ein Berliner Schwurgericht überwiesen.

Problematisch erscheint häufig die juristische Aufarbeitung von Gewalt an Frauen anderer Kulturkreise durch westliche Gerichte. Diese stehen vor dem Dilemma, bei ihrer Urteilsfindung den kulturellen Eigenheiten von im Land wohnenden Minderheiten Rechnung zu tragen, und den in Deutschland geltenden Gesetzen zum Recht zu verhelfen. Öffentlich diskutiert wurde im März 2007 beispielsweise die Entscheidung einer Amtsrichterin in Frankfurt am Main, die einer muslimischen Frau eine vorzeitige Ehescheidung mit dem Hinweis verweigert hatte, dass dem Ehemann die beanstandete Züchtigung durch den Koran erlaubt sei. Diese Entscheidung wurde auch von muslimischen Frauen kritisiert. Nach überwiegender Meinung ist der oberste Maßstab für die Urteilsfindung die Orientierung an den grundlegenden Freiheitsrechten, die der Staat zu achten, zu schützen und zu gewährleisten hat. Er muss den betroffenen Frauen vor Bedrückungen durch das eigene Milieuumfeld Schutz bieten.

Ausblick

Als Katalysatoren für die Verbesserung der Situation von Frauen erwiesen sich nicht zuletzt die seit 1975 stattfindenden Weltfrauenkonferenzen der UNO. Weitreichende Forderungen wurden vor allem bei der 4. Konferenz 1995 in Peking in einer so genannten Aktionsplattform aufgestellt, die 189 Staaten ratifizierten. Damit verpflichteten sich diese, für die Gleichstellung der Geschlechter in allen Bereichen von Gesellschaft, Politik und Wirtschaft zu sorgen und namentlich die Armut von Frauen zu bekämpfen sowie Unterschiede zwischen Mann und Frau bei der Gesundheitsversorgung und im Bildungswesen abzubauen. Allerdings beanstandeten die Teilnehmerinnen der UN-Frauenkonferenz, die aus Anlass des 10. Jahrestages der Weltfrauenkonferenz in Peking im März 2005 in New York stattfand, dass die beteiligten Staaten hinsichtlich der weiteren Förderung des Menschenrechtsschutzes für Frauen auf der Stelle träten und beklagten auf einigen Gebieten sogar Rückschritte. So wurden im Iran Frauen inhaftiert,weil sie die Gleichstellung der Geschlechter eingefordert hatten, und in Afghanistan sind Frauen umgebracht worden, weil sie sich für eine Schulausbildung von Mädchen eingesetzt haben. Dennoch darf erwartet werden, dass ein Mädchen, das heute geboren wird, eine bessere Zukunft vor sich hat als eines, das vor der Verabschiedung der Frauenrechtskonvention von 1979 auf die Welt kam.

Mädchen werden heute häufiger eingeschult und die weltweite Bildungslücke zwischen Jungen und Mädchen hat sich verkleinert. Gestiegen ist auch der Anteil der erwerbstätigen Frauen und derer, die sich in der Politik betätigen. Als eines der letzten Länder der Welt gewährte 2005 auch Kuweit den Frauen das aktive und passive Wahlrecht, und durch die Einführung von Quotenregelungen bei Parlamentswahlen in zahlreichen Ländern wurde zwar noch lange kein "Gleichstand" der Geschlechter, aber doch eine deutliche Erhöhung der Zahl von weiblichen Abgeordneten erreicht. Immer mehr Frauen engagieren sichin Menschenrechtsorganisationen und werden durch so genannte Empowerment-Strategien gefördert, welche darauf angelegt sind, benachteiligte soziale Gruppen zu selbstbestimmtem, eigenverantwortlichem Handeln und insgesamt zu mehr Gleichberechtigung zu führen. Immer mehr Frauen schließlich wagen es selbst in repressiven Staaten, für ihre Rechte zu kämpfen. Ein Beispiel von vielen, wenn auch wegen der Verleihung des Friedensnobelpreises 2003 prominent geworden, ist Shirin Ebadi. Als Richterin des Amtes enthoben, als Anwältin mit Berufsverbot belegt und inhaftiert, kämpft sie - von Morddrohungen begleitet - unbeirrt für Demokratie und Gleichstellung der Frauen in ihrem Heimatland, dem Iran. Frauen wie diese sind als Hoffnungsträgerinnen im Ringen um eine menschlichere Welt unverzichtbar.