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Von den Kolonien zur geeinten Nation

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Die "heilsame Vernachlässigung" der englischen Kolonien Nordamerikas durch das Mutterland fördert deren staatliche Unabhängigkeit. Einwanderungswellen treiben die kontinentale Expansion voran, doch innere Konflikte gefährden immer wieder die Einheit der jungen Nation.

Das Nationaldenkmal am Mount Rushmore in South Dakota würdigt US-Präsidenten von Bedeutung für das Werden der Nation: George Washington, Thomas Jefferson, Theodore Roosevelt und Abraham Lincoln (v.l.n.r.).

Das Nationaldenkmal am Mount Rushmore in South Dakota würdigt US-Präsidenten von Bedeutung für das Werden der Nation: George Washington, Thomas Jefferson, Theodore Roosevelt und Abraham Lincoln (v.l.n.r.). (© ullstein bild - Chromorange/TipsImages/Massi)

Der Aufstieg der ehemals an der Peripherie des englischen Weltreiches gelegenen nordamerikanischen Kolonien zur Groß- und Weltmacht des 20. Jahrhunderts ist ein einzigartiges Phänomen der neuesten Geschichte.

Die Vereinigten Staaten von Amerika wagten mit ihrer Gründung 1776 das älteste demokratische "Experiment" der Neuzeit. Sie schufen sich ein politisches System, das sich neuen Gegebenheiten und gesellschaftlichen Entwicklungen immer wieder flexibel anzupassen wusste. Bereits zum Ende des 19. Jahrhunderts überflügelte ihre landwirtschaftliche und industrielle Produktion die der anderen Industrienationen. Durch ihre für den Ausgang jeweils entscheidende Beteiligung an den beiden Weltkriegen stiegen sie zur Weltmacht auf, die wirtschaftlich und militärisch nach wie vor die Führungsrolle innerhalb der westlichen Vertrags- und Bündnissysteme einnimmt. Diese Entwicklung haben die USA nicht nur dem Zerwürfnis der europäischen Staaten zu verdanken, sondern auch ihrer eigenen inneren politischen und wirtschaftlichen Beschaffenheit. 50 Millionen Einwanderer, die dem Land eine starke Innovationskraft und Vitalität verliehen, trugen ebenso dazu bei wie reichliche Rohstoffvorkommen.

Kolonialzeit

Das Zeitalter der Entdeckungen und Erfindungen löste die europäische Expansion nach Übersee aus: Die spanische, französische wie auch die englische Krone entsandten um 1500 herum Expeditionen zur Erschließung der Neuen Welt und leiteten daraus in der Folge verschiedene Machtansprüche ab, die unweigerlich ein Konfliktpotenzial entstehen ließen. Im Jahre 1507 benannte der deutsche Kosmograf Martin Waldseemüller den neuen Kontinent nach dem florentinischen Seefahrer Amerigo Vespucci, bekannt durch seine Erkundungsfahrten an den Küsten Südamerikas zwischen 1499 und 1502.

Der spanische Entdecker Juan Ponce de Léon erforschte im Jahre 1513 die Ost- und Westküsten Floridas; zwischen 1539 und 1543 erkundete sein Landsmann Hernando de Soto, Gouverneur von Kuba, das Land nördlich des Golfs von Mexiko; parallel dazu fand der Spanier Francisco de Coronado von Mexiko aus auf der vergeblichen Suche nach Goldvorkommen seinen Weg in das heutige New Mexico. Spanier waren es auch, die 1565 mit St. Augustine im Norden Floridas die erste dauerhafte Niederlassung auf dem Gebiet der zukünftigen Vereinigten Staaten gründeten.

Der spätere französische Besitzanspruch auf das Gebiet entlang dem St. Lorenz-Golf und dem gleichnamigen Strom bis in die Gegend von Québec und Montréal basierte wiederum auf den drei Reisen des französischen Seefahrers Jacques Cartier zwischen 1534 und 1543, während die englischen Ansprüche auf Teile Nordamerikas sich von den Erkundungsfahrten des in englischen Diensten stehenden italienischen Seefahrers John Cabot (eigentlich Giovanni Caboto) ableiteten, der 1497 zunächst die Küste Neufundlands und ein Jahr später auch Teile des nordamerikanischen Festlandes erforschte.

Die englischen Koloniegründungen in Nordamerika unterschieden sich grundlegend von denen Spaniens und Frankreichs in Mittel- und Südamerika. Während dort die jeweiligen Königshäuser die Eroberung der neuen Territorien veranlassten und finanzierten, war die englische Krone an der Erschließung der Kolonien nur mittelbar beteiligt: Sie vergab lediglich Privilegien und Freibriefe (charters) an private Handelsgesellschaften, die eigenständig die Organisation der Besiedlung übernahmen. Damit entwickelte sich bei den Siedlern von Anfang an ein Gefühl der Selbstständigkeit. Seinen institutionellen Ausdruck fand dies in von Grundbesitzern und Steuerzahlern gewählten Selbstverwaltungsorganen, die aus Unterhäusern (assemblies) und Oberhäusern (senates) bestanden.

Die fast 150 Jahre währende "heilsame Vernachlässigung" (salutary neglect) durch das Mutterland förderte den Impuls zur Loslösung und schließlich zur Unabhängigkeit von England während der Amerikanischen Revolution in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Die 13 Kolonien, die sich dann von Georgia bis New Hampshire zu einem Bund zusammenschlossen, wiesen von Anbeginn ausgeprägte regionale Besonderheiten auf und wurden bereits unter teils sehr unterschiedlichen Vorzeichen gegründet.

Süden



Die nach der "jungfräulichen" Königin Elisabeth I. benannte englische Kolonie Virginia wurde aus kommerziellen Interessen gegründet: Gold, Gewürze und der vermutete Zugang nach Indien über die legendäre Nordwestpassage zogen Abenteurer, Kaufleute und Aktionäre der London Company an. Sie errichteten 1607 an der Chesapeake Bay die erste dauerhafte englische Niederlassung in Nordamerika mit Namen Jamestown. Das Überleben dieser Kolonie schien anfangs sehr unsicher: Die Malaria führte zu hohen Sterblichkeitsraten, geeignete Exportprodukte fehlten, weder die vermuteten Goldvorkommen noch der Seeweg nach Indien ließen sich finden. Erst die Einführung des Tabakanbaus 1612 zog Kapital und Arbeitskräfte an; auch der Anreiz privaten Landbesitzes verstärkte im Mutterland den Wunsch, in die Neue Welt auszuwandern.

Als im Jahr 1619 ein holländisches Schiff mit 20 Afrikanern an Bord in Jamestown landete, begann ein schwieriges Kapitel der US-amerikanischen Historie, das bis in die Gegenwart durch ethnische Konflikte geprägt ist – die Geschichte des schwarzen Amerikas.

Zunächst waren die Afrikaner in etwa gleichgestellt mit den weißen Schuldknechten, die die Vorbezahlung ihrer Schiffspassage im Zeitraum einiger Jahre abdienen mussten. Neben ihnen gab es bald auch verschleppte oder zwangsdeportierte Häftlinge aus England. Erst durch den wachsenden Arbeitskräftemangel setzte sich dann das institutionell verankerte System der Sklaverei durch, das im Mutterland England nicht existierte und einen Menschen gleichsam zur Ware erklärte (chattel slavery). Etwaige moralische Skrupel suchten die Sklavenbesitzer durch Zitate aus dem Alten Testament zu zerstreuen, in denen die Sklaverei als legitimiert erschien. Als gegen Ende des 17. Jahrhunderts vermehrt Menschen aus Afrika in die Kolonien Virginia und Maryland gebracht wurden, war die Sklaverei dort fest verankert und rechtlich kodifiziert.

Um 1700 betrug die Anzahl der ansässigen Sklaven bereits 20 000, was etwa 20 Prozent der dortigen Gesamtbevölkerung entsprach. Auch in den später gegründeten Carolinas (ab 1663) wurden zunehmend Sklaven zur Arbeit eingesetzt. South Carolina mit seinen großen Reisplantagen und dem Ausfuhrhafen Charleston begann dadurch bald wirtschaftlich zu florieren.

Die Gesellschaft dieser südlichen Kolonien, deren Population am Vorabend der Amerikanischen Revolution (zu Beginn der 1760er-Jahre) einschließlich ihrer Sklaven etwa die Hälfte der Gesamtbevölkerung der englischen Festlandskolonien ausmachte, war noch fest im Ständedenken verhaftet. Eine kleine Schicht von Großpflanzern gab den Ton an, allen voran die sogenannte Virginia-Aristokratie, ein Netzwerk einflussreicher, gebildeter und vermögender Angehöriger der Oberschicht. Soziale Spannungen zwischen diesen Eliten und der weißen Mittel- und Unterschicht existierten zwar, kamen aber nur selten zum Ausbruch – nicht zuletzt durch die Präsenz der vielen Sklaven, die sich auf Sozialkonflikte innerhalb der weißen Bevölkerung eher mildernd auswirkte.

Neuengland



Bei der anschließenden Besiedlung der nördlichen Kolonien in Neuengland (des Gebiets der heutigen Bundesstaaten Massachusetts, Connecticut, Rhode Island, New Hampshire, Vermont und Maine) standen anders als im Süden nicht vornehmlich wirtschaftliche, sondern religiöse und gesellschaftspolitische Motive im Vordergrund. 1620 setzten die sogenannten Pilgerväter (Pilgrim Fathers), die England ihres Glaubens wegen hatten verlassen müssen, ihren Fuß auf den Boden von Cape Cod, der dem heutigen Boston vorgelagerten Halbinsel. Noch an Bord ihres Schiffes "Mayflower" hatten 41 der 101 Passagiere am 11. November jenes Jahres einen Vertrag geschlossen, der als Mayflower Compact in die Geschichte der USA einging und die Regierungsform ihrer künftigen Kolonie definierte. Er schrieb einen religiösen und politischen Selbstverantwortungsanspruch fest, der die Mitglieder "gemeinsam im Bund mit Gott" zum Zusammenhalt verpflichtete. Die pilgrims, eine Splittergruppe der Puritaner, jener kirchlichen und teilweise auch sozialen Protestbewegung innerhalb des englischen Protestantismus des 16. und 17. Jahrhunderts, wollten die Anglikanische Hochkirche (Church of England) von den etablierten Hierarchien und Riten "reinigen" und allein die Bibel als Grundlage menschlichen Handelns akzeptieren.

Gegenüber Andersdenkenden herrschte wenig Toleranz. Kirchenzugehörige galten als "Erwählte", und nur sie hatten das Wahlrecht, eine Praxis, die bis 1691 aufrechterhalten wurde. Gleichwohl führten die Puritaner mit der Selbstverwaltung einer jeden Siedlung (local self-government) und jeder einzelnen Gemeinde (congregationalism) auch fortschrittliche politische Institutionen ein.

Die seit 1629 mit einem königlichen Freibrief ausgestattete Massachusetts Bay Company beauftragte den Puritaner John Winthrop (1588-1649) mit der Errichtung neuer Siedlungen. Er gründete unter anderem die Stadt Boston, in der Überzeugung, dass seine Kolonie für die weltweite Christenheit als "Neues Jerusalem" Vorbildcharakter bekommen würde. Diese Art von religiös und politisch unterlegtem Sendungsbewusstsein hatte im weiteren Verlauf der Geschichte erheblichen Einfluss auf die Ausprägung einer spezifisch US-amerikanischen Identität. "Müßiggang" wurde als Sünde verdammt, und die religiöse Unterweisung stand im Mittelpunkt der bürgerlichen Bildung. Es entstanden viele entsprechend ausgerichtete Schulen, darunter auch das 1636 gegründete Harvard. Zutiefst von der Sündhaftigkeit des Menschen überzeugt und durch ihre Erfahrung in England geprägt, misstrauten die Puritaner generell der Macht, da Menschen ihres Erachtens unweigerlich zu deren Missbrauch und zu Korruption neigten. Daraus erklären sich die bis heute tief sitzende amerikanische Skepsis gegenüber der Staatsmacht sowie die Betonung demokratischer Werte und der Rechte des Individuums.

Allein bis 1640 kamen über 20 000 Puritaner in die Region der Massachusetts Bay. Anders als die Pilgerväter hielten sie wirtschaftlichen Erfolg für ein Zeichen der Gnade Gottes. Gepaart mit Ehrgeiz und Wohlstandsstreben führte diese Auffassung sehr rasch zur Prosperität. Es entstand ein puritanisches Gemeinwesen mit einer Staatskirche, die Andersdenkende und Dissidenten wie Roger Williams (1603-1683) und Anne Hutchinson (1591-1643) wiederum ins Exil trieb. Beide gründeten daraufhin 1636/38 die Kolonie Rhode Island, wo die strikte Trennung von Kirche und Staat eingeführt wurde.

Das erste in der Neuen Welt begangene Erntedankfest (Thanksgiving) im Herbst 1621 sollte die Beziehung zwischen den Siedlern und der amerikanischen Urbevölkerung (Native Americans) festigen. Die angestrebte und öffentlich bekundete Harmonie war indessen nur von kurzer Dauer. Wie auch in Virginia kam es ab 1622 in Neuengland zu gewalttätigen Konfrontationen zwischen den europäischen Einwanderern und den amerikanischen Ureinwohnern, in deren Verlauf diese fast gänzlich ausgerottet wurden.

Mittelatlantik



Während die südlichen und neuenglischen Kolonien in religiöser, politischer, kultureller und wirtschaftlicher Hinsicht zum überwiegenden Teil englisch geprägt waren, entwickelte sich seit den 1640er-Jahren in den sogenannten Mittelatlantik-Kolonien eine größere Vielfalt euro-amerikanischen Kulturlebens. So hatten Niederländer an den Flüssen Hudson und Delaware Handelsstützpunkte errichtet, um mit den dort ansässigen Ureinwohnern einen lukrativen Pelzhandel zu betreiben. Auf diese Weise entstand die Kolonie "Neu-Niederlande" mit ihrem Seehafen Neu-Amsterdam auf der Insel Manhattan, die die Niederländer den Ureinwohnern für 50 Gulden abgekauft hatten. Skandinavier prägten durch die Einführung der Blockhütte das typische architektonische Bild der Pionierzeit in dieser Region. Während des zweiten britisch-niederländischen Seekrieges (1664-1667) wurde das Gebiet dann von den Engländern erobert und dem Herzog von York, Bruder des englischen Königs Charles II., als Lehen übergeben: Aus Neu-Niederlande wurde New York und aus Neu-Amsterdam New York City.

Eine gänzlich andere Form der Koloniegründung stellte Pennsylvania dar, das die englische Krone 1681 dem Quäker William Penn als Lehen überließ. Seine im 17. Jahrhundert in England gegründete Religionsgemeinschaft besaß eine ausgesprochen philanthropische Ausrichtung und hat sich im weiteren Verlauf der amerikanischen Geschichte in vielen Bereichen der Gesellschaft sozial engagiert. Penn, der die Koloniegründung als "heiliges Experiment" betrachtete, gründete im Jahr darauf am Zusammenfluss von Delaware und Schuylkill River die Hauptstadt Philadelphia. Ihr schachbrettartig angelegtes Straßenmuster wurde zum Vorbild für die meisten US-amerikanischen Städte. Anders als die Puritaner glaubten Penn und seine Glaubensbrüder an "das Gute im Menschen" und hegten eine optimistische Zukunftserwartung – eine Sichtweise, die geistesgeschichtlich für die Vereinigten Staaten letztlich ebenso prägend wurde wie der puritanische Skeptizismus.

Zur ersten Einwanderergeneration gehörten auch 13 deutsche Mennoniten-Familien aus Krefeld, die 1683 mit dem Schiff "Concord" unter der Leitung des Theologen Franz Daniel Pastorius in Pennsylvania eintrafen. Seitdem gab es eine kontinuierliche deutsche Einwanderung in diese Region. Am Vorabend der Amerikanischen Revolution betrug der deutsche Bevölkerungsanteil Pennsylvanias immerhin ein Drittel, in allen 13 Kolonien durchschnittlich rund zehn Prozent. Um 1700 wurde die gesamte Kolonialbevölkerung auf 250 000 Menschen geschätzt. Mit rapider Wachstumstendenz verdoppelte sie sich nahezu alle 20 Jahre und belief sich 1760 auf 1,6 Millionen. Im Jahr der Unabhängigkeitserklärung (1776) war sie schließlich auf 2,5 Millionen (darunter 20 Prozent Sklaven) angewachsen.

Spannungen mit England



Bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts dachten und fühlten die Kolonisten überwiegend englisch. Innerhalb von 20 Jahren sollte sich dies so fundamental ändern, dass sie zu "Amerikanern" wurden. Die Ursachen für diesen Prozess waren komplex und lagen sowohl in den Kolonien als auch im Mutterland.

Der sogenannte French and Indian War (1754-1763), die amerikanische Variante des Siebenjährigen Krieges, in dem sich Franzosen mit verschiedenen indigenen Stämmen gegen die Engländer verbündeten, begrenzte im Ergebnis das französische Vordringen von Kanada aus in das Ohio-Tal. Das siegreiche britische Empire konnte 1763 im Frieden von Paris die Existenz des französischen Kolonialreiches in Nordamerika beenden. Danach versuchte England, seine hohe Staatsverschuldung zumindest teilweise durch Steuern aus den nordamerikanischen Kolonien zu decken. Da die Sicherheit der englischen Siedler an den Siedlungsgrenzen – der frontier – durch vermehrte Übergriffe von Ureinwohnern zunehmend gefährdet wurde, entschloss sich London zur Entsendung von Schutztruppen nach Nordamerika. Allerdings war auch diese Stationierung mit erheblichen Kosten verbunden, die wiederum teilweise die Kolonisten tragen sollten. Ferner wurde in London beschlossen, einen Teil dieser Soldaten in privaten Haushalten einzuquartieren. Ein weiterer, in den Augen der Kolonisten recht unpopulärer Schritt war es, das Gebiet jenseits der Appalachen von der "weißen" Besiedlung auszuschließen, wovon sich England die endgültige Befriedung der Grenze zwischen Siedlern und Ureinwohnern erhoffte.

Entscheidend für das weitere Verhältnis zwischen Kolonien und Mutterland wurde ein Wandel in Englands Vorstellung von imperialer Kontrolle. Nachdem es durch den Siebenjährigen Krieg seine nordamerikanischen Besitzungen nahezu verdoppelt hatte, vollzog England einen allmählichen Übergang vom kommerziellen zum territorialen Imperialismus. Es wollte die Kolonien nicht mehr nur aus Handelsperspektive regieren, sondern auch mit Blick auf ihre Bevölkerungsstärke und die damit einhergehenden potenziellen Finanzerträge.

Just zu dem Zeitpunkt, als ab 1763 in den Kolonien eine Wirtschaftsrezession einsetzte, unternahm England mit dem sogenannten Zuckergesetz von 1764 den ersten Versuch, die Kolonien an den Verwaltungskosten zu beteiligen: Es belegte Genussmittel wie Wein, Kaffee, Zucker und Melasse mit Einfuhrzöllen, die hohe finanzielle Einbußen der amerikanischen Alkoholbrennereien und verschiedener anderer Branchen befürchten ließen.

Der größte Stein des Anstoßes für die Kolonisten bestand allerdings in der Präambel des Gesetzes, die generell die angestrebte Verstärkung der imperialen Kontrolle über die Kolonien betonte. Damals offenbarten sich bereits deutlich unterschiedliche Auffassungen über die Art politischer Vertretung: Während in England nach wie vor die Ansicht herrschte, dass ein Parlamentsabgeordneter der Gesamtbevölkerung gegenüber Verantwortung trage, vertraten die Kolonisten aufgrund ihrer Erfahrungen in den assemblies die Meinung, Volksvertreter seien direkt und ausschließlich ihren Wählern verpflichtet.

Streit um die Stempelsteuer



Einen neuen Höhepunkt erreichte der Protest der Kolonisten mit dem Stempelsteuergesetz von 1765, das eine direkte Steuer auf jedwede Art von Druckerzeugnissen, Reklame, juristische Dokumente und sogar Würfelspiele erhob. Zudem sollte zur Steuereintreibung in den Kolonien eine britische Bürokratie aufgebaut werden. Dies erregte die Gemüter besonders und wurde als Versuch Englands interpretiert, den Kolonisten seine Autorität aufzuzwingen. Kaufleute, Rechtsanwälte und Journalisten aus Boston, Philadelphia und New York, die besonders hart von der neuen Steuer betroffen waren, organisierten daraufhin einen wirkungsvollen Importboykott englischer Waren. Parallel dazu kam es zu spontanen Massendemonstrationen, in deren Verlauf britische Steuerbeamte geteert und gefedert wurden.

Die assembly von Virginia verabschiedete schließlich eine Resolution, nach der nur eine repräsentative Versammlung der Kolonien das Recht beanspruchen könne, ihre Bürger zu besteuern. "No taxation without representation" (keine Besteuerung ohne politische Repräsentanz) war das Motto des kolonialen Widerstandes. Eine "Anti-Stempelsteuergesetz-Versammlung", ein interkolonialer Kongress, der als erster Schritt zur Revolution angesehen werden kann, tagte im Oktober 1765 mit Vertretern aus neun Kolonien in New York.

Obwohl die englische Regierung danach bereit war, das umstrittene Steuergesetz außer Kraft zu setzen, verfolgte sie doch weiter ihr Vorhaben, die Kolonien fester in das Empire einzubinden und die Autorität von König und Parlament durchzusetzen. So entbrannte aus der Auseinandersetzung um ein Steuergesetz der fundamentale Konflikt zwischen Mutterland und Kolonisten, die auf ihren während der "heilsamen Vernachlässigung" entwickelten Rechten beharrten.

Weg in den Widerstand



Bald kam es zu erneuten Einfuhrzöllen, zum Beispiel auf Farbe, Papier und Tee, und 1770 im Verlauf einer Auseinandersetzung zwischen Kolonisten und britischen Soldaten zum sogenannten Bostoner Massaker, bei dem fünf Zivilisten getötet wurden. Zwar traten die Engländer daraufhin vom Teezoll und von ihren sonstigen Ansprüchen zurück, doch der gewachsene Unmut der Kolonialbevölkerung entlud sich schließlich in der sogenannten Boston Tea Party im Dezember 1773, bei der als Indianer verkleidete Kolonisten die wertvolle Teeladung dreier Schiffe in das Bostoner Hafenbecken kippten.

Gegen die angedrohten Strafmaßnahmen des Mutterlandes organisierte sich umgehend eine gut koordinierte interkoloniale Widerstandsbewegung, die für September/Oktober 1774 den "Ersten Kontinentalkongress" in Philadelphia einberief, zu dem alle Kolonien Delegierte entsandten. Der Kongress beschloss die Einstellung des Handels mit dem Mutterland, worauf König Georg III. und das englische Parlament im Februar 1775 erklärten, dass sich die Kolonien nunmehr in einer offenen Rebellion befänden, eine Verstärkung der britischen Truppen vor Ort anordneten und den Befehl erteilten, aufrührerische Kolonisten umgehend zur Rechenschaft zu ziehen. Diese begannen ihrerseits, Milizen zu organisieren sowie Waffen und Munition zu sammeln. Nur wenige Wochen darauf, im April 1775, kam es bei Lexington und Concord in Massachusetts zu ersten militärischen Auseinandersetzungen zwischen Kolonisten und Engländern.

Im Mai 1775 trat der Zweite Kontinentalkongress in Philadelphia mit 65 Delegierten sämtlicher Kolonien zusammen. Er übernahm nunmehr die Regierungsfunktion, ernannte den Pflanzer und Kriegsveteranen des French and Indian War George Washington aus Virginia zum Oberbefehlshaber der neu zu schaffenden amerikanischen Streitkräfte und rief den Verteidigungszustand aus. Es wurde neues Papiergeld gedruckt, und man nahm diplomatische Beziehungen zu verschiedenen anderen Nationen auf. Eine Friedenspetition an den englischen König zeigte keine Wirkung. Georg III. proklamierte im August 1775 vielmehr den Zustand der offenen Kolonialrebellion und ließ im November eine See- und Handelsblockade errichten. Die Befürworter der Unabhängigkeit sahen sich dagegen bestärkt durch Thomas Paines Pamphlet "Common Sense", das die Ansicht vertrat, nur eine unabhängige republikanische Staatsform könne die Kolonien vor der Tyrannei der mittlerweile als korrupt angesehenen englischen Monarchie bewahren. Der phänomenale Erfolg dieser Schrift zeigte die gewachsene Politisierung breiter Schichten und dokumentierte, dass das amerikanische Unabhängigkeitsstreben zunehmend in eine Revolution einmündete.

Revolution und Unabhängigkeitskrieg



Am 4. Juli 1776 nahm der in Philadelphia tagende Kongress die von dem Juristen Thomas Jefferson aus Virginia vorbereitete Unabhängigkeitserklärung ohne Gegenstimmen (bei Enthaltung New Yorks) an. Dieses zentrale Dokument der US-amerikanischen Nationalgeschichte stellte in seiner Präambel das Vorgehen der Revolutionäre in einen weltgeschichtlichen Zusammenhang und begründete die Werte Gleichheit und Freiheit aus dem Naturrecht; die auf der Zustimmung der Regierten beruhende Regierung muss diese Rechte schützen; kommt sie ihrer Verpflichtung nicht nach, kann sie abgeschafft und durch eine neue ersetzt werden.

Zum Zeitpunkt, als die Unabhängigkeitserklärung verabschiedet wurde, war allerdings jeder sechste der insgesamt drei Millionen Einwohner der 13 Kolonien versklavt. Die Amerikanische Revolution mit ihrem Anspruch auf Gleichheit aller Menschen stellte damit ein gesellschaftliches Paradoxon dar: Auf der einen Seite war die neue Nation in vieler Hinsicht die freieste der Welt, andererseits besaß sie weltweit die meisten Sklaven. Der Kernsatz der Unabhängigkeitserklärung, "all men are created equal", besaß offensichtlich keine universelle Gültigkeit. Auch die Unterzeichner der Erklärung, allen voran Thomas Jefferson (selbst ein Sklavenhalter), waren sich dieses fatalen Widerspruchs bewusst, nahmen ihn aber mit Rücksicht auf die südlichen Kolonien in Kauf. Desgleichen waren weder die amerikanischen Ureinwohner noch Frauen in dieses Gleichheitspostulat eingeschlossen.

Nach der Präambel der Unabhängigkeitserklärung folgte eine detaillierte Auflistung der "Sünden", die nach Meinung der Kolonisten den Herrschaftsmissbrauch des englischen Königs belegten. Abschließend wurde die Trennung vom Mutterland als ein Prozess der göttlichen Vorsehung interpretiert. In der ersten Phase des anschließend beginnenden Unabhängigkeitskrieges nahmen die britischen Truppen New York (1776) und Philadelphia (1777) ein, was eine rasche Niederlage der Kolonisten vermuten ließ. Der amerikanische Sieg von Saratoga im Staate New York im Herbst 1777 leitete jedoch eine Wende ein und veranlasste Frankreich Anfang 1778, die Vereinigten Staaten diplomatisch anzuerkennen und im Juni 1778 seinerseits England den Krieg zu erklären; dies auch in der Hoffnung, dadurch die im Siebenjährigen Krieg verlorenen Gebiete zurückzugewinnen. Der Unabhängigkeitskampf weitete sich so zu einem internationalen Konflikt aus und verschärfte sich durch das Eingreifen Spaniens und der Niederlande auf Seiten der Revolutionäre im folgenden Jahr noch weiter. Parallel dazu erlebten die Vereinigten Staaten bürgerkriegsähnliche Auseinandersetzungen zwischen den rebellierenden "Patrioten" und den etwa 100 000 Loyalisten, die treu zum Mutterland standen.

Noch im November 1777 hatte der nun ständig tagende Kontinentalkongress die "Artikel der Konföderation" entworfen, mit denen sich die 13 Einzelstaaten zu einem festen Bund zusammenschließen wollten, den United States of America. Diesem Staatenbund sollte ein Kongress vorstehen, der autorisiert wurde, über Krieg und Frieden zu entscheiden, außenpolitische Kompetenz zu übernehmen, ein Heer und eine Flotte aufzubauen, deren Oberbefehlshaber zu ernennen und zwischenstaatliche Probleme zu lösen. Die Souveränität der Einzelstaaten sollte allerdings unangetastet bleiben. Bis März 1781 hatten alle Einzelstaaten die Artikel ratifiziert und damit ein neues Regierungssystem geschaffen.

Aufgrund der zahlenmäßigen Unterlegenheit seiner Truppen vermied Oberbefehlshaber Washington größere Schlachten und ging zu einer Art Guerillakriegführung über. Eine höhere Disziplin und eine stärkere Professionalisierung bewirkte der Umbau der Armee durch den gebürtigen Magdeburger Baron Friedrich Wilhelm von Steuben (1730-1794), der 1777 nach Nordamerika gekommen war und aufgrund seiner Erfolge zum Generalmajor der Kontinentalarmee ernannt und 1783 amerikanischer Staatsbürger wurde.

Am 19. Oktober 1781 mussten die britischen Truppen in Yorktown (Virginia) schließlich kapitulieren. Der in Paris ausgehandelte Frieden vom September 1783 erkannte die Souveränität der Vereinigten Staaten an. Spanien erhielt für seine Unterstützung Florida zurück, und England behielt Kanada, wohin viele der Loyalisten geflohen waren.

Viele Afroamerikaner hatten im Freiheitskampf ihrer weißen Herren die Möglichkeit entdeckt, sich selbst zu emanzipieren. Sie hatten entweder für die britischen Loyalisten gekämpft oder für deren amerikanische Widersacher, die Patrioten, denen 5 000 von ihnen beigestanden hatten. Andere ergriffen, begünstigt durch die Wirren der Revolution, die Flucht. Auf diese Weise hatte sich die Anzahl freier Afroamerikaner nach der Revolution erheblich vergrößert, ohne dass dies allerdings zur Infragestellung des Sklavereisystems in den Südstaaten geführt hätte. 90 Prozent der dortigen afroamerikanischen Bevölkerung blieben versklavt. Für die nördlichen Staaten allerdings leitete die Revolution die Abschaffung der Sklaverei ein, die dort bis 1804 abgeschlossen sein sollte.

Verfassungsgebung



Nach Durchsetzung der Unabhängigkeit ging es den Amerikanern darum, das Erreichte dauerhaft zu verankern und ein Auseinanderbrechen der Kriegskoalition sowie gesellschaftliche Instabilität zu verhindern. Die Harmonisierung der einzelstaatlichen Interessen und die Schaffung eines Bundesstaates waren schwierige Aufgaben für die insgesamt 55 Delegierten – darunter Benjamin Franklin, James Madison und George Washington –, die von Mai bis September 1787 in Philadelphia zusammentraten. Das Resultat war der erste moderne Entwurf einer Gesamtstaatsverfassung, die die Prinzipien der Gewaltenteilung und der Volkssouveränität gekoppelt mit dem Staatenbundprinzip einführte (zum politischen System der USA siehe "Informationen zur politischen Bildung" Nr. 320). Nach intensiven Debatten trat die amerikanische Verfassung am 4. März 1789 in Kraft.

Zwei Jahre später wurden ihr weitere zehn Verfassungszusätze (amendments) angefügt, die sogenannte Bill of Rights, ein Grundsatzkatalog der Menschenrechte wie Religions-, Meinungs- und Versammlungsfreiheit sowie Unverletzlichkeit der Person und des Eigentums. Bis heute hat es insgesamt 27 amendments zur Verfassung gegeben, das letzte im Jahre 1992.

Die Verfassung der Vereinigten Staaten schuf ein Regierungssystem, das sich trotz erheblicher gesellschaftlicher Veränderungen bislang immer als flexibel genug erwiesen hat, um sich neuen Gegebenheiten anzupassen. Ein komplexes Geflecht gegenseitiger Machteinschränkungen und -kontrollen (checks and balances) sorgt dafür, dass keine der drei Gewalten diktatorische Autorität gewinnen kann, sondern es immer ein Gleichgewicht der Kräfte gibt.

Aber auch die Umsetzung des föderativen Prinzips, das heißt die Aufteilung der Regierungsgewalt zwischen Bund und Einzelstaaten, sowie die durch die Bill of Rights verbrieften Grundrechte zeugen vom genuinen Misstrauen gegenüber einer Zentralmacht und einem übermächtigen Staat.

Erster Präsident dieses ersten modernen Verfassungsstaates wurde George Washington, dem es während seiner zwei Amtsperioden (1789-1797) gelang, die in der Verfassung verankerten Prinzipien in die politische Praxis umzusetzen. 1800 wurde Washington, D. C. (District of Columbia), am Potomac River zwischen Maryland und Virginia nahe der Chesapeake Bay gelegen, zur Bundeshauptstadt.

In der Anfangsphase der jungen Republik kam es rasch zu ersten politischen Interessengegensätzen: zwischen den Föderalisten und den Anti-Föderalisten. Erstere traten für eine starke Zentralgewalt und pro-britische Außenpolitik ein und repräsentierten vornehmlich die wohlhabende Klasse; die Anti-Föderalisten, später mit Thomas Jefferson an ihrer Spitze, verteidigten die Rechte der Einzelstaaten und misstrauten der Zentralgewalt. Sie plädierten für eine pro-französische Außenpolitik und verstanden sich als Vertreter der Farmer und kleineren Leute sowie als unbedingte Verfechter einer tugendhaft-demokratischen Gesellschaft. In diesem Ideal wurzelt auch das Credo der später entstandenen Demokratischen Partei.

Zeit der Expansion



Die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts war für die Vereinigten Staaten eine Phase immensen Wachstums von Territorium, Bevölkerung und Wirtschaft. Um das föderale Element zu betonen, sollten die territoriale Expansion und die Erschließung neuen Bodens nicht mit einer westlichen Ausdehnung der schon bestehenden Einzelstaaten, sondern vielmehr mit der Gründung neuer Staaten einhergehen. Bereits 1787 hatte der Kongress die "Nordwest-Ordinanz" für das Gebiet nordwestlich des Ohio-Flusses verabschiedet: Sie bestimmte, dass eine Zweikammer-Legislative eingerichtet werden sollte, sobald sich 5 000 freie Männer in einem bestimmten Gebiet angesiedelt hätten. Wenn dieses Territorium 60 000 Einwohner zählte und eine republikanische Verfassung verabschiedet worden war, konnte es sodann als gleichberechtigtes Mitglied in den Staatenbund aufgenommen werden. Die Ordinanz verfügte, dass das große Territorium nördlich und südlich des Ohio-Flusses frei von Sklaverei bleiben sollte.

Die Besiedlung westlich der Appalachen schritt nun schnell voran: Um die Jahrhundertwende wurden Vermont (1791), Kentucky (1792), Tennessee (1796) und Ohio (1803) in die Union aufgenommen.

Territoriale Zugewinne



Bevor die weitere Besiedlung des Landes vonstatten gehen konnte, schien es erforderlich, die noch verbliebenen europäischen Mächte in Nordamerika möglichst friedlich zu verdrängen: 1803 konnte Thomas Jefferson als dritter Präsident der USA (1801-1809) von Frankreich gegen die Summe von 15 Millionen US-Dollar das große "Louisiana"-Gebiet – die riesige Landmasse zwischen Mississippi und Rocky Mountains – erwerben und so eine Verdopplung des Territoriums der Vereinigten Staaten erzielen. Das nun zwischen Spanien und den USA umstrittene West-Florida (die heutigen Staaten Alabama und Louisiana sowie der südliche Teil Mississippis) wurde 1810 annektiert. Im "Zweiten Unabhängigkeitskrieg" gegen England (1812-1815) wurde zwar die Hauptstadt Washington besetzt und niedergebrannt, es gelang jedoch wiederum, die Briten zu vertreiben und im Frieden von Gent den Vorkriegszustand wiederherzustellen. Dieser Sieg führte zu einer dauerhaften internationalen Verankerung der Souveränität der Vereinigten Staaten.

Ost-Florida kam 1819 gegen eine Kaufsumme von fünf Millionen US-Dollar an Spanien in den Besitz der USA. Im dabei geschlossenen Vertrag wurde nun auch erstmals der gesamte spanisch-amerikanische Grenzverlauf vom Golf von Mexiko bis zum Pazifik bestimmt. Nach dem Verzicht der USA auf Texas ließ Spanien Ansprüche auf Gebiete nördlich des 42. Breitengrades zwischen den Rocky Mountains und dem Pazifik fallen. Damit geriet das ganze Territorium nördlich von Kalifornien in die US-amerikanische Einflusssphäre. Mit dieser spanisch-amerikanischen Übereinkunft war nach Süden hin eine neue transkontinentale Grenze der Vereinigten Staaten entstanden; das 1803 erworbene "Louisiana"-Gebiet hatte erstmalig eine südwestliche Begrenzung erhalten.

Die Chronologie der weiteren Aufnahme neuer Staaten in die Union belegt die schnelle Expansion: Zwischen 1816 und 1821 kamen Indiana (1816), Mississippi (1817), Illinois (1818), Alabama (1819), Maine (1820) und Missouri (1821) hinzu. Durchschnittlich wuchs die Union nach dem Frieden von 1815 bis zum Beginn des Bürgerkrieges 1861 alle drei Jahre um einen neuen Einzelstaat.

Das nationale Selbstbewusstsein dieser Zeit fand in der Außenpolitik ihren Niederschlag. In seiner Jahresbotschaft an den Kongress von 1823 wandte sich Präsident James Monroe (1817-1825) gegen jeden weiteren kolonialen Anspruch europäischer Mächte in der westlichen Hemisphäre; solche Unternehmungen würden fortan als eine Gefährdung der Sicherheit der Vereinigten Staaten interpretiert werden. Die USA würden sich im Gegenzug nicht in die Angelegenheiten der europäischen Mächte einmischen. Diese Botschaft, später als "Monroe-Doktrin" bezeichnet, entfaltete erst seit Ende des 19. Jahrhunderts ihre eigentliche außenpolitische Bedeutung und wurde im 20. Jahrhundert als Leitsatz US-amerikanischer Außenpolitik international bekannt.

Die Nordwestgrenze der Vereinigten Staaten wurde festgelegt, als Großbritannien 1846 das Oregon-Gebiet südlich des 49. Breitengrades, im Übrigen den weitaus fruchtbareren und größeren Teil, den USA zuerkannte. Im Süden lud Mexiko, nachdem es 1821 die Unabhängigkeit erlangt hatte, amerikanische Siedler ein, das nur spärlich besiedelte Texas zu kultivieren. 1835 lebten bereits 35 000 US-Amerikaner in Texas. Ein Jahr später erklärten sie nach einem erfolgreichen Aufstand ihre Unabhängigkeit, die umgehend von den Vereinigten Staaten anerkannt wurde, aber aufgrund des Widerstandes nordstaatlicher Politiker vorerst noch nicht zur Aufnahme in die Union führte.

In den 1840er-Jahren wurde die Landerschließung durch das Schlagwort "Manifest Destiny" ideologisch untermauert. Demzufolge war es das "offenkundige Schicksal" oder die "Bestimmung" der Vereinigten Staaten, als "Reich der Freiheit" mit einer vorbildhaften Demokratie den ganzen nordamerikanischen Kontinent vom Atlantik bis zum Pazifik missionarisch in Besitz zu nehmen. In dieser Stimmungslage erfolgte Ende 1845 die Aufnahme von Texas als 28. Einzelstaat in die Union. Dies führte zum Krieg mit Mexiko, das erst im Vertrag von Guadalupe Hidalgo vom Februar 1848 auf Kalifornien und New Mexico verzichtete und den Rio Grande als Grenzfluss zu Texas anerkannte.

Die territoriale Expansion der Vereinigten Staaten hatte damit im Zeitraum von 1845 bis 1849 ihren Höhepunkt erreicht. Mit mehr als drei Millionen Quadratkilometern Gebietszuwachs hatten sich die USA innerhalb kurzer Zeit um zwei Drittel vergrößert und das riesige Gebiet der heutigen Staaten Arizona, Kalifornien, Nevada, Texas und Utah sowie Teile von New Mexico, Colorado und Wyoming als Siedlungsland hinzugewonnen. Durch den Kaufvertrag von 1853, in dem die USA von Mexiko südliche Teile Arizonas und New Mexicos für den Bau der Eisenbahnlinie zum Pazifik erstanden, und den Kauf Alaskas von Russland 1867 waren dann die kontinentalen Grenzen der Vereinigten Staaten endgültig geschaffen.

Besiedlung und Immigration



Die Erschließung und Besiedlung des nordamerikanischen Kontinents vom Atlantik bis zum Pazifik vollzog sich in drei Etappen, wenn auch mit fließenden Übergängen: Zunächst wagten sich Trapper, Pelzjäger und Fallensteller in noch unerschlossene Gebiete vor. Der mit wahrem Pioniergeist vorangetriebene Siedlungsbereich zwischen Wildnis und euro-amerikanischer Zivilisation, die frontier, hat für die amerikanische Gesellschaft bis heute einen hohen symbolischen Stellenwert behalten.

Ihnen folgten Ansiedler, die ohne formale staatliche Zustimmung Land urbar machten (squatters), aber oft nur vorübergehend blieben, um schließlich in der dritten Etappe von Farmern abgelöst zu werden. Es entstanden nun dauerhafte Niederlassungen mit Kirchen, Schulen, Banken und Behörden sowie einer lokalen Ordnungsgewalt, dem Sheriff. Parallel zu dieser Ackerbau-frontier gab es riesige Grasflure, auf denen Rancher ihr Vieh weideten, wobei es vereinzelt zu Kleinkriegen zwischen Viehzüchtern und Farmern kam.

Schon die ersten Trapper hatten bei ihren Erkundungen nach Edelmetallvorkommen Ausschau gehalten und ihr Wissen weitergegeben. So gab es sehr bald auch eine Bergbau-frontier mit chaotisch-kurzlebigen Minenstädten, die eruptionsartig mit Einwohnerzahlen von mehreren Tausend boomten, dann aber nach Ausbeutung der Minen zu teilweise heute noch existierenden ghost towns wurden.

Die Besiedlung verlief wellenartig. Eine der größten Binnenwanderungswellen setzte nach dem Frieden von 1815 ein, als die Nationalbevölkerung etwa 8,5 Millionen Menschen zählte. Die Aussicht, im Westen "sein Glück zu machen", führte zur schnellen Landerschließung. Während noch 1810 nur jeder siebte Amerikaner westlich der Appalachen lebte, war es ein Jahrzehnt später bereits jeder vierte. 1815 hatten diese Pioniere 4 000 Quadratkilometer bundeseigenen Landes erworben; nur vier Jahre später hatte sich diese Zahl verfünffacht. Der Public Land Act von 1820, der das Mindestareal für eine Farm von 160 acres (ca. 64 Hektar) auf 80 halbierte und den Bodenmindestpreis erheblich reduzierte, erleichterte den Erwerb von Farmland. Das Familienfarm-Gesetz (Homestead Act) von 1862 hatte später die weitestgreifenden Konsequenzen für die Westwärtsbewegung: Jedem Siedler wurden gegen eine geringe Gebühr 160 acres auf Dauer zugesprochen, sobald er dieses Areal fünf Jahre bewirtschaftet hatte.

1830 lebte bereits ein Drittel der nun fast 14 Millionen Einwohner zählenden amerikanischen Bevölkerung westlich der Appalachen, und in den 1840er-Jahren verloren die Staaten zwischen den Appalachen und dem Mississippi bereits ihren frontier-Charakter. Eine natürliche Grenze der Wanderungsbewegung mit landwirtschaftlicher Erschließung hatten lange Zeit die westlich von Arkansas beginnenden trockenen Präriegebiete, die Great Plains, gebildet. Doch die Westwärtsbewegung machte nun einen großen Sprung und verschaffte sich durch die von Trappern und Forschungsreisenden erschlossenen Routen (trails) – die berühmteste unter ihnen war der "Oregon Trail" – Zugang zum Fernen Westen.

Durch Goldfunde in Kalifornien wurde der legendäre Goldrausch von 1849 ausgelöst und ließ allein im ersten Jahr 80 000 Menschen dorthin strömen. Die Westwärtsbewegung wurde nun auch verstärkt in diese Region ausgedehnt; nur drei Jahre später war die dortige Bevölkerungszahl bereits um das Dreifache gestiegen.

Auswirkungen auf die Urbevölkerung



Die Erschließung des Westens war untrennbar mit der Vertreibung und teilweisen Vernichtung der amerikanischen Ureinwohner (Native Americans) verbunden. Kriege und Kontakt mit bislang unbekannten Krankheitserregern dezimierten ihre Population im heutigen Gebiet der USA von ursprünglich mehreren Millionen auf etwa 500 000. Der Versuch der Bundesregierung, westlich von Arkansas und Missouri territoriale Grenzen zwischen ihnen und den Siedlern festzulegen, wurde aufgegeben, als der Siedlerstrom dorthin zu stark anschwoll; danach erwarb die Regierung in Verträgen, die die Ureinwohner benachteiligten, gegen ein geringes Entgelt weiträumige Landflächen.

Nach damals vorherrschender Meinung erschien es zwecklos, die amerikanische Urbevölkerung "zivilisieren" zu wollen. Demzufolge verfügte ein Bundesgesetz 1830 die Vertreibung aller noch im Osten befindlichen Ureinwohner in Gebiete westlich des Mississippi. Hauptsächlich davon betroffen waren die Cherokee, Chickasaw, Choctaw, Creek und Seminolen, die bislang in South Carolina, Georgia und Florida unter dem Schutz der Bundesregierung gelebt hatten. Ihre Versuche, sich juristisch gegen die Umsiedlung zu wehren, blieben erfolglos. 1837 richtete die Bundesregierung für sie ein Territorium zwischen dem Missouri und dem Red River im heutigen Oklahoma ein. Insgesamt wurde ihnen nur ein Drittel ihres ursprünglichen Landes westlich des Mississippi zugestanden, dessen Bodenqualität zudem wesentlich schlechter war. 1838 wurden die restlichen 17 000 Cherokee, von Bundessoldaten bewacht, in das "Indianerterritorium" zwangsumgesiedelt. Etwa 4 000 von ihnen verstarben auf der entbehrungsreichen 2000 Kilometer langen Strecke, die als "Weg der Tränen" (Trail of Tears) in die Geschichte eingegangen ist. Um 1840 galt das Gebiet östlich des Mississippi für die Siedler als nahezu "befriedet". Aber auch westlich des Flusses sollten Native Americans nicht lange vor dem unermüdlichen Ansturm der Siedler sicher sein; sie wurden in zunehmend kleinere Reservate verbannt. Die geschätzte Zahl der indianischen Urbevölkerung nahm von 1845 bis 1860 von 150 000 auf 35 000 ab.

Durch den Bau der transkontinentalen Eisenbahn, der 1869 abgeschlossen war, strömten nun noch mehr Siedler in das Gebiet westlich des Mississippi. Die zahlreichen Farmen und die Ausrottung der Büffelherden zerstörten die Existenzgrundlagen der "Prärieindianer", die zum Teil erbitterten Widerstand gegen die Vernichtung ihrer Lebenswelt leisteten. Mehr als 30 Jahre währte dieser Kampf, darunter der Cheyenne-Arapaho-Krieg von 1861 bis 1864, die Sioux-Kriege von 1862 bis 1876 und der Apachen-Krieg von 1871 bis 1886. Die Bundesregierung insistierte auf der Einrichtung von Reservaten. So sollten die nördlichen Sioux in das Dakota-Territorium, die südlichen "Prärieindianer" nach Oklahoma und die Apachen, Navaho und Ute in Reservate des Südwestens umgesiedelt werden. Als 1876 in den von den Sioux als heilig empfundenen Black Hills in Süd-Dakota Gold gefunden wurde und die Bundesregierung die Goldsucher und Siedler schützte, kam es zu einer Koalition von Sioux und Cheyenne, die in der Schlacht am Little Bighorn River 1876 gemeinsam die gesamte Truppe von Colonel George A. Custer töteten. Dies sollte jedoch die letzte erfolgreiche Gegenwehr der Native Americans sein. Im Massaker bei Wounded Knee in Süd-Dakota, bei dem Bundestruppen 1890 über 300 wehrlose Ureinwohner, unter ihnen Frauen und Kinder, umbrachten, wurde der indigene Widerstandswille gänzlich gebrochen.

Einwanderung



Ohne die immensen Einwanderungswellen, die nach 1840 die für die Landerschließung notwendigen Arbeitskräfte in die Vereinigten Staaten brachten, wären die Besiedlung und der rapide Wirtschaftsaufschwung des Landes undenkbar gewesen. Während zwischen 1820 und 1830 lediglich 152 000 Menschen ihr Glück in der Neuen Welt suchten, wurden in den 1840er-Jahren 1,7 Millionen Neueinwanderer verbucht; um die Jahrhundertmitte war fast jeder zehnte der über 23 Millionen US-Amerikaner nicht in den Vereinigten Staaten geboren.
Bis Ende des Jahrhunderts kam der Zustrom überwiegend von den britischen Inseln und aus Nord- und Mitteleuropa. Das bei Weitem größte Kontingent zwischen 1820 – dem ersten Jahr der zahlenmäßigen Erfassung der Einwanderung durch die US-Regierung – und 1880 stellten dabei die Deutschen mit 3,1 Millionen, dann folgten die Iren mit 2,8 sowie die Engländer mit 1,9 Millionen.

Der Assimilationsprozess verlief durchaus nicht reibungslos. Etwa zwei Drittel der irischen und ein Drittel der deutschen Immigranten nach 1840 waren Katholiken, die auf eine vorwiegend vom englischen Protestantismus geprägte Aufnahmegesellschaft trafen. Daraus erwuchsen ethno-religiöse Konflikte, die zunächst in den Städten des Nordostens, wie zum Beispiel in Philadelphia (1844), und später auch im Mittelwesten zu Aufruhr führten. Spannungen entstanden aber nicht nur durch unterschiedliche Konfessionszugehörigkeiten, sondern auch durch die Bereitschaft vieler Immigranten, niedrigere Löhne als alteingesessene Arbeitskräfte zu akzeptieren und damit deren Arbeitsplätze zu gefährden.

Die deutschen Immigranten bevorzugten nach den Hafenstädten New York und Baltimore den Mittelwesten; Iren zogen vor allem in die urbanen Gebiete des Nordostens und Engländer hauptsächlich in die Staaten New York, New Jersey und Pennsylvania. Die Südstaaten wurden von den meisten Einwanderern wegen ihrer kaum entwickelten Industrie, der Sklaverei und des heißen Klimas eher gemieden. Insofern vertiefte die geografische Verteilung der Neuankömmlinge noch die kulturellen, politischen und wirtschaftlichen Unterschiede zwischen Nord und Süd. Der Westwärtswanderung in die ferneren Gebiete und zur frontier gehörten hauptsächlich gebürtige Amerikanerinnen und Amerikaner an.

Nord-Süd-Konflikt



Zwischen 1840 und 1860 erlebte die US-amerikanische Industrie ein stetiges und in einigen Bereichen außerordentliches Wachstum. 1860 erreichten ihre Erzeugnisse erstmalig den Wert der landwirtschaftlichen Produktion. Vor allem im Nordosten schritt die Industrialisierung schneller voran als in den anderen Landesteilen. Dort entstand eine Industrieregion mit guter Infrastruktur, in der die verschiedenen Produktionszweige effektiv miteinander verbunden waren, gesteuert von einer einflussreichen Klasse von Industriekapitalisten, die zunehmend erhebliches politisches Gewicht erhielt. Der Urbanisierungsprozess, der gravierende politisch-soziale Veränderungen mit sich brachte, wurde dadurch enorm beschleunigt. Bis 1860 lebten bereits 20 Prozent der Gesamtbevölkerung in Städten mit mehr als 2 500 Einwohnern, während es 1810 noch sechs Prozent gewesen waren. Im gleichen Zeitraum war auch ein Wandel in der Verteilung der Arbeitskräfte eingetreten: Es gingen inzwischen mehr als doppelt so viele Menschen nicht-landwirtschaftlicher Tätigkeit nach (45 statt 21 Prozent).

Eine wahre Revolution hatte im Transportwesen stattgefunden. Speziell der Ausbau der Eisenbahnwege trieb die Industrialisierung und die Erschließung von Binnenmärkten voran. Bereits 1860 hatten die USA ein größeres Schienennetz als alle anderen Länder der Welt zusammen.

Wirtschaftliche Ursachen



Eine dominierende Rolle in der US-Wirtschaft zwischen 1815 und 1860 spielte die Baumwolle. Die Südstaaten bauten sie an, der Nordosten (teilweise auch England) verarbeitete sie in seinen Manufakturen und Fabriken zu Kleidung und versorgte seinerseits den Süden mit den hergestellten Waren. Reeder der Ostküste dominierten den Baumwolltransport nach England. Durch die immense Nachfrage nach Rohbaumwolle seitens Englands, Frankreichs und des eigenen amerikanischen Nordostens erlebte auch der Süden einen gewaltigen wirtschaftlichen Aufschwung. Vor allem die technische Vervollkommnung der Baumwollentkörnungsmaschine setzte die Arbeitskraft der Sklaven frei zur Kultivierung immer größerer Nutzflächen für den Anbau. Rasch breitete sich king cotton von den Küstenstaaten bis nach Texas aus. Um die Jahrhundertmitte, als die Südstaaten über 300 000 Tonnen Rohbaumwolle produzierten, betrug der entsprechende Anteil der USA am Weltmarkt sieben Achtel. Da der Anbau in Monokultur den Boden nach einiger Zeit unfruchtbar werden ließ, mussten neue Bodenflächen erschlossen werden. Das dadurch geschürte Verlangen nach Expansion hatte Folgen für die nationale Politik der Südstaaten.

Im Zentrum des Ringens zwischen Norden und Süden stand zweifellos die Sklaverei, aber sie war nicht die einzige Ursache des Nord-Süd-Gegensatzes. Vielmehr verbanden sich ökonomische, politisch-ideologische und kulturelle Faktoren zu einem Problemknäuel, das durch Ausgleichsbemühungen und Kompromisse letztlich nicht mehr entwirrt werden konnte. Während sich im Norden seit den 1820er-Jahren eine zunehmend komplexe und diversifizierte Wirtschaft entwickelt hatte, in der die Bedeutung des agrarischen Sektors allmählich zugunsten von Industrialisierung und Handel abnahm, bewahrte der Baumwollanbau im Süden den agrarischen Charakter der gesamten Region. Die Pflanzer dachten und handelten durchaus als Unternehmer, wobei Sklaven für sie zugleich Arbeitskräfte und Kapital waren, eine "Ressource", die im Zuge des Baumwollbooms knapp und teuer wurde. Auch kulturell blieb der Süden stärker der Vergangenheit verhaftet. Weiße Südstaatler schlossen sich zunehmend enger zusammen, um ihre überlieferten Werte und Ideale zu verteidigen.

Der wirtschaftliche Interessengegensatz zwischen Nord und Süd zeigte sich auch in der Zollgesetzgebung. Der Norden, bemüht, seine Industrien vor der Flut der englischen Produkte zu schützen, trat für eine Schutzzollpolitik ein und verstand es, diese Art der Gesetzgebung auch im Kongress durchzusetzen. Die hohen Zölle benachteiligten jedoch eindeutig den exportorientierten Süden, der jetzt auf seine importierten Fertigwaren einen hohen Zoll zahlen oder sie im Nordosten relativ teuer erstehen musste.

Kontroverse um die Sklaverei



Die Sklaverei bewirkte letztlich, dass diese Unterschiede zu einem unüberbrückbaren Gegensatz wurden, der sich in einem unerbittlichen Verschleißkrieg zwischen beiden Regionen entladen sollte.

1850 gab es 2,5 Millionen Sklaven im US-amerikanischen Süden, die zum überwiegenden Teil im Baumwollanbau, aber auch im Tabak-, Zucker- und Reisanbau beschäftigt waren.

Gegen das brutale Ausbeutungssystem der Sklaverei wandten sich immer mehr Menschen in den Nordstaaten, die sogenannten Abolitionisten. Aus ihren Reihen wurde auch die organisierte Fluchthilfe unterstützt, die bis zum Bürgerkrieg mehr als 60 000 Sklaven den Weg in die Freiheit ermöglichte.

Im Kontext des Abolitionismus entwickelte sich die erste amerikanische Frauenbewegung. Frauen besaßen einen starken Anteil an der Gründung abolitionistischer Zweigorganisationen, Führungspositionen wurden ihnen aber vorerst noch verwehrt. Als 1840 einer Gruppe von weiblichen Delegierten auf dem internationalen Anti-Sklaverei-Kongress in London der Zutritt verweigert wurde, mobilisierte dies viele Frauen in den Vereinigten Staaten. 1848 verabschiedete der erste Frauenrechts-Konvent in Seneca Falls, New York, eine Deklaration (Declaration of Sentiments), in der unter Bezugnahme auf die Unabhängigkeitserklärung festgestellt wurde, dass "alle Männer und Frauen gleich geboren sind". Auf der Konferenz wurde auch die Einführung des Wahlrechts für Frauen verlangt. Erfüllt wurde diese Forderung allerdings erst mit dem 19. Verfassungszusatz von 1920.

Die Südstaaten sahen in den Abolitionisten die Stimme des Nordens schlechthin und reagierten, indem sie das System der Sklaverei verteidigten und als einen integralen Bestandteil ihrer Kultur definierten: Anders als in der "Lohnsklaverei" des industrialisierten Nordens, wo Arbeiter in ihren Augen unter ebenfalls unwürdigen Bedingungen arbeiteten und in Elendsquartieren der Großstädte hausten, würden Sklaven im Süden – so die Argumentation – humaner behandelt, da ihnen Nahrung garantiert werde sowie Unterkunft und medizinische Versorgung zustehe; außerdem seien Hochkulturen wie die der Griechen und Römer ohne Sklaverei undenkbar gewesen.

Seit der Amerikanischen Revolution gab es immer wieder Stimmen, die ein harmonisches Zusammenleben zwischen Weiß und Schwarz in den Vereinigten Staaten grundsätzlich für unmöglich hielten und daher für eine generelle "Rückführung" aller Schwarzen oder zumindest der freien Afroamerikaner nach Afrika plädierten. Die 1816 gegründete American Colonization Society kaufte zu diesem Zweck Land an der Westküste Afrikas und nannte es "Liberia". Zu Beginn des Bürgerkrieges 1861 lebten dort rund 12 000 freiwillig zurückgekehrte Afroamerikaner.

Zunehmende Polarisierung



Die Kontroverse über die moralisch-ethische Dimension der Sklaverei gewann fortlaufend an Schärfe. Politische Kompromisse, wie der Fugitive Slave Act von 1850, der die Rückführung von in den Norden geflohenen Sklaven in den Süden erleichtern und Strafen für Fluchthelfer verschärfen sollte, wurden im Norden leidenschaftlich diskutiert.
Weiteren Zündstoff lieferte die neue Kompromissformel des sogenannten Kansas-Nebraska Act von 1854. Er gestattete den Einzelstaaten, über ihren Status in puncto Sklaverei künftig selbst zu entscheiden, und dehnte diese Entscheidungsfreiheit auch auf die neu hinzugewonnenen Gebiete aus. Das Gesetz annullierte damit den Missouri-Kompromiss von 1820, der den Territorien nördlich des 36. Breitengrades mit Ausnahme von Missouri Sklaverei untersagt hatte.

Es löste eine enorme politische Polarisierung und neue Konstellationen aus. Im Norden führte der Widerstand dagegen im selben Jahr zur Bildung der Republikanischen Partei, deren äußerst heterogene Mitgliederschaft primär das Ziel einte, die weitere Ausbreitung der Sklaverei zu verhindern. Bereits zwei Jahre darauf beteiligten sich die Republikaner wohlorganisiert am Präsidentschaftswahlkampf. Ihr Kandidat John Charles Frémont, der zuvor zur Symbolfigur für die Erschließung des Westens geworden war, unterlag allerdings dem demokratischen Kandidaten James Buchanan (1857-1861). Während die nationalen Parteien vor dem Kansas-Nebraska-Gesetz bemüht gewesen waren, innerparteiliche Kämpfe von nördlichen und südlichen Fraktionen zu schlichten, demonstrierte diese Wahl, dass ein Zweiparteiensystem mit einer politischen Polarisierung um die Sklavenfrage entstanden war: Die Demokraten gewannen ihre politische Stärke durch den Süden, die Republikaner die ihre durch den Norden.

Stärker als alle Parteipolitik trug ein Buch zur Standortbestimmung und Verhärtung der Fronten zwischen Nord und Süd bei: "Onkel Toms Hütte" von Harriet Beecher Stowe schilderte eindringlich die Verwerflichkeit der Sklaverei und ihren negativen moralischen Einfluss auf die Gesellschaft. Der Roman wurde gleich nach Erscheinen Anfang der 1850er-Jahre zum Bestseller.

Die nachfolgenden Ereignisse sorgten für eine zunehmend spannungsgeladene und emotionalisierte Krisenstimmung: Im "blutenden Kansas", wo Anhänger und Gegner der Sklaverei um die Frage rangen, ob ihr Staat sklavenfrei bleiben sollte oder nicht, herrschten bereits bürgerkriegsähnliche Zustände. Der Oberste Gerichtshof (Supreme Court) bestimmte in der sogenannten Dred Scott-Entscheidung 1857, dass Sklaven und freie Afroamerikaner keine US-amerikanischen Staatsbürger seien und daher nicht das Recht besäßen, vor einem Bundesgericht zu klagen. Darüber hinaus sprach er dem Kongress die Kompetenz ab, über die Sklaverei in den Territorien zu entscheiden, und erklärte damit alle vorher getroffenen Kompromisse über die Sklaverei für verfassungswidrig. Im Norden verweigerten Sklavereigegner daraufhin die Anerkennung des Obersten Gerichts als letzte Instanz der Verfassungsinterpretation. Die Unruhe steigerte sich zu Aufruhr, als der Abolitionist John Brown 1859 in Harpers Ferry im heutigen West Virginia eine Sklavenrebellion zu entfachen suchte. Er wurde später zur Legende und im Lied "John Brown´s Body ..." verewigt. Zusätzlich destabilisiert wurde das politische Klima durch die Wirtschaftskrise von 1857, deren Auswirkungen den Norden stärker betrafen als den Süden.

Als schließlich 1860 der Republikaner und Sklavereigegner Abraham Lincoln zum 16. Präsidenten der Vereinigten Staaten gewählt wurde, nahm der Süden dies nicht mehr hin – schon zuvor hatten einige Südstaaten für den Fall seines Sieges mit dem Austritt aus der Union gedroht.

Bürgerkrieg (1861-1865)



Anfang 1861 bildeten die sieben Staaten des "Deep South" die "Confederate States of America" und bewiesen dem Norden am 12. April mit dem Beschuss der bundeseigenen Befestigungsanlage "Fort Sumter" im Hafen von Charleston (South Carolina) ihre Entschlossenheit, für ihre Unabhängigkeit zu kämpfen. Präsident Lincoln reagierte mit dem Aufruf an die anderen Unionsstaaten, 75 000 Freiwillige zur Unterdrückung dieser "Rebellion" bereitzustellen. Die Südstaaten Arkansas, North Carolina, Virginia und Tennessee (das 1863 jedoch zur Union zurückkehrte) kamen dieser Aufforderung nicht nach und schlossen sich den Konföderierten an, die nun Senator Jefferson Davis aus Mississippi zu ihrem eigenen Präsidenten und Richmond in Virginia zur Hauptstadt ausriefen. Die "Grenzstaaten" Missouri, Kentucky, Maryland und Delaware – die selbst Sklaverei gestatteten – verbündeten sich dagegen nach anfänglichem Zögern und inneren Auseinandersetzungen mit der Union. Somit standen den elf abtrünnigen Südstaaten 23 nördliche Einzelstaaten gegenüber.

Im Rückblick erscheint das Vorgehen der Südstaaten, gemessen an ihrer klaren Unterlegenheit und den gewaltigen Menschen- und Energiereserven des industriellen Nordens, erstaunlich. Allein der Vergleich der beiden Bevölkerungen – etwa 22 Millionen im Norden gegenüber neun Millionen im Süden, einschließlich der dortigen rund vier Millionen Sklaven – verdeutlicht die Diskrepanz. Noch wichtiger war das bei Weitem überlegene nördliche Industriepotenzial mit fünfmal so vielen Fabriken sowie einer sehr gut ausgebauten Infrastruktur und fast dreimal so vielen Kilometern Eisenbahnnetz.
Kurzsichtige Südstaatenpolitiker vertrauten auf eine größere Kampfmoral ihrer Soldaten; andere erkannten zwar die ökonomische Überlegenheit des Nordens, waren aber der Ansicht, dass die auf Baumwollimporte angewiesenen europäischen Mächte den Süden unterstützen würden. Die Strategie der Südstaaten ging jedoch nicht auf. England und Frankreich importierten Rohbaumwolle zunehmend aus Ägypten und Indien und blieben aus Furcht vor möglichen Verwicklungen in den Krieg neutral.

Langfristig bedeutsamer als die quantitativ-militärische Dimension des Krieges war für beide Seiten indessen ein schlüssiges und überzeugendes politisches Konzept, das ihrem Kampf die eigentliche Stärke verleihen konnte. Für die Südstaaten war dies einfach: Sie kämpften für ihre Unabhängigkeit, den Erhalt der Sklaverei und die Verteidigung ihres Territoriums. Der Norden dagegen stritt zunächst für nur ein Prinzip: die Einheit der Nation. Doch Lincoln erkannte bald, dass sowohl an der nördlichen Heimatfront als auch im Ausland ein Krieg, der sich primär gegen die Sklaverei richtete, breitere Unterstützung finden würde.

Im September 1862 bezeichnete er neben dem Erhalt der Union demzufolge die Befreiung der Sklaven als Kriegsziel und erklärte alle Sklaven, deren Besitzer sich nach dem 1. Januar 1863 noch in Rebellion befinden sollten, für frei. Diese Proklamation wandelte den Krieg der Union gegen die Konföderation in einen Kampf für die Abschaffung der Sklaverei. Von diplomatischer Warte aus betrachtet, zog sie auch einen endgültigen Schlussstrich unter noch mögliche Überlegungen Englands und Frankreichs, auf Seiten des Südens zu intervenieren, da die Öffentlichkeit beider Länder einen solchen Schritt nicht mitgetragen hätte. Kampfbereitschaft und Moral der Unionsarmee dagegen stiegen nun merklich an, zumal für sie jetzt auch die Rekrutierung von Schwarzen eingeführt wurde.

Im Sommer 1863 endete bei Gettysburg in Pennsylvania nach drei Tagen die größte Schlacht des Amerikanischen Bürgerkrieges mit einer Niederlage der Südstaatenarmee unter General Robert E. Lee, ein Ereignis, das Abraham Lincoln im November bei der Einweihung des dortigen Soldatenfriedhofs zum Anlass für eine berühmt gewordene Ansprache (Gettysburg Address) nahm. Im Jahr darauf wurde er für eine zweite Amtszeit wiedergewählt.

Die endgültige Niederlage der Konföderation leitete der berüchtigte Zerstörungszug ein, den die Truppen des Nordstaatengenerals William T. Sherman im Süden unternahmen. 62 000 Soldaten sorgten mit Plünderungen und Verwüstungen für eine ungeheure Demoralisierung und zunehmende Versorgungsschwierigkeiten von Militär und Bevölkerung. Am 9. April 1865 ergab sich Lee seinem nördlichen Gegenspieler General Ulysses S. Grant, und die Südstaatenarmee kapitulierte. So endete der Sezessionskrieg, der mit 750 000 Toten (400 000 auf Seiten der Union, 350 000 im Süden) bis heute den verlustreichsten Krieg in der Geschichte der Vereinigten Staaten darstellt.
Am 14. April 1865, fast auf den Tag genau vier Jahre nach Beginn des Krieges, fiel Lincoln bei einem Theaterbesuch in Washington, D. C., dem ersten Präsidentenmord der US-Geschichte zum Opfer. Der Attentäter John Wilkes Booth gehörte einer südstaatlichen Verschwörergruppe an, die führende Politiker des Nordens töten wollte, um die Verleihung der Bürgerrechte an die befreiten Sklaven zu verhindern.

Wiedereingliederung der Südstaaten



Der Sieg des Nordens hatte die Einheit der Nation bewahrt und vier Millionen Menschen aus der Sklaverei befreit. Die sogenannte Reconstruction, Wiederaufbau und Wiedereingliederung des Südens von 1865 bis 1877, war der Beginn eines längerfristigen Prozesses, dessen Auswirkungen bis in die Gegenwart hineinreichen: der gesellschaftlichen Auseinandersetzung um die Stellung, Emanzipation und Integration der befreiten Schwarzen.

Die abtrünnigen Südstaaten wurden zunächst wieder in die Union aufgenommen. Voraussetzung war, dass sie sich verpflichteten, den 13. Verfassungszusatz anzuerkennen. Dieser war im Dezember 1865 vom erstmals wieder zusammengetretenen Kongress ratifiziert worden und verbot nun offiziell die Sklaverei in den Vereinigten Staaten. An den Verfassungen der Einzelstaaten war jedoch abzulesen, wie ernst diese es mit der Sklavenemanzipation wirklich nahmen. Sie unterlag besonders in Staaten mit schwarzer Bevölkerungsmehrheit wie South Carolina, Mississippi und Louisiana strengen Rechtsbeschränkungen, den sogenannten Black Codes, welche zum Teil an den gerade abgeschafften Status der Sklaverei erinnerten; so wurde zum Beispiel die freie Berufs- und Ortswahl der Schwarzen eingeschränkt.

1868 setzte die Republikanische Partei schließlich den 14. Verfassungszusatz durch, der Afroamerikanern die Staatsbürgerschaft und Bürgerrechte zusicherte. Erst im 15. Amendment von 1870 wurde den Südstaaten grundsätzlich das Recht abgesprochen, das Wahlrecht aufgrund von "Rasse, Hautfarbe oder früherer Knechtschaft" zu beschränken, wobei Frauen und Ureinwohner von diesen Regelungen allerdings immer noch ausgeschlossen blieben. Mit der Ratifikation des 14. und 15. Amendments, die Anfang des Jahres 1871 abgeschlossen war, wurden alle Südstaaten offiziell wieder in die Union eingegliedert. Parallel zu diesen politischen Maßnahmen gab es Versuche, das Los der befreiten Sklaven zu verbessern, indem ihnen etwa ein Stück Land und ein Maulesel zu dessen Bewirtschaftung zur Verfügung gestellt wurden. Doch die afroamerikanischen Kleinpächter blieben meist wirtschaftlich abhängig von den ehemaligen Sklavenbesitzern. Letztlich gelang es den Südstaaten bis zum Abschluss der Reconstruction 1877, durch eine Vielzahl von Gesetzen und den Terror des weißen Geheimbundes Ku-Klux-Klan die Rechte und die Stellung von Afroamerikanern so zu beschneiden, dass sie Bürger zweiter Klasse waren.

Sozialkonflikte der Gründerzeit



Durch Gesetze auf lokaler Ebene wurden die Schwarzen daran gehindert, ihre nun verbrieften Rechte wahrzunehmen, und Rassentrennung bestimmte ihren Alltag; so wurde ihnen zum Beispiel der Zugang zu Parks, Hotels und anderen öffentlichen Einrichtungen untersagt. Der Supreme Court relativierte wiederholt die Bestimmungen des 13., 14. und 15. Verfassungszusatzes, indem er die Umsetzung der Grundrechte von Afroamerikanern den Einzelstaaten überließ. 1896 entschied der Oberste Gerichtshof im Fall "Plessy gegen Ferguson", dass eine Rassentrennung rechtmäßig sei, wenn Schwarzen gleichwertige Einrichtungen als Alternativen zu denjenigen für Weiße angeboten würden. Diese als "Getrennt aber gleich" bezeichnete Doktrin (separate but equal) führte zu einer generellen Rechtfertigung der Rassentrennung (segregation) in den USA.

Die Gewalt gegen Schwarze in Form von Lynchmorden nahm in den Südstaaten derweil ein erschreckendes Ausmaß an. Die 1909 gegründete National Association for the Advancement of Colored People (NAACP, bis heute die älteste Bürgerrechtsbewegung mit noch rd. 500 000 Mitgliedern) versuchte, die Rechte der Schwarzen durch Musterprozesse einzuklagen und konnte erhebliche Erfolge für sich verbuchen. Eine große Binnenmigration von Afroamerikanern in die Städte des Nordens setzte ein – zwischen 1890 und 1910 waren es etwa 200 000 –, führte zu Ghettobildungen und auch dort zu ersten Rassenunruhen.

Zeitgleich erlebte die Nation eine rapide Industrialisierung, verbunden mit einer verbesserten Infrastruktur und Kommunikation, die wiederum die kontinentale Expansion begleitete. Laissez-faire-Pragmatismus und harscher Materialismus kennzeichneten nunmehr das sogenannte Vergoldete Zeitalter (Gilded Age) der amerikanischen Gründerzeit, dessen Namen auf einen Roman von Mark Twain und Charles Dudley Warner zurückging. Massive Einwanderungswellen seit den 1890er-Jahren, Probleme der Urbanisierung und Arbeitskämpfe sowie weit verbreitete Korruption führten zu einem angespannten sozialen Klima.

Als die amerikanische Zensusbehörde 1890 mit der Besiedlung der Pazifikregion die Zeit der frontier für abgeschlossen erklärte, bedeutete dies für viele Amerikaner das Ende einer Ära. Einerseits schien nun das "Sicherheitsventil" weggefallen zu sein, durch eine Abwanderung in den Westen Sozialkonflikte in den Ballungsgebieten zu entschärfen. Andererseits war fraglich, welche Entwicklung der Kontinent nach dem Abschluss dieser territorialen Expansion nehmen würde. Als 1893 eine schwere Wirtschaftskrise das Land heimsuchte, wurde der Ruf nach neuen Absatzmärkten für die heimische Überproduktion industrieller und agrarischer Produkte laut. Dafür boten sich nahe liegende Regionen in Mittel- und Südamerika sowie Ostasien an, wo US-Firmen schon seit längerer Zeit präsent waren. Immer mehr Stimmen plädierten für den Aufbau einer großen Handelsmarine und einer sie schützenden starken Flotte – und damit für einen Imperialismus, der dem europäischen ähnelte, aber durch den spezifisch amerikanischen Sendungsgedanken ergänzt wurde.

Auseinandersetzung mit Spanien



Der 1898 ausbrechende Spanisch-Amerikanische Krieg kam vielen Befürwortern dieses Imperialismus entgegen. Schon länger waren die spanischen Herrschaftsmethoden auf Kuba Gegenstand der Kritik gewesen, und die nationalistische Presse hatte ein Eingreifen gefordert. Nach der Explosion des US-Kriegsschiffs "Maine" im Februar 1898 im Hafen von Havanna, bei der 260 Menschen umkamen, wurde der spanischen Seite umgehend die Schuld an diesem Unglück gegeben. Der republikanische Präsident William McKinley (1897-1901) bat daraufhin den Kongress, einer Intervention auf Kuba zuzustimmen. Dieser forderte die spanische Regierung auf, ihre Streitkräfte zurückzuziehen, und betonte dabei, dass die USA nicht vorhätten, Kuba zu annektieren. Nachdem die USA eine Seeblockade um Kuba errichtet hatten, erklärte Spanien den Vereinigten Staaten jedoch den Krieg, und Ende Juni begann die US-amerikanische Invasion in Kuba. Sie wurde in kurzer Zeit erfolgreich abgeschlossen, nachdem die dortige spanische Flotte zerstört worden war. Im Dezember 1898 musste Spanien im Frieden von Paris die Philippinen, Puerto Rico und die Insel Guam gegen eine Zahlung von 20 Millionen US-Dollar den USA überlassen und alle Ansprüche auf Kuba aufgeben, wo bis 1902 US-Streitkräfte und danach Flottenstützpunkte verblieben. Ferner behielten sich die USA das Recht einer Intervention im Falle der Gefährdung amerikanischen Lebens und Eigentums vor. Trotz vorheriger Beteuerungen des Kongresses, es nicht annektieren zu wollen, wurde Kuba nun zu einem Protektorat der Vereinigten Staaten, wenngleich mit eigener Verfassung und Regierung.

Der Spanisch-Amerikanische Krieg hatte die globale außenpolitische Bedeutung der Vereinigten Staaten schlagartig verändert: Im Pazifik waren Stützpunkte und mit den Philippinen nach erbitterten Kämpfen sogar ein größerer territorialer Gewinn hinzugekommen. Gegenüber Mittel- und Südamerika hatten die USA deutlich dokumentiert, dass sie militärisch in der Lage und gewillt waren, in bestimmten Fällen zu intervenieren. Gegenüber Asien wurde der Weg eines "informellen Imperialismus" eingeschlagen, der im Gegensatz zu den europäischen Rivalen nicht das Land mit Truppen, sondern den enormen Markt des asiatischen Festlandes, allen voran Chinas, mit US-Dollars erobern wollte. Gleichwohl blieb es teilweise bei Visionen; so überstieg zum Beispiel der Anteil der Exporte nach China am US-amerikanischen Gesamtexportvolumen im ganzen 20. Jahrhundert keine drei Prozent. Innenpolitisch trug der Spanisch-Amerikanische Krieg nicht nur zu einer nationalistischen Aufbruchstimmung bei, sondern auch zu einer anti-imperialistischen Bewegung, die innerhalb der Bevölkerung Befürworter eines allgemeinen Isolationismus aktivierte. Die parallelen Strömungen von Globalisierungsdrang und Isolationismus sollten noch über Jahrzehnte bis zum Eintritt der Vereinigten Staaten in den Zweiten Weltkrieg die Auseinandersetzungen um die Ausrichtung der US-Außenpolitik bestimmen.