Eigentlich ist die Krise im Euroraum keine "Eurokrise". Der Euro, die gemeinsame Währung, ist nach innen und außen stabil, das heißt, die Inflationsrate ist niedrig und der Wechselkurs zu anderen Währungen wie dem US-Dollar schwankt wenig. Die Krise ist die der Eurostaaten, die sich zum Teil zu sehr hoch verschuldet haben und nicht hinreichend auf ihre Wettbewerbsfähigkeit geachtet haben. Dadurch haben sie auf den internationalen Finanzmärkten Vertrauen verspielt. Da alle Eurostaaten verschuldet sind und viele dieser Schulden für kurze Zeiträume aufgenommen wurden und werden, wirkt sich ein sinkendes Vertrauen sofort auf die Zinsen aus, die als Risikozuschlag erhöht werden. Damit verschlechtert sich aber die Lage des Schuldners weiter.
Das Wichtigste für die Eurozone und auch für die EU ist daher, das Vertrauen wieder herzustellen. Allerdings ist das auch bei den EU-Partnern untereinander sehr eingeschränkt. Schließlich haben fast alle Staaten schon einmal gegen die Vorgaben des Stabilitäts- und Wachstumspakts verstoßen, den sie 1997 selbst geschlossen hatten. Hätten sich alle an diese Vereinbarung gehalten, hätte es eine Krise dieser Art wohl nie gegeben.
Das Vertrauen wird allerdings nur zurückgewonnen werden können, wenn klar erkennbar ist, dass die Länder der Europäischen Union umsteuern.
Neue Kontrollmechanismen in der EU
25 EU-Länder haben daher mit dem Fiskalpakt verbindlich vereinbart, ab dem Jahr 2013 ihre Schulden spürbar zu reduzieren und eine entsprechende Vorschrift auch in die nationale Verfassung oder ein anderes Gesetz aufzunehmen. In Deutschland gibt es mittlerweile die "Schuldenbremse" im Grundgesetz (Art. 109 Abs. 3 GG). Großbritannien und Tschechien wollten bei dieser Regelung jedoch nicht mitmachen, weswegen sie als völkerrechtlicher Vertrag der teilnehmenden Staaten außerhalb des Rechtsrahmens der EU geschlossen werden musste.
Um Gefährdungen für die wirtschaftliche Entwicklung oder für den nationalen Haushalt frühzeitig zu erkennen, wurde ein sogenanntes Europäisches Semester beschlossen. Das ist eine Kontrollphase für die nationalen Haushaltsentwürfe, die jetzt vor der Beschlussfassung durch das Parlament des Mitgliedstaats von der Europäischen Kommission überprüft und kommentiert werden.
Zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit wurde der Euro-Plus-Pakt geschlossen, in dem die Staats- und Regierungschefs (wiederum ohne Großbritannien und Tschechien, aber auch ohne Ungarn und Schweden) sich zu konkreten Reformen in ihren Staaten verpflichten. Dem Programm "Europa 2020" wird im Zusammenhang mit der Eurokrise ebenfalls Bedeutung zugemessen.
Für die Banken will man das Risiko bei Spekulationen erhöhen, indem man die 200 wichtigsten Banken einer europäischen Kontrolle unterwirft und sie zwingt, die Eigenkapitalquote zu erhöhen. Außerdem sollen in Zukunft bei dem Zusammenbruch einer Bank zuerst deren Eigner und Anleger haften und nur zum Schluss die europäischen Steuerzahler. Zudem sollen die Banken einen eigenen Sicherungsfonds aufbauen, durch den Pleiten abgefedert werden können. Das Ganze nennt sich "Bankenunion" und befindet sich derzeit noch im Entscheidungsprozess.
Es geschieht also einiges auf europäischer Ebene, um der Krise zu begegnen. Funktionieren wird dies jedoch nur, wenn der Wille da ist, die Regeln wirklich einzuhalten und entsprechende Maßnahmen umzusetzen. In der Vergangenheit hatte die EU kein Defizit an Vorgaben, sondern eines an Vertragstreue. Es ist in der EU wie in jeder Gemeinschaft: Gesetze oder Statuten regeln das Zusammenleben, aber der Wille, überhaupt zusammen leben zu wollen, ist die Basis und kann durch konkrete Vorgaben nicht ersetzt werden.