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Landwirtschaft in der Krise | Indien | bpb.de

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Landwirtschaft in der Krise Indische Bauern kämpfen ums Überleben

Devinder Sharma

/ 9 Minuten zu lesen

Indien produziert soviel Getreide, dass es zum Exporteur geworden ist. Trotzdem leidet eine Viertel Milliarde Menschen im Land an Unterernährung, trotzdem steckt die indische Landwirtschaft in einer schweren Krise. Vor allem die Millionen Kleinbauern leiden, denn sie können von ihrer Arbeit kaum noch leben. Gleichzeitig werden auf Druck von Regierung und Unternehmen riesige landwirtschaftliche Flächen stillgelegt und für Industrie- und Infrastrukturprojekte genutzt. Die Folgen dieser Entwicklung könnten fatal sein.

Reisernte in Assam (© picture-alliance/AP)

Es ist paradox. Indiens Getreidespeicher platzen aus allen Nähten, es gibt kaum noch Lagerflächen für die massiven Ernteüberschüsse bei Weizen und Reis und das Land sucht händeringend nach Exportmöglichkeiten. Nachdem Indien im Finanzjahr 2012/13 (April 2012 bis März 2013) bereits 22 Millionen Tonne Reis und Weizen exportiert hat, werden es 2013/14 nach Regierungsangaben weitere 18 Millionen Tonnen sein. Mit anderen Worten, Indiens Lebensmittelexporte haben in nur zwei Jahren den Rekordwert von fast 40 Millionen Tonnen erreicht. Zudem werden staatliche Stellen im Sommer 2014 Weizenerträge von rund 31 Millionen Tonnen aufkaufen. Das ist eine Folge der von den Behörden erwarteten reichen Getreideernte in diesem Jahr, die auf mehr als 263 Millionen Tonnen geschätzt wird.

Allerdings ist es befremdlich, dass Lebensmittelexporte gefördert werden, wenn fast 250 Millionen Inder –ein Viertel der hungernden Menschen weltweit – täglich darum kämpfen müssen, genug Essen auf den Teller zu bekommen. Um für Ernährungsunsicherheit im Land zu sorgen, hat die Regierung deshalb im Jahr 2013 die Externer Link: National Food Security Bill auf den Weg gebracht. Das Gesetz garantiert etwa 830 Millionen von 1,2 Milliarden Indern monatlich den Erwerb von fünf Kilogramm Weizen, Reis oder Hirse zu stark subventionierten Preisen. Selbst wenn das nicht reicht, um den Bedarf eines Durchschnittshaushalts zu decken, verschafft das Gesetz zumindest jenen Erleichterung, die besonders von Hunger betroffen sind. Die Regierung wiederum braucht jährlich 61 Millionen Tonnen an Lebensmittelreserven, um den Bedarf decken zu können.

WTO Ziele

Indien kann also genug Lebensmittel für seine wachsende Bevölkerung produzieren. Einige internationale Akteure verfolgen jedoch das Ziel, die indischen Produktion zu drosseln und den indischen Markt für billige Lebensmittelimporte zu öffnen. Beim Treffen der Welthandelsorganisation (World Trade Organisation, WTO) Ende 2013 in Bali haben etwa die Vereinigten Staaten unterstützt von der Europäischen Union Indiens Maßnahmen zur Schaffung von Ernährungssicherheit in Frage gestellt. Am Ende wurde eine Übereinkunft erzielt, bei der Indien für eine Übergangszeit von vier Jahren eine "Friedensklausel" akzeptiert. Diese Ausnahmeregelung hatte die WTO einmal für Länder eingeführt, die ihre Lebensmittelexporte über das erlaubte Niveau hinaus subventionierten, und war eigentlich schon 2003 ausgelaufen. In Bali wurde sie wieder eingeführt, damit die Subventionen der indischen Regierung vorerst nicht mehr rechtlich infrage gestellt werden können.

Kern des Problems sind die steigenden Kosten für die staatliche Lagerhaltung von Getreide sowie der Anstieg der garantierten Preise für Weizen und Reis, die die Regierung indischen Bauern jedes Jahr für deren Ernte bezahlt. Laut dem WTO-Übereinkommen über die Landwirtschaft darf die Summe der Subventionen – etwa in Form garantierter Abnahmepreise – nicht über dem sogenannten de minimis Niveau von 10 Prozent des Wertes der gesamte Jahresproduktion liegen. (Das heißt, wenn die Ernte eines Jahres 100 Millionen Euro wert ist, dann dürfen nur 10 Millionen Euro an Subventionen ausgeschüttet werden.) Beim Reis hat Indien dieses Limit mit 24 Prozent längst überschritten.

Auf dem Radar hat die WTO daher weniger die National Food Security Bill sondern Indiens System der garantierten Preise. Sollte Indien gezwungen werden, die Summe der Subventionen für Reis auf 10 Prozent des Gesamtwertes der Ernte zu reduzieren und es dem Land gleichzeitig verboten würde, den garantierten Preis für Weizen anzuheben, würde die Totenglocke für die indische Landwirtschaft läuten, die bereits heute unter massiven Problem leidet. Derzeit bieten die garantierten Preise den krisengeplagten Bauern zumindest etwas Sicherheit und Schutz vor den oft extrem niedrigen Marktpreisen zur Erntezeit.

Die Vereinigten Staaten haben zwischen 1995 und 2009 eine Viertel Billion US-Dollar (rund 180 Milliarden Euro) an Agrarsubventionen ausgeschüttet, wie die amerikanische Organisation Environment Working Group errechnet hat. Im Jahr 2014 wurden diese Subventionen für die nächsten zehn Jahre noch einmal massiv erhöht – auf rund eine Billion US-Dollar (719 Milliarden Euro), einschließlich 756 Milliarden US-Dollar (543 Milliarden Euro) für staatliche Lebensmittelhilfen im Rahmen des Supplemental Nutrition Assistance Programme (SNAP). Subventionen in dieser Größenordnung haben rund um den Globus fatale Folgen, denn große Mengen landwirtschaftlicher Produkte wandern auf den Müll, die Preise für Lebensmittel werden gedrückt und Bauern ihrer Existenzgrundlage beraubt.

Auf der anderen Seite hat Indien im Jahr 2012 Subventionen in Höhe von gerade einmal 9,4 Milliarden US-Dollar (6,8 Milliarden Euro) in Form staatlich garantierter Preise an seine Weizen- und Reisbauern ausgeschüttet. Ungeachtet dieses gewaltigen Unterschieds zu den US-Subventionen haben sich 14 Lobbyverbände, die die Interessen amerikanischer Agrarexporteure vertreten, bei der US-Regierung darüber beklagt, dass die Indien gewährte "Friedensklausel" die Geschäftsmöglichkeiten der US-Landwirte unzulässig einschränke.

Krise der Landwirtschaft

Die Bemühungen der WTO, Indiens Landwirtschaftspolitik neu auszurichten, fällt in eine Zeit, in der diese in einer tiefen Krise steckt. Vor allem die ökologischen Folgen der intensiven Landwirtschaft im Zeichen der Grünen Revolution (siehe unten) sind zu einem gewaltigen Problem für die Nachhaltigkeit geworden. Mehr noch: Das landwirtschaftliche Gleichgewicht ist aus dem Lot geraten. Die Fruchtbarkeit der Böden ist zerstört, die Grundwasserspiegel fallen als Ergebnis des schonungslosen Wasserverbrauchs, hinzu kommt Umweltverschmutzung aufgrund des exzessiven Gebrauchs chemischer Pestizide.

Da Landwirtschaft immer unrentabler wird und die Einkommen stetig fallen, würde die Mehrheit der indischen Bauern den Beruf am liebsten an den Nagel hängen. Eine Studie des Delhier Zentrums für die Erforschung von Entwicklungsgesellschaften (CSDS) zeigt, dass 76 Prozent der Bauern der Landwirtschaft den Rücken kehren würden, hätten sie entsprechende berufliche Alternativen. Das monatliche Durchschnittseinkommen einer Bauernfamilie in Indien liegt nach Regierungsangaben bei mageren 2115 Rupien (25 Euro). Das heißt, die Mehrheit der Bauern überlebt irgendwie unterhalb der offiziellen Armutsgrenze, und die Bauernschaft als Berufsstand steht am unteren Ende der Einkommenspyramide.

Vor diesem Hintergrund ist es nicht verwunderlich, dass laut der Volkszählung 2011 jeden Tag rund 2300 Bauern aus dem Beruf aussteigen, um in den Städten nach Arbeit zu suchen. Ironischerweise steckt die Landwirtschaft zu einer Zeit in ihrer größten Krise, in der sich die indische Wirtschaft insgesamt im Wachstum befindet. Im vergangenen Jahrzehnt lag das Wirtschaftswachstum um Durchschnitt bei 7 Prozent. Selbst in den Jahren von 2005 bis 2009, als das Wachstum zwischen 8,3 und 9 Prozent lag, kehrten laut einer Studie der indischen Planungskommission rund 140 Millionen Menschen der Landwirtschaft den Rücken.

Normalerweise finden ehemalige Bauern Arbeit im produzierenden Gewerbe. Doch selbst in diesem Bereich gingen zuletzt 53 Millionen Stellen verloren. Eine Studie der US-Organisation CRISIL zeigt, dass seit 2007 mehr als 37 Millionen indische Bauern in Städte abgewandert sind. Zwischen 2012 und 2014 kehrten allerdings etwa 15 Millionen aufgrund der stagnierenden Wirtschaftsentwicklung und fehlender Arbeitsplätze in ihre Dörfer zurück.

Rund 54 Prozent der 1,2 Milliarden Inder leben direkt oder indirekt von der Landwirtschaft. Trotzdem beträgt der Anteil des Sektors am Bruttosozialprodukt gerade einmal 14 Prozent. Das etwas nicht stimmt, zeigt auch die anhaltend hohe Zahl an Bauernselbstmorden. laut offizieller Kriminalstatistik haben sich in den letzten 17 Jahren rund 300.000 indische Bauern das Leben genommen. Selbst in der Kornkammer des Landes, im Bundesstaat Punjab, wählen jeden Tag ein bis zwei Bauern den Freitod. Rund 60 Prozent aller Bauern ist hochverschuldet. Noch schockierender allerdings ist, dass diejenigen, die die Lebensmittel für das Land produzieren, selbst immer öfter hungrig zu Bett gehen müssen.

Grüne Revolution

Als im Jahr 1966 die Grüne Revolution startete, fristete Indien noch eine Ship-to-Mouth-Existenz. Das heißt, es war auf internationale Lebensmittelhilfen angewiesen, die fast im Wortsinn direkt vom Schiff (Ship) in die Münder (Mouth) der Hungrigen wanderten. Durch einen Quantensprung in der landwirtschaftlichen Produktion hat Indien diesen Zustand überwunden und ist im Laufe der Jahre zu einem Agrarexporteur geworden. Aber während die Grüne Revolution dazu beigetragen hat, den Lebensmittelbedarf des Landes zu decken, lief sie an den kleinen und mittleren Bauern vorbei. Vor allem deshalb ging die massive Steigerung der Produktion mit einem Anstieg des Hungers einher.

Technik allein konnte das Blatt nicht wenden. Es war eine Zwei-Säulen-Strategie zur "Hunger-Vermeidung", die zu einem Anstieg der Produktion führte. Durch die Gründung der Kommission zur Festsetzung der Preise für landwirtschaftliche Produkte (damals Agricultural Prices Commission, heute Commission for Agricultural Costs and Prices, CACP) wurden den Bauern ein guter Abnahmepreis garantiert, der Anreiz war, mehr zu produzieren. Gleichzeitig würde die Food Corporation of India (FCI) ins Leben gerufen, die den Bauern ihre Ernteüberschüsse abkaufte. Diese Erzeugnisse wurden dann mit Hilfe eines landesweiten Netzwerks von Geschäften an Bedürftige zu stark subventionierten Preisen abgegeben.

Vor der Grünen Revolution und vor Gründung der Agricultural Prices Commission verkauften die Bauern ihre Ernte an denjenigen, der eine guten Preis dafür bot. Allerdings war das ein ausbeuterisches System, denn zur Erntezeit drückten die Händler die Preise. Erst mit Einführung der garantierten Abnahmepreise durch die Regierung bekamen die Bauern einen fairen Lohn für ihre Arbeit.

Die Erfolge der Grünen Revolution sind vor allem auf die garantierten Abnahmepreise zurückzuführen. Doch das System wird inzwischen heftig kritisiert. Neoliberale Ökonomen bezeichnen es als "veraltete Maßnahme einer sozialistischen Epoche". Ihr Ziel ist die Abschaffung des staatlichen Vermarktungssystems (Agricultural Produce Marketing Committee Act, APMC), das es Bauern ermöglicht, ihre Erzeugnisse auf speziellen Märkten anzubieten. Dort können sie zunächst Geschäfte mit privaten Händlern machen. Wenn es keine kommerziellen Interessenten mehr gibt, schalten sich staatliche Agenturen wie die FCI ein, um die übriggebliebenen Produkte zu einen garantierten Mindestpreis aufzukaufen.

Vor diesem Hintergrund verlangt die WTO von Indien, die Subventionen in Form der garantierten Abnahmepreise auf das de minimis Niveau zu beschränken. Inzwischen fordert selbst die Preiskommission CACP, ein Ende des über Jahrzehnte aufgebauten Systems. Als Begründung wird genannt, dass Bauern im freien Wettbewerb bessere Preise erzielen könnten. Angesichts der Tatsache, dass ohnehin nur 30 Prozent der 600 Millionen Bauern Zugang zu staatlich garantierten Abnahmepreisen haben, hätten die übrigen 70 Prozent eigentlich satte Gewinne machen müssen. Aber das ist nicht passiert. Fakt ist vielmehr, dass die Krise der Landwirtschaft dort am schlimmsten ist, wo der freie Markt regiert.

Ein Beispiel dafür ist die Reis-Produktion im östlichen Bundesstaat Bihar, wo das APMC-System bereits 2006 außer Kraft gesetzt wurde. Im Vergleich zum staatlich garantierten Preis von 1310 Rupien (15,3 Euro) für 100 Kilogramm Reis, den Bauern 2014 in Punjab erhalten, müssen die Bauern in Bihar 100 Kilogramm Reis für rund 800 bis 900 Rupien (9,4 to 10,5 Euro) verkaufen. Das ist ein klassisches Beispiel für die rücksichtslose Ausbeutung durch den Privatsektor. Und sollten auch in Punjab das staatliche Vermarktungssystem abgeschafft werden, droht den dortige Bauern dasselbe Schicksal wie ihren Kollegen in Bihar.

Landflucht

Derzeit forciert Indiens Regierung eine zweite "Grünen Revolution", deren Ziel es zu sein scheint, die Landwirtschaft immer stärker dem Einfluss von Konzernen auszuliefern. Dafür werden unter anderem Gesetze zum Erwerb von Grund und Boden, zur Nutzung von Wasser, zu Saatgut, Düngemitteln, Pestiziden und zur Lebensmittelverarbeitung an die Bedürfnisse der Industrie angepasst. Im Schnellverfahren sollen Contract Farming (sinngemäß: Vertragslandwirtschaft) und neue Handelsformen eingeführt werden.

Grundlage dieser Politik sind Gutachten von Weltbank, Internationalem Währungsfonds und anderen globalen Finanzinstituten. Die Weltbank hatte 1996 prognostiziert, dass bis 2015 rund 400 Millionen Inder vom Land in die Städte abwandern werden. In nachfolgenden Weltentwicklungsberichten der Bank, vor allem 2008, wurden sogar empfohlen, ein landesweites Netzwerk von Ausbildungszentren aufzubauen, in denen jungen Bauern zu Industriearbeitern umgeschult werden sollten. Die Weltbank hat Indien auch dazu gedrängt, das Pachten im ländlichen Raum zu erleichtern, damit Unternehmen ohne Probleme an landwirtschaftliche Nutzflächen kommen.

Seit einigen Jahren gibt es in den ländlichen Regionen jedoch immer stärkeren Widerstand gegen den Erwerb riesiger Ackerflächen durch die Industrie. Trotzdem wird der Bau von Industrieparks, Immobilienprojekten und Autobahnen aggressiv vorangetrieben, ohne vorher zu ermitteln, wie viel Ackerland auch in Zukunft landwirtschaftlich genutzt werden muss, um die Ernährungssicherheit der Bevölkerung gewährleisten zu können.

Es gibt also eine doppelte Krise. Zum einen wandern die Menschen aus den ländlichen Regionen ab, wodurch ein Kollaps der Infrastruktur in den Metropolen droht. Nach Schätzungen werden im Jahr 2035 rund 50 Prozent aller Inder in Städten leben. Zum anderen hat die Abwanderung vom Land die Stilllegung landwirtschaftlicher Nutzflächen zur Folge. Das Ergebnis davon könnten Nahrungsmittelknappheit und eine Gefährdung der Ernährungssicherheit der indischen Bevölkerung sein. Die Politik scheint sich dafür jedoch nicht zu interessieren, denn im Wahlkampf 2014 hat sich keine Partei zu den Konsequenzen eines Wachstumsmodels geäußert, das eine nachhaltige und wirtschaftlich tragfähige Landwirtschaft ignoriert. Es besteht daher die Gefahr, dass Indien unter diesen Bedingungen früher oder später zurückkehren wird zur überwunden geglaubten Ship-to-Mouth-Existenz.

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ist Journalist, Autor und angesehener Experte für Ernährungssicherheit, Hunger und internationalen Handel. Er gilt als eine der führenden Stimmen auf diesem Gebiet aus den Entwicklungs- und Schwellenländern.