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"Ethnisch gemischte Teams funktionieren besser" Integration, Inklusion, Flüchtlingsmigration und der Fußball in Deutschland

Diethelm Blecking

/ 19 Minuten zu lesen

Der erste türkische Vertragsspieler in Deutschland war Coşkun Taş. Er spielte 1960 erfolgreich in allen Endrunden für den 1. FC Köln. Im Finale um die deutsche Meisterschaft durfte er nicht auflaufen. Welchen Beitrag leistet die Bundesliga heute für Integration und interkulturelle Verständigung?

Deutsche Fußball-Nationalmannschaft 2012: Jerome Boateng, Sami Khedira und Mesut Özil (© imago/MIS)

Die derzeit gültige Satzung des Deutschen Fußball-Bundes e. V. (DFB) erwähnt unter den Werten ausdrücklich die "Förderung von Integration und Vielfalt". Im Vorwort zu einem eigens im Jahre 2010 für die Realisierung dieser Ziele edierten Readers mit dem Titel "Integration A-Z" betonte der damalige DFB-Präsident Theo Zwanziger ausdrücklich diese gesellschaftspolitische Positionierung: "Das Fußballspiel verfügt über soziale und integrative Potenziale, die wir verantwortungsbewusst, im Sinne des organisierten Fußballs und zum Wohl unserer Gesellschaft weiterentwickeln und nutzen wollen".

Die Bundesliga-Stiftung, eine Initiative des Ligaverbands und der Deutschen Fußball Liga (DFL) als Zusammenschluss der Profivereine, wirbt mit dem Marketingversprechen Externer Link: Integration gelingt spielend für dieselbe Perspektive und betont als eine der Säulen ihrer Arbeit die Externer Link: Integration von Migrantinnen und Migranten. Integration ist eine Marke des organisierten Fußballs in Deutschland. Sie drückt den Kontext einer Einwanderungsgesellschaft aus: "Integration ist zu einem zentralen Begriff der gesellschaftspolitischen Debatten in Deutschland geworden", heißt es in dem genannten Integrationsreader des DFB.

Der Fußball, schon in quantitativer Hinsicht das wirkungsmächtigste Spiel der populären Kultur, sieht seine Rolle vor dem skizzierten Hintergrund in der Förderung der Teilhabe an diesem Angebot der Gesellschaft für alle. Fast 60.000 Mannschaften in über 25.000 Vereinen und 80.000 Spiele, die an jedem Wochenende der Saison stattfinden, wirken in dieser Perspektive als sozial konkurrenzlose Kontaktfläche zwischen den gesellschaftlichen Gruppen und zwischen Einzelnen.

Der Integrationsbegriff und die integrative Funktion des Fußballs

Über die Ambivalenz der Rolle eines kampfbetonten Wettkampfspiels bei der Organisierung von sozialintegrativen Interaktionsprozessen entwickeln Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler indessen durchaus differenziertere, ambivalente Vorstellungen:

Der Integrationsbegriff wird im Übrigen inzwischen in der sozialwissenschaftlichen Literatur kritisch betrachtet, weil im Alltagsverständnis leicht die Vorstellung entwickelt werden kann, "Integration" beträfe bestimmte gesellschaftliche Standards, "an die sich die anderen anzupassen haben". Diese Form der Integration als Angleichung wird inzwischen durch die Forderung der Inszenierung von Vielheit abgelöst.

Die dabei entwickelte These, "dass im Fußball eine Reihe von Dingen besser gelaufen ist als in anderen Bereichen der Gesellschaft", wird im Folgenden einer Prüfung zu unterziehen sein, ebenso wie die Werteimperative, die der DFB zu seinen eigenen gemacht hat. Dabei soll die Entwicklung des organisierten Fußballs in Deutschland als längerer sozioökonomischer Prozess im Kontext interkultureller Begegnung entfaltet werden.

Die Geschichte des deutschen Fußballs als Migrantensport

Der Fußball sowie die Ausbreitung des Rasensports in Europa und in der Welt können nämlich als klassisches Beispiel für Kulturtransfer gelten. Die interkulturelle Begegnung war dem wichtigsten Spiel der europäischen Moderne und seiner rasanten Karriere a priori eingeschrieben. Seit den 1880er-Jahren wurde, angestoßen durch junge Engländer, in Deutschland Fußball gespielt.

Die Gründung des DFB im Epochenjahr 1900 unter Beteiligung kosmopolitischer deutscher Juden fällt dabei sozialgeschichtlich mit der einschneidenden Veränderung des deutschen Wanderungssaldos zusammen: Seit der Wende zum 20. Jahrhundert wird Deutschland von einem Auswanderungsland zu einem Einwanderungsland. Die Zusammensetzung der deutschen Nationalmannschaft reflektiert diesen Zusammenhang und gibt einen ersten Hinweis auf eine gelungene Integration zumindest in den repräsentativsten Bereichen des Elitefußballs. Die Liste von Spielern mit Namen, die auf eine Migrationsbiografie deuten, ist über 100 Positionen lang: Von Abramczyk und Aogo über Szymaniak, Tilkowski, Ugo und Willimowski bis zu Zwolanowski.

QuellentextWalther Bensemann, Fußballpionier

Der Sport ist eine Religion, ist vielleicht das einzige wahre Verbindungsmittel der Völker und Klassen.

Quelle: Bernd M. Beyer 2003, S. 87

Fußball war in Deutschland von vornherein auch ein Spiel von Migranten und diente der Vergesellschaftung von Randgruppen, die wie die neue Schicht der Angestellten aus den überkommenen gesellschaftlichen Hierarchien ausgeschlossen waren. Dies erklärt auch den großen Einfluss deutscher Juden, die im importierten englischen Spiel hofften, den Teil der Moderne zu gewinnen, der ihnen das Ende der Diskriminierung und der Ausgrenzung versprach.

Einer der wichtigsten Pioniere des Fußballs in Deutschland: Walther Bensemann (© Picture-Alliance/ASA )

Der wichtigste Vertreter dieser Gruppe war der weltläufige deutsche Jude Walther Bensemann (1873 bis 1934), Gründer zahlreicher Fußballvereine im Südwesten des Deutschen Reiches schon vor dem Ersten Weltkrieg, Gründungsmitglied des DFB und später wirkungsmächtiger Gründer des "Kicker".
Sein idealistisches Credo "Der Sport ist eine Religion, ist vielleicht das einzige wahre Verbindungsmittel der Völker und Klassen." kann als Programm gelesen werden.

Auf der anderen Seite aber operierten Akteure, die bereits 1905 die Anbindung des DFB an den paramilitärischen Jungdeutschlandbund durchgesetzt hatten, den gemeinschaftsbildenden Charakter des universalen Spiels instrumentalisierten und den Fußball paradoxerweise politisch tief im deutsch-nationalen Lager verankerten.

Im Ersten Weltkrieg wurden die einfachen Soldaten massenhaft mit dem neuen Spiel vertraut, und deshalb entwickelte sich, sozialhistorisch betrachtet, in der Weimarer Zeit der Fußball von einem Sport der Angestellten zu einem Sport, an dem jetzt auch massenhaft Industriearbeiter interessiert waren und aktiv teilnahmen. Im Ruhrgebiet begannen jetzt bekannte Klubs wie Rot-Weiß Essen und der FC Schalke 04 ihren Aufstieg, indem sie ihre Spieler aus dem Milieu der Hüttenarbeiter und Bergleute rekrutierten, die seit Jahrzehnten zu einem großen Teil aus polnischsprachigen Migranten beziehungsweise Masuren bestanden. Schalke erlebte seinen rasanten Aufstieg deshalb nicht von ungefähr unter dem Rubrum des "Polacken- und Proletenklubs", obwohl die polnisch klingenden Namen der Spieler eher masurische Herkunft repräsentierten.

Die Zuwanderer begannen sich unter anderem über den Fußball in die deutsche Gesellschaft zu integrieren. So traten beispielsweise Rot-Weiß Essen seit 1919 viele Mitglieder mit polnischen Namen bei und stellten dort bis 1939 zehn Prozent der Mitglieder. Der Platzwart des Vereins, Hermann Greszick, änderte seinen Namen 1932 in Kress, und bei Schalke wurde aus Zurawski Zurner, Regelski wurde zu Reckmann, Czerwinski zu Rothardt und Zembrzyki zu Zeidler, Signale für beginnende Assimilation.

Fußball als deutsch-nationaler Sport

Szene aus einem Fußballspiel (möglicherweise Länderspiel Deutschland gegen England) in den zwanziger Jahren (© picture-alliance, Ullstein Bild)

Eröffneten sich so dem deutschen Fußball neue Betätigungsfelder unter den Migranten, so schloss sich der DFB mit seinem Kampf gegen den Professionalismus, der bis 1930 zu einem Boykott des Spielverkehrs mit den Profimannschaften in Österreich, Ungarn und der Tschechoslowakei geführt hatte, vom Kulturaustausch ab. Die Idee einer sich binnenintegrierenden Volksgemeinschaft hatte schon vor dem Machtantritt der Nationalsozialisten über die kosmopolitischen Intentionen gesiegt. Fußball wurde nicht interkulturell, sondern deutsch-national interpretiert. Die nationale und völkische Verengung des deutschen Sports hatte im Übrigen zur Folge, dass weltanschauliche Organisationen wie die katholische Deutsche Jugendkraft (DJK), die deutsche Arbeitersportbewegung und ethnisch-national aufgestellte Klubs und Verbände wie der jüdische Makkabi-Verband und die polnische Sportbewegung Fußballsport in eigener Regie betrieben.

Der Zivilisationsbruch durch den Nationalsozialismus zerstörte dann seit 1933 in verschiedenen Etappen diese bunte Welt. Die beiden jüdischen Nationalspieler Gottfried Fuchs und Julius Hirsch wurden im Dritten Reich verfolgt. Fuchs gelang die Emigration, Julius Hirsch wurde in Auschwitz ermordet. Der Bruch mit der ersten deutschen Demokratie wirkte über die Jahre nach 1945 wie eine Wasserscheide im kollektiven Gedächtnis des organisierten Fußballs. Das im Mai 1949 vom Deutschen Fußball-Ausschuss (DFA) verabschiedete Vertragsspielerstatut verpflichtete sich nicht der Vielfalt, sondern einmal mehr der Binnenintegration durch den populären Sport. Eine zwölfmonatige Sperre bei Vereinswechsel und die Verpflichtung zur Ausübung eines bürgerlichen Berufs für die Vertragsspieler orientierte auf eine Richtung, die praktisch keine Anreize für ausländische Spieler oder für Vereinswechsel bot.

Der erste türkische Vertragsspieler in Deutschland war Coşkun Taş

1. FC Köln - FK Pirmasens (21.05.1960): Torschützer Coşkun Taş (© picture-alliance)

Biografien wie die des "Weltmeisters" von Bern 1954, Josef "Jupp" Posipal, der als Sohn einer Ungarin und eines Rumäniendeutschen als Rüstungsarbeiter im Kriege nach Deutschland gekommen war, bildeten die Ausnahme. Der erste türkische Vertragsspieler in Deutschland Coşkun Taş, kam Ende der 1950er-Jahre auf eigene Initiative nach Köln. Er spielte 1960 in allen Endrundenspielen für den 1. FC Köln. Im Finale um die deutsche Meisterschaft durfte er nicht auflaufen, weil "in einem deutschen Endspiel nur Deutsche stehen sollten". Das Urteil des Spielers, der inzwischen die deutsche Staatsbürgerschaft angenommen hat und immer noch in Köln lebt, über diese "Integrationserfahrung" ist verständlich: />

QuellentextCoşkun Taş, erster türkischer Vertragsspieler

Für mich hatte sich der Fußball zumindest hier in Deutschland erledigt.

Quelle: Dembowski, Gerd (2010): Ballarbeit. Szenen aus Fußball und Migration im Profifußball.

Veränderungen durch die Einführung des Profifußballs

"Radi" Radenkovic war der erste Auslandsstar der Bundesliga und einer der drei Nicht-Deutschen Spieler im Jahr 1963. Bild: Pokal Finale TSV 1860 Muenchen - Eintracht Frankfurt, 1964. (© picture-alliance, Sven Simon)

Erst die verspätete Einführung des Professionalismus in Deutschland im Jahre 1963 veränderte dann die Situation mit einer Öffnung zur Welt rasch und unwiderruflich. Sie gestattete Menschen aus vielen Ländern und sozialen Gruppen die Entfaltung einer Karriere, die ihr Leben prägte und veränderte. Der Soziologe Detlev Claussen hat die Bedeutung der Professionalisierung für das Spiel im Weltmaßstab emphatisch beschrieben.

ZitatFußball verspricht ein anderes Leben

Die Professionalisierung des Spiels hat es ermöglicht, dass immer mehr mitspielen können, die am Anfang nicht dazu gehörten – Arbeiter, Juden, Immigranten, Abkömmlinge von Sklaven. Für sie ist der Fußball mehr als die wichtigste Nebensache der Welt, er verspricht ein anderes Leben.

Quelle: Detlev Claussen in: Béla Guttmann. Weltgeschichte des Fußballs in einer Person, 2006

Die Einführung der Profiliga ging dabei zeitlich einher mit der Politik der Anwerbeverträge von 1955 (mit Italien) bis 1968 (mit Jugoslawien), durch die die Bundesrepublik versuchte, den Mangel an Arbeitskräften für die prosperierende Wirtschaft auszugleichen. Im Jahre 1963 schloss die Bundesrepublik einen Vertrag mit der Türkei ab. Aus den türkischen Zuwanderern entwickelte sich die bis heute größte migrantische Community in Deutschland.

Für den organisierten Fußball stellte sich in der neuen Situation eine Integrationsaufgabe in dreifacher Hinsicht. Zuerst ging es dabei um die ausländischen Profis, die jetzt von den deutschen Profivereinen verstärkt engagiert wurden. Während in der ersten Saison 1963/64 fünf Ausländer aus vier Nationen in der Eliteliga des deutschen Fußballs kickten, waren 30 Jahre nach Gründung der Liga bereits über 100 nicht deutsche Fußballer unter den 420 Profis der ersten Bundesliga aktiv, in der Saison 2008/09 wurden dann zum ersten Mal über 50 Prozent der Profis zu Ausländern gezählt.

Entwicklung des Anteils ausländischer Spieler in der Fußball Bundesliga 1963-2024. Bitte klicken Sie auf das Bild, um zur interaktiven Grafik zu kommen. (© bpb)

Im April 2001 lief die Mannschaft von Energie Cottbus ohne einen einzigen deutschen Spieler zu ihrem Pflichtspiel auf. Dies führte zu einer Debatte um die Identität der Klubs und zu Sorgen um das künftige Niveau einer deutschen Nationalmannschaft. Verschieden gestaffelte Ausländerbeschränkungen sollten diesem Problem abhelfen, aber mit dem sogenannten "Bosman-Urteil" aus dem Jahre 1995, das die freie Berufsausübung von EU-Bürgerinnen und EU-Bürgern auch für Fußballprofis garantierte, wurden alle Beschränkungen hinfällig – bis auf die "Local-Player-Regelung", die acht bei einem deutschen Klub ausgebildete Spieler im Lizenzspieler-Kader verlangt - vier vereinsintern ausgebildete und vier verbandsintern geschulte.

Die Entwicklung der Migrantenvereine in Deutschland

Überrascht wurde der organisierte deutsche Fußball durch eine andere Entwicklung, die niemand vorausgesehen hatte: die Entstehung eigenethnischer Migrantenvereine. Die Selbstorganisation von Migranten in Fußballvereinen umfasst heute mehrere Hundert Vereine in Deutschland. Besonders in den türkischen Communitys entstand ein ethnisches Vereinswesen, das durch Fußballvereine als strukturierendes Element der männlichen türkischen Migranten komplettiert wurde.

Türkiyemspor Berlin: Der Club gehört zu den bekanntesten Migrantenvereinen in Deutschland. Der Verein stand als erster migrantischer Fußballverein zwei Mal in der Hauptrunde des DFB-Pokals. (© picture-alliance)

Dieser Prozess lief diametral den Interessen des organisierten deutschen Sports entgegen, der auf Einzelmitgliedschaft der Zuwanderer in den Vereinen setzte. Erst in einem längeren konfliktreichen Diskussionsverfahren machten der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) und der DFB ihren Frieden mit dieser inzwischen stagnierenden Entwicklung. In der derzeit gültigen Programmkonzeption des DOSB "stellen (Migrantenvereine, D. B.) eine sportkulturelle Bereicherung dar". Die Konfliktdisposition durch ethnisch-national-religiös aufgeladene Begegnungen, die in den 1990er-Jahren häufig zu Spielabbrüchen führte, bleibt bei spezifischen Konstellationen erhalten.

Neue Wege in der Integration

Der erste deutsche Nationalspieler mit türkischen Wurzeln: Mustafa Dogan von Fehnerbace Istanbul, hier bei einem U21 Länderspiel. (© picture-alliance, Sven Simon)

Die dritte Ebene der Entfaltung von Vielfalt betraf die Rolle der Elitespieler aus der türkischen Minderheit. Erst fast 40 Jahre nach dem Anwerbevertrag mit der Türkei (1961) lief mit Mustafa Doğan der erste Spieler mit türkischer Migrationsbiografie für die deutsche Nationalmannschaft auf, kurz darauf folgte Malik Fathi. Gründe für diese Verspätung sind in der mangelnden Akzeptanz gegenüber den türkischen Migranten zu suchen. Dies änderte sich seit der Jahrtausendwende. Eine wichtige Rolle spielte dabei sicherlich das schlechte Abschneiden der Nationalmannschaft schon bei der WM 1998 in Frankreich und bei der EM zwei Jahre später in Belgien und Holland. Der prominente Trainer Ottmar Hitzfeld war in der Zeit nach 1998 der erste Fachmann gewesen, der mit Blick auf das Potenzial der fußballbegeisterten Jugendlichen in den türkischen Communitys erklärte: "Wir verzichten auf 50 Prozent unseres Nachwuchspotentials!"

Bei der WM 2002 wurde die nicht zu den Fußball-Großmächten zählende Türkei WM-Dritter unter anderem mit Kickern, die wie Baştürk, Davala, Karhan und Mansiz aus der türkischen Community in Deutschland stammten und die potenziell auch für die deutsche Elf hätten antreten können. Diese Botschaften wurden erhört und mit einer beispiellosen, vorbildhaften Konzeption für die Jugendarbeit und in flächendeckenden Schul-, Breitensport- und Talentsichtungsprogrammen umgesetzt. Gefördert wurde ein Inklusionsdiskurs, der wie oben beschrieben in ein Integrationskonzept mündete, das auf der Basis kultureller Vielfalt aufbaut, sich gegen Assimilation positioniert und damit die moderne internationale Diskussion aufnimmt.

Der zurzeit für den FC Arsenal spielende wichtige Leistungsträger der deutschen Nationalmannschaft Mesut Özil gilt als Musterathlet im Rahmen dieser Konzeption und als Aushängeschild für die gelungene Integrationspolitik. Die ethno-heterogene Vielfalt im deutschen Fußball ist damit offenbar akzeptiert und erwünscht. Es sieht damit so aus, als ob der Deutsche Fußball-Bund im 21. Jahrhundert zu seinen Wurzeln zurückgekehrt ist, nämlich zu den kosmopolitischen, migrantischen und internationalen Grundlagen des Spiels, in dem ein konkreter Kosmopolitismus von der Basis her wächst. "Bosnier, Türken, Libanesen, auch Deutsche" fallen Mesut Özil zu den Nationalitäten unter den Mitspielern seiner Straßenfußballer-Sozialisation in Gelsenkirchen ein. Ethnische Heterogenität wird inzwischen auch unter den Bundesligatrainern als Ausweis fußballerischer Exzellenz der Teams definiert, wie es der erfolgreiche Trainer Mirko Slomka ausdrückte: "Ethnisch gemischte Teams funktionieren besser."

Staatsbürgerschaften der Bundesligaspieler in der Saison 2015/2016. Bitte klicken Sie auf das Bild, um zur interaktiven Grafik zu kommen. (bpb) Lizenz: cc by-nc-nd/3.0/de/

Während der Weltmeisterschaft in Südafrika 2010, zu der das deutsche Team mit einem Kader antrat, der tatsächlich zu fast 50 Prozent aus Spielern mit Migrationsbiografien bestand, hatte es den Anschein, dass der Fußball in einer Art Vorreiterrolle, als "gesellschaftliches Spektakel, das der Gesellschaft eine gewissermaßen perfekte Version von sich selbst zeigt", weiter vorangekommen war als eben diese Gesellschaft. Der oben entfaltete soziohistorische Referenzrahmen bei der Beurteilung der Chancen von Integration durch oder im Fußball verweist allerdings darauf, dass eher der Sport von gesellschaftlichen Entwicklungen und politisch-gesellschaftlichen Zäsuren abhängig ist.

Wenige Wochen nach dem Ende des WM-Turniers rückten die informellen sozialen Bewegungen in der Folge von Thilo Sarrazins negativen Thesen zur Migration die Verhältnisse wieder gerade und wiesen auf die geringe gesellschaftliche Reichweite der erfolgreichen Integration im Fußball. Prominente Migrationsforscher erkannten fatale Folgen der genannten Thesen für die Integration von Migrantinnen und Migranten und der im Herbst 2010 für Dortmund spielende Fußballer mit türkischer Migrationsgeschichte Nuri Şahin widersprach Sarrazin vehement.

ZitatNuri Sahin, Fußballspieler

Ich finde das nicht in Ordnung. Wir Muslime passen uns an. Die dritte Generation ist sehr gut in Deutschland integriert, viel besser als die früheren Generationen. In unserer Generation wird es keine Probleme mehr geben.

Zitiert nach Horeni 2010

Ob der organisierte Fußball eine gesellschaftlich ausgleichende Rolle in der offensichtlich auf lange Dauer gestellten Kontroverse um Integration spielen kann, bleibt damit ein offener, von vielen Variablen abhängiger, nicht abschließend zu beurteilender Prozess. Gesellschaftliche Friktionen sind jederzeit in der Lage, das "bindende Kapital" (bonding capital) des Fußballs stärker zu aktivieren und das "brückenbildende" (bridging capital) zurückzufahren. Dann wäre mit einem "roll back" gegenüber den skizzierten kosmopolitischen und integrativen Möglichkeiten zu rechnen.

"Integration durch Sport - ein besseres Mittel gibt es nicht"

St Pauli Fans mit einem Banner für Flüchtlinge aus Lampedusa. (© picture-alliance, Eibner-Pressefoto)

Im Jahre 2015 sind - hauptsächlich im Kontext des internationalisierten syrischen Bürgerkriegs - aber auch im Rahmen der älteren Konflikte im Irak und in Afghanistan sowie in der Folge schwerer, wirtschaftlicher und politischer Krisen auf dem afrikanischen Kontinent 890.000 Zuwanderer nach Deutschland gekommen. Der Leiter des Bundesamtes für Migration und Flüchlinge(BaMF), Frank-Jürgen Weise, rechnet im November 2016 für das laufende Jahr mit unter 300.000 Flüchtlingen, solange der Flüchtlingspakt mit der Türkei eingehalten werde und Absprachen mit Griechenland und Italien weiter Gültigkeit hätten. Die genauen Zahlen für das Jahr 2016 publiziert das BaMF erst im Jahr 2017.

Die teilweise unkontrolliert erscheinende Zuwanderung führte innenpolitisch, aber auch im Rahmen der Europäischen Union zu kontroversen Beurteilungen. Soziologen konstatieren für die Lage im Jahr 2016 eine Art „unheilbare Ambivalenz“ (Zygmunt Bauman), eine widersprüchliche Mehrdeutigkeit in den theoretischen und politischen Analysen, die praktische Konzeptionen erschwert und generelle Beurteilungen der politischen und sozialen Krise fragwürdig macht.

Einigkeit besteht jedoch darüber, dass die im Lande angekommenen und auf Dauer lebenden Menschen, deren Zahl wegen der vielen unbearbeiteten Asylanträge allenfalls geschätzt werden kann, integriert werden müssen. Die „Pascalsche Wette“, die es vernünftig erscheinen lässt, auf den Erfolg dieser Bemühungen zu setzen, hat lebenspraktisch den Sport auf ihrer Rechnung. Ein beeindruckendes biographisches, lebenspraktisches Beispiel für die Rolle des Sports und des Fußballs bei der Eingliederung von Langzeitarbeitslosen, Migranten und Flüchtlingen bietet die Geschichte über den Fußballtrainer Andreas Steinhoff in Parchim (Mecklenburg), die zu dem Schluss kommt: „Integration durch Sport, ein besseres Mittel gibt es nicht“. Der arbeitslose Parchimer trainierte als ehrenamtlicher Fußballtrainer junge Flüchtlinge und Schulverweigerer und fand schließlich einen bezahlten Job.

In der Diskussion über die großen Anstrengungen, die der organisierte deutsche Fußball, spätestens seit der Jahrtausendwende, zur kulturell sensiblen Eingliederung von Migranten unternommen hat, wurde bereits festgehalten, dass der Fußball eine Art Vorreiterrolle bei der gesellschaftlichen Integration von Migranten eingenommen hat. In diesem Beitrag wird deshalb versucht, auf dem Hintergrund dieser Erfahrungen mit der älteren Migration, eine vorläufige Bilanz der Bemühungen zur Eingliederung der neuen Zuwanderer durch den organisierten und informellen Fußball in Deutschland seit 2015 zu ziehen.

Professioneller Fußball

Am 13. Juni 2016

Bakery Jatta (© picture-alliance/AP)

unterzeichnete der 18-jährige Flüchtling Bakery Jatta aus Gambia, kurz vor dem Auslaufen seiner Duldung, einen Dreijahresvertrag beim Bundesligisten Hamburger HSV. Jatta war über die Sahara, das Mittelmeer und Italien als unbegleiteter Minderjähriger nach Deutschland gekommen und hatte zuerst in der Nähe von Bremen in einer Jugendhilfe-Einrichtung, die sich sozialpädagogisch der Möglichkeiten des Sports bedient, Fußball gespielt. Dann war er über den SV Werder Bremen nach Hamburg vermittelt worden. Die Verpflichtung des afrikanischen Flüchtlings wurde in der Weltpresse von der Washington Times über die Gazetta dello Sport bis zu l’Équipe ausführlich gemeldet und diskutiert.

Dennoch zeigte sein Fall deutlich, mit welchen bürokratischen Hürden die Arbeitsaufnahme für Flüchtlinge eben auch im Elitefußball umstellt ist. Die fehlende Verlängerung seiner Aufenthaltserlaubnis, auch nach der Vertragsunterzeichnung, hinderte den Klub lange daran, den Spieler einzusetzen. Der öffentliche Druck führte dann doch zu einem Eilverfahren, in dem die Hamburger Ausländerbehörde kurz vor Beginn der Bundesligasaison 2016/17 eine Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis auf weitere drei Jahre aussprach.

Der Bundesligist Werder Bremen verpflichtete schon im März 2016, nachdem dieser volljährig geworden war, den ebenfalls aus Gambia geflohenen Stürmer Ousman Manneh. Damit wird deutlich, dass das globalisierte System des Elitefußballs recht schnell, bedingt durch sportlich-kompetitives Eigeninteresse und sicherlich auch betriebswirtschaftliche Überlegungen, die Arbeitsaufnahme für sportlich hochtalentierte Flüchtlinge organisieren und dabei sogar die sonst schwer zu verändernden, staatlich implementierten Regeln der Ausländerbehörde beeinflussen kann.

Das Engagement des Deutschen Fußball-Bundes

Collin Quaner (l) von Berlin und Marc-Oliver Kempf (r) von Freiburg kämpfen um den Ball. Der Freiburger Kempf trägt ein Sondertrikot mit der Aufschrift «Freunde statt fremde» (© picture-alliance/dpa)

Bereits im Frühjahr 2015 hatte der Deutsche Fußball-Bund (DFB) zusammen mit der Beauftragten der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration eine Broschüre herausgegeben, die die brückenbildende Funktion des Fußballs betont und seine Möglichkeiten herausstellt, interkulturelle Verständigung zu organisieren. Zentrale Begriffe und Probleme sowie rechtliche und pragmatische Rahmenbedingungen für die Partizipation der im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention (1951) in Deutschland Schutz suchenden Zuwanderer wurden in dieser kleinen Schrift erklärt. Diese nahm das „refugees welcome“ der späteren Entwicklung bereits vorweg.

Mit dem Leipziger Verein SV Lindenau 1848 e.V., der BSG Chemie Leipzig und „Welcome United“, dem Flüchtlingsteam des SV Babelsberg 03 wurden in dieser Handreichung Vereine vorgestellt, die modellhaft in der Integration engagiert sind und über den Fußball hinaus Hilfen bei Behördengängen, Sprachenerwerb und anderen wichtigen Etappen der Bewältigung des Alltags leisten. Das SPIELRAUM-Projekt in Bremen versucht ungenutzte Räume innerhalb der Stadt als Möglichkeiten für Bolzplätze zu erobern und engagiert Trainer mit eigener Flüchtlingsgeschichte, um den ersten Kontakt für geflüchtete Kinder und Jugendliche zu erleichtern. Die „Champions ohne Grenzen“ organisieren in Berlin und Brandenburg Turniere für Flüchtlinge, die hier ohne rechtliche Hürden die erste Begegnung mit dem Fußball in Deutschland erleben und Kontakt zu Vereinen knüpfen können.

Last but not least unterstützte die Egidius-Braun-Stiftung des DFB dieses erste Paket mit einmaligen Zuwendungen von 500 Euro für 600 Vereine, die sich der Flüchtlingsintegration widmeten. Inzwischen wurde die Zusammenarbeit zwischen dem DFB und dem Staatsministerium fortgesetzt und in der Initiative „1:0 für ein Willkommen“ etabliert. Die Ergebnisse dieser Bemühungen wurden im Oktober 1916 mit eindrucksvollen Zahlen bilanziert:

Quellentext1:0 für ein Willkommen!

Fußballvereine engagieren sich auf vielfältige Weise, damit Flüchtlinge mitspielen können. So haben von März 2015 bis Oktober 2016 mehr als 2.750 Vereine im Rahmen der Initiative ‚1:0 für ein Willkommen!‘ geflüchtete Menschen zum Fußballspielen eingeladen. Viele von ihnen spielen heute von der Kreisklasse bis zur Bundesliga mit. Allein im Jahr 2015 wurden 42.000 Spielberechtigungen für Ausländerinnen und Ausländer ausgestellt, drei Mal mehr als noch 2012.

Quelle: Deutscher Fußball-Bund/Die Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration 2016, S. 5

Der DFB schreibt damit offensichtlich seine konstruktive Rolle in der Organisation von Vielfalt und im Engagement für soziale Initiativen auch unter der neuen Führung fort. Atmosphärischen Flankenschutz leisten dabei Bundesligatrainer wie der Freiburger Christian Streich, der mit der Autorität des bekannten und geachteten Fußball-Lehrers, in einer vielbeachteten Rede während einer Pressekonferenz, schon im September 2015 die Flüchtlingsmigration in den historischen Horizont der Einwanderergesellschaft hob und für Verständnis, Engagement und Akzeptanz warb. Beim Pokalspiel gegen Union Berlin lief der SC Freiburg mit Trikots auf, die mit dem Slogan „freunde statt fremde“ bedruckt waren. Streich warb in Interviews mit pragmatischen Argumenten insbesondere für das Engagement der Amateurvereine:

QuellentextChristian Streich, Bundesligatrainer

Die Amateurvereine haben natürlich die Chance, gute Jungs zu bekommen. Außerdem erhalten die einheimischen Spieler die Möglichkeit, auch andere Kulturen kennen zu lernen.

Quelle: Zeitspiel 2016, S. 55.

Amateurfußball

Der 21-jährige Amar Omar Yado, der als Flüchtling aus dem Irak kam, beim Training des ESV Neuaubing. (© picture-alliance/dpa)

Neben den bereits genannten Mannschaften bildeten sich im Amateurfußball seit Mitte 2015 weitere Teams aus Flüchtlingen im Rahmen bestehender Vereine. So z. B. beim Münchner Stadtteilklub ESV Neuaubing. Die Wurzeln des Vereins, der 4000 Mitgliederinnen und Mitglieder zählt, reichen bis in die Arbeitersportbewegung. Vierzig Flüchtlinge traten dem Verein bei und bildeten den Grundstock für eine neue Mannschaft.

Für den Großverein mit seinen 25 Abteilungen war das Flüchtlingsteam „ein Glücksfall“, denn die Mannschaft ersetzte die Ligenelf des Vereins, die gerade auseinandergebrochen war und nimmt schon am regulären Ligenbetrieb teil.
Für die Flüchtlinge waren die Voraussetzungen ungewöhnlich gut, weil der Verein einen mit Flüchtlingsteams erfahrenen Trainer und die Infrastruktur stellt.

Auch aus anderen Flüchtlingsheimen bildeten sich im Jahr 2015 Fußballmannschaften, wie das „Team Mandela“ aus dem Flüchtlingsheim Lehrte in Niedersachsen. Initiator war der Fußballverein TUS Röddensen von 1950 e.V..
Die Inititative wird vom Landessportbund Niedersachsen finanziell unterstützt. Im Winter 2016 beteiligte sich die Bevölkerung mit einer Kleiderspende an der Ausrüstung der Spieler.

Die „Mindelkicker“ vom bayrischen TSV 1861 Mindelheim rekrutieren ihre Mannschaft aus dem örtlichen Flüchtlingsheim und verstehen sich für diese als Wegweiser in die deutsche Gesellschaft. Über den Spieler Mosa Ramadan aus Eritrea heißt es in einem Zeitungsbericht:

QuellentextMosa Ramadan, Spieler aus Eritrea

Seine gesellschaftliche Rolle war die eines Mannes ohne Eigenschaften. Nun ist er Arbeitnehmer, Freund, Kollege, Stürmer, er nimmt teil am Leben in Deutschland, Der Fußball hat ihm Türen geöffnet.

Quelle: Stark 2016, S.20.

Gefördert werden diese vielfältigen Initiativen im Amateurbereich durch die Landessportbünde, den DFB, durch das Programm „Integration durch Sport“ des Deutschen Olympischen Sportbundes, durch das Staatsministerium (Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration) und das BaMF, sowie last but not least durch private Spenden. Nicht verschwiegen werden darf bei dieser positiven Bilanz, dass neben dem „bridging-capital“, den brückenbauenden Möglichkeiten des Fußballs, welches in diesen ethnisch heterogenen Integrationsmannschaften zum Tragen kommt, auch das „bonding-capital“ des Mannschaftssports, seine segregierenden Fähigkeiten, in der bunter werdenden Vereinslandschaft eine Rolle spielen.

Türkische, arabische, russische Mannschaften und andere ethnisch homogene Mannschaften können so „ethnische Festungen“ (Hardy Grüne) bilden, die den Inklusionscharakter des Sports ins Gegenteil verkehren und in der Begegnung auf dem Spielfeld angebliche ethnische Überlegenheit ausleben wollen. In diesem Kontext haben deutsche Neonazis versucht, den Rasensport für ihre Interessen zu instrumentalisieren, wie z, B. beim FC Ostelbien Dormburg im Jerichower Land. Der gewaltbereit, rassistisch und fremdenfeindlich auftretende Klub mit Verbindungen in die Neonazi-Szene wurde Ende 2015 aus seinem Kreisverband ausgeschlossen. Juristische Interventionen gegen diesen Beschluss wurden vom zuständigen Gericht zurückgewiesen. Die Spieler konnten ohne Sperre in andere Vereine wechseln.

Die zivilisierende, kultivierende und integrierende Kraft des Fußballs ist limitiert. Am anderen Ende des derzeitigen Krisenszenarios kann er auch nicht gegen die Gefahren eines international operierenden, religiös motivierten Terrorismus und seine fragwürdige Attraktivität für desorientierte Jugendliche immunisieren. Der frühere deutsche U-17 Nationalspieler Burak Karan, der mit Sami Khedira und Kevin Prince Boateng kickte, starb Ende 2013 im Bürgerkrieg in Syrien.

Vorläufiges Resümee

Flüchtlinge aus Syrien feiern auf Einladung von Mainz 05 im Stadion vor dem Anpfiff. (© picture-alliance/dpa)

Für die erste, als Ausnahmesituation begriffene Phase der Flüchtlingsbewegung seit September 2015, kann für die Reaktionen der sportbezogenen Zivilgesellschaft festgehalten werden, dass der organisierte Fußball, aber auch informelle Fußball-Initiativen ihre erwartete und erhoffte Rolle spielen. Sie engagieren sich nämlich im Prozess der Entwicklung jener „neuen Deutschen“ (Herfried Münkler/MarinaMünkler), die im Kontext der Begegnungen sowie der Entwicklung einer jetzt neu beginnenden gemeinsamen Geschichte von „Neuankömmlingen“ und „Alteingesessenen“ zu begreifen ist.

Wobei diese Rolle z. Zt. in der Hauptsache die Ebene der „Entpassivierung“ betrifft, in jener Etappe, in der die Flüchtlinge „passiv“ auf die Anerkennung ihres Status warten. In dieser Phase reagieren nämlich staatliche Insitutionen ebenfalls passiv und es war seit dem September 2015 die Zivilgesellschaft, die durch Organisierung von Sprachkursen, handwerklichen Tätigkeiten und eben Sport diese deprimierende Wartezeit versucht hat, zumindest zeitweise zu unterbrechen und etwas sinnvoller zu strukturieren. Dass und in welcher Form diese Initiativen auf Dauer gestellt werden, darüber wird in Zukunft unter Einbindung und Inpflichtnahme der Verbände, der Zivilgesellschaft sowie staatlicher Institutionen verhandelt werden müssen.

Weitere Inhalte

Prof. Dr. Diethelm Blecking ist Professor für Sportgeschichte an der Albert-Ludwigs-Universität in Freiburg im Breisgau. Seine Arbeitsfelder in Forschung und Lehre sind u. a. Sport und Migration, die Geschichte des Arbeitersports, Sportgeschichte Osteuropas, Sport und Literatur sowie Sport im Film. Er arbeitet auch als freier Autor für den Deutschlandfunk und Printmedien (TAZ, Badische Zeitung).