Die sozialistische Regierung unter Präsident François Hollande, dessen Partei auch im Parlament die Mehrheit stellte, trat 2012 mit dem Ziel an, die Migrations- und Integrationspolitik weniger restriktiv und den Umgang mit dem Thema weniger konflikthaft gestalten zu wollen als in den Jahren zuvor. Dies ist nur zum Teil gelungen. Zum einen war die Regierung bei einigen Reformprojekten auf die Zustimmung des von den Konservativen dominierten Senats angewiesen. Zum anderen setzte eine anhaltende Wirtschaftskrise mit hoher Arbeitslosigkeit Frankreich zu, die sich erst seit Anfang 2017 etwas entspannt. Darüber hinaus kam es im Zuge der europäischen "Flüchtlingskrise" und mehrerer schwerer Terroranschläge sowie der darauffolgenden Verhängung des Ausnahmezustands zu einer Verschiebung der politischen Prioritätensetzung. Einer Umfrage von Ende 2016 zufolge führten die Attentate zwar nicht zu einer nachhaltigen Verschlechterung der Beziehungen zwischen verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen und insbesondere zu Einwanderern. Die Anschläge haben die politische Agenda dennoch stark geprägt.
So wurde etwa ein zentrales Wahlkampfversprechen der Sozialisten (schon seit der Regierung Mitterrand 1981-1995), die Einführung des
Reform des Ausländer- und Asylgesetzes
Mit dem Gesetz vom 7. März 2016 (in Kraft seit dem 1. November 2016) reformierte die sozialistische Regierung das Ausländergesetz. Das neue Gesetz zielt zum einen auf eine bessere Integration von Neuzuwanderern und eine verstärkte Fachkräftezuwanderung. Zum anderen soll effizienter gegen irreguläre Einwanderung vorgegangen werden. Mit dem Gesetz erhalten Ausländer nach einem Jahr legalen Aufenthalts nun regelmäßig einen mehrjährigen Aufenthaltstitel, der zwei bis vier Jahre gültig ist. Dadurch müssen sie nicht mehr jährlich eine Aufenthaltsverlängerung beantragen, was zum einen den administrativen Aufwand der Behörden reduziert, zum anderen den Betroffenen auch mehr Aufenthaltssicherheit verschafft. Zugleich soll die Erteilung des zehnjährigen Aufenthaltstitels (carte de resident permanent) vereinfacht werden. Zudem schafft das Gesetz mit dem "passeport talent" einen neuen einheitlichen Aufenthaltstitel für Fachkräfte, die zu einer besseren Wettbewerbsfähigkeit des Landes beitragen sollen. Dieser berechtigt sie, bis zu vier Jahre in Frankreich zu bleiben. Darüber hinaus erleichtert das Gesetz den Wechsel von einem Aufenthaltstitel zu Studienzwecken zu einem Aufenthaltsrecht zu Erwerbszwecken. Eine Reihe verwaltungstechnischer Maßnahmen soll dazu führen, dass Abschiebungen schneller erfolgen können.
Da das französische Asylsystem bereits vor der hohen Fluchtzuwanderung nach Europa
Integrationspolitik: Dauerbaustelle Vorstädte
Eine zentrale Herausforderung ist seit mehreren Jahrzehnten die Verbesserung der Lebenssituation der Bewohner der
Im Wahlkampf 2012 war François Hollande in den Vororten sehr präsent und machte zahlreiche Versprechen. Er sicherte sich damit die Stimmen vieler ihrer Bewohner. Nach dem Wahlsieg setzte die sozialistische Regierung viele Maßnahmen um. Im Bildungsbereich setzte sie u.a. die Einschulung (Vorschule) im Alter von drei Jahren durch, schuf zusätzliche Lehrerstellen und stellte weiteres Personal ein, das für Prävention und Sicherheit sorgen soll. Zudem wurden in den vergangenen Jahren rund 300.000 staatlich subventionierte Beschäftigungsverhältnisse geschaffen (emplois avenir). Diese richteten sich zunächst ausschließlich an 16- bis 25-Jährige mit geringer Qualifikation und boten ihnen auch eine Weiterbildung an. Seit 2013 wurde das Programm auf gut ausgebildete junge Erwachsende aus "sensiblen Vierteln" ausgedehnt. Aber auch diese Maßnahmen konnten die Situation in den Vorstädten nicht spürbar verbessern. Es bleiben deutliche Unterschiede, etwa in Bezug auf die Arbeitslosigkeit. Diese betrug 2014 rund 27 Prozent in den "sensiblen Vierteln" im Vergleich zu rund 10 Prozent im nationalen Durchschnitt.
Kontroverse um Ursachen und Folgen der Terroranschläge
Fast alle Attentäter der islamistisch motivierten Terroranschläge u.a. Externer Link: auf die Redaktion der Satirezeitschrift Charlie Hebdo im Januar 2015 und das Pariser Vergnügungsetablissement Bataclan im November 2015 waren Nachfahren von Einwanderern, in Frankreich geboren oder aufgewachsen und hatten die französische oder eine andere europäische Staatsangehörigkeit. Zudem sind Hunderte in Frankreich lebende Personen in den
Als Reaktion auf die Anschlagsserie vom 13. November 2015 in Paris kündigte Präsident Hollande u.a. an, den Entzug der französischen Staatsangehörigkeit für Terroristen in der Verfassung festschreiben zu wollen. Dies betreffe auch Personen, die seit ihrer Geburt die französische Staatsangehörigkeit besitzen und daneben noch über eine weitere Staatsangehörigkeit verfügen. Bislang konnte nur Eingebürgerten die französische Staatsangehörigkeit wieder entzogen werden, wovon jedoch nur äußerst selten Gebrauch gemacht wurde. Umfragen zufolge unterstützte zwar eine Mehrheit der französischen Bevölkerung Hollandes Vorhaben. Dennoch entwickelte sich ein monatelanger Streit in Politik und Gesellschaft, der über die etablierten politischen Lager hinausging. In der Folge trat die aus Französisch-Guyana stammende Justizministerin Christiane Taubira zurück. Kritiker der Reformvorschläge, wie der Migrationsforscher Patrick Weil, gaben zu bedenken, dass die Maßnahme nicht geeignet sei, um Terroristen aufzuhalten. Vielmehr würde in der Verfassung festgeschrieben, dass es zwei Klassen von Franzosen gäbe.
Ein weiteres Beispiel für eine Reaktion auf die Terroranschläge war das im Sommer 2016 verhängte Burkini-Verbot. Wenige Wochen nach dem Anschlag am französischen Nationalfeiertag in Nizza Mitte Juli 2016 verbot der Bürgermeister von Cannes das Tragen von verhüllenden Ganzkörperschwimmanzügen (Burkinis) an den Stränden der Kommune. Das Tragen des Burkinis verstoße gegen das Gebot der
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