Zwangsmigration nach Jordanien – Historische Entwicklung
Jordanien liegt im Herzen des Nahen Ostens. Insbesondere in den letzten sechs Jahrzehnten ist das Land zum Ziel regionaler Bevölkerungsbewegungen geworden. Dies hat zu einem raschen Bevölkerungswachstum und Veränderungen in der Bevölkerungszusammensetzung geführt. Im Jahr 1921 umfasste Jordaniens Bevölkerung rund 230.000
1948, zwei Jahre nach der Unabhängigkeit Jordaniens, nahm das Königreich 506.200 palästinensische Flüchtlinge auf
Seit März 2011 hat der
Jordaniens Migrantenbevölkerung
Ergebnisse der jordanischen Volks- und Wohnungszählung vom 30. November 2015 zeigen, dass sich die Bevölkerungswachstumsrate im Zeitraum 2004-2015 auf 5,3 Prozent belief, wobei die nicht-jordanische Bevölkerung um 18 Prozent und die jordanische Bevölkerung nur um 3,1 Prozent gewachsen ist. Diese Entwicklung steht in deutlichem Zusammenhang mit dem Zuzug von Migranten, insbesondere Zwangsmigranten, im betrachteten Zeitraum. Zur Migrantenbevölkerung zählen 1.265.514 Syrer, einschließlich 629.000 beim
Zudem leben 634.182
Jordaniens Politik gegenüber palästinensischen Flüchtlingen
Aufgrund der großen Präsenz von Palästinensern haben sich die jordanischen Flüchtlingspolitiken lange Zeit hauptsächlich auf diese Personengruppe konzentriert. Verschiedene Annahmen bestimmen dabei die Haltung Jordaniens gegenüber Palästinensern. Dazu zählt die Tatsache, dass die Mehrheit der palästinensischen Flüchtlinge (rund 95 Prozent), die im Königreich leben, die jordanische Staatsangehörigkeit besitzt, sowie die Annahme, dass Jordanien den Palästinensern historisch und geographisch am nächsten steht und dass Palästinenser mit jordanischer Staatsangehörigkeit in demographischer Hinsicht der jordanischen Bevölkerung ohne palästinensische Wurzeln ähneln. Heute sind die meisten der in Jordanien lebenden Palästinenser gut integriert. Mit Blick auf ihre sozio-ökonomische Situation bilden sie einen Querschnitt der jordanischen Gesellschaft und sie werden insgesamt als essenzieller Bestandteil der jordanischen Gesellschaft betrachtet. Palästinenser mit jordanischer Staatsbürgerschaft haben dieselben Rechte und Pflichten wie Jordanier
Trotzdem sind arabische Staaten weiterhin der Auffassung, dass die palästinensische Flüchtlingssituation nur von vorübergehender Natur sei, egal wie lange sie andauern mag. Das gilt auch für Jordanien. Die Vorstellung, dass das palästinensische Flüchtlingsthema nur eine temporäre Frage sei und im Einklang mit Bestimmungen gelöst werden müsse, die in Resolutionen und Entscheidungen der Vereinten Nationen niedergelegt worden sind, manifestiert sich seit mehr als 60 Jahren in jordanischen Politiken und zeigt sich ebenso in politischen Haltungen und im politischen Diskurs. Artikel 8 des jordanisch-israelischen Friedensvertrags von 1994 verweist auf die Notwendigkeit, einen gerechten Kompromiss für die palästinensische Flüchtlingsfrage zu finden. Trotz des Stillstands der arabisch-israelischen Friedensverhandlungen in den letzten 20 Jahren zielt Jordaniens Politik immer noch auf eine Lösung entsprechend der Regelungen im Friedensvertrag und in Resolution Nr. 194 der UN-Generalversammlung vom Dezember 1948. Diese bilden die Grundlage der jordanischen Politik im Umgang mit palästinensischen Flüchtlingen. Laut Resolution Nr. 194 beinhaltet eine Lösung der palästinensischen Flüchtlingsfrage das Recht palästinensischer Flüchtlinge, in ihre Heimatorte zurückzukehren und eine Entschädigung für den Verlust oder die Beschädigung ihres Eigentums zu erhalten. Um ihr Recht auf Rückkehr und Entschädigung zu wahren, weigert sich Jordanien, palästinensische Flüchtlinge dauerhaft anzusiedeln. Stattdessen fordert das Königreich die internationale Gemeinschaft dazu auf, die Verantwortung für die Unterstützung von UNRWA zu übernehmen. Das Hilfswerk gilt als ein Hoffnungsschimmer für palästinensische Flüchtlinge, doch noch in ihre Heimat zurückkehren zu können. Der Fortbestand von UNRWA gilt als Symbol dafür, dass das palästinensische Flüchtlingsthema nicht in Vergessenheit gerät. Jordanien und andere arabische Staaten vertreten die Meinung, dass eine gerechte und umfassende Lösung des
Jordaniens Politik im Umgang mit anderen Flüchtlingsgruppen überschneidet sich teilweise mit dem palästinensischen Flüchtlingsthema. So lehnt Jordanien die zwangsweise Besetzung anderer Territorien ab, da dies der Auslöser für Zwangsmigration und Fluchtbewegungen sei. Das Königreich verfolgt zudem eine Politik "der offenen Tür", um Flüchtlinge willkommen zu heißen, obwohl es das Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (Genfer Flüchtlingskonvention) von 1951 nicht unterzeichnet hat. Allerdings hält das Land seine Grenzen nur dann geöffnet, wenn die Sicherheitssituation an den Grenzen dies erlaubt. Ab und an schließt Jordanien seine Grenzen. Dies geschieht nicht, um Flüchtlinge an der Einreise zu hindern, sondern aus Sicherheitsgründen. Ende 2015 stellten Flüchtlinge (einschließlich palästinensischer Flüchtlinge mit jordanischer Staatsangehörigkeit) rund 30 Prozent der Gesamtbevölkerung Jordaniens. Dies entspricht in etwa dem Ausländeranteil an der Bevölkerung des Landes, die nach Ergebnissen der Volkszählung vom November 2015 etwa 9,5 Millionen Einwohner umfasst
Jordanien behandelt Flüchtlinge im Einklang mit einer 1998 durch die jordanische Regierung und den Hohen Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen (UNHCR) unterzeichneten Absichtserklärung, die die Rechte und Pflichten von Flüchtlingen in Jordanien festlegt. Zudem erfolgt der Umgang mit Flüchtlingen in Übereinstimmung mit dem Ausländer- und Aufenthaltsgesetz (Nr. 24) von 1973, welches Flüchtlingen erlaubt, sich in Jordanien aufzuhalten, bis sie in ihr Herkunftsland zurückkehren oder in einem Drittland neu angesiedelt werden können. Artikel 5 der Absichtserklärung sieht dabei für das Finden einer Lösung für Flüchtlinge (Repatriierung oder
Jordaniens Politik "der offenen Tür" beschränkt sich nicht nur auf die Aufnahme von Flüchtlingen, sondern beinhaltet auch die Erlaubnis, dass Flüchtlinge außerhalb der Flüchtlingslager leben dürfen: Nur 17,4 Prozent der palästinensischen Flüchtlinge und 18,2 Prozent
Der Umgang mit syrischen Flüchtlingen
Seit Beginn des Flüchtlingszuzugs aus Syrien im März 2011 vertritt Jordanien die klare Haltung, sich nicht in den Konflikt zwischen der syrischen Regierung und den oppositionellen Gruppen einmischen zu wollen. Stattdessen fordert das Königreich die internationale Gemeinschaft dazu auf, eine diplomatische Lösung für die Syrienkrise zu finden und den Fluchtbewegungen aus Syrien in die benachbarten Länder ein Ende zu setzen. Jordanien hat zudem wiederholt auf die Notwendigkeit hingewiesen, die Hauptaufnahmeländer syrischer Flüchtlinge in der Region finanziell zu unterstützen. Als die ersten syrischen Flüchtlinge in Jordanien ankamen, fanden sie Schutz in den Häusern jordanischer Familien entlang der syrisch-jordanischen Grenze. Einige syrische Flüchtlingsfamilien leben immer noch unter dem Dach von Jordaniern. Dies ist insbesondere in der Al-Ramtha-Region im äußersten Nordwesten Jordaniens üblich, wo es starke historische Verbindungen und Stammesbeziehungen zwischen Jordaniern und Syrern gibt, die aus der Daraa-Region im Südwesten Syriens stammen.
Als die Fluchtzuwanderung zunahm, fingen die jordanische Regierung und internationale Organisationen, insbesondere der UNHCR, an, Schutz- und Hilfsleistungen zur Verfügung zu stellen. Am 13. Januar 2013 richtete die Regierung das Ressort für Angelegenheiten syrischer Flüchtlingslager ein, das später modifiziert und umbenannt wurde in "Direktion für die Angelegenheiten syrischer Flüchtlinge". Seit ihrer Reform ist die Direktion für alle syrischen Flüchtlinge zuständig, die im Königreich leben. Sie bietet humanitäre Dienstleistungen an und koordiniert Flüchtlingshilfsaktivitäten zwischen der jordanischen Regierung und internationalen sowie lokalen Organisationen und Verbänden. Zudem koordiniert sie die Geberunterstützung.
Im Februar 2016 nahm Jordanien an der auf die Syrienkrise bezogenen Geberkonferenz in London teil, die eine Grundlage für die Zusammenarbeit zwischen Geberländern und Aufnahmeländern von Flüchtlingen bildete und verschiedene integrierte Maßnahmen zur Unterstützung Jordaniens im Hinblick auf die Syrienkrise und ihre Auswirkungen skizzierte
Die syrische Flüchtlingskrise in eine Entwicklungsgelegenheit verwandeln, die neue Investitionen anzieht und den Markt der Europäischen Union für jordanische Produkte öffnet, was Arbeitsplätze für Jordanier und syrische Flüchtlinge schafft, wodurch auch die syrische Wirtschaft nach Beendigung des Konflikts unterstützt wird;
Wiederaufbau jordanischer Kommunen, die Flüchtlinge beherbergen, durch angemessene Finanzierungsbeihilfen zum "Jordanischen Plan zur Antwort auf die Syrienkrise 2016-2018" (siehe unten), insbesondere im Hinblick auf die Stärkung der Widerstandsfähigkeit aufnehmender Gemeinschaften;
Mobilisierung ausreichender Zuschüsse und konzessionierter Finanzierungen zur Förderung des makroökonomischen Rahmens und Unterstützung von Jordaniens finanziellen Bedürfnissen im Laufe der kommenden drei Jahre durch eine neue Erweiterte Fondsfazilität des Internationalen Währungsfonds.
Jordanien hat sich verpflichtet, die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und Investitionen durch eine Reihe rechtlicher und struktureller Reformen und Anreize zu verbessern, die lokale und ausländische Unternehmen anlocken sollen. Dazu zählt auch der Zugang zu europäischen Märkten, um die Menge jordanischer Exporte zu erhöhen. Die Europäische Union wird daher aufgefordert, die Pläne für die Überprüfung der Ursprungsregeln rascher umzusetzen. Dadurch sollen in der jordanischen Wirtschaft mehr Beschäftigungsgelegenheiten für Jordanier und syrische Flüchtlinge geschaffen werden. In dieser Hinsicht hat Jordanien einen Plan mit dem Titel "Jordanischer Plan zur Antwort auf die Syrienkrise 2016-2018" (Jordan Response to the Syrian Crisis Plan) auf den Weg gebracht, der von der internationalen Gemeinschaft mit zugesagten Finanzmitteln in Höhe von 700 Millionen US-Dollar unterstützt wird. Dieser beinhaltet die Verpflichtung der jordanischen Regierung, die notwendigen administrativen Veränderungen vorzunehmen, um syrischen Flüchtlingen die Aufnahme einer Arbeit zu ermöglichen und alle Restriktionen abzuschaffen, die wirtschaftliche Aktivitäten von Flüchtlingen in den Flüchtlingslagern und Handel mit Personen außerhalb der Lager verhindern
Schließlich ist Jordanien der Meinung, dass Bildung für syrische Flüchtlinge der wichtigste Weg ist, um ihnen Zukunftsperspektiven zu eröffnen. Daher bemüht sich die Regierung, sicherzustellen, dass ab dem nächsten Schuljahr (2016-2017) jedes Kind in Jordanien Zugang zu Bildung erhält, solange die Qualität der Bildung für Jordanier dadurch nicht negativ beeinflusst wird.
Übersetzung aus dem Englischen: Vera Hanewinkel
Zum Thema
360 Grad Damaskus: Zur Lage der Flüchtlinge in der Region
Syrien, Irak und Region Interner Link: http://www.bpb.de/apuz/221162/syrien-irak-und-region
Naher Osten: Regionales System der Machtbalance http://www.bpb.de/izpb/156615/regionales-system-und-machtbalance
Jordanien: Reform statt Revolution
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