Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge definiert Migration wie folgt: "Von Migration spricht man, wenn eine Person ihren Lebensmittelpunkt räumlich verlegt. Von internationaler Migration spricht man dann, wenn dies über Staatsgrenzen hinweg geschieht"
Definition von Migration und von der Zielgruppe "Migranten"
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Ausgehend von der oben stehenden Definition von Migration mag es zunächst einfach erscheinen, nunmehr die Zielgruppe "Migranten" einzugrenzen. Eine operationalisierbare Definition von "Migranten" ist eine Grundvoraussetzung, um deren Gesundheitszustand zu erfassen und Veränderungen – beispielsweise durch gezielte gesundheitsbezogene Interventionen – messen zu können
In vielen – gerade amtlichen – Datensätzen erfolgt diese Eingrenzung mit Hilfe des Merkmals "Staatsangehörigkeit". Diese Art der Definition ist in mehrerlei Hinsicht unbefriedigend und ungenau
Aussiedler und Spätaussiedler sind über eine nationale Grenze nach Deutschland gekommen, sie sind also migriert. In aller Regel haben sie aber die deutsche Staatsangehörigkeit. Eine Definition nach Staatsangehörigkeit würde sie nicht als Migranten erfassen.
Zunehmend mehr der in Deutschland lebenden Personen mit ausländischer Staatsangehörigkeit nehmen die deutsche Staatsangehörigkeit an. Von 1970 bis 2005 haben sich mehr als 1,5 Millionen Ausländer in Deutschland einbürgern lassen. Es sind demnach nicht alle Migranten ausländische Staatsangehörige. Der Anteil der Menschen mit Migrationshintergrund und deutscher Staatsangehörigkeit nimmt mit der Zeit weiter zu.
Umgekehrt erlaubt eine ausländische Staatsangehörigkeit keine Aussage darüber, ob der Inhaber über eine nationale Grenze nach Deutschland migriert ist. Menschen mit ausländischer Staatsangehörigkeit können auch Kinder oder Enkelkinder von ehemaligen Migranten sein, die in Deutschland geboren wurden und die ausländische Staatsangehörigkeit ihrer Eltern bzw. Großeltern behalten haben. Diese Kinder sind über keine nationale Grenze eingewandert und damit keine Migranten. Sie werden oft als "Migranten der zweiten bzw. dritten Generation" bezeichnet und in die Diskussion von Migration und Gesundheit einbezogen, um mögliche gesundheitliche Risiken aufgrund kultureller oder genetischer Einflüsse und die zeitliche Veränderung von Gesundheitsrisiken über die Generationen abbilden zu können.
In Deutschland galt von 1913 bis 2000 ein eingeschränktes Ius Sanguinis (lat. "Recht des Blutes") bei der Zuordnung der Staatsangehörigkeit. Danach war nach dem Abstammungsprinzip nur deutscher Staatsangehöriger, wer deutsche Vorfahren nachweisen konnte. Nur unter besonderen Voraussetzungen konnten Zuwanderer, die eine bestimmte Zeit in Deutschland gelebt hatten, die deutsche Staatsangehörigkeit annehmen. Im Jahr 2000 wurde dieses alte Staatsangehörigkeitsgesetz um Elemente des Ius Soli (lat. "Recht des Bodens") erweitert. Dadurch erhalten in Deutschland geborene Kinder automatisch die deutsche Staatsangehörigkeit, wenn ein Elternteil seit mindestens acht Jahren legal in Deutschland lebt. Durch diese Änderung ist es noch schwieriger geworden, Migranten anhand ihrer Staatsangehörigkeit zu identifizieren.
In den letzten Jahren hat sich der Begriff "Menschen mit Migrationshintergrund" als Sammelbezeichnung für die heterogene Gruppe der Zuwanderer und ihrer Nachkommen eingebürgert. Auch das Statistische Bundesamt benutzt seit dem Mikrozensus 2005 eine solche Definition
Dieser Text ist Teil des Kurzdossiers
Prof. Dr. med. Oliver Razum leitet die AG 3 – Epidemiologie & International Public Health in der Fakultät für Gesundheitswissenschaften der Universität Bielefeld.
Jacob Spallek ist wissenschaftlicher Mitarbeiter und Doktorand in der Fakultät für Gesundheitswissenschaften der Universität Bielefeld.
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