Wie wohnen Geflüchtete in Deutschland nach der Erstaufnahme?
Nach der Erstaufnahme werden Geflüchtete (zumindest diejenigen, denen eine "gute Bleibeperspektive" prognostiziert wird) von den Ländern an die kreisfreien Städte und Gemeinden verteilt und dort einer Unterkunft zugewiesen.
Die Wohnsituation Geflüchteter hat sich insbesondere seit dem Einsetzen des "Krisenmodus"
Geflüchtete, deren Antrag auf Asyl stattgegeben wird, sind nicht mehr dazu verpflichtet, in einer GU zu wohnen. Für sie stellt sich vielmehr das Problem, dass sie aus den Unterkünften ausziehen sollen, um für andere Geflüchtete Platz zu machen, aber oft keine eigene Wohnung finden. Das gilt insbesondere für große Familien und Alleinstehende und vor allem in städtischen Ballungsgebieten. In vielen Städten hat sich deshalb ein Externer Link: Schwarzmarkt herausgebildet, auf dem Betrüger Kapital aus dem Unwissen und der Verzweiflung der wohnungssuchenden Geflüchteten schlagen.
Wieso können Geflüchtete nicht einfach in Wohnungen ziehen?
Zum Teil sind es rechtliche Hürden, die es für viele Geflüchtete schwer oder unmöglich machen, selbstbestimmt und privat zu wohnen. Erst mit der rechtlichen Anerkennung als
Auf dem freien Wohnungsmarkt kommen zum anderen eine Reihe weiterer Probleme für Geflüchtete hinzu. Entscheidende Informationen fehlen: "Wie finde ich eine Wohnung?" ist eine oft gestellte Frage in Beratungsstellen für Geflüchtete. Auch VermieterInnen und WohnungseigentümerInnen wissen oft nicht, dass und wie sie Wohnraum an Geflüchtete vermieten können. Wenn sich mehrere Personen um eine Wohnung bewerben, ziehen Geflüchtete oft den Kürzeren, wenn sie Probleme mit der Verständigung haben oder nicht alle gefragten Papiere vorlegen können. Vor allem ein unsicherer Externer Link: Aufenthaltsstatus ist ein großes Problem bei der Wohnungssuche. Selbst Initiativen, die Geflüchtete bei der Wohnungssuche unterstützen, werden zum Teil erst dann aktiv, wenn ein mindestens einjähriger Aufenthalt gesichert ist. Nicht zuletzt wird die Wohnungssuche auf dem freien Wohnungsmarkt für Geflüchtete wie für andere Personen mit (zugeschriebener) Externer Link: Migrationsgeschichte oft durch Vorurteile und Stereotype erschwert.
Wie kann man kommunale Unterbringungspolitik neu denken?
Obgleich die Unterbringung Geflüchteter in
Zwar ist die räumliche Konzentration von Geflüchteten in Massenunterkünften vielerorts als Regelfall auch nach der Erstaufnahme vorgesehen. Andererseits intensivierten in den vergangenen Jahren einige Städte und Gemeinden in Deutschland ihre Bemühungen, in der Unterbringung Geflüchteter umzudenken. Unterbringungskonzepte wie das Externer Link: Leverkusener Modell, das Osnabrücker Externer Link: "Konzept zur Wohnraumversorgung und Integration von Flüchtlingen" oder der Leipziger Externer Link: Dezentralisierungsplan haben zum Ziel, Geflüchtete mehrheitlich in kleinen Unterkünften oder eigenen Wohnungen unterzubringen und die Qualitätsstandards für die Unterbringung anzuheben. Neben der wegfallenden, vergleichsweise kostenintensiven Sozialarbeit in Gemeinschaftsunterkünften versprachen sich die an der Ausarbeitung solcher Konzepte beteiligten Akteure vor allem eine schnellere
Kommunale Programme wie die hier beschriebenen stellen keinen vollständigen Bruch mit tradierten Unterbringungspraktiken dar. Vielmehr bedeuteten und bedeuten sie ein Navigieren in und ein Umschiffen von bestehenden rechtlichen Rahmenbedingungen. Einen Schritt weiter gehen viele zivilgesellschaftliche Projekte und Initiativen.
Was kann man darüber hinaus für eine verbesserte Wohnsituation Geflüchteter tun?
Vermehrt schalteten sich in den vergangenen Monaten auch die Geflüchteten selbst in die Debatten um das Wie und Wo ihrer Unterbringung ein. Sie demonstrierten und traten in Hungerstreiks, um die Öffentlichkeit auf die kritischen hygienischen wie sozialen Unterbringungsbedingungen aufmerksam zu machen. Unterstützung erhielten sie dabei von anti-rassistischen Gruppen und Solidaritätsbewegungen sowie lokalen Externer Link: Refugees Welcome-Netzwerken. Darüber hinaus gründeten sich zahlreiche
Auf den Umstand, dass viele VermieterInnen und EigentümerInnen nur wenig über die Rahmenbedingungen der Unterbringung asylsuchender Personen wissen, reagierten Interessenverbände wie der Externer Link: Haus & Grund e.V.. In Workshops können offene Fragen der Befristung von Mietverträgen, der Kautionsübernahme oder der Mietkostenbegleichung durch die Ämter besprochen werden. Zudem vernetzen sie interessierte VermieterInnen mit Plattformen wie der Leipziger Externer Link: Kontaktstelle Wohnen. Dieser auf der Initiative kirchlicher und anti-rassistischer AktivistInnen gründende und von Stadt und Land geförderte Verein leistet Geflüchteten praktische Hilfe bei der Wohnungs- und WG-Suche – auch Personen, die sich noch im Asylverfahren befinden. Patenschaften zwischen Geflüchteten und Nicht-Geflüchteten sollen das fehlende Wissen und die mangelnden Ressourcen vieler asylsuchender Personen im Angesicht des hart umkämpften Wohnungsmarktes ausgleichen. Viele weitere Initiativen wie die bundesweite Plattform Externer Link: Flüchtlinge willkommen!, die Leipziger Gruppe Externer Link: Willkommen im Kiez, das Osnabrücker Projekt Externer Link: Schöner Wohnen oder die Berliner Initiativen Externer Link: WosLa und Externer Link: Place4Refugees vernetzen Asylsuchende mit Privatpersonen, Wohngemeinschaften oder Hostels, die bereit sind, Geflüchtete bei sich aufzunehmen. Außerdem helfen sie beim komplizierten bürokratischen Prozess der Auszugs- und Einzugserlaubnis. Die Arbeit solcher aktivistischer Wohnungsvermittler reagiert auch auf die Diskriminierung vieler Geflüchteter durch VermieterInnen und MaklerInnen, indem sie vor allem Öffentlichkeit schafft. Da es Geflüchteten mitunter schwer fällt, ihren ersten eigenen Wohnraum mit den von den kommunalen Behörden zur Verfügung gestellten Mitteln einzurichten, verbinden Plattformen wie Externer Link: ankommen.eu asylsuchende Personen im und nach dem Umzug mit Personen, die etwas Nützliches abzugeben haben. Zwischennutzungs- und Nachbarschaftsinitiativen wie die Gartenprojekte der Bremer Externer Link: ZwischenZeitZentrale wollen darüber hinaus gemeinsam die unmittelbare Wohnumgebung geflüchteter Menschen gestalten.
Die aufgeführten Initiativen und Projekte zur Verbesserung der Wohnsituation Geflüchteter gehen schrittweise vor und arbeiten sich an den zahlreichen Tücken und Herausforderungen lokaler Verwaltungsapparate ab. Die folgenden Projekte gehen einen Schritt weiter, indem sie neue Denk- und Wohnräume erschaffen.
Zahlreiche Geflüchtete sind von Wohnungslosigkeit betroffen. Das gilt vor allem für Personen, die bereits ein
Im Gegensatz zur Externer Link: EcoFAVELA Lampedusa-Nord, die als temporärer Ort konzipiert war, verfolgen andere Wohnprojekte und -initiativen einen langfristigen Ansatz. Das Externer Link: Grandhotel Cosmopolis in Augsburg wird gemeinsam von Geflüchteten, deren Unterkunftskosten vom Landesbezirk Schwaben beglichen werden, und KünstlerInnen gestaltet und belebt. Im niedersächsischen Göttingen besetzten AktivistInnen der Gruppe Externer Link: OM10 im Herbst des Jahres 2015 ein leerstehendes Gewerkschaftshaus – und blieben. Mehr noch: Aus dem besetzten Haus sollte ein Rückzugs- und Begegnungsort für Geflüchtete und andere Wohnungssuchende werden. Pläne zum Kauf des Hauses, zu seiner Sanierung und zum Anschluss an das Externer Link: Mietshäuser Syndikat, ein Dachverband für Hausprojekte, wurden gefasst. "Bezahlbarer Wohnraum für alle!", lautet eine der Forderungen der BesetzerInnen und ProjektgründerInnen.
Es geht um mehr als die Unterbringung Geflüchteter
Die ohnehin prekären Wohn- und Lebensbedingungen Geflüchteter in Deutschland haben sich in den vergangenen Monaten einerseits weiter verschlechtert: Verlängerung der Verweildauer in Erstaufnahmezentren, kommunale Lagerunterbringung, Rückbau bestehender Dezentralisierungspläne, Wohnsitzauflagen und ein verschärfter Wohnungsmarkt. Andererseits starteten gerade zu der Zeit, als Bund, Länder und Kommunen begannen, in der Unterbringung Asylsuchender wieder groß zu denken und Sammelunterkünfte für hunderte bis tausende Geflüchtete zu eröffnen, viele kleine
Dieser Artikel ist Teil des Kurzdossiers