Lehrerinnen und Lehrer, Schülerinnen und Schüler, Azubis oder Dozentinnen und Dozenten, alle kommen in ihrer alltäglichen Arbeit oder Ausbildung unweigerlich mit dem Urheberrecht in Kontakt. Nur in den wenigsten Fällen sind sie sich über die rechtliche Situation im Klaren. Meist merken sie es nicht oder verdrängen es bewusst, denn die Rechtslage ist kompliziert.
Lehrerinnen und Lehrer stehen oft vor der Frage, ob es erlaubt ist für den Unterricht Texte aus Büchern zu kopieren, CDs abzuspielen, Materialsammlungen anzulegen oder aufgezeichnete Fernsehsendungen zu zeigen. Leider sind die Regelungen von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich. Zudem haben die Kultusministerien der Ländern auch mit verschiedenen Dienstleistern Lizenzverträge abgeschlossen, so dass Lehrende sich in ihrer Schule oder Ausbildungsstätte erkundigen müssen, welche urheberrechtlichen Richtlinien gelten.
Bildungsprivilegien im Urheberrecht
Es gibt aber grundsätzliche Schranken im Urheberrecht, die unter anderem dafür sorgen, dass manche im Rahmen der Bildung notwendige Nutzungen ohne Einverständnis der Rechteinhaber zulässig sind. Sie bestehen aus einer Vielzahl von Einzelbestimmungen, die für den Bildungssektor, aber auch andere Bereiche, Anwendung finden. Grundsätzlich gewährt das Urheberrecht Urhebern das ausschließliche Recht zu entscheiden, ob und wie ihr Werk verwertet werden darf. Die Befugnis zur Verwertung kann dabei ganz oder teilweise an Dritte wie beispielsweise Verwertungsgesellschaften abgetreten werden, die im Namen der Urheber deren Rechte wahrnehmen. Das Recht zur Verwertung umfasst beispielsweise das Recht zu bestimmen, in welcher Form eine Vervielfältigung des Materials erlaubt ist, wie es verbreitet werden darf oder ob es öffentlich vorgeführt werden darf.
Was darf in der Schule kopiert werden?
Urheberrechtlich geschützte Werke dürfen auch für Bildungszwecke nicht beliebig kopiert werden. Einzelbestimmungen regeln konkret, ob und unter welchen Umständen dies ohne Zustimmung des Rechteinhabers gestattet ist.
Was das für die Praxis bedeutet, hat die Rechtsprechung genauer herausgearbeitet. Nach dem Urhebergesetz ist es zulässig, kleine Teile eines Werkes – man geht dabei von maximal 10 Prozent eines Werkes (maximal 20 Seiten) aus – oder einzelne Artikel aus einer Zeitung oder Zeitschrift zu fotokopieren oder auszudrucken und jedem Schüler der Klasse zur Veranschaulichung im Unterricht zur Verfügung zu stellen. Ein ganzes Buch oder eine ganze Zeitschrift dürfen nur ausnahmsweise kopiert werden, wenn das Werk seit mindestens zwei Jahren vergriffen ist.
Diese Grundsätze gelten nur für Werke, die bereits veröffentlicht wurden. Es spielt dabei keine Rolle, ob es sich um ein gedrucktes Werk oder um eine Online-Veröffentlichung handelt. Zwar ist es verboten, umfangreiche Vorräte an solchem Material zusammenzustellen, einmal erstellte Kopien dürfen aber mehrfach verwendet werden. Kopieren von Noten Das Vervielfältigen von Noten ist im Urhebergesetz explizit geregelt. Es gilt der Grundsatz, dass die Kopie von "graphischen Aufzeichnungen von Werken der Musik" nur erlaubt ist, wenn eine Einwilligung der Rechteinhaber vorliegt. Eine Vervielfältigung ist jedoch möglich, wenn das Werk seit mindestens zwei Jahren vergriffen ist. Eigenhändiges Abschreiben der Noten ist explizit im Gesetz erlaubt. Für die Vervielfältigung urheberrechtlich geschützter Noten im Schulunterricht gilt jedoch eine Sonderregelung. Die Verwertungsgesellschaft Musikedition hat mit der Kultusministerkonferenz einen Pauschalvertrag abgeschlossen, der es Lehrerinnen und Lehrern erlaubt, Noten auch ohne ausdrückliche Genehmigung der Rechteinhaber zu kopieren und diese ausschließlich im Unterricht einzusetzen. Die maximale Anzahl orientiert sich dabei an der Größe einer Klasse.
Material für den Unterricht online
Wie in Universitäten bereits üblich, gehen immer mehr Lehrende dazu über, Werke (vor allem Texte) zur Vorbereitung des Unterrichts online für die Schülerinnen und Schüler zur Verfügung zu stellen. Nach dem Gesetz ist das zulässig für "veröffentlichte kleine Teile eines Werkes, Werke geringen Umfangs sowie einzelne Beiträge aus Zeitungen oder Zeitschriften", die der Veranschaulichung von Inhalten des Unterrichts dienen. Die Bereitstellung von solchen Inhalten über das Intranet einer Schule fällt grundsätzlich nicht unter die Kopierprivilegien, sondern unter die urheberrechtlichen Regelungen zur "öffentlichen Zugänglichmachung". Dabei muss gewährleistet sein, dass die angesprochenen Werke in einem passwortgeschützten Bereich abgelegt werden, auf den nur eine abgrenzbare Anzahl von Schülerinnen und Schülern – zum Beispiel der Klassenverbund – und keine anderen Personen zugreifen können. Um Missverständnissen vorzubeugen: Lehrerinnen und Lehrer können selbst erstellte Materialien wie Folien für den Tageslichtprojektor, Stoffsammlungen, Lückentexte oder thematische Texte natürlich ebenfalls in das Intranet stellen. Als Urheberinnen und Urheber der Inhalte haben sie dann das ausschließliche Recht zu entscheiden, wie diese verwendet werden sollen.
Inhalte von Schulbüchern online stellen nicht erlaubt
Eine Ausnahme besteht für Schulbücher oder andere für den "Unterrichtsgebrauch an Schulen bestimmte Werke". Diese dürfen grundsätzlich nicht öffentlich zugänglich gemacht werden, wenn der Verlag nicht vorher zugestimmt hat. Das gilt auch für die Bereitstellung im Intranet. Da die Schulbuchverlage ihre Bücher oft in nur geringen Auflagen produzieren, wird ein Verlag im Zweifel nur sehr selten einer solchen Veröffentlichung zustimmen.
Grauzone - Filme und Fernsehsendungen im Unterricht
Um Themen im Unterricht anschaulicher zu machen, greifen Lehrerinnen und Lehrer gerne auf multimediale Hilfsmittel zurück. Problematisch wird es allerdings dann, wenn eine DVD eines Kinofilmes oder zu Hause aufgenommene Sendungen aus dem Fernsehen der Klasse gezeigt werden. Ob das ohne Zustimmung der jeweiligen Rechteinhaber zulässig ist, hängt davon ab, ob eine solche Vorführung im Unterricht im urheberrechtlichen Sinne öffentlich ist oder nicht. "Öffentlich" in urheberrechtlichen Sinne ist eine Wiedergabe, wenn die Personen, an die sie gerichtet ist, untereinander nicht persönlich verbunden sind. Es ist ausreichend, wenn alle Zuschauer persönliche Beziehungen zu dem haben, der den Film zeigt (in einer Klasse also dem Lehrer).
Mit anderen Worten, es kommt maßgeblich darauf an, ob zwischen den Schülern eines Klassenverbandes beziehungsweise im Verhältnis zwischen Schülern und Lehrern von persönlichen Beziehungen ausgegangen werden kann. Grundsätzlich kann man davon ausgehen, dass persönliche Beziehungen (unter anderem) durch intensives und dauerhaftes Beisammensein innerhalb eines bestimmten, nicht allzu großen Personenkreises entstehen.
Die Antwort auf diese Frage kann je nach Konstellation unterschiedlich ausfallen. Bei Schulklassen der Unter- oder Mittelstufe wird man in der Regel davon ausgehen können – bei Hochschulvorlesungen dagegen nicht. Im Kurssystem der Oberstufe ist es zumindest zweifelhaft, dass diese persönlichen Bindungen zwischen allen Schülern oder zum Lehrer bestehen.
Das Urheberrecht hält für diese sehr wichtige Frage leider keine praktikablen, einheitlichen Lösungen bereit. Die Antwort hängt stets vom Einzelfall ab. Gerichtliche Entscheidungen zum Schulunterricht fehlen bislang, die juristischen Experten sind sich in dieser Frage uneinig.
Die meisten Autoren vertreten die Ansicht, dass Wiedergaben für Schulklassen nicht öffentlich sind. Trifft dies zu, dürfen Lehrer Filme ohne vorher um Erlaubnis zu fragen und Vergütung zu bezahlen zeigen. Woher der Film kommt, ist in diesem Falle egal: Es kann eine Original-DVD oder eine Aufzeichnung aus dem Fernsehen vorgeführt werden, die der Lehrer oder die Lehrerin ursprünglich für ihre private Nutzung hergestellt hat (eine so genannte "Privatkopie").
Plagiate, Copy & Paste und Texte aus dem Internet
Die Zeit wird knapp, das Thema ist zu schwer, die Recherche zu aufwendig – das sind Argumente, die Schülerinnen und Schüler gerne als Rechtfertigung benutzen, wenn sie sich ihr Geschichtsreferat für den nächsten Tag in wenigen Minuten aus dem Internet holen. Egal, ob bereits fertig gestellte Gesamttexte oder nur einzelne Textblöcke – Plagiate findet man überall.
Doch was ist überhaupt ein Plagiat? Das Urheberrecht kennt den Begriff nicht. Für die Hochschulrektorenkonferenz liegt ein Plagiat dann vor, wenn ein Text durch "unbefugte Verwertung unter Anmaßung der Autorschaft" verwendet wird. Ein Plagiat ist keine Kopie. Bei einer unerlaubten Kopie behauptet der oder die Kopierende gerade nicht, Autor oder Autorin des Werkes zu sein.
Allerdings kann auch ein Plagiat gegen das Urheberrecht verstoßen. Dies ist dann der Fall, wenn man behauptet, selbst Autor eines Werkes (insgesamt oder in Auszügen) zu sein, das man nicht selbst geschaffen hat. Diese so genannte Anmaßung der Urheberschaft ist ein Verstoß gegen das Urheberpersönlichkeitsrecht der eigentlichen Autorin oder Autors und stellt einen Eingriff in das "Recht auf Anerkennung der Urheberschaft" dar. Lässt man sich dagegen von einem fremden Werk nur inspirieren und kreiert ein neues selbstständiges Werk, das die notwendige geistige Schöpfungshöhe erreicht, spricht man nicht mehr von einem Plagiat. Vielmehr handelt es sich um eine so genannte freie Benutzung eines fremden Werkes, die nicht gegen das Urheberrecht verstößt.
Besonders beliebt bei Schülerinnen und Schülern sind kompakte und zusammengefasste Informationen aus Textsammlungen oder Enzyklopädien. Aufgrund der eingesetzten Lizenz handelt es sich bei der Online-Enzyklopädie Wikipedia um einen Spezialfall. Texte aus dieser können ebenfalls unproblematisch per Kopieren und Einfügen verwendet werden. Die dort eingestellten Texte unterliegen einer besonderen Lizenz (in der Regel der Creative-Commons-Lizenz "Namensnennung – Weitergabe und gleichen Bedingungen"), die es erlaubt, den Text beliebig zu kopieren, zu verwenden oder weiter zu verbreiten. Allerdings erlaubt die Lizenz keine Plagiate, also sich selbst als Autor auszugeben, denn man muss die Namen der Original-Autoren angeben. Das besagt der Begriff "Namensnennung".
Open Educational Resources (OER)
Welche Materialien für den Unterricht benutzt werden dürfen und welche nicht, ist nicht immer einfach zu entscheiden. Das hat dazu geführt, dass vermehrt Lehrer und Lehrerinnen ihre Arbeitsblätter und Texte unter freie Lizenzen stellen und sie anderen Lehrenden zur Verfügung stellen. Auch in Deutschland gibt es eine wachsende Bewegung, die sich unter dem Label "Open Educational Resources", abgekürzt OER, versammelt.
OER-Materialien werden oft unter freien Lizenzen veröffentlicht (siehe die Dossier-Texte "Lizenzen" und "Creative Commons und Lizenzen" für mehr Informationen), so dass sie entsprechend der Lizenzbedingungen frei benutzt werden können. Auch andere Werke, die unter freien Lizenzen (zum Beispiel einer Creative-Commons-Lizenz) im Netz veröffentlicht worden sind, können im Unterricht verwendet werden. Die meisten OER-Materialien dürfen auch verändert und an die eigenen Bedürfnisse angepasst werden. OER gibt es sowohl für selbstorganisiertes Lernen, als auch für Schulen und Ausbildungsstätten.
Eigene Werke veröffentlichen – Fotos von Schülerinnen und Schülern
Das Kunsturhebergesetz bestimmt, dass Fotos von Personen – in diesem Fall vor allem Schülerinnen und Schülern oder Lehrende – nur mit deren Einwilligung verbreitet oder veröffentlicht werden dürfen. Das fällt unter das sogenannte Recht am eigenen Bild. Das muss man auch beachten, wenn man Fotos auf der Homepage der Schule oder irgendwo anders im Internet veröffentlicht. Bei minderjährigen Schülerinnen und Schülern wird dieses Persönlichkeitsrecht besonders genau genommen. In diesen Fällen muss die Einverständniserklärung der Eltern eingeholt werden.
Etwas anderes gilt, wenn man ein Foto des Schulgebäudes einstellen möchte, auf dem im Hintergrund einige Personen zu sehen sind. Eine Einwilligung ist nicht erforderlich, wenn die abgebildeten Personen nicht im Mittelpunkt des Fotos stehen. Auch bei Bildern von Schulversammlungen mit mehreren hundert Teilnehmern muss nicht von jeder abgebildeten Person eine Einwilligung eingeholt werden. Allerdings gibt es, je nachdem wie groß eine Person auf dem Bild zu sehen, schwierige Grenzfälle.
Die Schülerzeitung
Für Schülerzeitungen gibt es keine urheberrechtlichen Sonderregeln. Es macht keinen Unterschied, dass Schülerzeitungen in der Regel ohne Gewinnabsicht produziert und verkauft oder verschenkt werden. Zudem ist das Urheberrecht nicht die einzige rechtliche Vorschrift, die man beachten muss, wenn man eine Schülerzeitung herausgibt. Dazu gehören zum Beispiel das allgemeine Persönlichkeitsrecht oder die Pflicht, ein Impressum einzubauen.
Was das Urheberrecht angeht, bedeutet das, dass Fotos aus dem Netz dürfen nur verwendet werden dürfen, wenn die Fotografin oder der Fotograf zugestimmt hat. Das gleiche gilt für Texte, Graphiken, Zeichnungen und so weiter. Verstößt man gegen diese Bestimmungen, besteht die Gefahr, dass die Urheberin oder der Urheber des Bildes nachträglich Lizenzgebühren verlangt und durch seine Anwältin oder seinen Anwalt eine teure Abmahnung an die Redaktion schickt. Es macht dabei keinen Unterschied, ob die fremden Werke gedruckt oder im Internet veröffentlicht wurden.
Haben die Urheber ihre Fotos zur Veröffentlichung freigegeben – etwa mit einer entsprechenden Lizenz –, kann man diese natürlich ohne Probleme verwenden. Auch Bilder oder Texte, deren Urheber seit mehr als 70 Jahren tot sind, können verwendet werden, da der urheberrechtliche Schutz nach dieser Zeit abgelaufen ist.