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Computerspiele und Krieg

/ 4 Minuten zu lesen

Computerspiele mit realem Kriegshintergrund üben auf viele Spieler eine große Faszination aus. Die Spielwelt, die dadurch entsteht, vermittelt dem Spieler das Gefühl, den echten Krieg – zumindest ein Stück weit – nachempfinden zu können.

Kriegsdarstellungen im Computerspiel

Der Markt für Computerspiele ist sehr groß. Mit Online- bzw. Computer- und Konsolenspielen wird heute weltweit mehr Geld umgesetzt als mit Filmen im Kino: rund 41 Milliarden Euro pro Jahr (gegenüber ca. 23 Milliarden Euro für Kino-Eintrittskarten; Stand 2009). Daher werden heute zu vielen Kinofilmen auch schon entsprechende "Games" geplant, um mögliche Verluste auszugleichen. Deutschland liegt nach den USA, Japan und Großbritannien auf dem vierten Platz. Es wird hier mit elektronischen Spielen ein Umsatz von knapp 1,86 Milliarden Euro gemacht, was sich wie folgt aufschlüsseln lässt: 1,59 Milliarden Euro für Datenträger und Downloads, 194 Millionen Euro für Online- und Browsergames sowie 73 Millionen Euro für Spielerweiterungen (Stand 2010).

In Deutschland müssen Spiele, die in den Verkauf kommen, vorab von der Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle (USK) geprüft werden. Im Jahr 2010 waren unter den über 2.800 geprüften Vollpreisspielen 94 militärische Simulationen oder Strategiespiele und 120 Kriegs-Shooter. Der Anteil der Kriegsspiele an den Gesamtveröffentlichungen ist also vergleichsweise gering. Laut USK werden nahezu alle kriegerischen Epochen als Hintergrund für Spiele genutzt – von der Antike über das Mittelalter, bis ins 20 Jahrhundert und sogar in futuristische Konflikte hinein. Gerade bei den militärischen Simulationen finden sich auch Spiele, die keine ausgeprägt gewalthaltigen "Kriegsspiele" sind.

Allerdings sagt das noch nichts über die Verkaufszahlen aus: Auch wenn "Kriegsspiele" in den verschiedenen Genres nicht immer das Bild in den Top 10 bestimmen, so gehören sie doch zu den erfolgreichsten Genres (auch wenn 2011 beispielsweise das Sportspiel "Fifa 11" der Topseller war). Spiele wie "Call of Duty: Black Ops", "Call of Duty 6: Modern Warfare 2" oder "Battlefield Bad Company 2" wurden 2010 jeweils über 500.000 Mal in Deutschland verkauft. "Call of Duty: Black Ops" wurde zudem von der British Academy of Film and Television Arts mit dem "GAME Award of 2010" ausgezeichnet

Die meisten Kriegsspiele werden in den USA produziert und gekauft. Viele Ego-Shooter und Echtzeitstrategiespiele mit Kriegsthematik stammen von US-Herstellern. In Deutschland wie im restlichen Europa ist das Interesse an Kriegsspielen nicht ganz so ausgeprägt, dennoch stürmen auch hier viele der aufwendigen US-Produktionen die Charts.

Ganz anders sieht es dagegen in Japan aus. Hier spielt man sehr viel seltener Kriegsspiele – und wenn, dann fast ausschließlich Strategiespiele. Ego-Shooter werden nahezu komplett gemieden. Insgesamt herrscht in Japan eine Spielkultur vor, die sehr viel weniger als die westliche von Action- und Gewaltspielen geprägt ist. Sie zeichnet sich durch große Vielseitigkeit und Experimentierfreudigkeit aus, was Kriegsspiele zu einem Genre unter Dutzend anderen macht.

Das Spiel "Call of Duty" (2003) ist kennzeichnend für US-Produktionen: Es wird viel Wert auf Realitätsnähe gelegt; beim Kampf um Stalingrad im Zweiten Weltkrieg zeigt sich dies beispielsweise in der Darstellung von Soldaten und Gebäuden. (© Activision)

Als thematische Grundlage für Computerkriegsspiele, die auf tatsächlichen geschichtlichen Begebenheiten beruhen, dienen meist größere Kriege. Der am häufigsten als historische Vorlage verwendete Krieg ist der Zweite Weltkrieg, gefolgt vom Vietnamkrieg. Einige wenige Titel widmen sich dem Koreakrieg. Daneben gibt es noch Spiele, die Bürgerkriege und mittelalterliche Konflikte aufarbeiten. Taktikspiele finden sich eher in schwelenden politischen Konflikten oder der nahen Zukunft. Spielentwickler achten bei der Entwicklung von Spielen, die auf realen Kriegen beruhen, meist sehr darauf, dass die historischen Details stimmen. Es werden nicht nur Kriegsschauplätze und Missionen, sondern auch die im Krieg eingesetzten Waffen, Fahrzeuge und Uniformen anhand geschichtlicher Vorlagen nachgebildet. Man bemüht sich sogar, die Wetterlage im Spiel so darzustellen, dass sie den tatsächlichen Wetterverhältnissen aus dem jeweiligen Krieg entspricht. Die Spielwelt, die dadurch entsteht, soll beim Spieler das Gefühl erwecken, den echten Krieg zumindest ein Stück weit nachempfinden zu können.

Die KumaWar-Episode "The Death of Osama bin Laden" (2011) ermöglicht es, die Tötung des Terroristen-Chefs Osama bin Laden, der eindeutig zu erkennen ist, nachzuspielen. (© Kuma Reality Games)

Ein Beispiel für ein Kriegsspiel, mit dem man historische Kriegsepisoden nachspielen kann, ist der Ego-Shooter "KumaWar" (seit 2004). Kriegsschauplätze sind zum Beispiel der Irak, Korea, Afghanistan und Westafrika. Das Besondere an "KumaWar" ist, dass Missionen auch zu aktuellen militärischen Ereignissen spielbar sind, die für eine Gebühr jeweils aus dem Internet heruntergeladen werden können. Beispiele hierfür sind die Gefangennahme von Saddam Hussein oder die Tötung von Osama bin Laden. Der Journalist Hilmar Schmund äußerte sich zu "KumaWar" (2004) im "Spiegel" (2004/Heft 11: 160) wie folgt: "Mit KumaWar geht das Kriegs-Entertainment in eine neue Runde. [...] Derlei schamlose Verramschung von menschlichem Leid taugt zum Skandal – und Halper [Geschäftsführer von Kuma Reality Games] scheint genau darauf zu setzen: öffentliche Entrüstung als kostenlose Werbung."
Auch wenn Computerspiele den Krieg mittlerweile sehr realistisch darstellen können, bleiben sie dabei immer Spiele. Damit das Spiel funktioniert, müssen bestimmte Seiten des Krieges besonders betont werden, während andere, wie das Kriegsleid oder die schrecklichen Kriegsfolgen, ausgeblendet bleiben. Kein Spieler will den Krieg so nachempfinden, wie er wirklich ist. Ein solches Spiel wäre unerträglich. Kriegsspiele erscheinen daher nur auf den ersten Blick "realitätsnah".

Fussnoten

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