Wie alle Heranwachsenden sind trans* Kinder und Jugendliche in vielerlei Hinsicht von Erwachsenen abhängig, und insbesondere das familiäre Umfeld und die Schule beeinflussen maßgeblich, ob sie in ihrer persönlichen Entwicklung gefördert werden. Zudem ist ihr Leben oft in hohem Maße von der Angst vor den Reaktionen auf ihr mögliches
Ob es darum geht, welcher Name für sie stimmig ist, in welcher Kleidung sie sich wohl fühlen, wie sie es ihrer Schulklasse sagen, welche Toilette und Umkleide sie benutzen, oder ob der nächste Schritt darin besteht, eine rechtliche Vornamensänderung oder eine Hormonersatztherapie zu machen - sie brauchen Unterstützung, um ihren eigenen, individuellen Weg zu gehen.
Familiäre Situation
Wie wichtig familiärer Rückhalt ist, zeigt eine Studie aus den USA: In Familien, in denen Kinder und Jugendliche vollkommen mit ihrer LSBT*Identität
Über
Trans* - schon ein Thema in Kita und Grundschule?
Mehr als ein Viertel aller in der DJI Studie befragten jungen Trans* gaben an, dass sie schon immer gewusst haben, dass sie trans* sind. Fast die Hälfte wusste es spätestens im Alter von 12 Jahren
Im Kontext meiner Arbeit als Bildungsreferent für QUEERFORMAT thematisieren pädagogische Fachkräfte oft, dass es bei Eltern Unsicherheiten und Ängste gibt, wenn das Verhalten von (ihren) Kindern in Bezug auf Geschlechterrollen nicht den eigenen Erwartungen entspricht. Bei einigen kursiert noch die Annahme, trans* könne von außen induziert oder verhindert werden, weshalb sie Druck zum Einhalten bestimmter Geschlechterrollen ausüben - andere Eltern lassen Freiräume für die individuelle Persönlichkeitsentwicklung ihrer Kinder.
Ein Kind kann nicht dazu erzogen werden,
Materialien für (Kita) Pädagog*innen
Auch Pädagog*innen stehen vor vielen Fragen. Die Handreichung Externer Link: “Murat spielt Prinzessin, Alex hat zwei Mütter und Sophie heißt jetzt Ben – sexuelle und geschlechtliche Vielfalt als Themen frühkindlicher Inklusionspädagogik“ wurde von Externer Link: QUEERFORMAT als Fortbildungsmaterial für pädagogische Fachkräfte an Berliner Kitas entwickelt. Das Handbuch, das sich an Erzieher*innen wendet, beinhaltet Grundlagentexte, gibt Antworten auf Praxisfragen und zeigt Möglichkeiten auf, wie Geschlechtsidentität als ein Aspekt von Vielfaltspädagogik in frühkindlicher Bildung behandelt werden kann
Die Veröffentlichung dieser Handreichung löste kontroverse Reaktionen aus. Von fachlicher Seite wurde sie sehr geschätzt und begrüßt, so u.a. von der GEW Berlin und vom Landeselternausschuss der Kindertagesstätten Berlin. Kritiker*innen forderten einen Verbreitungsstop - und Fehlinformationen über das Handbuch für Pädagog*innen bis zur Betitelung als "Sex Broschüre für Kita Kinder" (B.Z. 16.2.18) fanden ihren Weg auch zu einigen Massenmedien. Der Paritätische Wohlfahrtsverband Berlin lässt derweil 2000 Exemplare für die eigenen Kitaeinrichtungen nachdrucken
Grundsätze von Inklusion umsetzen
Durch altersgerechte Bildungsmaterialien können Kinder bereits im frühen Alter lernen, Menschen in ihrer Unterschiedlichkeit wertzuschätzen. Geschlecht bildet in diesem Sinne einen von vielen Aspekten, in denen sich Menschen unterscheiden können. Wissen und Handlungskompetenz zu Themen der Geschlechtsidentität und der sexuellen Orientierung sind unabdingbar, denn "Jeder junge Mensch hat ein Recht auf zukunftsfähige schulische Bildung und Erziehung ungeachtet seines Geschlechts […und] seiner sexuellen Identität […]."
Die Grundsätze von Inklusion sollten auch im Konzept der Einrichtung verankert sein und strukturelle Umsetzung finden - u.a. durch das Einrichten von Unisex-Toiletten. Lehrkräften, Erzieher*innen und pädagogischen Fachkräften der Kinder- und Jugendhilfe kommt in ihrer Vorbildfunktion eine wichtige Rolle zu. Die Tendenz, dass Kinder und Jugendliche sich als trans* outen ist steigend - und Pädagog*innen sind gefordert, sich zu positionieren, Ausgrenzungsmechanismen zu thematisieren, Normen zu hinterfragen und eine solidarische Haltung einzunehmen. Unterstützung erfahren sie in einigen Städten auch von (Schul-)Aufklärungsprojekten, bei denen Ehrenamtliche in die Schulklassen kommen und Fragen zu LSBT* beantworten. Im Bundesverband Queere Bildung e.V. sind mittlerweile über 70 solcher Lokalprojekte und Bildungsinitiativen organisiert.
Solidarität, Respekt und Unterstützung
Besonders wichtig ist für Trans*kinder, sie mit dem selbstgewählten Namen anzusprechen und das Personalpronomen ihrer Wahl zu verwenden. Dies empfiehlt auch die Berliner Senatsverwaltung
Ob und wem gegenüber sich eine Person als trans* outet, sollte ihr selbst überlassen bleiben. Gesetzlich regelt das "Offenbarungsverbot", dass nach rechtskräftiger Vornamensänderung ohne Zustimmung der Person die alten Vornamen in der Regel nicht offenbart oder nachgeforscht werden dürfen
Und auch hier sind ihre Ängste nicht unbegründet: Knapp die Hälfte, der in der DJI Studie Befragten jungen Trans* gab an, an Bildungs- und Arbeitsorten beschimpft, beleidigt oder lächerlich gemacht worden zu sein. Etwa 10 % wurden körperlich angegriffen oder verprügelt. Die Befragten gaben ferner an, dass nur etwa die Hälfte der Lehrer*innen offen gezeigt haben, dass sie "Schwuchtel", "schwul", "Transe", "Lesbe" o.ä. als Schimpfwörter nicht dulden. Die Befragten erzählten weiter, dass etwa die Hälfte der Lehrkräfte gelacht hat, als Witze über LSBT* gemacht wurden. Ebenfalls gut die Hälfte der Lehrer*innen der Befragten jungen Trans* hatten sich in der Klassengemeinschaft über ein Mädchen, das sich nicht"“typisch weiblich" oder einen Jungen, der sich nicht "typisch männlich" verhalten hat, lustig gemacht
Die folgenden positiven Erfahrungen konnte das QUEERFORMAT-Team mit Berliner Schulen machen:
Solidarisches Verhalten von Kindern ist keine Ausnahme, wenn Geschlechtervielfalt thematisiert und das Umfeld entsprechend sensibilisiert wurde. An einer Schule organisierten Freund*innen eines Trans*kindes für Klassenfahrten schriftliche Einwilligungen der Eltern, dass das Trans*kind im Zimmer der anderen Mädchen schläft. An einer anderen forderten Schüler*innen auf der Gesamtkonferenz gendergerechte Schreibweise ein.
Die Zusammenarbeit mit den Eltern der Klasse ist eine wichtige Stellschraube. In einem Berliner Gymnasium hat die Klassenleitung gemeinsam mit der Mutter des bis dahin ungeouteten 15-jährigen Trans*jungen nach einem Vortrag zum Thema trans* erzählt, dass dieser ab sofort als Junge leben möchte. Die Eltern reagierten sehr positiv und es wurde darüber beratschlagt, wie sie unterstützen können, dass ihre Kinder bei dem Coming-out gut reagieren.
Alle Beteiligten profitieren von unterstützender Begleitung – z.B. in Form von Beratung, fachlichen Inputs in schulischen Gremien oder auf Elternabenden oder durch den Besuch eines Aufklärungsprojekts in der Schulklasse.
Sichtbarkeit trägt zur Akzeptanz geschlechtlicher Vielfalt bei – z.B. durch Plakate, Flyer von Beratungsstellen, LSBT* Jugendtreffs, Elternbroschüren etc.
Es gibt viele positive Erfahrungsberichte von Schulen, die sich positionieren. So wurde die Kurt-Schwitters-Gesamtschule in Berlin von der Antidiskriminierungsstelle des Bundes im Rahmen des Wettbewerbs "Fair@school" für ihren "Respekt Club" als "fairste Schule" Deutschlands ausgezeichnet. Daraufhin hat sich eine Person getraut, ihre Trans*identität in der Schule offen zu leben
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Notwendigkeit von Beratungs- und Freizeitangeboten für junge Trans*
Während meiner Tätigkeit als Projektkoordinator für das Jugendnetzwerk Lambda e.V. und die Bundesvereinigung Trans* e.V
Erfreulicherweise öffnen sich immer mehr - meist (früher) lesbisch/schwule - Einrichtungen und Beratungsstellen für Trans*. Hier sollte meines Erachtens trans*-jugendspezifische Handlungskompetenz und Wissen noch erweitert werden - z.B. zur aktuellen rechtlichen Situation und zu Möglichkeiten medizinischer Transition. Beispielhafte bestehende Angebote:
Die Chatberatung "IN&OUT" des Jugendnetzwerks Lambda e.V. bietet niedrigschwellig Beratung an. In ein paar Städten finden sich Trans*jugendgruppen, so u.a. in Hamburg, Berlin, München, Mühlheim, Kölln, Chemnitz und Ulm. Bundesweit rar sind Freizeitfahrten, wie sie die "frienTS" von Diversity München e.V. anbieten und Wochenend-Workshops, wie sie beim Projekt "trans*- ja und?!" stattfinden.