Laut Stasi-Akten aus dem Jahr 1983 wurde scheinbar der Vater und Amtsvorgänger des nordkoreanischen Diktators Kim-Jong-un, Kim Jong-il, eine Zeitlang unter privilegierten Umständen in Ost-Berlin ausgebildet. Kim-Jong il war Sohn des von 1948 bis 1994 über Nordkorea herrschenden stalinistischen Diktators Kim-Il-sung. Er "studierte bis Mitte 1982 in der DDR" heißt es in einem Aktenvermerk der Stasi-Hauptabteilung II aus dem März 1983. Die Botschaft habe extra "dazu eine 4-Raum-Wohnung...gemietet" (Quelle: BStU, MfS, HA II 38258, S. 170).
Eindeutig belegen dies im Fall von Kim-Jong-il die bislang aufgefundenen Stasi-Akten allerdings nicht, denn widersprüchlich ist, dass in den MfS-Akten zwischen 1980 und 1984 noch ein namensgleicher Kim-Jong il eine Rolle spielte, der laut MfS-Akten sein Elektronik-Studium an der Humboldt-Universität über einen langen Zeitraum schleifen ließ, jedoch deutlich jünger war, als der Diktatorensohn. Forscher haben die Namensgleichheit inzwischen genauer hinterfragt. Laut Liana Kang-Schmitz, die 2010 an der Universität Trier eine Dissertation über die Beziehungen zwischen DDR und Nordkorea veröffentlichte, klärt sich die Aktenlage so: "Bei dem in der DDR studierenden Aspiranten handelt es sich um Kim Jong-ils jüngeren Bruder, Stiefbruder um genau zu sein, denn seine Mutter war Kim Il-Songs zweite Frau Kim Song-ae". Er sei "später als Botschaftsrat in die DDR zurückgekehrt und dort 2005 an Leberzirrhose gestorben"
Generell gingen seinerzeit "koreanischerseits die Bestrebungen verstärkt dahin, Kinder von führenden Persönlichkeiten der KDVR in der DDR studieren zu lassen", notierte ein MfS-Hauptmann im März 1983. Alle nordkoreanischen Studierenden in der DDR galten als zurückgezogen und wurden konsequent überwacht. Auch die Botschaft Nordkoreas in der Ost-Berliner Glinkastraße wurde intensiv vom MfS observiert, sogar die Botschaftspost wurde abgefangen. Mehrere kopierte Briefe liegen im Stasi-Unterlagen-Archiv.
Bei gegenseitigen Besuchen der Staatschefs und von Armeedelegationen aus der DDR und Nordkoreas zeigten sich beide Seiten zwar stets voll des Lobes füreinander, in internen Berichten gab sich die Staatssicherheit aber auch misstrauisch, weil nordkoreanisches Botschaftspersonal offenbar Waffen, Helikopterteile und andere westliche Güter via Westberlin in den Osten schmuggelte und Industriespionage auch in der DDR betrieb. Zeitweise griffen Westmedien dies auf, dadurch fürchtete die DDR einen Ansehensverlust. Außerdem irritierte der Wankelkurs Nordkoreas, das ideologisch zwischen der Sowjetunion und China balancierte. Nur das Feindbild des Landes galt als klar, es sei geprägt von „tiefem Hass gegen die USA-Imperialisten und ihre südkoreanischen Marionetten“, notierte das MfS (BStU, MfS, HAI 13558, S.150).
Die umfangreich vorgefunden Stasi-Akten skizzieren Nordkorea als ein eigenwilliges sozialistisches Land, mit dem die DDR früh eine „Waffenbrüderschaft“ einging. Erste Kontakte von DDR-Militärs und MfS sind seit 1967 nachweisbar, sie erfolgten, so der Stasi-Jargon, "im Rahmen der sozialistischen Verteidigungskoalition" (BStU, MfS HA I 13762, S. 314). Bei ihren Besuchen vor Ort können DDR-Militärkader auch geheime Rüstungseinrichtungen in Nordkorea besichtigen, zum Beispiel im Oktober 1985 "in einem unterirdischen Bergstollen in Kijang ein Betriebsteil der Traktorenfabrik 'Kymsong', in dem Panzer gebaut werden" (BStU, MfS, HA II 38766, S.10).
Waffendeals bis in den Herbst der Friedlichen Revolution
Am 21. April 1969 funkte ein MfS-Genosse "Henke" ein geheimes "Blitz-Telegramm" aus Nordkoreas Hauptstadt Phoengjang. Darin hieß es, dass Nordkorea "zum effektiven Kampf gegen Spionage und Aufklärung modere Hochfrequenzen-Kurzwellentechnik fehlt". Seitdem sind zahlreiche Expertentreffen und Schulungen festgehalten, intensiviert Ende der 70er, Anfang der 80er Jahre. Auch die heimliche Lieferungen von Waffen und Spionagetechnik gehörte dazu, ebenso die Wartung sowjetischer Militärflugzeuge in Nordkorea. Erst mit der Friedlichen Revolution wurden solche Geschäfte komplizierter. So telegrafierte die Stasi-Abteilung im Rostocker Hafen am 29.11.1989 eilig nach Ost-Berlin, dass "aufgrund der gegenwärtigen innenpolitischen Situation... zukünftige Sondertransporte (Waffen, Munition, Sprengmittel, militärische Technik) über den VEB Rostock nur noch gedeckt in Containern realisiert werden können" (BStU, MfS, BV Rostock Abt. Hafen 98, S.1).
Darüber hinaus diente Nordkorea auch als Drehscheibe für Waffenhandel. Am 26. September 1989, also kurz vor dem Zusammenbruch der DDR, landet beispielsweise eine Anfrage aus Syrien beim MfS, unauffällig "63 Wega-3-Raketen" zunächst über Budapest nach Nordkorea zu liefern (siehe nachfolgendes Foto).