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Grundzüge des Marshallplans Eine Einleitung

Dr. Elke Kimmel

/ 3 Minuten zu lesen

Der Marshallplan barg viele Motive: Guter Wille, Förderung eines starken, einigen Europas gegen den Ostblock, aber auch der amerikanischen Wirtschaft. Ein verelendetes Europa taugte kaum als Handelspartner.

Zwei Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges kam der europäische und der deutsche Wiederaufbau – trotz enormer Finanzhilfen aus den USA – nur sehr zögerlich voran. Teilweise starke Produktionssteigerungen wurden durch Defizite im Transportwesen entwertet, weil die Waren nicht an ihre Bestimmungsorte gelangen konnten. Neben dem Umfang der Kriegszerstörungen in Deutschland hatte vor allem die weitgehende Vernichtung des europäischen Handelssystems einschneidende Folgen. Die Neubelebung der europäischen Infrastruktur war ebenso dringend erforderlich wie die Errichtung des Austauschs zwischen Stadt und Land in den Besatzungszonen.

US-Außenminister Marshall (© Deutsches Historisches Museum)

Hilfe und Eigenengagement

Vor diesem Hintergrund unterbreitete US-Außenminister Marshall sein Angebot an die hilfsbedürftigen Staaten Europas. Marshall analysierte zunächst die Lage in Europa und stellte fest, dass ohne Hilfe von außen eine Verelendung des gesamten Kontinents drohe, die auch die USA in Mitleidenschaft ziehen würde. Die USA böten deshalb allen Staaten, die gegen diese Entwicklung eintreten, ihre Hilfe an. Allerdings müssten die europäischen Staaten zuvor gemeinsam ihre Bedürfnisse darstellen. Sie seien aufgefordert, ein Hilfsprogramm für Europa zu formulieren, bei dessen Ausführung die USA dann gerne helfen würde. Allerdings diejenigen, welche die "Verewigung" des Elends bewirkten, könnten mit dem entschiedenen Widerstand der USA rechnen.

Der grundsätzlichen Offenheit des Angebots, das tatsächlich auch die Gegner im Zweiten Weltkrieg mit einschloss, widersprach die Tatsache, dass für Staaten des sowjetischen Einflussbereichs keinerlei statistisches Material beschafft wurde und die Berater Marshalls von Anfang an nicht mit einer Teilnahme dieser Länder gerechnet hatten. Neben politischen Gründen hatte dies in ökonomischen Überlegungen seine Begründung: Westeuropa war auf Osteuropa als Handelspartner nicht angewiesen, der separate Wiederaufbau eines westeuropäischen Handelssystems war problemlos realisierbar.

Entscheidend und neu an der Initiative des Außenministers war, dass die in Aussicht gestellten Hilfen von einem gemeinsamen Engagement der Europäer abhängig gemacht wurden. Sie mussten ihre jeweilige "Hilfsbedürftigkeit" offen legen und ihre jeweiligen Ansprüche koordinieren: Erste Versuche, separate "Wunschlisten" an die amerikanische Kommission weiterzuleiten, wurden in der Folgezeit entschieden zurückgewiesen. Mittel aus dem Marshallplan sollten nur denen zugute kommen, die sich an der Schaffung eines gemeinsamen europäischen Wirtschaftsraums beteiligten. Außerdem sollten die Europäer auch über die Verteilung der Mittel mitentscheiden.

Der US-Sondergesandte für den Marshallplan Harrimann und der Berliner Oberbürgermeister Reuter. (© AP)

Hilfslieferungen

Geliefert wurden ab 1948 ausschließlich Waren und Rohstoffe aus den USA – die europäischen Staaten zahlten für diese Importe in Landeswährung auf eigens eingerichtete Konten. Über die Verwendung dieser "Gegenwertfonds" (Counterpartfonds) entschieden der jeweilige Staat und die amerikanische "European Cooperation Administration" (ECA) gemeinsam. Die Stellungnahme der ECA war dabei meist ausschlaggebend.

In den westlichen Besatzungszonen Deutschlands waren die Gegenwertfonds zunächst komplett in amerikanischem Besitz. Erst in Folge des deutsch-amerikanischen Außenhandelsabkommens vom 15. Dezember 1949 wurden sie in ein "Sondervermögen" überführt, dass zunächst von der Bank deutscher Länder verwaltet wurde. Über dessen Verwendung entschied und entscheidet der Bundestag. Die Gelder dürfen jedoch grundsätzlich nicht in den Bundeshaushalt eingestellt werden.

Vorgaben aus den USA

Am 4. April 1948 verabschiedete der US-Kongress den "European Cooperation Act". In diesem waren verschiedene Regelungen als Grundlage des ERP getroffen worden, die der Unterstützung des amerikanischen Marktes dienen sollten. So mussten 50 Prozent der Waren auf amerikanischen Schiffen transportiert werden. Ein Viertel der Weizenlieferungen musste in den USA gemahlen werden, und es bestand die Pflicht, die landwirtschaftliche Überproduktion der USA aufzukaufen. Die europäischen Staaten waren außerdem verpflichtet, in den USA dringend benötigte Produkte zu "angemessenen" Preisen dorthin zu exportieren.

Weiterhin behielten die USA die Kontrolle über die Vergabe der Mittel – auch dies ein Grund, weshalb die Sowjetunion die Teilnahme von vorneherein ablehnen musste. Die USA konnte damit auch die westeuropäischen Staaten zur Einhaltung eines weitgehenden Wirtschaftsembargos gegenüber den osteuropäischen Staaten drängen. Vor allem Güter, die der Rüstung in diesen Ländern zugute kämen, durften nicht exportiert werden.

"Molotow-Plan"

Bereits im Juli 1947 hatte die Sowjetunion mit dem "Molotow-Plan" auf das amerikanische Angebot reagiert. Aus diesem entstand später der "Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe" (RGW), der die Handelsbeziehungen zwischen den sozialistischen Staaten regelte. In der Folgezeit resultierte aus dem Ausschluss sowjetischer Satellitenstaaten vom Marshallplan auch eine durchgreifende Sowjetisierung der Gesellschaftssysteme jenseits des "Eisernen Vorhangs". Ein erstes Zeichen hierfür war der von Moskau energisch unterstützte Putsch in der Tschechoslowakei vom März 1948.

Fussnoten

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Dr. Elke Kimmel, selbständige Historikerin.